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Am 5. September 1914 – rund fünf Wochen nach Ausbruch des
1. Weltkriegs – riefen das großherzoglich-badische Ministerium
für Kultus und Unterricht und der Badische Jugendwehrausschuss zur Bildung von Jugendwehren auf. [2]
Damit folgte Baden
dem preußischen Beispiel, wo schon am 16. August 1914 die
Errichtung von Jugendkompanien bekannt gegeben worden
war. [3]
Im Frühjahr 1953 erwarb das Progresswerk Oberkirch A.G.
(PWO) die Konstruktionspläne des Untertürkheimer Rollerbauers Gottfried Gassmann. [1]
Unter der Projektleitung von Werner
Abel entwickelte man das Modell weiter zur Serienreife. Auf der
zweiten Internationalen Fahrrad- und Motorradausstellung in
Frankfurt im Herbst 1953 konnte erstmals der Prototyp des
neuen Rollers vorgestellt werden. [2]
Bis 1960 baute das in Stadelhofen ansässige Unternehmen Roller, zuerst den „Strolch“ und
dann dessen Nachfolge-Modell „Progress 200“. [3]
Am 20. Januar 1774 teilte der badische Markgraf Karl Friedrich (1728–1811) dem Geheimen Rat mit, dass er seinem Protegé Johann Sebastian Clais (1742–1809) vor dessen Englandreise aufgetragen habe, bei dem Ingenieur Peter Perez Burdett vorzufühlen, ob und zu welchen Bedingungen dieser bereit sei, in badische Dienste zu treten. Nun konnte Clais dem Gremium in Karlsruhe berichten, dass Burdett nicht abgeneigt sei, ein Engagement auf dem Kontinent in Erwägung zu ziehen. Seine Bedingungen klangen wie folgt: Er wünsche die Besoldung eines Kammerrats. Ferner, wenn er außerhalb seines Wohnorts zu tun habe, ein unentgeltliches Pferd und eine tägliche Diät von drei Gulden. Zudem
solle im Fall seines Todes seine Gattin mit der Hälfte des Lohnes als Witwenrente versorgt werden. Der Geheime Rat befand diese Vorstellungen als zu hoch, vor allem die tägliche Diät von drei Gulden. Selbst der Ingenieur Hauptmann Jakob Friedrich Schmauß (1715–1787) erhalte täglich nur zwei Gulden. Also bot man Burdett eine Diät von zwei Gulden an, akzeptierte allerdings seine übrigen Forderungen.
Am 2. April 2016 verstarb im Alter von fast 84 Jahren unser aktives Beiratsmitglied Karl Jürgen Haug.
Karl Jürgen Haug wurde am 25. Juni
1932 geboren. Er studierte von 1952 bis
1956 an den Universitäten Freiburg und
München Forstwissenschaften. Nach
mehreren Stationen mit Tätigkeiten in
Privatwäldern wurde er 1969 in den
Landesdienst übernommen und war
dann in verschieden Forstämtern tätig,
zuletzt als Amtsverweser am Forstamt
Huchenfeld. Am 12. Juli 1977 wurde
Karl Jürgen Haug zum Leiter des Forstamtes Eppingen bestellt. Bis zu seinem
Ruhestand am 30. Juni 1997 war er in
diesem großen Revier für den Wald tätig.
Karl Jürgen Haug trat 1979, schon
zwei Jahre nach seinem Zuzug nach
Eppingen, unserem Verein, Heimatfreunde Eppingen, bei. Seit 1984 arbeitete er bis zu seinem Tod aktiv in der
Vorstandschaft mit. Seit dieser Zeit organisierte er mit großer Sorgfalt und Zuverlässigkeit den Buchvertrieb. Seine
guten Ratschläge, sein Wissen in forstgeschichtlichen und naturkundlichen
Fragen bereicherte die Arbeit des Vereins. Als Forstamtsleiter und Vereinsmitglied war er maßgeblich am Bau der
Chartaque tätig. Vielen Eppingern ist
die Ausstellung „Wald - Jagd - Naturschutz“ noch in guter Erinnerung, die
unter seiner Federführung anlässlich
der 1000 - Jahr - Feier der Stadt Eppingen in der Reithalle aufgebaut wurde.
20 Jahre Halbe nach Fünf
(2016)
Am 25. September 2015 feierte die
bekannte Stadtführungsreihe „Halbe
nach 5“ Jubiläum. Die Heimatfreunde
Eppingen hatten zur 100. Stadtführung
eingeladen und über 200 Teilnehmer
kamen.
Unter dem Motto „Altstadterinnerungen“ stellten die Heimatfreunde ausgewählte Altstadthäuser vor und ließen
deren Bewohner vom Leben und Arbeiten in ihren Gebäuden erzählen. Die
beiden lokalen Zeitungen lobten die
Veranstalter mit treffenden Schlagzeilen: „Halbe nach Fünf- Führung: eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Nach
20 Jahren noch immer ein Publikumsrenner.“ (Rhein- Neckar- Zeitung 29.9.
2015) und „Da kann man nur gratulieren. Die Freiluftseminare in Sachen
Heimatgeschichte haben Kultcharakter.
Mehr als 8000 Besucher in fast 20 Jahren sprechen eine deutlicher Sprache
und sind Auszeichnung für die Protagnisten.“ (Kraichgaustimme 26.9.15).
Das Frühjahr und der Frühsommer
2016 waren geprägt durch extreme
Wettereignisse, Gewitter, Starkregen
häuften sich. In vielen Gemeinden in
Süddeutschland richteten Hochwasser
unbeschreibliche Schäden an. Auch
Todesopfer waren zu beklagen. Besonders stark betroffen war die Gemeinde Braunsbach im Landkreis
Schwäbisch-Hall, deren Ortskern am
29. Mai total verwüstet wurde.
Genau 200 Jahre nach dem „Jahr
ohne Sommer“ spürte man in unserer
Region wieder, wie eine Naturkatastrophe die Menschen in Angst, Not und
Schrecken versetzen kann und wie
machtlos der Mensch diesen Naturkräften ausgesetzt ist. Löste 1816 ein Vulkanausbruch die damalige Unwetterkatastrophe aus, so gehen Experten heute davon aus, dass der Klimawandel, mitverursacht durch den Menschen,
schuld an der Häufung dieser Extremwetterlagen in unserer Zeit ist. Es wird
wärmer, auch in Deutschland, und mit
jedem Grad, um das die Durchschnittstemperatur steigt, kann die Atmosphäre
sieben Prozent mehr Wasser aufnehmen. Und das regnet sich häufiger und
extremer ab.
Auf einer Veranstaltung der Heimatfreunde Eppingen sagte Edmund
Kiehnle einmal über sich: „Ich bin als fanatischer Eppinger auf die Welt gekommen". Ja - Edmund Kiehnles Herz
schlug für Eppingen, für seine Heimatstadt. Für ihn, der seine Stadt und die
Menschen so gern hatte, war es deshalb eine Selbstverständlichkeit, sich
neben seiner beruflichen Tätigkeit,
auch im Ehrenamt zu engagieren.
Und hier hatte er zwei große Leidenschaften: Sport und Stadtgeschichte.
Edmund Kiehnle hat vier Vereine
über Jahrzehnte hinweg entscheidend
geprägt und mitgestaltet.
Vor genau 200 Jahren brach in Europa, aber auch in Nordamerika eine
schreckliche Hungersnot aus. Die Menschen im Kraichgau litten ebenfalls sehr
unter dieser Katastrophe.
Die Not schien damals nicht enden
zu wollen. Denn die Anfangsjahre des
19. Jahrhunderts waren für die Menschen schon hart genug: „Vielfaltig lag
die Not über allem deutschen Land. Sie
war heraufgeführt durch die napoleonischen Kriege und durch die während
der Befreiungskriege erfolgten Durchmärsche und Einquartierungen deutscher, österreichischer und russischer
Heeresmassen. Das Land wurde durch
Lieferungen für die Heere und Kriegssteuern ausgesogen; eine große Verarmung besonders der unteren Volksschichten und eine weitgehende Verschuldung der Gemeinden waren die
Folge. Um das Unglück und Volksleid
voll zu machen, trat, nachdem die Jahre
1814 und 1815 bereits magere waren,
im Jahre 1816 ein nahezu vollständiger
Misswuchs ein, der ganz Mitteleuropa
heimsuchte und eine ungeheure Teuerungsnot verursachte, die bis zur Ernte
des Jahres 1817 anhielt.
