Filtern
Erscheinungsjahr
Dokumenttyp
- Wissenschaftlicher Artikel (5617) (entfernen)
Sprache
- Deutsch (5617) (entfernen)
Gehört zur Bibliographie
- nein (5617)
Schlagworte
- Geschichte (401)
- Biografie (243)
- Baden (214)
- Karlsruhe (212)
- Heidelberg (185)
- Freiburg im Breisgau (169)
- Villingen im Schwarzwald (152)
- Nationalsozialismus (133)
- Oberrheinisches Tiefland (128)
- Villingen-Schwenningen-Villingen (125)
Zu meinem Bericht im Geroldsecker Land 53/2011 kann ich noch einige ergänzende Angaben machen, zumal ich weiterhin Nachforschungen in derselben Sache durchführe. Außerdem werden hier noch einige wichtige neue Bilder gezeigt. Zur Identität der zeitweiligen Hausbesitzerin Katharina Berger ergibt sich jetzt auch eine andere Möglichkeit. Auf Grund neu aufgefundener Kirchenbücher von Tennenbach könnte es sich auch um die
Haushälterin des Tennenbacher Pfarrers Fries in der maßgeblichen Zeit gehandelt haben (Belege für 1825 und 1833). Am 7.5.1825 wird sie als „ledige Tochter des verstorbenen Michael Berger, Hofbauers im Amt Waldkirch in Diensten des Pfarrers“ bezeichnet. Da der begriff „Amt Waldkirch“ ein großes Gebiet umfasst und der Name Berger nicht selten vorkommt, ist es schwierig, Weiteres zu ihrer Person zu ermitteln. Also muss man es einstweilen dabei belassen.
Das Ettenheimer Rathaus, ein eindrucksvolles barockes Gebäude aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nimmt unterhalb der oben auf dem Berg thronenden Kirche des hl. Bartholomäus ebenfalls einen zentralen Platz in Ettenheim ein. In den 250 Jahren seines Bestehens hat es zahlreiche bauliche Änderungen erfahren. Um es den Erfordernissen der jeweiligen Zeit anzupassen, wurde das Rathaus seit seiner Fertigstellung im Jahre 1757 in nahezu regelmäßigen Abständen renoviert, umgebaut und auch erweitert. Die hier abgebildete Gesamtsicht von Ettenheim enthält auch die älteste Darstellung des Rathauses. Das Bild wurde von einem unbekannten Künstler gemalt, und zwar nach 1814, nachdem die badische Herrschaft den Wein- und Fruchtspeicher rechts im Bild gebaut hatte. Dieser wurde später zu einem Gefängnis umgebaut und dient heute als Vereinshaus und beherbergt seit 2006 auch ein kleines Museum. Leider steht die Ansicht nur noch in dieser Reproduktion zur Verfügung, da das Original im letzten Krieg verbrannte. Es ist zugleich, falls man die eine oder andere wenig genaue Skizze aus dem 17. Jahrhundert außer Acht lässt, die älteste Ansicht der Stadt überhaupt. In dieser Zeichnung tritt uns das Städtchen, denkt man sich den späteren Fruchtspeicher weg, in seiner Ausgestaltung am Ende des 18. Jahrhunderts entgegen, wie es der damalige Landesfürst Kardinal Louis Rene Edouard de Rohan-Guemene einige Jahre zuvor erlebt haben mag, als er 1790, um den Auswirkungen der Französischen Revolution zu entkommen, von Saverne aus in sein rechtsrheinisches Territorium nach Ettenheim flüchtete. Ettenheim wurde fürstbischöfliche Residenz und die Pfarrkirche St. Bartholomäus die letzte Bischofskirche der alten Diözese Straßburg. In dieser Kirche fand Kardinal Rohan nach seinem Ableben am 16. Februar 1803 eine höchst bescheidene Ruhestätte, die seinem früheren Ruhm und Ansehen in keiner Weise gerecht wurde.
Im Chor der Wittelbacher Kirche „St. Peter und Paul“ im Schuttertal wurde 1974 ein Freskenzyklus aus der Zeit der Gotik um 1400 freigelegt. Der Bilderbogen schildert das jüngste Gericht und Szenen aus der Passionsgeschichte. Das am besten erhaltene Bild zeigt die Geißelung Jesu. Drei Männer schlagen auf den Heiland ein, zwei der Peiniger sind an ihren gelben spitzen Hüten als Juden zu erkennen, einem hat der Künstler eine Hakennase in herabsetzender Weise ins Gesicht gemalt. In der Zeit, als die Fresken auf die Wände der Wittelbacher Kirche aufgetragen wurde, war die Stellung der Juden auf einem Tiefpunkt angekommen. Insbesondere die Kreuzzüge des 12. Jahrhunderts hatten eine religiöse Intoleranz befördert, die alle Nichtchristen als Ketzer und Ungläubige verdammte. Der Zwang, den „gehörnten Hut“ zu tragen, wurde den Juden von dem 1267 tagenden Wiener Konzil auferlegt. Mit solchen Kennzeichnungen sollte die „fleischliche Vermischung“ von Christen und Juden verhindert werden, mit der Zeit wurde die Separierung jedoch auf alle gesellschaftliche Sphären ausgeweitet und die Juden immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Verantwortlich für diese Marginalisierung war die fatale Rolle als „Christusmörder“ im Heilsplan Gottes, die die christliche Theologie des Mittelalters ihnen zuwies. Die Künstler sahen es als ihre Aufgabe an, der leseunkundigen Bevölkerung diese antijudaistische Theologie so anschaulich wie möglich zu vermitteln. So steht die Wittelbacher Geißelung beispielhaft für die Dämonisierung der Juden als „Gottesmörder“, denen man alles Schlechte zutraute und die man mit dem Teufel im Bunde sah. Diese Entmenschlichung führte letztlich dazu, „im Juden Freiwild zu sehen.“ (Michael Toch).
Alltag unter der Lupe
(2012)
Seit rund zehn Jahren trifft sich in Lahr regelmäßig ein Kreis von Geschichtsinteressierten und Heimatfreunden, um zwanglos über Stadtgeschichte und auch allgemeine historische Themen zu reden. Das Treffen findet jeden ersten Dienstagabend im Monat statt und wird von der Regionalgruppe Geroldsecker Land des Historischen Vereins für Mittelbaden organisiert. Vor einigen Jahren entdeckte der Kreis im Lahrer Stadtarchiv eine Quelle, deren Reichtum bis heute nicht ausgeschöpft wurde: die kompletten Gemeinderatsprotokolle der Stadt Lahr aus den Jahren 1701 bis 1704 (Lahr I 46). In mühevoller Kleinarbeit erstellte Annelore Hey eine Grobtranskription der über 700 eng beschrieben Seiten, so dass sich verschiedene Mitglieder daran machen konnten, einzelne Details des Buches genauer zu beleuchten. Zur Zeit arbeitet Annelore Hey an einer wissenschaftlichen Transkription, die es ermöglichen wird, das Werk auch zu veröffentlichen.
Nachdem drei Monate vorher schon ein schöner Bauplatz für 12.000.- Mark in der Ortsmitte angekauft worden war, habe der Dinglinger Gemeinderat einen der Bedeutung und Ausdehnung des Ortes entsprechenden Rathausneubau nebst Feuerwehrrequisitengebäude mit einem Kostenaufwand von 75.000.- Mark einstimmig genehmigt. Im Laufe des folgenden Jahres solle das Rathaus errichtet werden und nach dem am 8. Dezember vorgelegten Plan des Lahrer Architekten Hermann Müller nach Meinung des Dinglinger Bürgermeisters Vogel „eine Zierde unserer Gemeinde werden“. Das war am 31. Dezember 1900 in der Lahrer Zeitung zu lesen.
