TY - JOUR U1 - Zeitschriftenartikel, wissenschaftlich - begutachtet (reviewed) A1 - Rohmann, Gregor T1 - Exorbitantzien […] die vor Gott nicht zu verantwohrten BT - Tanzwallfahrten am Oberrhein (16. –17. Jahrhundert) JF - Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO) N2 - Am 18. März 1533 unterhielt man sich im Hause Luther über ein den Zeitgenossen offenbar allgemein bekanntes, wenngleich in mancherlei Hinsicht erkennbar rätselhaftes Phänomen. Folgt man der späteren Stilisierung des Tischgesprächs, war zunächst Philipp Melanchthon darauf zu sprechen gekommen: „Der Veitstanz ist nur eine teuflische Besessenheit.“ Martin Luther antwortete: „Das Gespinst nimmt immer mehr ab.“ Und Melanchthon stimmte ihm zu: „Der Satan verlegt sich schon auf eine neue Art von Täuschung“. Letzterer stammte bekanntlich aus Bretten, er konnte den sogenannten „Veitstanz“ daher aus seiner weiteren Heimat kennen. Im Sommer 1518, wenige Monate, nachdem Luther mit seiner Kritik an der kirchlichen Heilsvermittlung an die gelehrte Öffentlichkeit getreten war, hatten in Straßburg (und vereinzelt auch in Basel) Hunderte wochenlang auf den Straßen und Plätzen der Stadt getanzt. In Wittenberg wusste man davon nur vom Hörensagen. Immerhin aber sollte dies dazu genügen, dass gerade die Publizistik der Reformationszeit jenen merkwürdigen Begriff zu einem feststehenden Topos der deutschen Sprache hat werden lassen. Als vorgeblich historisches Beispiel für massenpsychologische Suggestionen aller Art, für die ekstatische Auflösung der gesellschaftlichen Ordnung, kennt darum auch der heutige Sprachgebrauch noch den „Veitstanz“, der irgendwo ausbricht bzw. den irgendjemand aufführt. Das Gespräch unter den Reformatoren zeigt nun, dass dieser Sanct veits tantz zu ihrer Zeit durchaus Breitenwirkung hatte. Und offensichtlich blieb er lange ein diskussionswürdiges Problem. KW - Oberrheinisches Tiefland KW - Wallfahrt KW - Tanzsucht Y1 - 2020 UN - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-opus-202374 U6 - https://doi.org/10.57962/regionalia-20237 DO - https://doi.org/10.57962/regionalia-20237 VL - 168 SP - 215 EP - 241 ER -