Linachtalsperre Vöhrenbach
(2016)
Bereits in den 1920er Jahren verwirklichte die Stadt Vöhrenbach eine Staumauer zur Erzeugung von mit Wasserkraft gewonnener Elektrizität. Es entstand eine moderne, dreizehnbogige Gewölbereihenmauer aus Eisenbeton nach nordamerikanischem Vorbild. 1969 wurde das Kraftwerk der Linachtalsperre wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt. Seit 1996 hat die Stadt Vöhrenbach die Anlage wieder in Betrieb genommen und die Renovierung der Staumauer veranlasst. Ein Unterfangen, das von Anfang an von großen Schwierigkeiten begleitet war. Ein langwieriges und aufwändiges Genehmigungsverfahren, vielfältige technische Schwierigkeiten und daraus resultierende Kostensteigerungen drohten das Projekt immer wieder zum Scheitern zu bringen. Dennoch ist es der Stadt Vöhrenbach nach elf Jahren gelungen, zusammen mit engagierten
Bürgern, die in Deutschland einmalige energietechnische Anlage wieder in Stand zu setzten und erlebbar zu machen. Die Voraussetzung dazu war ein breites bürgerschaftliches Engagement, die Beharrlichkeit von Gemeinderat und Stadtverwaltung, aber auch die Unterstützung durch die baden-württembergische Wirtschaft und Politik. Die Linachtalsperre leistet heute einen Beitrag zur sauberen Energiegewinnung und bietet darüber hinaus mitten im Schwarzwald ein Naturerlebnis und Naherholung für einen sanften Tourismus.
„Was sollen hier die hornblasenden Jäger?“ fragt Bernhard von Clairvaux in seiner berühmten Apologie an Abt Wilhelm von Saint-Thierry, in der er seine Ablehnung von figürlichem Bauschmuck in Klöstern zum Ausdruck gebracht hat. Es sind nicht nur die Darstellungen von Jägern, nach deren Sinn und Zweck Bernhard sucht. Sein Interesse gilt auch der Bedeutung kämpfender Krieger, wilder Löwen, widernatürlicher Zentauren oder halbmenschlicher Wesen. Angesichts zahlreich erhaltener Abbildungen von hornblasenden Jägern, die an Außenwänden von romanischen Kirchen zu Fuß oder auf einem Pferd meist mit Hunden einem oder mehreren Tieren hinterherjagen, wird auch der heutige Betrachter nach dem Sinn dieser scheinbar profanen Darstellungen an kirchlichen Bauwerken fragen.
Wer weiß heute noch, was ein Scharf- oder Nachrichter tat und
warum man ihm ungern begegnete? Wer weiß noch, dass es
einst eine Gesellschaftsordnung gab, die sich in Klassen oder
Stände unterschied? Wer weiß noch, dass damals Ehre so viel
wert war wie persönliches Kapitalvermögen? Es fällt schwer,
sich die Antworten auf diese Fragen vorzustellen.
Wer sich mit lokaler Geschichte befasst, stößt irgendwann
unweigerlich auf Gerichtsprozesse, bei denen Menschen für ihr
Tun (oder auch Nichttun) mit ihrem Leben bezahlten. Nach
erfolgter gütlicher, doch meist eher peinlicher Befragung (also
der Folter), wie das so lapidar heißt, erfolgte die Hinrichtung.
Ausgeführt wurde diese vom Scharf- oder Nachrichter, manchmal auch Henker genannt.
Manchen Kindern wird die Begabung zu Sport und Leibesübung mit in die Wiege gelegt, und wenn dann das Menschenkind noch das Glück hat, in eine Familie hineingeboren zu werden, in der jedes Familienmitglied mehrmals in der Woche mit der Sporttasche aus dem Haus geht und dazu noch mehrere Ämter in den dörflichen Sportvereinen bekleidet, dann dürfte doch eigentlich der sportlichen Karriere dieses jungen Menschen nichts mehr im Wege stehen. Nun, bei mir waren diese Voraussetzungen nur zur Hälfte gegeben. Schon immer bei den größer gewachsenen und schlaksigen Buben zu finden, ließ meine knochige und dünne Erscheinung bei niemandem den Verdacht aufkommen, in mir einen zukünftigen Zehnkämpfer vor sich zu haben. Richtigerweise schätzte mich so mancher als „Flasche" ein, was auch so seinen Vorteil hatte, denn so blieb mir sportliche Herausforderung in Freizeit und Volksschule erspart. Gegen die kräftigen Söhne der Bauern und Handwerker in meiner Klasse hatte ich keine Chance, und diesen Umstand habe ich oft am eigenen Leib erfahren müssen. Aber flink war ich, und rennen konnte ich wie ein „Salzmännli“, was überlebensnotwendig war, wenn es darum ging, einem stärkeren Nachbarsjungen zu entwischen. Es gab auch kräftige Mädchen, die umstandslos und nachhaltig hinlangten, wenn man nach dem am Zopf Ziehen nicht besser die Beine in die Hände nahm (nach dem Motto: ,,Ongscht hämm'r keini, aber renne kinne mr.“). Dass ich Jahre später gerne Handball spielte, mein Sportabzeichen machte und mir die Bundeswehr so einige Dinge in der Turnhalle im Laufschritt beibrachte, steht auf einem anderen Blatt. Da also die erforderlichen Sport-Gene bei mir fehlten, betrachtete man mich in der Familie mit Stirnrunzeln, dann mit Nachsicht, gab aber die Hoffnung nie auf.
Das Weihnachtsfest kam in Seelbach rasch näher. Die letzten Adventstage flogen nur so vorüber, und als sechsjähriger Knirps war ich von morgens bis abends mit pfiffigen Überlegungen beschäftigt, was meine zu erwartenden Geschenke betraf, denn meine Schnüffeleien, um hinter die Geheimnisse gewisser merkwürdiger Geschäfte der Erwachsenen zu kommen, blieben ohne Erfolg. In jenen Jahren um 1955 gab es in den Wintermonaten viel Schnee. Das Glockengeläut zur Frühmesse war noch nicht verstummt, da hatte ich mit meinen bettwarmen Fingern und mit kräftigem Anhauchen für ein Spickloch in den Eisblumen meines Fensters gesorgt, durch welches ich beobachten konnte, wie die ersten vermummten Gestalten über die gludrige Straße schlitterten, hin zur Frühmesse, zum Beck oder zur Bushaltestelle. Von nebenan drang der Geruch des frisch angefeuerten Küchenherds zu mir herüber und legte sich warnend über den verlockenden, aber verbotenen Duft, der aus den Büchsen entwich, die meine Mutter auf dem Schrank gestapelt hatte und nicht nur mir gegenüber vorsorglich mit einem Bannspruch belegt hatte.
Einleitend wird die Entdeckung der Eiszeiten vor nicht einmal 200 Jahren und
die lange Dauer bis zu ihrer Akzeptanz geschildert. Heute wird von fraglich acht älteren
Glazialen, den Deckenschotter-Eiszeiten, und von vier jüngeren Becken-Eiszeiten ausgegangen, die im Bodenseeraum und in der Nordschweiz nachweisbar sind. Die beiden
Eiszeitgruppen werden durch die Umlenkung des Alpenrheins von der Donau zum Oberrhein vor ca. 450‘000 Jahren getrennt. Dieses Ereignis hat zu einer markanten Umgestaltung des Entwässerungsnetzes und zur Ausschürfung tiefer Vorlandbecken in den
jüngeren Eiszeiten geführt.
Vor den seit Penck (Penck & Brückner 1909) bekannten Eiszeiten Riss und Würm
sind seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert zwei weitere Becken-Eiszeiten entdeckt worden. Die erste und älteste dieser Eiszeiten, das grösste Rheinische Glazial GRG = Hosskirch, erreichte die grösste Ausdehnung aller Vergletscherungen, während das Habsburg-Glazial im nördlichen Bodenseeraum nur in Sedimentabfolgen zu erkennen ist.
Für den Nachweis der Becken-Eiszeiten werden drei Schlüsselprofile eingehend
besprochen und interpretiert. Aufgrund von Untersuchungen im Gelände können für die
Becken-Eiszeiten im Bodensee-Vorland Vergletscherungskarten gezeichnet werden. Die
Erkenntnisse zu den Becken-Eiszeiten werden in einer Kurzcharakteristik zusammengefasst.
Basierend auf absoluten Datierungen, insbesondere der Interglaziale, kann die
zeitliche Einstufung der Becken-Eiszeiten vorgenommen werden. Demnach ergibt sich
folgende gemittelte zeitliche Abfolge der Glaziale: GRG vor 350‘000 Jahren, Habsburg
vor 250‘000 Jahren, Riss vor 150‘000 Jahren und Würm vor 30‘000–15‘000 Jahren.