Reichsfreiherr vom Stein brachte 1808 mit der „Preußischen Städteordnung“ den preußischen Kommunen die bürgerliche Selbstregierung. Die Städte und Kommunen hatten jetzt eine Doppelfunktion zu erfüllen. Sie wurden Selbstverwaltungskörperschaften und dienten zugleich dem Staat als Verwaltungsbehörden. Die Badener Gemeinden mussten sich wegen dieser Freiheiten noch in Geduld üben. Erst mit der freiwillig vom Großherzog am 22.4.1818 verliehenen Verfassung begann die gewollte Teilnahme des Volkes am Staatsleben. Aus dem Karlsruher Landtag kommt auch fortan die Initiative zur Schaffung von Selbstverwaltungsorganen draußen im Lande. In der neuen Verfassung ist festgelegt, dass die bei der Gründung des Großherzogtums Baden bestehenden Gemeinden, welche sich in den einzelnen Territorien nach der geschichtlichen Entwicklung gebildet haben, als Körper örtlicher Selbstverwaltung und zur Erledigung lokaler Staatsaufgaben beibehalten werden.
Zaubermeister und Schüler
(2012)
Die Topographie unseres Dorfes hat feste Bezugspunkte: Die Kirche (die jeder gefälligst im Ort zu lassen hat); das Rathaus; das Geviert des Franziskanerklosters; die Wirtshäuser; die Festhalle; das Vogtshaus; den Bahnhof: wir blicken auf die Konstellation einer dörflichen Welt. Diese Bauwerke als unverwechselbare Wahrzeichen haben auf Grund ihrer Gestalt, ihrer Geschichte oder ihres Bezuges zu unserer Tradition alles Recht, in die ewige Bestenliste unserer Ortsarchitektur aufgenommen zu werden. Aber da auf der Erde nichts von Bestand ist, waren diese Trutzburgen dörflichen Selbstbewusstseins dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen: Die Dorfkirche bekam einen Turm; das Rathaus musste eine Fensterachse an den Strassenverkehr abgeben; aus dem Franziskanerkloster tönt kein Mönchsgesang mehr, sondern munteres Vereinsleben; Wirtshäuser wie das „Rössle“ oder die „Linde“ machten dicht oder verschwanden ganz von der Fläche; die zugige Halle, mythischer Ort unvergessener Fastnachtsbälle, musste einem Bürgerhaus weichen; beim „Bahnhöfle“ steigt schon lange keiner mehr in den Schienenbus nach Lahr, und aus der Tür des Vogtshauses tritt kein strenger Vogt auf die Strasse, sondern jemand mit Kopfweh, der in der dort seit Jahrzehnten untergebrachten Apotheke gerade ein Aspirin gekauft hat (möge es ihm mittlerweile besser gehen).
Historische Bauwerke sind immer auch steinerne Zeugen, in denen der Besucher lokale, verschiedentlich auch globale Geschichte hautnah erlebt. Burgen, Schlösser, Kirchen, Stadtmauern, Herrenhäuser und andere mehr oder weniger große Prachtbauten, die Liste der interessantesten Gebäulichkeiten ließe sich endlos fortführen. Wenn deren Steine auch noch reden könnten, kämen wir aus dem Zuhören wohl nicht mehr heraus. Die Ereignisse der Vergangenheit würden so anschaulicher, bildhafter und vorstellbarer werden. Ganz besonders interessant dürften vermutlich die Geschichten sein, die die Mauern von Rathäusern zu erzählen wüssten. Von Bürgermeistern und Ratsherren oder von Beamten und Bediensteten, die in ihnen gearbeitet haben. Aber auch von all den Sitzungen, Versammlungen und Unterredungen, die in den Räumlichkeiten stattfanden. Nicht zu vergessen die getroffenen Beschlüsse, Absprachen und Vereinbarungen, die sowohl öffentlich wie auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgten.
Stolz und majestätisch blickt das Lahrer Amtsgericht in städtebaulich dominanter Position in die Gerichtsstraße und über die Stadt. Das im ausgehenden 19. Jahrhundert im Auftrag des Großherzogtums Baden geplante und 1902 fertig gestellte repräsentative Gebäude in der Turmstraße zählt zu den schönsten und auffälligsten Bauwerken in Lahr. Nicht umsonst wird der imposante Monumentalbau gerne auch als Lahrer Justizpalast bezeichnet. Das Amtsgericht ist auf Grund seiner Dimension und Ausstrahlung das historische Zentrum des aus Finanzamt, Polizeirevier und der im ehemaligen Gefängnis untergebrachten Offenburger Kriminalaußenstelle bestehenden städtebaulichen Lahrer Behördenensembles.
Hermann Müller
(2012)
Der „Schlüssel“ in der Geroldsecker Vorstadt oder das Rathaus in Dinglingen sind nur zwei von vielen eindrucksvollen Gebäude die Hermann Müller geplant und die bis heute das Bild von Lahr mitprägen. In seinem vermutlich etwas mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Wirken hat er mit seinen zahlreichen Geschäftshäusern und Villen, die er als Baumeister und Architekt konzipiert hat, den Raumcharakter der Stadt Lahr und auch einiger Umlandgemeinden wesentlich mitgestaltet. Die nach seinen Plänen entstandenen und der Nachwelt hinterlassenen Bauten zeigen bis zum heutigen Tage eine enorme planerische Vielfältigkeit und ideenreiche Kreativität. Aber trotz der Vielzahl der von ihm entworfenen Bauten ist Leben und Werk dieses Baumeisters, der nur 62 Jahre alt wurde, bis heute unerforscht geblieben. Im Gegensatz zu anderen Lahrer Architekten ist der Name Hermann Müller heute in der Öffentlichkeit kaum mehr präsent. Dabei spielte dieser Lahrer Architekt am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowohl in der Stadt Lahr wie auch in diversen Umlandgemeinden auf dem baulichen Sektor durchaus eine gewichtige Rolle.
Der Buntsandstein
(2012)
Der Buntsandstein ist geologisch gesehen die untere lithostratigraphische Gruppe der Germanischen Trias. Im südwestdeutschen Schichtstufenland tritt er an der Ostflanke des Schwarzwaldes auf und überlagert weite Bereiche unserer Region. Entstehungsgemäß findet man in den Vogesen ähnliche Verhältnisse, vom Schwarzwald durch den Rheintalgraben getrennt. Altersmäßig haben wir es beim Buntsandstein mit Ablagerungen zu tun, die nach den neusten geochronologischen Korrelierungen in der Zeit vor 252,6 Millionen Jahren bis 246,6 Millionen Jahren vor der Jetztzeit, also innerhalb eines Zeitraums von rund 6 Millionen Jahren, entstanden sind. Neuerdings wird der Buntsandstein auf lithologischer Basis untergliedert. Für die hiesige Region wird hier aber die bewährte Gliederung des Geologen Heinrich von Eck beibehalten, der diese 1883 nach den örtlichen Verhältnissen in der Umgebung von Lahr aufgestellt hat und die für diesen Bereich nach wie vor Gültigkeit besitzt. Danach wird der Buntsandstein in Unteren, Mittleren und Oberen Buntsandstein unterteilt, wobei die einzelnen Abteilungen jeweils durch Konglomerathorizonte voneinander abgetrennt werden. Die Bezeichnung „Buntsandstein“ ist eigentlich etwas irreführend, da in der Regel rote und rötlichbraune Farbtöne bei ihm dominieren, während andere, beispielsweise gelbliche und grünliche Färbungen eher selten sind. Die rötliche Tönung rührt von dünnen Hämatitüberzügen her, die jedes einzelne Sandkorn wie ein feines Häutchen umgeben, und die ein Anzeichen dafür ist, dass dieses Sediment in einem trockenen Wüstenklima entstanden ist. Ähnliche Verhältnisse zeigen sich heute beispielsweise in der Sahara. Welcher Autofahrer kennt nicht
den feinen rötlichen Staub, der unter gewissen meteorologischen Bedingungen von Süden über die Alpen herüberweht und vorsichtig von Lack und Scheiben entfernt werden muss!
