Die Kriegsverluste der Musiksammlungen deutscher Bibliotheken 1942-1945
- Beim Durchsehen von Werkverzeichnissen fällt immer wieder ins Auge, dass bestimmte dort aufgeführte Quellen beispielsweise als „Kriegsverlust“ oder als „verbrannt 1944“, als „seit 1945 verschollen“ oder etwa als „heute in Krakau“ gekennzeichnet sind. Es kommt auch vor, dass man in der Neuauflage der Musik in Geschichte und Gegenwart oder im New Grove dictionary of music and musicians in den Werkübersichten zum Schaffen einzelner Komponisten von Quellen erfährt, die sich dann, fragt man bei der genannten Bibliothek an, als Kriegsverluste herausstellen. Je mehr Werk- und Quellenverzeichnisse man durcharbeitet, um so mehr verdichtet sich der Eindruck, dass angesichts der hohen Zahl solcher Einträge doch vielleicht auch der entgegengesetzte Ansatz, und zwar eine Aufarbeitung der Kriegsverluste selbst, zu beschreiten wäre. Für die deutschen Musiksammlungen wurde bisher kein Versuch unternommen, deren Kriegsverluste systematisch und auf breiter Basis zu untersuchen, zu sehr hat sich die Musikwissenschaft seit 1945 mit der Sichtung und Erforschung des Erhaltenen beschäftigt, als dass sie sich – mit Ausnahme gewisser Spitzenstücke – des Verlorenen angenommen hätte, wie dies in der Kunstgeschichte schon seit langem der Fall ist. Die vorliegende Arbeit ist der erste Teil einer grossflächig angelegten Studie, welche die Geschichte der musikalischen Quellensammlungen deutscher Bibliotheken im Zweiten Weltkrieg anhand bisher unveröffentlichter Akten beschreibt, die Ursachen für die Quellenverluste darstellt und später einen Gesamtkatalog der feststellbaren Kriegsverluste an handschriftlichen und gedruckten Noten bis zum frühen 19. Jahrhundert auf der Grundlage historischer Inventare liefern wird.