Seit Jahrhunderten ranken sich Sagen und Geschichten um den Wolfsbrunnen. Allerdings beweisen die Funde von zwei Steinbeilen eine Besiedlung der Gegend um den Wolfsbrunnen schon während der Jungsteinzeit. Erstmalig historisch belegt ist der Ort durch eine Nennung des „Hauses des
Wolfskreisers (Wolfsjägers) der Pfalzgrafen bei Rhein zu Heidelberg“ in einer Urkunde aus dem Jahre 1465. 1550 wird die Quelle in ein Brunnenhaus gefasst. In den nachfolgenden Jahrhunderten wird dieses Haus von den Kurfürsten als Jagdschloss genutzt. Nach den verheerenden Kriegen des 17. Jahrhunderts und dem Wegzug der Kurfürsten Ende des 17. Jahrhunderts zerfällt in den folgenden Jahrzehnten die Anlage samt dem Gebäude. Mit Auflösung der Kurpfalz 1803 ging der Wolfsbrunnen als Staatsdomäne in den Besitz des Großherzogtums Baden über. Seit 1796 war dort ein Wirtschaftsbetrieb eingerichtet. 1822 wird das Haus nach Plänen von Weinbrenner zu einem dreistöckigen Gebäude umgebaut. Sein heutiger Zustand geht weitgehend auf diesen Umbau im Stil eines „Schweizerhauses“ zurück. In den folgenden Jahrhunderten erfolgen weitere Umbauten und Veränderungen am Gebäude und seiner Umgebung, weitgehend unbeobachtet. Das Neubauprojekt der Wolfsbrunnen gGmbH und die Renovierung des Weinbrenner-Gebäudes in der Wolfsbrunnensteige 15 bot seit 2011 erstmalig Gelegenheit, neue denkmalpflegerische und archäologische Erkenntnisse zu gewinnen.
Martin Dibelius (1883–1947) kam in Dresden als „Sohn des späteren Oberhofpredigers und Vizepräsidenten des sächsischen Landeskonsistoriums Franz Dibelius“ zur Welt. Nach dem Studium in Neuchâtel, Leipzig, Tübingen und Berlin wurde er 1905 in Tübingen zum Dr. phil. und 1908 in Berlin zum Lic. theol. promoviert. 1905–1914 war er Lehrer in Berlin und in Berlin-Charlottenburg. Nach der Habilitation 1910 in Berlin und Privatdozentur wurde er „zum SS 1915 auf den Heidelberger neutestamentlichen Lehrstuhl berufen“, den er bis zu seinem Lebensende 1947 bekleidete. Er war ein Cousin des damaligen Berliner Superintendenten und späteren Bischofs Otto Dibelius (1880–1967).
Als Josel von Rosheim 1530 in Augsburg auf dem Reichstag auftrat, um die Judenschaft im römisch-deutschen Reich vor den Angriffen des Konvertiten Antonius Margerita zu verteidigen, war er bereits zur Führungsfigur geworden. 1529 bei einer Versammlung der Rabbiner und Gemeindevorsteher in Günzburg zum Schtadlan, zum ‚Vorgänger und Befehlshaber der Juden im Reich‘ gewählt, war es ihm gelungen, mit den dort entstandenen Günzburger Takkanot, einem 10-Punkte-Vorschlag zur Regelung des jüdischen Lebens, die dem Kaiser vorgelegt werden sollten, eine grundsätzliche Übereinkunft zu finden, um den Vorwürfen
zu begegnen. Zwar erreichten sie den Kaiser nicht mehr, da der Reichstag bereits zum Abschluss gekommen war, aber die langfristige Wirkung ist nicht zu übersehen: Rosels Bemühungen mündeten schließlich in das berühmte Privileg von Speyer von 1544, in dem der Judenschaft des Reiches umfassender Rechtsschutz gewährt wurde – „das freiheitlichste und großzügigste Privileg, das je den Juden gegeben worden ist“, urteilte Selma Stern: Es bestätigte die bisher verliehenen Privilegien, gestand sicheres Geleit zu, verbot die Schließung von Synagogen und die Vertreibung, schützte gegen die Ritualmordbeschuldigung, erlaubte höhere Zinsen für Kredite und legte fest, dass kein Judenzeichen außerhalb der Wohnorte getragen werden musste.
Dass Baden heute noch ein Bollwerk der Demokratie und Republik ist und, dass die deutsche und die badische Republik in Baden fest verankert ist – sah der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Ludwig Marum im Sommer 1924 als eines der zentralen Verdienste der Weimarer Koalition in Karlsruhe an. Im November 1925 resümierte sein Stellvertreter, Leopold Rückert, die gemeinsame Arbeit von Zentrum und Sozialdemokratie in der badischen Regierung mit den Worten: Wir wollen diese Politik fortsetzen, weil sie eine bewährte ist. Die stabile Politik der Weimarer Koalition, so die Überzeugung Rückerts, habe
das Land vor bürgerkriegsartigen Ereignissen wie in anderen Ländern bewahrt: Ich darf daran erinnern, dass die nationalistische Welle an der Schwelle unseres Landes Halt gemacht hat. Wir dürfen heute mit besonderer Genugtuung daran erinnern, dass wir Zustände wie in Bayern niemals gehabt haben und, wie ich hoffe, niemals bekommen werden. Zustände aber, wie wir sie in Hamburg, wie wir sie im Westen unseres Landes, wie wir sie in Mitteldeutschland, in den letzten Jahren beobachtet haben, haben wir in unserem Lande ebenfalls nicht zu verzeichnen gehabt. Ähnlich positiv wie Rückert bewertet selbst im
Jahr 1932 noch der damalige Vorsitzende der Badischen Zentrumspartei, Ernst Föhr, die gemeinsame Zusammenarbeit. Obwohl sich die Koalition inzwischen über die Frage des Badischen Konkordats entzweit hatte, musste Föhr betonen, dass man in 14 Jahren gemeinsam viel fruchtbare Arbeit geleistet habe und man das Land vor Erschütterungen, die andernorts längst eingetreten seien, bewahrt habe.
Norm und Praxis der religiösen Lebensform in Waldkirch bis zur Aufhebung der Frauengemeinschaft 1431
(2016)
In Waldkirch im Elztal gründeten Burchard I. und seine Frau Reginlind vermutlich zwischen 918 und 926 das Kloster St. Margarethen und setzten dort ihre Tochter Gisela als Äbtissin ein. Außer der Äbtissin Gisela wurde aber offenbar kein Mitglied der Familie in Waldkirch bestattet. Die Herzogsfamilie förderte in Schwaben die Männerklöster Einsiedeln, Reichenau und Hohentwiel sehr viel mehr als ihre Gründung Waldkirch oder andere Frauenkonvente wie Zürich oder Säckingen. Ein Hauskloster oder Grabkloster im klassischen Sinne wurde daher in Waldkirch nicht etabliert. Burchard II. von Schwaben und seine Frau
Hadwig tradierten das Kloster angesichts ihrer Kinderlosigkeit an Otto III., einen Verwandten Hadwigs. Dieser wurde ein Nutzungsrecht auf Lebenszweit zugesichert. Nach dem Tod der Herzogin erhob Otto III. 994 die burchadingische Gründung durch königliche Privilegierung in den Status eines Reichsklosters. Die Vorsteherin wurde zur Reichsäbtissin und das Kloster erfreute sich reger ottonischer Förderung und wurde in die Memoriapflege für die ottonische Familie eingebunden. Die Äbtissin des Klosters Waldkirch wurde noch 1275 zusammen mit den Vorsteherinnen von Zürich und Säckingen im Liber decimationis, einem Verzeichnis der Konstanzer Diözese über Abgaben für den päpstlichen Stuhl, als abbatissa regalis geführt.
Als der Franzose Pierre Michaux 1861 die Drais'sche Laufmaschine mit Pedalen versah, die Draisine damit zu einem Velociped wurde und der englische Tierarzt John Boyd Dunlop 1888 den pneumatischen Gummireifen für das Fahrrad erfand, begann der Siegeszug dieses Fortbewegungsmittels. Dieses zweirädrige, einspurige Fahrzeug, das mit Muskelkraft über eine Tretkurbel angetrieben wurde, faszinierte unsere Vorfahren. Die Beherrschung des Körpers, insbesondere die Schwierigkeit, beim Fahren das Gleichgewicht zu halten, war eine enorme Herausforderung für die Erwachsenen. Meistens waren es mutige Männer, die von der neuen Technik begeistert waren. Radfahren war anfänglich reine Männersache. Heute beherrschen bereits Kleinkinder auf ihren kleinen Laufrädern die Technik des Zweiradfahrens und die Frauen sind schon lange gleichberechtigte Radfahrerinnen.