Die bisher ältesten Nachrichten über ein Schul- bzw. Unterrichtswesen liefern uns die Ruster Kirchenbücher. Darin findet sich der Schulmeister und Messner Johann Jacob Michall, der zwischen 1651 und 1658 mehrere Kinder taufen lässt. Er ist wohl auch jener Lehrer, den die Kirchenvisitation des Jahres 1666 nennt. Leider erwähnen diese Quellen weder ein Schulhaus noch einen anderen Ort, an dem der Unterricht abgehalten wurde. Das älteste bekannte Schulhaus im Ort ist das Gebäude gegenüber der Kirche an der Ecke Hindenburg - und Kirchstraße, das im Jahre 1770 erbaut wurde. Darin waren auch die Lehrerwohnungen untergebracht. Über die damalige Schulsituation erfahren wir aus einem Amtsprotokoll des Jahres 1786: „Nachdem der hiesige Schullehrerdienst seit geraumer Zeit vacant gewesen und man für höchst nöthig befunden, solchen Dienst wieder zu besetzen“, wurde Joseph Siengrün von Kirchhofen aus dem Österreichischen zum Schulmeister bestellt. Als Besoldung wurden ihm 300 Gulden zugesagt, „über die Art aber, und wie weit solche in Natural-Posten oder barem Geld gereicht werden soll, noch berathschlaget werden wird.“ Ferner war der Lehrer von Belastungen wie Fron- und Atzgeldern sowie Fastnachtshühnern „nebst übrigen herrschaftlichen Beschwerden“ befreit. Er befand sich dabei in guter Gesellschaft der „hiesigen gemein Diener, als nämlich: ... der gerichtsschreiber, der gerichts Bot, die Zween Bannwarthen, die drei Hirten, die Hebammen und die Zween Ortsbarbiere.“ Diese Aufzählung zeigt uns auch die soziale Stellung des Lehrers zum damaligen Zeitpunkt, der trotz der Besoldung und weitgehenden Abgabenbefreiung auf Nebentätigkeiten angewiesen war, wie Organisten- und Messnerdienst, Chorleitertätigkeit, das Singen und Musizieren bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen etc.
Die Kanadier gehörten zu den alliierten Streitkräften, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg und der Befreiung Westeuropas 1949 zur NATO zusammenschlossen, um Westeuropa zu verteidigen. In Europa war die kanadische Armee ab 1951 in Hannover stationiert und dann, ab Mitte der 50 Jahre, in der britischen Zone in Norddeutschland. Die kanadische Luftwaffe hatten ihre Stützpunkte in Baden-Söllingen und Zweibrücken in Süddeutschland und an vielen kleinen Flugplätzen in Nordfrankreich mit Hauptquartier in Metz. 1966 zogen sich die Vertreter Frankreichs auf Veranlassung von Präsident Charles de Gaulles aus den militärischen Organen der NATO zurück, gleichzeitig befahl de Gaulle den ausländischen alliierten Streitkräften, Frankreich sofort zu verlassen. Auf ihrer Suche nach einem neuen Stützpunkt kamen im Januar 1967 einige kanadische Offiziere auch nach Lahr - sehr zur Überraschung des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Philipp Brucker. Dieser begrüßte die Offiziere sehr freundlich und lud die Herren zum Schutterlindenberger Wein und zum Mittagessen auf die Dammenmühle ein. Und die Herren entschieden sich für Lahr. Den Militärangehörigen wurde allerdings nur mitgeteilt, dass sie nach Süddeutschland umziehen würden. Die Stadt Lahr wurde nicht genannt, um einen Ansturm auf die Wohnungen zu vermeiden.
Ordnung in der Stadt
(2012)
In früheren Zeiten hatten Dekrete der Obrigkeit noch in überschaubarer Zahl ausgereicht: Zwischen 1475 und 1690 waren in der Markgrafschaft Baden nur insgesamt 254 Erlasse herausgegeben worden. Nach 1690 setzte schon eine erste verstärkte landesherrliche Gesetzgebung ein, aber erst ab 1709 lässt sich - zunächst mit dem Amtsantritt des Markgrafen Karl III. Wilhelm (1679-1738) - eine deutliche Steigerung feststellen, und im Laufe des 18. Jahrhunderts kamen dann pro Jahr etwa 25 dazu, sodass es bis 1803 schon 2.153 Gesetze gab.
Bürgerschaft und Obrigkeit
(2012)
Im Mittelalter war der landesherrliche Verwaltungsapparat nicht ausgebaut, sodass in den Städten Lokalverwaltungen entstanden, die überwiegend von Laien aus der Bürgerschaft getragen wurden; trotzdem darf man keine weitgehende Freiheit vom landesherrlichen Zugriff annehmen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, also zu der Zeit, aus der unsere Stadtratsprotokolle stammen, weitete sich der „intermittierende“ Charakter der herrschaftlichen Einflussnahme allmählich in Richtung einer „kontinuierlichen“ aus. Noch fehlte es dabei allerdings an der fachmännischen Umgestaltung der Verwaltung. Nassau erließ erst 1759 eine Ratsordnung, die den Rat von Lahr der Aufsicht eines Oberschultheißen unterstellte. Die dann vor allem Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmende Professionalisierung der Verwaltung - und damit einhergehend die Minderung der traditionellen bürgerlichen Einflussnahme durch den Entzug von Kompetenzen - rief bei der Lahrer Bürgerschaft Protest hervor und trug auch zur Entstehung des Lahrer Prozesses im Jahre 1772 bei. In Lahr hatte es seit dem Erlass des Freiheitsbriefes von 1377 schon immer eine Diskrepanz zwischen der gefühlten und der tatsächlich in den Artikeln garantierten und demgemäß von der Herrschaft zugestandenen Freiheiten gegeben. Lahr konnte auch nicht einen leisen Eingriff oder nur einen Schein in seine Rechte und Freiheiten verwinden. So gab es auch immer wieder Auseinandersetzungen über die Auslegung des Artikels IV des Lahrer Freiheitsbriefes von 1377, der die alljährliche Wahl des Stadtrates regelte.
In unmittelbarer Nähe zur Stadthalle befindet sich im Gebäude Neckarstaden 32 seit 1984 die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) in Heidelberg. Es ist nach der von den Nationalsozialisten ermordeten und 1998 heilig gesprochenen Karmeliterin Edith Stein (1891-1942), eine zum katholischen Glauben konvertierte Jüdin, benannt. Sie hatte 1930 in der damaligen Katholischen Studentengemeinde Heidelberg einen Vortrag über „Intellekt und die Intellektuellen“ gehalten.
