Poesie und Zensur
- Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Großherzogtum Baden in seinen Grundfesten erschüttert. Im Vormärz politisierten sich weite Teile der Bevölkerung, um schließlich in der Revolution von 1848/49 die alte Staatsordnung umzustürzen. Diese Entwicklungen führten zu einer vorher nicht gekannten Intensivierung der Berichterstattung in der Presse und einer wachsenden Nutzung der Literatur für politische Zwecke - trotz der im Vor- wie im Nachmärz herrschenden Zensur. Beliebt waren u. a. politische Gedichte und Lieder, welche in großer Zahl erschienen und als wirksame Propagandainstrumente dienten. Mit ihnen konnten Autoren Teile der Bevölkerung erreichen, welche durch umfangreiche Abhandlungen und Traktate nicht zu politisieren waren. Entsprechend scharf ging die obrigkeitliche Zensur im Vormärz gegen ungenehme Dichter und ihre Werke vor, die systematisch unterdrückt wurden. In den Jahrzehnten nach der Revolution dominierten die autoritären Regime des Großherzogtums Baden, des deutschen Kaiserreiches und schließlich der nationalsozialistischen Diktatur, unter denen die republikanische politische Lyrik als Teil der demokratischen Traditionen Deutschlands negiert und verdrängt wurde.