Der Heimatforscher Emil Baader richtete im Jahre 1957 im Rathaus des Klosterdorfes Schuttern eine Heimatstube ein. Neben zahlreichem historischem Bildmaterial übergab er der damaligen Verwaltung auch eine Sammlung von Geschichtsberichten über die Gemeinde Schuttern. Die Artikel stammten aus der Heimatbeilage „Altvater“ der Lahrer Zeitung. In der Sammlung, die heute noch im Gemeindearchiv Schuttern aufbewahrt wird, befindet sich auch eine Publikation mit dem Titel: „Der Erfinder des Laufrades war Forstinspektor in Schuttern“. Gleichzeitig hatte Emil Baader auch ein Bild des Fahrraderfinders Drais mitgebracht, das seit dieser Zeit im Bürgermeisterzimmer des Rathauses Schuttern eine Wand ziert. Als der Schutterner Bürgermeister Josef Blattmann sich mit der Geschichte seiner Heimatgemeinde Schuttern befasste, war er natürlich freudig überrascht, dass das alte Klosterdorf Schuttern Verbindungen zur Geschichte des Fahrrades hatte. Was lag daher näher als zu unterstellen, dass Karl Freiherr von Drais-Sauerbronn, der badische Erfinder und Tüftler, sein Laufrad, die Draisine, nicht in Karlsruhe oder in Mannheim erfunden habe, sondern in der Ortschaft Schuttern.
Die Einrichtung von Spitälern (oder Hospitälern) im mittelalterlichen Europa
fußte im Wesentlichen auf dem christlichen Gebot der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Man kann diese Einrichtungen in der Tat als »endgültige Institutionalisierung
der Barmherzigkeit« [1]
begreifen. Die leitende Idee der Versorgung in den mittelalterlichen Hospitälern war die caritas als Dienst am Kranken und an Bedürftigen jeglicher Art. [2]
Eine Institutionalisierung dieser Idee stellte der 1198 von Papst Innozenz III. anerkannte,
nicht-ritterliche Heilig-Geist-Orden dar, der sich »allein der Spitalpflege als Leitidee«
verpflichtet hatte [3]
. Dessen römisches Mutterhaus hospitale S. Spiritus in Saxia stand ab dem
Jahr 1204 unter päpstlichem Schutz. Von Italien aus breitete sich der Orden sehr schnell
in ganz Europa aus.
In Freiburg konstituierte sich 1864 erstmals seit dem Niederlassungsverbot für Juden im 15.
Jahrhundert wieder eine jüdische Gemeinde, die sich zur viertgrößten in Baden entwickelte
und 1910 über 1.320 Mitglieder verfügte, was einem Anteil von 1,6 % der Stadtbevölkerung
entsprach.1 Die Gemeindemitglieder waren überwiegend im Handel und in den freien Berufen
tätig und dem mittelständischem Bürgertum zuzurechnen.
Bootsflüchtlinge 1939
(2016)
Am 13. Mai 1939 stach das Transatlantik-Passagierschiff „St.
Louis“ der Hamburg-Amerika Line (Hapag) in Hamburg in See.
An Bord waren über 900 Juden. Unter den Passagieren war –
neben 21 noch jüngeren Kindern – auch die 4-jährige Sonja
Maier aus Malsch bei Ettlingen. Es sollte keine lustige Seefahrt
werden.
Sonja Maier war die Tochter von Ludwig Maier (geboren am
19. August 1901) aus Malsch bei Ettlingen und Freya Valfer
(geboren am 29. Mai 1910) aus der Poststraße 2 in Kippenheim.
Die Hochzeit der beiden fand am 15. Januar 1933 im Wohnort
der Braut statt – es sollte die letzte Eheschließung unter der
Chuppa in der Kippenheimer Synagoge sein.
Fast vergessen und doch nie ganz – die Erinnerung an Gustav Adolph Unselt ist brüchig und kann nur noch von wenigen Zeitzeugen oder Fachleuten wach gehalten werden. Nahezu unbekannt waren seine Jugend- und Lehrjahre, die mühsam in kirchlichen und staatlichen Überlieferungen sowie in Archiven erfragt und erforscht werden mussten. Erst seine Schwetzinger Zeit als Hofgärtner ist durch eigenhändige Aufzeichnungen besser dokumentiert. Herauszustellen
sind hierbei seine Bemühungen um den Erhalt des Schlossgartens und seine Verdienste um die Züchtung ertragreicher Spargelsorten, die letztlich, und dies soll voller Dankbarkeit ausgedrückt werden, den Ruhm Schwetzingens als Spargelstadt begründeten. Und das bis zum
heutigen Tage! Wer war also Gustav Adolph Unselt? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen
werden.
Der historische Pfad
(2016)
Seit 25 Jahren laden gläserne Schautafeln an historischen Gebäuden und Plätzen in der Stadt Schwetzingen Besucher und Bürger ein, sich mit der reichhaltigen Geschichte der Spargelstadt zu beschäftigen. Die Tafeln bilden den historischen Pfad, der durch die Telefonstadtführung
»Schwetzingen hören« ergänzt wird. Mit dem Handy kann so die Geschichte ausgewählter historischer Gebäude oder Gedenkstätten im Stadtgebiet und im Schlossgarten erlebt werden.
Prinz Max von Baden
(2016)
Der Verfasser, Archivdirektor i. R., hat im Generallandesarchiv Karlsruhe im Rahmen eines Projekts der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg den politischen Nachlass des Prinzen Max von Baden, des letzten Reichskanzlers, neu erschlossen, das Inventar steht online. Er resümiert seine Erfahrungen mit der Korrespondenz des Prinzen und schildert sie als Abbild einer Welt im Umbruch. Das Besondere dieser Korrespondenz: Die Briefschreiber stammen aus allen politischen Lagern, von ganz rechts bis weit links.
Im Jahr 2016 feiern gleich mehrere Ortschaften im Geroldsecker Land - allen voran die Gemeinde Friesenheim - das Jubiläum ihrer erstmaligen historischen Erwähnung vor eintausend Jahren. Grundlage hierfür ist eine im Jahr 1016 in Bamberg ausgestellte Urkunde, in welcher Kaiser Heinrich II. aus der Herrscherdynastie der Ottonen das arme Kloster Schuttern zum Zwecke des eigenen Seelenheils und auf Bitten des Bamberger Bischofs Eberhard mit einer Schenkung versieht. Das originale Schriftstück ist heute verschollen; es existieren nur noch Abschriften, die in fünf unterschiedlichen Fassungen vorliegen. Zwei dieser Abschriften wurden bereits im 19. Jahrhundert als Fälschungen des elsässischen Historikers Philippe Andre Grandidier (1752-1787) entlarvt. Die drei übrigen Varianten fanden Eingang in die bedeutende Urkundenedition der „Monumenta Germaniae Historica“. Sie belegen nicht nur das auch schon andernorts beobachtete Phänomen der inhaltlichen Ergänzung und Bereicherung einer Urkunde im Laufe ihrer Überlieferungsgeschichte, sondern bezeugen auch den Umstand, dass einige Ortschaften genau besehen ein falsches Jubiläum feiern.
Am 12. Juni 1817 startete Karl Freiherr von Drais zur ersten Fahrt mit der von ihm entwickelten Laufmaschine. Der Ausflug führte ihn von seinem Wohnhaus in M 1, 8 in den Mannheimer Quadraten zum sieben Kilometer entfernten Schwetzinger Relaishaus im heutigen Mannheimer Stadtteil Rheinau. Drais schaffte die Strecke in einer knappen Stunde. Diese
Exkursion mit dem Vorläufer des Fahrrades gilt als Geburtsstunde der individuellen Mobilität. Zum 200-jährigen Jubiläum dieser Fahrt präsentiert das Mannheimer TECHNOSEUM vom 11. November 2016 bis zum 25. Juni 2017 die Große Landesausstellung Baden-Württemberg »2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades.«
Kunststaatssekretärin Petra Olschowski zeichnete
am 9. September 2016 zehn Persönlichkeiten mit
der Heimatmedaille Baden-Württemberg aus. Diese
wurden für ihr Engagement in der – auch grenzüberschreitenden
– Orts- und Regionalgeschichtsforschung
und der Landeskultur sowie für ihren
Einsatz in der Fasnetstradition, in Volksmusik und
Volkstanz sowie der Chorarbeit geehrt. Die Übergabe
der Medaillen bildet traditionell den Auftakt
der Landesfesttage im Rahmen der Heimattage
Baden-Württemberg, die dieses Jahr von der Stadt
Bad Mergentheim ausgerichtet werden.