Die Stadthalle
(2013)
Nennt man, beispielsweise einem Taxichauffeur, das Ziel Stadthalle, so stößt man nicht selten auf Unkenntnis. Die Stadthalle, einst Ausdruck bürgerlichen Selbstbewusstseins in einer aufstrebenden Stadt an der Wende zum 20. Jahrhundert, und noch immer ein Zentrum kulturellen Lebens, sei es als glanzvoller Rahmen für Tanzstundenabschlussbälle und Abiturfeiern, sei es als Konzerthaus, sollte nicht bekannt sein? Obschon sich harmonisch in das Stadtbild einfügend, wird die Stadthalle durchaus als ein markanter Baukörper wahrgenommen. Kein Grund zur Marginalisierung also. Des Rätsels Lösung: Seit den 8oer Jahren lautet die offizielle Bezeichnung Kongresshaus-Stadthalle Heidelberg. Der Namensbestandteil Stadthalle, der in kapitalen Lettern über dem die Westfront akzentuierenden Haupteingang prangt, wird von der zugehörigen Tiefgarage sowie der benachbarten Bushaltestelle gar unterschlagen. Dies bedeutet eine Akzentverschiebung im Nutzungskonzept der Stadthalle zugunsten des Kongresswesens.
Im Jahre 1550 habe ich das Licht der Welt erblickt. Mein Vater Friedrich II. (1482-1556), der den Gläsernen Saal bau auf dem Schloss erbauen ließ, taufte mich auf den Namen „Wolfsbrunnen“ und schenkte mir zur Taufe einen schönen Brunnen, der mich seit meiner Kindheit mit seinem Plätschern bis zum Jahre 2008 begleitete. Etwas weiter oben im Tal ließ er einen Lustgarten zum Spazierengehen und ungestörten Aufenthalt mit einem Teich anlegen. Auch zwei Teiche im Tal, die die Harmonie um mich herum vervollständigten, bekam ich geschenkt.
Ein Kochbuch als Dokument außergewöhnlicher Gastfreundschaft: die 300 handgeschriebenen Seiten waren der kulinarische Kanon, nach dem von 1825-1925 auf dem Stift für die Gäste gekocht wurde. Aber nicht nur die großbürgerliche Esskultur lockte Besucher von überall her an, es waren auch die romantische Lage, der Komfort und die Aussicht, müßige Tage mit gebildeten Gesprächspartnern zu verbringen. Das alte Benediktinerkloster war um die Jahrhundertwende an Privatleute verkauft worden; 1810 kam Carl Maria von Weber zu Besuch - ein Aufenthalt, gemacht für seelige Menschen“-, man sang zur Gitarre Wunderhorn-Lieder und spielte Haydn-Klaviertrios. Unter den Neuerscheinungen in der Bibliothek ein „Gespensterbuch“:
darin fand der Komponist die Story für den Freischütz; ob das wildromantische Mausbachtal hinter dem Stift Vorbild war für die Wolfsschluchtszene, ist unsicher.
1926 wurde das Institut für Zeitungswesen an der Heidelberger Universität gegründet und hatte seinen Sitz bis 1935 im Haus Buhl in der Hauptstraße 234. Das Gebäude entstand 1722 nach Plänen von Johann Jakob Rischer für den Hofgerichtsrat und Mathematikprofessor Friedrich Gerhard von Lünenschloß. Der heutige Name geht auf den letzten privaten Besitzer zurück, Heinrich Buhl, der das Anwesen 1889 erwarb. Buhl stammte aus der Deidesheimer Winzer- und Politikerfamilie und war seit 1878 Juraprofessor und zeitweilig auch Dekan und Prorektor in Heidelberg. Nach seinem Tod
1907 gelangte sein Haus in den Besitz der Universität und sollte laut Buhls testamentarischer Verfügung als Erholungsheim oder für wohltätige Zwecke genutzt werden. Es dauerte allerdings fast drei Jahrzehnte, bis das Haus Buhl für annähernd „wohltätige Zwecke“ Verwendung fand. Nach dem Ersten Weltkrieg stand es zunächst dem Institut für Sozial- und Staatswissenschaften sowie dem neu gegründeten Institut für Zeitungswesen zur Verfügung. Erst 1938 wurde es ein Wohnheim für ausländische Gäste der Universität und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg ein Studenten- und
Gesellschaftshaus. Heute ist das Haus Buhl der Sitz des Marsilius-Kollegs und dient als Gästehaus und Veranstaltungsort.
Als ich vor über 35 Jahren meine Wohnung auf dem Peterhof bezogen hatte, gab es am Postamt Peterstal, damals schräg gegenüber dem legendären „Gasthaus zur Grenze“, einen älteren Beamten, der mich im hiesigen Dialekt darauf aufmerksam machte, dass ich eigentlich auf dem „Reppebuckel“ wohne. Eine ähnliche Straßenbenennung im Schriesheimer Tal ließ die Schlussfolgerung zu, es müsse sich wohl um eine Etymologie handeln, die auf Gestüt, auf Rappen hinweist - wer weiß, vielleicht sogar die Pferde des pfälzischen Hofes? Ich hörte diese Benennung zwar immer seltener, aber ich fragte mich dennoch, woher diese alte Bezeichnung kommt und wie es zu dem jetzt üblichen Namen Peterhof bzw. Peterhofweg kam.
An herausragender Stelle im alten Ziegelhäuser Ortskern steht ein ansehnliches Haus im barocken Baustil. Wenn man sich zwischen den beiden alten Kirchen aufhält, sieht man es von der einen Seite, vom „Kucheblech“ aus von der anderen. Die älteren Ziegelhäuser erinnern sich, dass es vor ein paar Jahrzehnten noch das evangelische Schwesternheim und den Kindergarten beherbergt hat und den Namen Luisenheim trug. Bis in die siebziger Jahre hatte es die Adresse Oberer Neckarweg 2, seitdem Brahmsstraße 2. Als eines von sehr wenigen Bürgerhäusern in Ziegelhausen ist es mit profilierten Fenstergewänden, aus rotem Buntsandstein, ausgestattet. Über dem Eingang ist eine Nische aus hellem Sandstein angebracht, in der sicher einmal eine Figur stand. Da mag man sich nach der Geschichte des Hauses fragen.
Unabhängig davon, wie oft sich Grenzen in Europa im Laufe der Jahrhunderte geändert haben, fühlte sich das polnische Volk immer der westeuropäischen Gemeinschaft zugehörig und nahm regen Anteil am politischen und kulturellen Leben unseres Kontinents. So hinterließen viele Polen seit Jahrhunderten ihre Spuren auch in Heidelberg. Als Beispiel soll hier Matthäus von Krakau (um 1330 in Krakau geb.-1410 in Heidelberg gest.), Matthaeus de Cracovia, genannt werden, der als Erzieher der ersten polnischen Professoren an der Krakauer Akademie wirkte, 1396-1397 Rektor der Universität Heidelberg war und 1405-1410 Bischof von Worms wurde. Polnische Spuren finden sich auch unter den kurpfälzischen Herrschern der damaligen Zeit: Ottheinrich von der Pfalz (1502-1559), der Erbauer des Ottheinrichbaus am Heidelberger Schloss, war das Enkelkind von Herzog Georg des Reichen von Bayern-Landshut und seiner Gemahlin, der polnischen Prinzessin Jadwiga Jagiellonka (Hedwig Jagiellonica), der ältesten Tochter des Königs von Polen und Großfürsten von Litauen Kasimir Jagiellonczyk (siehe auch Landshuter Hochzeit); Carl III. Philipp (1661-1742), Kurfürst von der Pfalz, heiratete Prinzessin Ludwika Karolina Charlotte von Radziwill-Birze, Tochter des polnischen Fürsten Boguslaw Radziwill, und in zweiter Ehe in Krakau die polnische Prinzessin Theresa Katharina Lubomirska, Tochter des Fürsten Josef Karol Lubomirski. Der ersten Ehe entstammten die drei Enkelinnen, Elisabeth Augusta, Ehefrau Kurfürst Karl-Theodors, Maria Anna und Maria Franziska Dorothea, Mutter des Königs von Bayern, Maximilian I. (1756-1825).
