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… im Grabe aufgewacht …
(2024)
Am Ende des 18. und im 19. Jahrhundert war die Angst, lebendig begraben zu werden, weit verbreitet. Vielerlei Vorkehrungen wurden dagegen getroffen und Maßnahmen zur Wiederbelebung scheintoter Personen entwickelt. Der Artikel beleuchtet dieses kultur- und medizinhistorische Phänomen unter besonderer Berücksichtigung Badens.
»Am Anfang war Napoleon.« Für die Markgrafschaft Baden galt das »allerdings in besonderem Maße«. »Über die historische Stunde des Napoleonzeitalters hinaus« schufen die Reformkräfte der Rheinbundzeit »ein funktionsfähiges und weit über ein Jahrhundert bestandskräftiges Staatswesen« (V. Rödel). Das Zeitalter Napoleons mag im »raschen Zuge vorübergerauscht«
sein, »aber die Grundlagen einer neuen gesellschaftlichen Ordnung und eines neuen Geistes blieben bestehen« (F. Schnabel, Die Geschichte des 19. Jahrhunderts).
»Aus der Trennung heraus!«
(2021)
1818 Badische Verfassung und 1821 Badische Kirchenunion sind zwei Daten des gleichen modernitätsgeschichtlichen Integrationsprozesses im Zusammenhang mit der Konstituierung und Konsolidierung des Großherzogtums. Damit ist die evangelische Landeskirche von vornherein in die gesellschaftliche Transformation eingebunden. Aus dieser »Gründungszene«, so wurde 2021 wieder bewusst gemacht, hat »die Evangelische Landeskirche in Baden ihre Gestalt und ihr Profil als öffentliche Kirche« entwickelt (J. C. Bundschuh). Weil Verfassung und Kirchenunion am gleichen »gesellschaftlichen Transformationsprozess« teilnehmen, ist 1821 ein Thema der ganzen badischen Geschichte. Über das Gründungsdatum hinaus gilt die Union heute als »Ausgangspunkt für ein fruchtbares interreligiöses Gespräch« und als eine Perspektive für ein ökumenisches Miteinander im 21. Jahrhundert. Das Jubiläum wird publizistisch in Erinnerung gebracht durch einen »Bildatlas zur Kirchengeschichte«, einer Vorlesungsreihe der Pädagogische Hochschule und einer Ausstellung im Generallandesarchiv Karlsruhe.
Abgesehen von kirchenmusikalischen Beiträgen im Umfeld des Hofes oder in bürgerlichen Kreisen der größeren Städte wies die kirchenmusikalische Praxis zur Zeit der Union 1821 mit Blick auf das Orgelspiel und den Gemeindegesang große Defizite auf, die auch das neue Unionsgesangbuch von 1836 nicht auffangen konnte. Das änderte sich erst, als 1880 im Zusammenhang mit der Herausgabe eines neuen Gesangbuchs (1883) ein Kirchenchorverband gegründet wurde, der nicht nur den Gemeindegesang befördern sollte, sondern eine Vielzahl von Kirchenchören überall im Lande hervorbrachte und mit geeigneter Chorliteratur versorgte. Zur gleichen Zeit entstanden auch die Posaunenchöre, die zu einem besonderen Markenzeichen der Kirchenmusik in Baden avancierten. Zur Verbesserung des Orgelspiels wurden Fortbildungsveranstaltungen organisiert, die zur Keimzelle einer Professionalisierung im Bereich der Kirchenmusik wurden. 1919 wurde mit Hermann Meinrad Poppen der erste Landeskirchenmusikdirektor in Baden bestellt, dessen Bemühungen es u. a. zu verdanken ist, dass 1931 in Heidelberg das Kirchenmusikalische Institut (heute Hochschule für Kirchenmusik) gegründet werden konnte. Seit den 1950er Jahren hatte Baden durch bekannte Vertreter des Neuen Geustlichen Liedes wie Martin Gotthard Schneider und Rolf Schweizer maßgeblichen Anteil an der Etablierung des neuen Liedguts in den Gottesdiensten der Gemeinde und im Evangelischen Gesangbuch von 1993.
Bei einem Überblicksbeitrag wie diesem wird schmerzlich bewusst, dass es bislang keine Gesamtdarstellung des Themas gibt. Dabei ist die Landeskirche reich an Beispielen aus allen Zeiten. An dieser Stelle können nur mit einigen Fallstudien Leitgedanken des Kirchenbaus der letzten beiden Jahrhunderte dargestellt werden.