Unter den zehn Trägerinnen und Träger der Heimatmedaille
war auch Dr. Sven von Ungern-Sternberg,
der Erste Vorsitzende des Landesvereins Badische
Heimat, der zugleich auch Vorsitzender des Münsterbauvereins
in Freiburg ist. Beide an sich getrennte
Funktionen führen in dem Bemühen um die Erhaltung
der kulturellen Leistungen und Bewahrung der
Identität der Regionen zusammen.
Die Wanderausstellung »Badisches Volksleben. Ländliche Lebensweisen im 19. Jahrhundert« wurde vom 17. Oktober bis 12. November in den Räumen der Volkshochschule Schwetzingen präsentiert. Zur Eröffnung durch die Leiterin Frau Gundula Sprenger fanden sich viele Gäste ein, darunter der Erste Bürgermeister Matthias Steffan und der Landtagsabgeordnete
Manfred Kern. In seinem Grußwort dankte Volker Kronemayer der Volkshochschule für die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten sowie der Stadt, die stets die Anliegen des Vereins Badische Heimat unterstützt habe. Die mit großem Engagement und viel Liebe zum Detail konzipierte Ausstellung spiegelt interessante Informationen wider, wie die Rückmeldungen ergaben. In ihrem exemplarischen Charakter wurde sie Vorbild für ähnliche Erhebungen in Württemberg und Bayern. Allerdings verteilten sich die Rückmeldungen nicht gleichmäßig über das Land. Dass die Umfrage
innerhalb des Großherzogtums Baden eher in begrenzten Regionen Widerhall fand, »mag einer gefühlten ›Badischen Identität‹ entsprechen. Man kann sich gut vorstellen, dass eine ähnliche Umfrage heute eine vergleichbare Resonanz fände«.
Zusammen mit den prähistorischen Pfahlbauten im Alpenraum wurden auch die
steinzeitlichen Siedlungsreste auf der Halbinsel im Schreckensee (Landkreis Ravensburg,
Gemeinde Wolpertswende) zum UNESCO-Welterbe erklärt. [1]
Das richtete allgemeines
Interesse auf diesen stillen, verborgenen See in Oberschwaben. Seit den archäologischen
Ausgrabungen des 20. Jahrhunderts hat er zwar schon einiges von seinen verborgenen
Schätzen preisgegeben, ein Geheimnis jedoch bis heute bewahrt: die Bedeutung seines
Namens. Ist der Schreckensee wirklich ein `schrecklicher See´, wie im Volksmund gedeutet, oder geht er vielleicht sogar auf älteste Siedlungszeiten zurück? Die Lösung des
Rätsels erfordert detaillierte historische und sprachwissenschaftliche Untersuchungen.
Zum Vergleich werden auch die Namen der benachbarten Stillgewässer untersucht: Biber-, Buch- und Vorsee sowie Häcklerweiher. Das führt zu der allgemeinen Fragestellung: Aus
welcher Zeit stammen die Namen der oberschwäbischen Seen? Sind sie etwa auch, wie
die Flussnamen, älteste sprachliche Zeugnisse der Vorgeschichte? [2]
Wissen vor Ort
(2016)
Seit Herbst 2010 setzt sich die Badische Landesbibliothek (BLB) intensiv für
die Stärkung der Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer ein. Neben
den etablierten Aufgaben der BLB – Speicher des kulturellen Gedächtnis Badens,
Digitalisierungszentrum und Landesbibliographie – stehen die beiden Gebiete
Lernort und Teaching Library als Elemente der strategischen Ausrichtung im Fokus.
Die Verbindung von Raum und Serviceangeboten sowie die Personalentwicklung
werden als zentrale Faktoren für den Erfolg der Teaching Library gewertet.
Emmanuel Prince (später Duc) de Croÿ (1718−1784) hielt sich am 3. und 4. März 1742 in Heidelberg auf. Seine Eindrücke hat er in einem Tagebuch festgehalten, auf das hier ausdrücklich aufmerksam gemacht werden soll. Der Reisebericht ist an diesem Ort und in dieser Kürze leicht zu übersehen, aber kulturgeschichtlich umso wertvoller, weil er eine vorromantische Perspektive auf Stadt und Schloss bietet. Der Angehörige des französischen Hochadels hatte als Reichsfürst Ende Januar bis Mitte Februar in Frankfurt Wahl und Krönung Kaiser Karls VII. (1697−1745) verfolgt und sich im Anschluss an die Feierlichkeiten auf eine Reise durch Westdeutschland begeben (S. 28−60). De Croÿ kam aus Darmstadt nach Heidelberg, um dann
weiter nach Speyer und Mannheim zu ziehen. Die Entfernung von Darmstadt nach Heidelberg war damals noch eine Tagesstrecke, der Reisende brauchte zu Pferde neun Stunden, nämlich von sieben Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags.
Ich möchte im Folgenden drei ausgewählte Ergebnisse meines Buches „Möge Gott unserer Kirche helfen!“ Theologiepolitik, ,Kirchenkampf’ und Auseinandersetzung mit dem NS-Regime: Die Evang. Landeskirche Badens, 1933–45 (Stuttgart 2015)
zur Diskussion stellen: Erstens, die Intaktheitsthese, zweitens die Neubewertung der Wiederausgliederung der Landeskirche aus der Reichskirche, drittens die Bedeutung der Stärke des aus der kirchlich-positiven Vereinigung hervorgegangenen Bekenntnismilieus im Kirchenkampf vor und nach Einrichtung der Finanzabteilung 1938. Lassen Sie mich wie schon in meinem Vortrag aus Anlass der Buchvorstellung in der Christuskirche am 18. Oktober letzten Jahres nochmals ausdrücklich zweierlei feststellen: Zum einen etwas zur Motivation. Ich habe mit der Studie keinerlei geschichts- oder erinnerungspolitische Agenda verfolgt, vielmehr ein rein zeitgeschichtliches Interesse. Es handelt sich um Ergebnisse eines DFG-Projekts, das der Kollege Jochen-Christoph Kaiser, Fachbereich Ev. Theologie/Kirchengeschichte der Philipps-
Universität Marburg, und ich als Neuzeit- und Allgemeinhistoriker der Universität Karlsruhe im sogenannten KIT eingeworben und durchgeführt haben. Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Unser Anliegen und Interesse ist es, die kritische Aneignung der NS-Geschichte zu befördern, und zwar durch eine Differenzierung der Bewertung an einem konkreten Beispiel. Dies wird für die Glaubwürdigkeit zeitgeschichtlicher Vermittlung immer wichtiger, weil wir Zeithistoriker mit einiger Sorge beobachten, dass mit wachsendem Abstand zur NS-Zeit eine oft kenntnisarme, rein moralische Ex-post-Betrachtung einem kontextualisierenden Verständnis des nationalsozialistischen Zivilisationsbruchs vor allem bei Jüngeren zunehmend im Weg steht, die darauf mit Indifferenz und Ablehnung reagieren. Der Historiker ist weder ein anklagender Staatsanwalt noch ein verteidigender Advokat oder gar spruchfällender Richter, sondern ein rückwärts gewandter Prophet vorletzter Dinge, der versucht, Menschen in ihrer Zeit zu verstehen.
Krise oder »Renaissance«?
(2016)
Heimatbünde und Heimatvereine repräsentieren eine in Deutschland seit dem späten 19. Jahrhundert bestehende kulturelle Bewegung, die sich von Beginn an in eine staatlich-akademische und eine populäre Richtung aufteilte. Beide Ausprägungen der Heimatbewegung standen und stehen dabei kaum miteinander in Verbindung. Etwa seit 1960 befinden sich beide Ebenen in einem latenten Krisenmodus, der durch die zunehmende Stadt-Land-Diffusion und die Pluralisierung der Lebensstile bedingt ist und sich angesichts neuer konkurrierender Anbieter (Kulturämter, Geschichtswerkstätten) verfestigt hat. Der von Bayern ausgehende »dynamische Heimatbegriff« bot nach 1970 die Chance einer konzeptionellen Neuausrichtung; nun begannen die Heimatvereine, auf die Veränderungen der Nachkriegsentwicklung zu reagieren und die technische Moderne als Teil des Heimatdiskurses zu akzeptieren. Das Vereinswesen insgesamt tendiert heute zu weiterer Spezialisierung (bundesweit mehr Vereine, aber weniger Mitglieder). Auch hier zeigen sich die bekannten Muster des sozialen Wandels: Individualisierung,
»Überalterung« und nachlassendes soziales Engagement. Heimatbünde und
-vereine sollten darauf mit Angeboten reagieren, die ihre »Übersetzungsfunktion« zwischen staatlichen Kulturdienstleistern (Wissenschaft , Denkmalpflege) und interessierter Öffentlichkeit
betonen und die Belange des ländlichen Raumes stärker in den Mittelpunkt rücken.