Seit dem Jahr 2012 gibt es in der Heidelberger Altstadt nur noch eine evangelische Gemeinde. Die Gläubigen der Heiliggeistkirche haben sich mit denen der Providenzkirche vereinigt, jedoch bleiben die beiden Kirchengebäude als Gottesdienstorte erhalten und laden nun abwechselnd zum Sonntagsgottesdienst ein. Die evangelische Peterskirche ist von dieser Fusion nicht betroffen und behält als Universitätskirche ihren besonderen Status.
Das Heidelberger Thermalbad
(2013)
Eingeweiht wurde das Heidelberger Thermalbad - zumindest inoffiziell - am 29. Juli 1939 von den Fliesenlegern: Vor ihnen schimmerte bläulich eine 1.500 m² große Wasserfläche - das vollständig gekachelte Becken des neuen Heidelberger Freiluftbades, das unter größtem Zeitdruck gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung am 31. Juli fertig geworden war und als „neues modernes, schönes Frischwasser-Sportschwimmbad im Freien für bis zu 10.000 Badegäste“ längst breit beworben wurde. Das Wasser war recht frisch, es hatte nur 16 Grad, und das Salz brannte in den Augen. Für einen Abend
gehört das Bad ihnen allein - noch bevor die Hakenkreuzfahnen gehisst und die Stühle für die Ehrengäste aufgestellt waren.
Die „Schlierbacher Landstraße“ folgt den Windungen des Flusses im „Unteren Neckartal“ auf einer Länge von etwa sechs Kilometern von der Stadtteilgrenze bei Schlierbach zur Altstadt von Heidelberg am „Karlstor“ im Westen bis zur Stadtgrenze von Neckargemünd am „Kümmelbach“ im Osten. Der durch die Topographie des Gebirgsdurchbruchs in Siedlungsteile getrennte Ort Schlierbach schmiegt sich an die Nordhänge des „Königstuhls“ an, wo Täler und sanftere Berghänge dies zulassen. Wo steile Gebirgshänge an den Fluss herantreten, wurde über die Jahrhunderte erst der Platz für die Straße und die seit 1862 bergseitig entlang führende Bahnlinie geschaffen. Die Siedlungsteile „Hausacker“, „Alt-Schlierbach“ und „Aue“ sind durch die zum Neckar vorspringenden Bergnasen „Ölberg“ und „Aukopf“ getrennt. Über die spät besiedelte Geländedelle des „Hausacker“ führt bergauf ein Weganschluss zur Bergschulter zwischen dem „Jettenbühl“ und dem Quellbereich des Baches „Schlierbach“. Dort liegt der sagenumwobene „Wolfsbrunnen“. Zu diesem führen von der Mündung der Rombach und der Schlierbach Wege bergaufwärts. Oberhalb des „Wolfsbrunnens“ setzt sich der Weg über die Bergschulter fast eben über den „Auweg“ nach Osten fort.
Der Frauenzimmerbau in der Nordwestecke des Heidelberger Schlosshofes ist eines der weniger beachteten Gebäude und hat alles von seiner ursprünglichen repräsentativen Architektur verloren. Einst unter Kurfürst Ludwig V. durch seinen bedeutenden Architekten Lorenz Lechler um 1520 als dreigeschossiger Palast erbaut, war er ein ebenbürtiges Pendant zu dem heute noch stehenden älteren Ruprechtsbau. Der Friedrichsbau und der Englische Bau mit samt dem Nordwall, sowie der Stückgarten sind später errichtet, sodass unser Palast von der Heidelberger Altstadt aus gut zu sehen war. Leider wurde der Bau im Französischen Erbfolgekrieg und durch den Brand von 1764 ruiniert, die beiden oberen Geschosse danach abgetragen und mit dem heute noch bestehenden Notdach in der Zeit des Kurfürsten Carl Theodor versehen.
Die Rohrbacher Villenkolonie
(2013)
Wer die Heidelberger Adressbücher aufschlägt, wird dort ab 1909 (S.144) einen Anhang „Gemeinde Rohrbach“ finden, der aber nicht den ganzen Ort, sondern nur einen Teil der damals noch selbständigen Gemeinde Rohrbach verzeichnet: das sog. „Villenviertel“. Es erstreckt sich von der St. Peter-Straße nordwärts den Hang entlang bis zur Heidelberger Ortsgrenze (heute: Markscheide) und umfasst sieben Straßen mit 57 Häusern.
"IN SCIENTIA SALUS"
(2013)
Im Jahre 1877 nahm der Billroth-Schüler Vinzenz Czerny (1842-1916) den Ruf auf den Lehrstuhl für Chirurgie in Heidelberg an. Aufgrund seines überragenden Könnens erwarb er sich großes Ansehen als kühner Operateur, der sich „gerne an der Grenze des Erreichbaren bewegt" hat, und als charismatischer Lehrer. In dieser Zeit begegneten ihm viele Patienten mit schwersten, oft inoperablen Krebsleiden. Nach Besuchen des Morosovschen Krebsspitals in Moskau und des Krebsforschungsinstituts in Buffalo, plante er die Gründung einer ähnlichen Einrichtung in Heidelberg.
„Das Publikum, das an diesem Tage dem Großen Universitätssaal zuströmte - das Konzert war seit Tagen ausverkauft-, sah an der Eingangstür einen Zettel angeheftet mit der Aufschrift: ,Kreiten-Konzert fällt aus'“ (Kreiten, in Lambart, S. 76). Was war geschehen? Karlrobert Kreiten (geb. 1916), Sohn der Sängerin Emmy Kreiten-Barido und des Musikpädagogen Theo Kreiten, blickte 1943 auf eine beachtliche Karriere zurück, auch im NS-Staat. Mit elf Jahren debütierte er in der Tonhalle Düsseldorf, wenig später war das Konzert im Rundfunk zu hören. 1933 gewann er den Wiener Klavierwettbewerb und den Berliner Mendelssohn-Staatspreis. 1937 beendete er seine künstlerische Ausbildung. Meisterkurse führten in die USA. Wilhelm Furtwängler vermittelte Auftritte mit den Berliner Philharmonikern. Aber auch Dirigenten wie Hermann Abendroth und Hans Weisbach, ständiger Gastdirigent des Nationalsozialistischen Reichs-Symphonieorchesters, setzten sich für den jungen Pianisten ein. Die Familie - die Mutter hatte französische und spanische Wurzeln, Vater und Sohn waren niederländische Staatsbürger - verhielt sich dem Regime gegenüber reserviert. Doch gab es einflussreiche Bekannte, so Hugo Balzer, Generalmusikdirektor in Düsseldorf und Funktionär der NS-Kulturgemeinde. Familienintern machte man Witze, und nach außen hin hielt man sich an die Spielregeln.
Welch' ein Theater
(2013)
Es roch modrig, war dunkel und kalt. Eine Glühbirne befunzelte den Keller, der mit ausrangierten Möbeln gefüllt war, die auf neue Einsatzorte warteten. Nein, es war kein Theaterfundus und keine Asservatenkammer, die wir neugierig inspizierten. Es war der „Ramscher“. Meine Schulfreundin Loralie Kuntner hatte mich in die „gemeinnützige Verkaufsstelle“ mitgenommen; die kannte die wohltätige Einrichtung in der Theaterstraße seit ihren Kindheitstagen, schließlich hatte sie den „Ramscher“ über ihre Großtante lrma Vogel kennen gelernt, die eine rüstige Gesellschaftsdame und spätere Dame der Gesellschaft im Odenwald gewesen war. Wir erkundeten das Innenleben im Anwesen Theaterstraße 10, es war Mitte der 8oer Jahre.