Die neuere Missionsgeschichte begann auch in Baden im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, geprägt von der Basler Mission (1815). In Ortsvereinen, bei Missionsfesten, im Landesverein (1840) engagierte sich, wer die liberale Behördenkirche kritisch sah, auch Frauen. Junge Männer, Fromme und Abenteurer, ließen sich im Basler Missionshaus ausbilden. Hatte die
Kirchenbehörde die Mission zunächst als Privatsache deklariert, änderte sie bald ihre Meinung – spätestens am Jahrhundertende gehörte sie zum kirchlichen Selbstverständnis. Eine liberale Variante, 1884 zur Hoch-Zeit des deutschen Imperialismus entstanden, wollte keine einseitige Missionierung, sondern Dialog mit fremden Kulturen; damit betrat man den Weg von der »Mission« zur »Ökumene«.
»… und ruht in Gottes Hand«
(2021)
Die Union der lutherischen und reformierten Kirche in Baden ist von der Geschichte des entstehenden Großherzogtums nicht zu trennen. Möglich wurde die Union durch die Auflösung des konfessionellen Kirchentums. Sinnvoll wurde sie als Bündelung der protestantischen Kräfte in einer mehrheitlich katholischen Bevölkerung und zur Konsolidierung der als Staatsanstalt begriffenen Kirche. In kirchlicher Sicht ging es um zwei Errungenschaften: die Bildung einer vereinigten Kirche aus dem Geist der freien Schriftforschung und einer für die Kirchengemeinschaft tragfähigen konsensualen Lehre im Abendmahl. Nicht vollendet war die Union für die, denen zur freien Kirche auch die Freiheit einer selbständigen Kirche gehörte, die in der verfassungsmäßigen Gestalt der Generalsynode als Repräsentativorgan zur Geltung kommen sollte. Darin liegt die geschichtliche Dynamik der der Unionskirche im 19. Jahrhundert.
In der Öffentlichkeit werden die beiden Begriffe »Badisch« und »Schwäbisch« oft gegenübergestellt, doch führt dies zu einem falschen Bild, da »Schwäbisch« ein sprachlicher, »Badisch« dagegen ein politischer Begriff ist. Es gibt keine einheitliche badische Mundart, sondern nur Mundarten in Baden. Und diese sind extrem unterschiedlich, denn das Unterostfränkische in der äußersten Nordostecke und das Hochalemannische in der Südwestecke Badens haben nur noch wenige sprachliche Gemeinsamkeiten.
Die Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ist bei uns – anders als in Frankreich – angesichts der Schrecken der Weltkriege des 20. Jahrhunderts gänzlich verblasst. Dabei hatte der zunehmend grausamer geführte »Bruderkrieg« gravierende Folgen für beide Länder und auch die Menschen am Oberrhein: Für Deutschland brachte er die Reichseinigung und das Kaiserreich, das dann Elsass-Lothringen annektierte. Frankreich wurde nach der Abdankung Kaiser Napoléons III. endgültig zur Republik.
In diesem Aufsatz wird die Zeit vor der Union seit 1803 geschildert; es werden dabei weniger die theologisch-kirchlichen Vorbereitungen der Union behandelt, die bereits verschiedentlich dargestellt wurden. Neu ist vielmehr, dass das zeitgleiche gesellschaftliche Leben in Karlsruhe neben die Vorbereitungen der Kirchenvereinigung in den Blick genommen wird, wobei vier Hauptpersonen im Mittelpunkt stehen. Dadurch ergeben sich Gegensätzlichkeiten bei Gleichzeitigkeit aber auch bisher kaum
beachtete Gleichbehandlungen der beiden Konfessionen schon in diesen Jahren. Neu herangezogene Quellen lassen immer wieder neue Entdeckungen machen, die im Blick auf Hebel und Ewald fast so etwas wie Entmythologisierungen darstellen.
Überhaupt stellt sich heraus, wie wenig die Kirchenvereinigung in diesen Jahren ein Thema war, selbst bei den mit der Vorbereitung Beauftragten, wohl nur mit einer Ausnahme, Sander. – Das internationale Geschehen als weiterer zeithistorischer Hintergrund bleibt unberücksichtigt.