Die "getarnte Weiterführung eines jüdischen Unternehmens?"
- Nach 1945 wollten manche Institutionen, Firmen und Privatpersonen die jüngste Geschichte ihres Betriebs, Geschäfts oder ihrer Immobilie lieber nicht thematisieren. Die „Arisierung“ in der NS-Zeit war tabu. Auf eine Definitions-Diskussion des Begriffs „Arisierung“, der in jüngster Zeit eine, durchaus begründbare, Erweiterung in den Kultur- und Kunstbereich erfahren hat, soll hier verzichtet werden. Für die vorliegende Untersuchung ist der mit offenem oder subtilem Druck erzwungene Übergang von Eigentum jüdischer Einwohner in nichtjüdische Hand gemeint. Hierzu zählt auch manch „freiwilliger“ Verkauf in der NS-Zeit, der bei genauerem Hinsehen so freiwillig nicht war. Es handelte sich um Notverkäufe, die der Finanzierung der lebensrettenden Flucht ins Exil dienen sollten. Die Verkaufsverhandlungen verliefen unter unfairen Bedingungen, der Preis wurde weit unter den Marktwert gedrückt. Im Grunde sind diese Vorgänge besonders infame Formen von Enteignung. Während Nutznießer und Profiteure der „Entjudungen“ rasch Gras über die Vorgänge wachsen lassen wollten, mussten die Opfer in den Nachkriegsjahren meist einen zähen und langen Kampf um ihre Ansprüche auf Entschädigung und „Wiedergutmachung“ führen. Die Öffentlichkeit schien lange am Thema „Arisierung“ wenig interessiert. Firmengeschichten wiesen für die Jahre 1933–1945 bemerkenswerte Lücken auf oder griffen zu euphemistischen Formulierungen und nebulösen Darstellungen, die nichts erklärten. Langsam erst kam die Aufarbeitung der wahren Hintergründe in Gang, und ungeschönte Chroniken einzelner Firmen und Ortschaften entstanden. Doch es bleibt noch viel zu recherchieren, auch für Heidelberg steht eine detaillierte und umfassende Darstellung der „Arisierungen“ noch aus. Ein ungewöhnlicher und interessanter Fall ist die „Arisierung“ der damals in Heidelberg ansässigen Handelsfirma mit dem offiziellen Namen „Hopfenhandlung Leon Weil – Mitinhaber Max Eisemann“. Die Quellenlage zu diesen Vorgängen ist sehr gut. Dokumente aus dem Archiv der Firma Hildegard Eisemann KG, dem Stadtarchiv Heidelberg und dem Generallandesarchiv Karlsruhe ergänzen sich und lassen in der Zusammenschau ein detailliertes und nahezu lückenloses Bild dieser besonderen „Entjudung“ entstehen.
Verfasserangaben: | Volker von OffenbergGND |
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DOI: | https://doi.org/10.57962/regionalia-24403 |
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch): | Heidelberg : Jahrbuch zur Geschichte der Stadt |
Untertitel (Deutsch): | zur Geschichte der Hopfenhandlung Weil & Eisemann |
Dokumentart: | Wissenschaftlicher Artikel |
Sprache: | Deutsch |
Jahr der Erstveröffentlichung: | 2020 |
GND-Schlagwort: | Walldorf 〈Rhein-Neckar-Kreis〉; Heidelberg; Spechbach; Hopfenhandel; Unternehmen; Geschichte; Arisierung |
Jahrgang: | 25 (2021) |
Erste Seite: | 147 |
Letzte Seite: | 162 |
DDC-Sachgruppen: | 300 Sozialwissenschaften / 330 Wirtschaft / 330 Wirtschaft |
300 Sozialwissenschaften / 380 Handel, Kommunikation, Verkehr / 380 Handel, Kommunikation, Verkehr | |
900 Geschichte und Geografie / 940 Geschichte Europas / 943 Geschichte Deutschlands | |
Systematik der Landesbibliographie: | Wirtschaft / Dienstleistungsgewerbe / Handel |
Zeitschriften: | Heidelberg / 25.2021 |
Lizenz (Deutsch): | Creative Commons - CC BY - Namensnennung 4.0 International |