Die Villa Bosch
(2013)
Sie gilt als eines der schönsten Gebäude Heidelbergs: Die Villa Bosch am Schlosswolfsbrunnen-Weg. Hier und in ihrer näheren Umgebung befinden sich heute eine große wissenschaftsfördernde Stiftung, ein Technikmuseum, ein Tagungszentrum sowie zwei Forschungsinstitute. Wissenschaft, Wissenschaftsförderung und Wissensvermittlung haben in diesem Haus indes seit mehr als 90 Jahren Tradition.
Wie im Jahr 1951 der Kinderarzt Ernst Mora (1874-1951), so wurde nur drei Jahre später auch sein Kollege Johann Duken (1889-1954) auf dem Handschuhsheimer Friedhof beerdigt, beide nach Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung unter lebhafter Anteilnahme der Bevölkerung. Beide hatten die Heidelberger Kinderklinik geleitet, beide zuletzt in der Mozartstraße gelebt. Doch Ansprachen von Vertretern der Universität wurden nur an Moros Grab gehalten. Das lag in einem wesentlichen Unterschied begründet: Moro, der erste Heidelberger Ordinarius für Kinderheilkunde, hatte sich im Dritten
Reich zurückgezogen. Duken dagegen war als überzeugter Nationalsozialist auf den vakanten Lehrstuhl berufen worden. Aufgrund seiner Verstrickungen durfte er nach dem Krieg nicht in sein Amt zurückkehren.
„Der steile, unbequeme Pfad an der Brücke, von seinen Schlangenwindungen seinen Namen tragend, ist absolut nicht zu empfehlen.“ Ließe man sich heute von diesen Zeilen eines Fremdenbuches von 1834 leiten, bliebe einem der besondere Reiz dieses Weges verborgen. Er schafft eine Verbindung vom Neuenheimer Neckarufer zu den Höhen des südlichen Michelsbergs. Diese Region ist kein unbeschriebenes Blatt. Vis-a-vis des ursprünglichen Heidelbergs erlauben ein Gefüge aus Hanglage, stimmiger Sonnenexposition, fruchtbaren Böden und bekannt gefälligem Klima von Alters her den
Anbau von Reben. Der Schlangenweg liegt zwischen den Gewannen „Rothebühl“ und „Nadel“, an deren großen Wingertbestand mittlerweile überwiegend Gärten und Bauplätze getreten sind.
Die Melanchthonkirche bekam ihre heutige Form 1907/08 durch eine Renovierung, die fast eine neue Kirche schuf. „Renoviert“ wurde eine Kirche aus dem 18. Jahrhundert, aber schon 1286 wird in einer Urkunde die Rohrbacher Kirche mit dem Namen St. Benedikt als Filialkirche von St. Peter in Kirchheim erwähnt (Schannat, S. 34). Dieses Verhältnis wurde nach dem 30-jährigen Krieg umgedreht: Rohrbach wurde 1653 Pfarrsitz und St. Peter wurde bis 1769 der Rohrbacher Kirche unterstellt. Nach der Reformation kam die Kirche 1556 in den alleinigen Besitz der Protestanten. Nur wenige Jahre, von 1698 bis 1705 wirkte sich das Simultaneum, wie überall in der Kurpfalz, auch auf die Rohrbacher Gemeinde aus. So mussten die Reformierten ihre Kirche mit den Katholiken und Lutheranern teilen (Trautwein 1908, S. 13). Den Namen Melanchthonkirche erhielt sie vermutlich erst 1927, als Rohrbach Heidelberg eingemeindet wurde, bis dahin war es schlicht die evangelische Kirche von Rohrbach.
April 1838: Am südwestlichen Ausläufer des Heiligenberges (heute: Neuenheimer Landstr. 80 / Ecke Bergstraße) stoßen Arbeiter beim Ausschachten eines Fundaments für ein Wohnhaus auf Mauerreste und Kleinfunde aus der Römerzeit. Friedrich Creuzer (1771-1858), seit 1805 Professor für Philologie und Alte Geschichte an der Heidelberger Universität, besichtigt sogleich die Fundstelle. Am 23. April 1838 meldet ihm Ludwig Eisinger, Student und Mitglied des Philologischen Seminars, man habe ein „Bruchstück“ gefunden, „das ihm mithrisch zu sein scheine“. Creuzer ist wie elektrisiert - schließlich ist er ein ausgewiesener Kenner der orientalischen Kulte und seit 1833 für die badische Regierung als Konservator der Landesaltertümer tätig. Er beauftragt den akademischen Garten-Inspektor Johann Metzger (1789-1852), der als Landschaftsarchitekt und Gartengestalter den Heidelberger Schlossgarten und die botanischen Gärten verwaltet, mit der Ausgrabung („mit möglichster Schonung“) und Aufbewahrung der Funde. Zu Tage gefördert werden ein auf der Bildseite liegendes Relief aus vier Buntsandsteinplatten (2,26 m x 2,40 m) und ein Sockelstein - „eines der größesten und bilderreichsten Denkmäler“ des Mithras-Kultes, wie Creuzer begeistert und völlig zu Recht feststellt. Das angesichts der Fund umstände erstaunlich gut erhaltene Relief wird von der Großherzoglichen Regierung angekauft und zunächst im Handschriftensaal der Universitätsbibliothek (heute: Augustinergasse 15) aufgestellt. Noch im gleichen Jahr veröffentlicht Creuzer eine wissenschaftliche Abhandlung über das Neuenheimer Mithräum. Metzger steuert einen Grund- und Aufriss der Fundstelle bei, der Maler Johann David Vol(c)k eine recht genaue Zeichnung des Bildes. So kann jener Apriltag 1838 mit Fug und Recht als Geburtsstunde der wissenschaftlichen Archäologie in Heidelberg gelten.
Der Weg über das Münchel
(2013)
„Der Weg von Heidelberg nach Schönau geht über Ziegelhausen, und von da durch Waldungen, eine Strecke am Neckar bergauf, wo die Aussicht in das Thal schöne Parthien darbietet“, schrieb 1811 der Ästhetik-Professor Aloys Schreiber in seinem Führer „Heidelberg und seine Umgebungen“. Heute würde es außer rüstigen Wanderern niemandem einfallen, von Ziegel hausen den Waldweg über die Wasserscheide zwischen Steinbach und Steinach zu wählen, um nach Schönau und in die nördlich anschließenden Talgemeinden zu gelangen. Und doch, der unbequemste Weg wurde jahrhundertelang täglich benutzt. Die Alternative dazu, die von Aloys Schreiber beschriebene „Münchelstraße“, wurde um 1760, die Uferstraße zwischen Neckarsteinach und Ziegelhausen („Kleingemünder Landstraße“) gar erst 1876 angelegt. Bis dahin gab es am Neckar nur den Leinpfad, der am Prallhang in der Höhe des Bärenbachs immer wieder vom Fluß angenagt wurde.
Die Website des Heidelberger Geschichtsvereins www.haidelberg.de wurde 1999 vom Verfasser im Auftrage des Vorstandes mit Hilfe von Dr. Reinhard Mayer ins Leben gerufen. Der Autor hatte bislang keine Erfahrung mit Computertechnologie oder Webdesign, blieb auch darin bis heute Dilettant. Dankenswerterweise erhält er seit einigen Jahren technische Unterstützung durch Willi Morlock. Er wird ihm auch bei der Neugestaltung der Website hilfreich zur Seite stehen. Für den Inhalt zeichnet der Autor allein verantwortlich.