Heimatverbände in der Krise?
(2016)
Wer die Evangelische Stadtkirche am Karlsruher Marktplatz sieht, kann kaum ahnen, welch eine lange und bewegte Entwurfs- und Baugeschichte dieses Gebäude hat. Sage und schreibe 24 Jahre waren vergangen, als die Glocken am Pfingstsonntag 1816 zur Einweihung des Gotteshauses
riefen. Friedrich Weinbrenner hatte sich bereits in seiner Lehrzeit 1791/92 in Berlin mit der Frage nach der Gestalt dieser Kirche beschäftigt und eine größere Zahl an Entwürfen gefertigt. Bei der späteren Ausführung des Kirchengebäudes indes musste der Baumeister einen steinigen Weg beschreiten. Aus finanziellen Gründen sah er sich vielfach gezwungen, bei der Realisierung auf übliches Baumaterial zu verzichten und sich mit Ersatzlösungen zu begnügen. Hinzu kamen leidige Auseinandersetzungen mit dem vorgesetzten Finanzministerium. Doch nach dem beharrlichen Widerstand Weinbrenners stellte sich der Großherzog zuletzt auf dessen Seite.
Wenn man nach Alleinstellungsmerkmalen sucht, die einen neuerlichen Weltkulturerbeantrag für den Schwetzinger Schlossgarten motivieren könnten, stößt man auf Technik und Naturwissenschaft im Schloss unter Kurfürst Carl Theodor, der sich nachts für Physikbücher, Wetterstation
und Sternwarte im Schloss interessierte. Weniger bekannt ist sein Gartenphaeton, in heutiger Diktion ein von einem Lakaien angetriebenes Tretauto. Der folgende Beitrag soll aufzeigen, wie dieser erstmals das Interesse des Zweiraderfinders Drais am Landverkehr weckte, und wie
der derzeitige Forschungsstand hierüber ist. Der Gartenphaeton – derzeit im Depot – sollte wieder als Leihgabe oder als Nachbau im Schlossgarten zu sehen sein.
Über Jahrhunderte, spätestens seit der frühen Neuzeit, gab es nach allgemeiner Auffassung
zwei Gruppen von hilfsbedürftigen Menschen. Auf der einen Seite standen die ‚unwürdigen‘
Armen: Sie konnten theoretisch arbeiten, taten dies aber nicht, was ihnen den Vorwurf der Faulheit
und Arbeitsscheu einbrachte. Hilfsleistungen wurden ihnen daher in der Regel verwehrt.
Auf der anderen Seite befanden sich die ‚würdigen‘ Armen, die unfähig waren, ihren Lebensunterhalt
selbst zu bestreiten. Diese Menschen, die aus Sicht ihrer Zeitgenossen unverschuldet in
Not geraten waren, bekamen Mitleid und Unterstützung.
Das Bild seiner Stadt hat er für lange Zeit mitbestimmt, und das Bild der Welt um und in sich hat er tausendfach festgehalten und gedeutet: Herbert Jäger, der erste Baubürgermeister der Stadt Lahr und danach, im Ruhestand, ein bildender Künstler mit unbändiger Schaffenslust und -kraft, wurde vor hundert Jahren - am 19. März 1916 - geboren. Auch noch viele Jahre nach seinem Tod 1999 lassen ihn sein mannigfaltiges ertragreiches Wirken, aber auch seine unverwechselbare, so eigenwillige wie anteilnehmende Persönlichkeit vielen Lahrern unvergesslich bleiben.
Im russischen Staatsarchiv für ältere Akten (Rossijskij gosudarstvennyj archiv drevnich aktov) wurde vor einigen Jahren überraschend ein Schaustellerplakat mit einer Bilddarstellung und einem deutschsprachigen Text gefunden. Es handelt sich um einen handkolorierten Kupferstich; das Plakat wirbt offensichtlich
für eine Vorführung von Seiltänzern und Possenspielern. Weitere Nachforschungen im Moskauer Staatsarchiv ergaben, dass auch noch andere Dokumente mit diesem Plakat in Verbindung gebracht werden können. Diese Archivalien verweisen auf eine Wandertruppe, die unter der Leitung des aus Straßburg stammenden Prinzipals Simon Dannenfels im Jahre 1644 – nach einer Tournee in die Niederlande, nach Dänemark, Schweden und das schwedische Baltikum – in der Nähe von Pleskau (russisch: Pskov) die russische Grenze überschritten hatte.
Eduard Schopf
(2016)
Der Artikel ist die erste umfassende Vertextung des Lebens von Eduard Schopf, dem Begründer des Versandunternehmens Eduscho, dem zeitweiligen »Marktführer« der Konsumware Kaffee in Deutschland. Vielen älteren Bürgerinnen und Bürgern sowie begeisterten Kaffeetrinkern wird der Name Eduscho heute noch geläufig sein; jedoch aktuell bleibt Eduscho beim Thema Kaffeetrinken nur noch im Zusammenhang mit dem Tchibo-Produkt »Eduscho-Gala« augenscheinlich und lebendig. Der gelernte Bankkaufmann und Unternehmer baute Eduscho
»durch modernen Versandhandel zu einem der größten Kaffeeröster Deutschlands aus.« Über das Leben und Wirken dieses bedeutenden Kaufmanns erfahren wir bislang sehr wenig, weil das gesamte Firmenarchiv seiner Fabriken und Anlagen in Bremen im August 1944 aufgrund eines alliierten Luftangriffs zerstört wurde.
Dieser Artikel ist ein Zwischenbericht über Dr. Maulhardts Forschungen zum Leben und Sterben von Marian Lewicki (Marian) in Villingen. Er ist eine Zusammenfassung seines Vortrags am 24. April 2015 im Villinger Fidelisheim. Seine Recherchen, insbesondere was Lewickis Ermordung anbetrifft, sind noch nicht abgeschlossen. Die nachfolgende Darstellung
nutzt zum ersten Mal Quellen, die bisher verschlossen waren. Sie beinhalten vor allem zeitgenössische Dokumente, die beim International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen archiviert
sind, sowie Aussagen der nächsten Angehörigen, die Dr. Maulhardt ausfindig machen konnte. Der ITS ist ein Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung, Zwangsarbeit, den Holocaust sowie die Überlebenden nach dem Ende des Dritten Reichs.
Ein Datum muss vor allem korrigiert werden: Der Todestag von Marian ist der 5. März 1942. Auf dem Sühnekreuz steht fälschlicherweise 1943. Aber auch die Gestapoakten enthalten Fehler: So wird in diesen Unterlagen das Geburtsjahr mit
1908 angegeben, was mich beim Anblick des Fotos, auf dem Marian als Soldat zu sehen ist, irritiert hat. Tatsache ist, dass er am 29. April 1918 geboren wurde.
Seit meiner Kindheit hat meine Heimatstadt viele Überraschungen für mich
bereitgehalten. Bei Recherchen nach der ominösen, uralten Brauereileitung in
Deichelbauweise von Aufen bis zur Brauerei in Donaueschingen bin ich bei der
Sichtung von Plänen und Unterlagen im Fürstlich Fürstenbergischen (FF-) Archiv
auf einen Wasserturm im Park gestoßen. In einem der zahlreichen Pläne für die
Wasserversorgung des Schlossparkes habe ich in einem Lageplan von etwa 1845
am Wehrauslauf des Schwanenweihers völlig überraschend den Begriff „Wasserturm“ entdeckt.
Im November 1905 erhielt der 43-jährige, im neunten Semester in Straßburg lehrende und bislang
nur durch Arbeiten zur preußischen Reformzeit hervorgetretene Friedrich Meinecke einen
Ruf an die hiesige Albert-Ludwigs-Universität. Als er gut acht Jahre danach Freiburg im
Spätsommer 1914 wieder verließ, erwarteten ihn besondere akademische Ehren. Das Kollegium
der berühmten Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität hatte ihn zum neuen Inhaber des einst
von Johann Gustav Droysen zu höchstem Ansehen geführten Lehrstuhls bestimmt. Mit dieser
Berufung war Meinecke gleichsam in den Olymp deutscher Wissenschaft aufgestiegen.
Die Persönlichkeit, die im Mittelpunkt der hiesigen Ausstellung steht, Josel von Rosheim, war mir – wie ich gestehen muss – noch nicht bekannt, als ich mich vor über 25 Jahren näher mit der Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsass zu beschäftigen begann. In diesem Zusammenhang bin ich aber relativ rasch auf die Josel-Biographie aus der Feder von Selma Stern-Taeubler gestoßen, die nach wie vor eine lohnende Lektüre darstellt. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen, wurde sie jedoch inzwischen durch Chava Fraenkel-Goldschmidts Buch – so der übersetzte Titel – „Die Historischen Schriften Josephs von Rosheim“ etwas in den Schatten gestellt. Erfreulicherweise ist dieses ursprünglich auf Hebräisch verfasste Werk der im März 1995 verstorbenen Forscherin aus Jerusalem seit 2006 auch in einer englischen Ausgabe verfügbar.
Was für die römische Interpretation der einheimischen Götter
in der Zeit Cäsars Geltung hatte, gewann 100 Jahre später, als
die Römer die südwestdeutschen Gebiete erobert hatten, eine
noch größere Bedeutung: In der frühen Kaiserzeit des ersten bis
dritten Jahrhunderts fand der Merkurkult im keltischen und
germanischen Kulturbereich der römerzeitlichen Bevölkerung
eine äußerst große Verbreitung. Auch in der römischen Ortenau finden wir bei Kaufleuten, Handwerkern, Soldaten und
kleinen Leuten den sehr beliebten Gott vertreten. Er stand an
Passstraßen, Wegkreuzungen, auf den Hausaltären der Häuser
und als eine der Gottheiten auf den Viergöttersteinen. Im Offenburger Museum ist er allein dreimal vertreten. Der bedeutendste von ihnen und sicher einer der schönsten weit und
breit verkörpert den Gott in einer feuervergoldeten kleinen
Silberstatuette. Vor genau 80 Jahren durch Zufall ans Tageslicht
gekommen, soll uns der Offenburger Merkur aus der Kinzig
nun auf unserer Reise durch die römerzeitliche Ortenau und
ihre damaligen Verkehrswege vor 2000 Jahren begleiten: Mit
Merkur unterwegs soll auch die Geschichte von drei Jahrhunderten Römerzeit in unserer Region erkundet werden und mit
Merkur als Schutzgott findiger Archäologen auch der spannende Weg der Forschung besonders der letzten Jahrzehnte
erschlossen werden. Dabei wird Offenburg in seiner Bedeutung
als Stadt des Merkur, des Handels, des Verkehrs und der Kultur
schon in der Römerzeit noch deutlicher vor Augen treten.
Tempelfront und Mälzerschlot
(2016)
Schwetzingen erhielt seine ersten amtlichen Denkmalverzeichnisse in den 1920er Jahren. Mit der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes 1971 wurde ein erweiterter Denkmalbegriff etabliert, der nicht mehr nur Sakral- und Adelsarchitektur umfasst, sondern auch bauliche Zeugnisse der Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte, des Handwerks und des Bürgertums. Der Beitrag stellt exemplarisch prägnante Kulturdenkmale in Wort und Bild vor, darunter die neusachliche Welde-Brauerei, den gründerzeitlichen Wasserturm und das als nationalsozialistische
Gründung auch »unbequeme« Baudenkmal Panzerkaserne.
Ohne Stellwerke gibt es heute keinen
Eisenbahnbetrieb. Von hier aus sichern
und überwachen Eisenbahner sämtliche Fahrten auf den Gleisen und bedienen Weichen und Signale.
Das Spektrum der Stellwerke reicht
von den mechanischen Stellwerken mit
ihren Hebelbänken über die elektromechanischen Stellwerke der 20er- und
30er-Jahre bis hin zum elektronischen
Stellwerk.
Mit den neuen Techniken änderten
sich auch die Zuständigkeiten. Regelten früher ein, zwei oder auch mehrere
Stellwerke den Betrieb auf einem Bahnhof, so überwachen heute moderne
Stellwerke als Betriebszentralen das
Geschehen auf ganzen Bahnlinien oder
sogar Streckennetzen.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg galt es in erster Linie, die zerstörten wirtschaftlichen Grundlagen neu zu schaffen. Erst danach konnten auch Kirchen und Klöster darangehen, Zerstörtes wieder aufzubauen und neu auszustatten. Als End- und Höhepunkt dieser baulichen und der damit einhergehenden künstlerischen Entwicklung gilt die Zeit des Barock, die mit ihren kleinen und großen Kirchenbauten sowie mit ihren bescheidenen und mächtigen Klöstern gerade der oberschwäbischen Landschaft ihr Siegel aufgedrückt hat. Zeitgleich entfaltete sich auch die Malerei. Diese blieb über längere Zeit hinweg jedoch auf die Altar- und Tafelmalerei beschränkt. Erst mit der Entdeckung der mächtigen, rippenlosen Gewölbeflächen, entstehen ab etwa 1725 immer größere Malereien, die am Ende randlos die ganze Decke ausfüllen. Hier haben sich gute Künstler einen großen Namen gemacht. Ihr Werk fällt ins Auge. Die Tafelmalerei tritt zurück. Caspar Fuchs war und blieb ein Altarmaler. Er hat jedoch in seinen späteren Schaffens- und Lebensjahren die Anfänge dieser neuen Maltechnik noch miterlebt.
Das Bürgerbuch von 1356
(2016)
Das Lahrer Bürgerbuch von 1356 gilt seit langem in der Ortsgeschichtsschreibung als eine der wertvollsten Quellen zur Stadtgeschichte. Das im Lahrer Stadtarchiv verwahrte Original zog deshalb schon häufig das Interesse der Historikerinnen und Historiker auf sich. Franz Josef Mone machte 1857 den Anfang und stellte das Bürgerbuch ausführlich vor. Auch Philipp Ruppert widmete ihm 1882 einen Abschnitt in seiner „Geschichte des Hauses und der Herrschaft Geroldseck“. 1912 beschäftigte sich der Pfarrer und Heimatforscher Heinrich Neu mit der Quelle. 1928 erschien die Dissertation von Marta Paulus, die sich des Bürgerbuchs unter namenskundlichen Gesichtspunkten annahm. Eine neue Stufe erklomm die Bürgerbuchforschung dann nach dem Zweiten Weltkrieg durch die intensive Beschäftigung von Winfried Knausenberger mit der Quelle. Knausenberger stellte in über zehnjähriger Arbeit besonders familienkundliche und topographische Aspekte in den Mittelpunkt. Seine Arbeiten förderten eine große Zahl von Details ans Tageslicht, litten aber unter methodischen Mängeln. Oft fehlten eine systematische Herangehensweise und eine leitende Fragestellung. Obgleich niemand, der sich mit dem Lahrer Bürgerbuch beschäftigt, an Knausenbergers umfangreichem Werk vorbeikommt, hat es aus diesen Gründen in der Stadtgeschichtsschreibung kaum Spuren hinterlassen.
Ein gut 40 km langes Teilstück der Autobahn A 5 zwischen Baden-Baden und Offenburg wird von einem Konzessionär privat finanziert auf sechs Spuren ausgebaut und 30 Jahre lang betrieben. Die Kosten belaufen sich auf rund 850 Mio. Euro – es ist damit eines der größten jemals realisierten Straßenprojekte in Baden. In dem Beitrag werden sowohl die Vorbereitung,
Planung und der Bauvollzug dieser einmaligen Maßnahme im badischen Rheintal beschrieben als auch einige Hintergründe solcher privat finanzierten Straßenbauprojekte beleuchtet und aufgezeigt, wie komplex und auch umstritten all diese Modelle sind.
Ein badischer Jurastudent tritt 1930 der NSDAP bei und beteiligt sich am Aufbau einer Ortsgruppe in Weil am Rhein. Als Verwaltungsjurist wird Dr. Fritz Vogt 1937 zum Bürgermeister von Meersburg ernannt, meldet sich aber im Herbst 1939 zur Wehrmacht. Er bewirbt sich um eine kommunale Funktion in den besetzten Ostgebieten, landet aber als Regierungsrat bei der deutschen Luftwaffe in Rom. Nach Kriegsende und Gefangenschaft wird er entnazifiziert, als minderbelastet eingestuft und ist als Rechtsanwalt tätig. Auf Grund des 131er-Gesetzes wird er 1958 wieder in den Staatsdienst übernommen, eine Karriere mit Brüchen, aber nicht untypisch für Juristen dieser Generation.
In der Schweiz lebten 1914 etwa 220.000 Deutsche, etwas weniger als heute, 1918
waren es 70.000 weniger, 1945 waren es noch 65.000, heute sind es 280.000. Die Schweiz
vor 1914 war durch ein Netz von Niederlassungsabkommen gegenüber Ausländern freizügiger als die heutige Schweiz der bilateralen Verträge. Diese Deutschen ergriffen 1914
Partei, wollten nicht abseits stehen. Bereits am 2. August rief das Deutsche Generalkonsulat in Zürich alle gedienten und beurlaubten Militärpersonen auf, möglichst rasch
nach Deutschland auszureisen und sich dort beim nächsten Bezirkskommando zu
melden.