„Wir treffen uns am Bismarckplatz an den Arkaden“. Was heute bei den meisten Heidelbergern ein Stirnrunzeln hervorrufen würde, war bis 1960 durchaus ein gängiger Spruch, um sich am Bismarckplatz (heute sprechen die jungen Menschen vom „Bisi“) zu verabreden. Diese Arkaden - entstanden im Jahre 1925 - nahmen die gesamte Südfront des Platzes ein und wurden von der Villa Busch (einem Privathaus an der Ostseite) und dem Hotel Reichspost (am Beginn der Rohrbacher Straße) flankiert. Mit der Sensibilität bezüglich städtebaulicher Entwicklungen in heutiger Zeit kann
man die nun folgende Entwicklung jedoch nicht betrachten. Man muss sich vielmehr die außergewöhnliche Situation Heidelbergs in den ersten Nachkriegsjahrzehnten vor Augen halten: in nahezu allen Großstädten Deutschlands waren bedingt durch großflächige Kriegszerstörungen schnelle und vor allem moderne Lösungen für den Wiederaufbau der Innenstädte gefragt. Mannheim ist hierfür ein passendes Beispiel. In Heidelberg war die Lage gänzlich anders: nahezu überall fand man die unzerstörte Bausubstanz und allerdings auch die Infrastruktur der Vorkriegszeit vor. Gerade letzteres hatte den Stadtvätern ja schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts Sorgen bereitet (Verlegung des Hauptbahnhofs). Mit der endlich erfolgten Stilllegung des alten Bahngeländes erschien es geradezu unerlässlich, vor der Altstadt einen neuzeitlichen „CityBereich“ zu schaffen. Eine besondere Bedeutung kam jetzt der Frage nach einem Warenhaus mit einem deutlich größeren Angebot, als es bislang in der Stadt vorhanden war, zu.
Am nördlichen Ufer des Neckars, bei der Einmündung des Haarlassweges in die Ziegelhäuser Landstraße - etwa 250 m westlich der „Haarlass“-Gebäudegruppe - steht ein glatt behauener Quader aus rotem Sandstein, der auf fünf unregelmäßigen Steinbrocken desselben Materials schräg lagert; er misst 112 x 84 x 22 cm. Das dahinter aufragende felsige Areal wurde von Karl Christ im späten 19. Jahrhundert als „Neuenheimer Schweiz“ bezeichnet.
Drickelschopfe
(2013)
Welche Orte und Gebäude den Lauf der Geschichte unbeschadet überstehen, verdankt sich manchmal bewusstem Engagement, manchmal aber auch dem Zufall. So auch im Heidelberger Stadtteil Ziegelhausen-Peterstal: Er verfügt über „klassische“ Sehenswürdigkeiten wie die Klosteranlage von Stift Neuburg, das alte Schulzenhaus in der Kleingemünder Straße oder die ehemaligen Dorfkirchen. Ortstypisch sind jedoch auch einige unscheinbare Zweckbauten: die Drickelschopfe. Wände aus hölzernen Lattenrosten sorgten bei diesen Schuppen für genügend Durchzug, um auch bei schlechtem
Wetter größere Mengen Wäsche trocknen zu können. In unterschiedlicher Form und Größe gehörten sie einst zum Wäschereigewerbe, das über Generationen viele Ziegelhäuser und Peterstaler Familien in Lohn und Brot hielt.
Die "Wieblinger Kapelle"
(2013)
„Alte Scheunen sind verschwunden, auch die Mühle mahlt nicht mehr. Doch im Schlosspark steht noch immer die Kapelle, altersschwer“. So singen die Wieblinger in der zweiten Strophe ihres Ortsliedes: Die Kapelle als das älteste Gebäude des Stadt teils ist ein Symbol für das Bleibende inmitten des starken Strukturwandels des Ortes im 20. Jahrhundert. Für den, der Wieblingen auf der Mannheimer Straße durchquert, ist die „Thaddenkapelle“ nicht zu sehen; denn sie steht etwas abgelegen im Park der Elisabeth-von-Thadden-Schule, wodurch sie auch ihren heute üblichen Namen bekommen hat.
Wer jedoch am Neckar entlang geht oder durch den uralten Weg namens Hastig, dem fällt das alte schöne Gebäude sofort ins Auge. Nicht gleich erkennbar ist aber die Tatsache, dass diese „Kapelle“ ein Teil der spätmittelalterlichen, dann evangelischen Pfarrkirche ist, deren Langhaus 1907, nach dem Bau der Kreuzkirche, abgetragen wurde , so dass heute nur noch Chorraum, Sakristei und Turm vorhanden sind. Nicht erkennbar ist auch, dass es sich hierbei um die (mindestens) dritte Kirche an dieser Stelle handelt und dass die Wieblinger über 1100 Jahre lang an derselben Stelle zum Gottesdienst zusammenkamen.
Heidelbergs Zukunft liegt im Westen - so konnte man um die Mitte des 19. Jahrhunderts sagen. Aus der Enge der Altstadt entflohen Gewerbebetriebe, die im Bereich Bergheim/Weststadt Platz zur Entfaltung fanden. Im Heidelberger Westen wurde der Bahnhof gebaut, die Fuchs-Waggon-Fabrik und die Zementfabrik entstanden, Tabakfirmen errichteten große neue Produktionsstätten. Vor allem das Gebiet westlich der heutigen Römerstraße, das noch größtenteils aus Ackerland und Weingärten bestand, war für die Expansion geeignet. Allerdings war noch 1884 unklar, wie man das Areal eigentlich nennen sollte. Im Kaufvertrag der Heidelberger Aktienbrauerei war die Rede vom „neuen Bauviertel vor dem ehemaligen Mannheimer Thore“. Einige Bierbrauer, deren Betriebe den Konkurrenzkampf und Konzentrationsprozess des ausgehenden Jahrhunderts überlebt hatten, bauten hier neue Brauereien. Schroedlbräu, Zieglerbräu und das Goldene Fässchen zog es in den Westen. Doch die erste Brauerei, die den Schritt aus der Altstadt gewagt hatte, war die der Gebrüder Kleinlein, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts im „Güldenen Schaf“, heute Hauptstraße 115, existierte. Der Betrieb wurde seit 1863 von den Bierbrauern und Halbgeschwistern Friedrich Volkert und Karl Friedrich Kleinlein geführt, die als „Brauerei Gebrüder Kleinlein“ firmierten.
Als die Brüder Max und Ferdinand Liebhold 1903 in der Bergheimer Straße 76 eine Zigarrenfabrik erbauen ließen, war Bergheim ein von Fabriken, Gewerbebetrieben und Kliniken geprägter Vorort. „Heidelbergs einziges Gewerbegebiet lag in Bergheim“, schreibt H. M. Mumm in „Heidelberg als Industriestandort um 1900“. Im Jahr 2013 hat sich das gesamte Umfeld in Bergheim geändert: Die meisten Fabriken wurden aufgegeben oder zogen ins Umfeld Heidelbergs, in einige Kliniken zogen Universitäts-Einrichtungen, Gewerbebrachen wurden in attraktive Wohnsiedlungen umgewandelt. Und die ehemalige Tabakfabrik beherbergt seit 1987 zwei Weiterbildungseinrichtungen - die Volkshochschule und die Akademie für Ältere. Das vhs-Haus steht heute im Zentrum des urbansten Stadtteils Heidelbergs.
Groove im Gewölbe
(2013)
„Durch eine enge Wendeltreppe, die umwunden ist von einem Maschennetz hellgelber Stahldrähte, die ihrerseits wie vom Schnürboden einer Bühne in das eigentliche ,Scenarium' führen, tastet man sich mit behutsamen Schritten hinunter in einen tiefen Keller. Und was man dort entdeckt, ist nichts anderes als eine fröhliche Stätte einer originellen Freizeitunterhaltung, wie sie die Studenten von Bologna bis Utrecht, von Paris bis Oslo, aber auch in vielen deutschen Städten mit akademischem Klima schon seit Jahren ihr eigen nennen.“
Der Turm wird 100
(2013)
Weithin sichtbar zeugt ein Turm im Heidelberger Stadtteil Rohrbach von der industriellen Vergangenheit des Quartiers. Er diente hier von 1902 bis 1956 der dort existierenden Heinrich Fuchs Waggonfabrik zur Wasserversorgung. Mit der Frage nach dem „Warum steht er da?“ stellt sich auch die Frage „Seit wann steht er da?“ Die Fachliteratur datierte den Wasserturm bisher auf das Jahr 1920, begründet mit dem Gründungsjahr der Werksfeuerwehr der Heinrich Fuchs Waggonfabrik und in der Existenz eines ebenfalls von der Dampfkessel- u. Gasometer-Fabrik Braunschweig 1922 gebauten Zwillingsbruders bei der Firma Bopp & Reuther in Mannheim-Waldhof. Genauere Recherche im Stadtarchiv Heidelberg deutete jedoch auf einen früheren Zeitpunkt. Eine Bestandsaufnahme zur Vorbereitung des Verkaufs der gesamten Fuchs Waggonfabrik aus dem Jahr 1956 führt alle Bauwerke auf und registriert für den Wasserturm das Baujahr 1913. Einen weiteren Hinweis auf ein genaueres Datum fand sich erst in der Bauakte mit der Baugenehmigung vom 1. April 1913. Leider ist diese Akte, wie so viele vor dem Ersten Weltkrieg, unvollständig. Aus dem Stadtteil Rohrbach kommt für Akten vor April 1927 erschwerend hinzu, dass sie erst mit der Eingemeindung nach Heidelberg zentral erfasst wurden. Nachdem zur Bauausführung und zur Bauabnahme keine Unterlagen zu finden waren, gab zuerst allein ein Schreiben vom Bezirksbaukontrolleur 1. Eirich den Hinweis, dass der Turm vor dem 6. November 1913 fertiggestellt wurde.
"Versuch zu überleben"
(2013)
Als am Karfreitag, den 1. April 1945, die Amerikaner in Heidelberg einmarschierten, saßen zwei junge Frauen, Blanca und Maria, am Straßenrand und weinten. Ihnen war bewusst, dass sie Krieg und Verfolgung zwar überlebt hatten, aber ihr Zuhause und ihre Familien vernichtet waren. Sie wurden von einem Feldprediger der US-Armee angesprochen. Er hatte erkannt, dass die beiden Frauen die ersten jüdischen Überlebenden waren, die er in Deutschland antraf. Er forderte sie auf, ins amerikanische Hauptquartier im Heidelberger Rathaus zu kommen. Als die beiden Frauen ihn am nächsten Tag im Rathaus aufsuchen wollten, war er schon weitergezogen, hatte jedoch Kontakt zu einem Offizierskollegen hergestellt, der nun bei der Wohnungssuche behilflich war. Blanca hatte das letzte Kriegsjahr mit gefälschten Papieren als polnische Fremdarbeiterin Bronislava Panasiak in einer regimetreuen Heidelberger Familie, die von ihrer jüdischen Identität nichts wissen durfte, überlebt. Wie war Blanca in diese Familie gekommen und wo hatte sie vorher gelebt? 1913 wurde sie als Blanca Nebenzahl in Gorlice, Polen, geboren und ist mit drei jüngeren Brüdern aufgewachsen. Trotz antisemitischer Ausschreitungen an der Universität Krakau begann sie dort nach dem Abitur ein Jurastudium. Sie gab dieses jedoch auf, um den Unterhalt für sich und ihren späteren Mann Wolf Rosenkranz zu verdienen, der an der Universität Warschau auf sein medizinisches Staatsdiplom hinarbeitete.
Am 21. Juni 1849 besiegten preußische Truppen bei Waghäusel das badische Revolutionsheer. Am Abend waren Flüchtende in großer Zahl sowie Wagen mit Toten und Verwundeten Richtung Heidelberg unterwegs. Von hier aus unbemerkt bewegte sich an demselben Tag ein kleines preußisches Detachement von Schriesheim aus auf den Bergen Richtung Heidelberg. In Wilhelmsfeld und anderen Odenwalddörfern wurde Alarm geschlagen und eine Abteilung der Volkswehr zum Schutz Heidelbergs mobilisiert. Die Paulskirche hatte im März 1849 eine Verfassung beschlossen. Erstmals waren darin zwar politische Grundrechte formuliert, sie sah aber ein preußisches Erbkaisertum vor. Friedrich Wilhelm IV. lehnte ab. Damit war die Verfassung gescheitert. Die revolutionäre Linke hatte diese Politik stets bekämpft. Jetzt allerdings ergriff sie die Verfassung als ihr Panier und spitzte die Kampagnen auf deren Verteidigung zu. Im Mai meuterte das badische Heer und Baden wurde für wenige Wochen zur Republik. Auch die Pfalz schloss sich dem Kampf für die Verfassung an. Die anfängliche Hoffnung, der revolutionäre Funke würde nach Hessen und Württemberg überspringen, wich Mitte Juni der Sorge um die eigene Sicherheit. Die Schanzen im Norden der Stadt dürften in diesen Tagen angelegt worden sein. Das Bundesheer unter der Führung Preußens warf die Pfalz in kurzer Zeit nieder. Am 20. Juni setzten 25.000 Soldaten bei Germersheim über den Rhein.
Mittlerweile hat es sich zu einem weit über die Region hinaus bekannten Anziehungspunkt in dem an historischen Stätten gewiss nicht armen Heidelberg entwickelt: das Friedrich-Ebert-Haus rund um die Geburtswohnung des ersten Reichspräsidenten in der Pfaffengasse 18. Das Haus, ein Altstadtgeviert mit Innenhof, wird von der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte getragen, die am 19. Dezember 1986 durch Beschluss des Deutschen Bundestages, gegen die Stimmen der Grünen, errichtet wurde. Der bundesunmittelbaren Stiftung obliegt nach dem Gründungsgesetz die
Aufgabe, „das Andenken an den ersten deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert zu wahren und einen Beitrag zum Verständnis der deutschen Geschichte seiner Zeit zu leisten“. Die Initiative zu einer nationalen Gedenkstätte ging von der Stadt Heidelberg und der Friedrich-Ebert-Stiftung (Bonn) aus, die 1983 eine - Anfang 1986 erweiterte - Projektgruppe ins Leben riefen. Das Vorhaben stieß bei der politischen Linken auf Kritik, gipfelnd in dem Verdikt eines GAL-Vertreters, dass Ebert „für die Demokratie eine Flasche“ gewesen sei. Ungeachtet solcher verbaler Fehltritte öffnete das Friedrich-Ebert-Haus am 11. Februar 1989, dem 70. Jahrestag der Wahl Eberts zum Reichspräsidenten, mit der Ausstellung „Friedrich Ebert - Sein Leben, sein Werk, seine Zeit“ die Tore.
Am Anfang der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts gab es in Heidelberg drei Synagogen: in Rohrbach (seit 1845), in der Großen Mantelgasse (seit 1878) und in der Plöck (seit 1932). Sowohl in der Goßen Mantelgasse wie am Rohrbacher Rathausplatz erinnern Gedenksteine an diese, bald nach dem Novemberpogrom 1938 abgebrochenen, Gebäude. Keinerlei Hinweis oder Gedenken gibt es für die Synagoge in der Plöck. Es ist auch schwierig, sich dort einen Gedenkort vorzustellen, denn auf dem Gelände, wo die Synagoge sich befand, steht der massive Gebäudekomplex des Kaufhofs.