Für Montag, den 6. Oktober 1919 kündigte eine Zeitungsannonce einen Vortrag von Franz Rosenzweig aus Kassel an: „Die Stellung der jüdischen Religion unter den Weltreligionen“, abends um halb neun. Veranstalter war eine „Arbeitsgemeinschaft der jüdischen Jugend“, Vortragsort der Saal des kaufmännischen Vereins, Hauptstraße 77, Ecke Bienenstraße, „Eingang durch Kaffee Hohenzollern“. Der Eintritt war frei, Gäste waren willkommen. Dieser Auftritt des bedeutenden Religionsphilosophen soll im Folgenden nach den knappen Quellen dargestellt und in die Beziehungen Franz Rosenzweigs nach Heidelberg eingeordnet werden. Zum Inhalt des Vortrags ließen sich bislang weder ein Manuskript noch ein Pressebericht nachweisen. Der Zeitpunkt dieses Auftritts fällt allerdings ziemlich genau in die entscheidende Phase von Rosenzweigs Weg vom akademischen zum jüdischen Gelehrten. Weder in der Biografik Rosenzweigs noch in der Geschichte der Heidelberger Juden hat dieser Vortrag bislang Beachtung gefunden.
Günther Müller †
(2016)
Günther Müller verstarb am 2. Dezember 2015
im Alter von 90 Jahren in Rheinstetten-Mörsch
bei Karlsruhe. Seine Liebe gehörte der Vogelwelt, dem Naturschutz und seiner Frau Maria,
die ihn bei vielen seiner Aktivitäten in der Freizeit
begleitete. Prägend für die Naturschutzverwaltung war insbesondere seine Zeit als Leiter der
Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspfege in Karlsruhe (BNL) von 1972 bis 1987.
Aber auch als ehrenamtlicher Naturschützer war
er sehr aktiv. Als Pensionär hatte er noch lange
Jahre im Karlsruher Naturkundemuseum einen
Arbeitsplatz.
Bildzeugen der Pest, die an vielen Orten gesehen werden können, sind Pestkreuze, Bildstöcke und Pestsäulen. Aber auch Grabsteine von Personen, die an der Pest gestorben sind, Friedhöfe und nicht sehr häufig Pestsärge. Allerdings muss festgestellt werden, dass viele dieser Denkmale verschwunden sind. Um auf die Überschrift einzugehen, muss zu diesem Vers gesagt werden, dass es solche Grabsteine mit diesem oder ähnlichem Text gibt, trotzdem wird es sich meistens um eine
Wandersage handeln. Das Gegenteil beweist das Grabkreuz von Berg bei Ravensburg. Im alten Friedhof um die Peter-und-Paul-Kirche steht ein Pestkreuz, das einem gewohnten Grabkreuz gleicht. Aber an diesem lässt sich ein Gehäuse öffnen. Im Innern steht an der Rückwand der Spruch geschrieben: „ACH, DASS GOTT ERBARM, 70 IN EINEM GRAB † 1628.“ Am 23. Juni dieses Jahres starb in Berg das erste Pestopfer (Abb. 1 und Abb. 2, siehe Bilder auf Seite 33).
Die große Restauration und Wiedereinrichtung des Villinger Münsters 1905 bis 1909 beschäftigte neben den engagierten Stiftungsräten mit Pfarrer Josef Scherer die wichtigen Kunstwerkstätten der Erzdiözese Freiburg: Marmon in Sigmaringen, Moroder in Offenburg, viele Handwerker und
Künstler und darunter besonders Martin Feuerstein, königlich-bayerischer Akademieprofessor aus München, der nach Villingen seine beiden Meisterschüler Theodor Bayerl und den Freiburger Franz Schilling (1879 – 1964) mitbrachte. Alle drei haben bis heute gültige Werke im Münster hinterlassen. Martin Feuerstein malte die vier großen Bilder der Seitenaltäre, Theodor Bayerl die Bilder im Mittelschiff zwischen den Apostelfiguren, die sieben Freuden und die sieben Schmerzen Mariens. Franz Schilling entwarf die Fenster im Hochchor (nur teilweise erhalten), er malte auf den drehbaren Hochaltarflügeln die Bilder der vier Evangelisten und der vier abendländischen Kirchenväter. Sein größtes Werk in Villingen sind die beiden Wandbilder im unteren Chor: nach Norden das Jüngste Gericht und nach Süden die Schutzmantelmadonna.
Vortrag der evangelischen Theologin Ulrike Müller, gehalten im Rahmen der »Hebeltrunk«-Veranstaltung im Palais Hirsch am Samstag, den 27.9.2014, nach vorangegangener Kranzniederlegung am Hebelgrab mit Gedenkworten.
Die beiden Veranstaltungen »Hebelgedenken« und »Hebeltrunk« sind seit der Gründung der Badischen Heimat in Schwetzingen anfangs der 1920er Jahre fester Bestandteil der örtlichen Veranstaltungen. Seit Wiedergründung des Vereins 1979 finden sie alle zwei Jahre am Hebelgrab und im Palais Hirsch in Schwetzingen statt, verbunden mit einer Ehrung von (ehemaligen) Schülern und Schülerinnen der örtlichen Schulen für außergewöhnliches soziales Engagement. Zeitlich ist die Veranstaltung um den Todestag von Johann Peter Hebel angesiedelt, der am 22. September 1826 in Schwetzingen verstarb.
Im Namen Rohrbach ist die Anspielung auf Wasser schon enthalten und in seinem Wappen bereits visualisiert. Fünf blaue Wellenlinien symbolisieren den Bach im geteilten Wappenschild. Darüber stehen auf gelbem Grund die Buchstaben „r o r“. Der Bach oder „Die Bach“ wie die Mundartbezeichnung ist, hat seinen Namen nicht, wie heute oft irrtümlich angenommen, von seinem im Ortsbereich weitgehenden Verlauf in Rohren, sondern vom Schilfrohr, das am Bachufer wuchs. Das Bachwasser floss vom kleinen Odenwald in einen der nacheiszeitlich stark mäandrierenden Schwemmarme von Rhein oder Neckar, die früher bis ins Gebiet des heutigen Rohrbach und Kirchheim reichten. Der „Kerchemer See“ genannte Altarm, der Rohrbach und Kirchheim trennte, war noch bis etwa 1920 mit Wasser gefüllt. Nach seinem vollständigen Verlanden erinnert allein der Verlauf der „Oberen-“ und „Unteren Seegasse“ in Kirchheim an dieses Gewässer.
Seit mehr 30 Jahren beschäftigt sich der Verfasser mit der fränkischen Reichsritterschaft, insbesondere mit ihren im Bauland ansässigen Mitgliedern des Orts – seit der Mitte des 17. Jahrhunderts Kantons – Odenwald. Gelegentlich musste er sich den Hinweis gefallen lassen, es gebe gewichtigere Forschungsgegenstände als gerade die Reichsritter in einer von allen heutigen Zentren fernab gelegenen Landschaft wie dem Bauland. Volker Press, dessen Arbeiten zur Reichsritterschaft
bahnbrechend waren, hat denn auch einmal gesagt, wer sich mit der
Reichsritterschaft befasse, gerate leicht in den Verdacht, sich mit einem gewissermaßen liebenswerten Kuriositätenkabinett zu beschäftigen.
Mit der Entstehung des Großherzogtums Baden entstand auch die Evangelische Landeskirche, die mit der Markgrafschaft Baden-Durlach als Kern weitere lutherische Territorien und mit der Kurpfalz ein reformiertes Kirchenwesen einbezog. Sie alle konnten auf unterschiedliche Traditionen zurückblicken, so dass neben vielen anderen Aufgaben die Schaffung einer gesamten evangelischen Kirchengeschichte unumgänglich war, um der neugeschaffenen Landeskirche eine ihr zukommende Beschreibung und auch Legitimierung zu bieten. Bildete Burkhard Gotthelf Struves Kirchengeschichte der Kurpfalz eine zuverlässige Stütze, sah dies für die meisten anderen Territorien und vor allem für die Reichsritterschaft ungleich schlechter aus. Es währte denn auch mehr als vier Jahrzehnte, bis Karl Friedrich Vierordt (1790–1864), Direktor des Karlsruher Lyzeums,
diese Herausforderung annahm und mit seinem auch heute noch beeindruckenden zweibändigen Werk zum Abschluss brachte.
Der Autor verfolgt die Geschichte des Ritterhofs in Kirnbach-Grafenloch von seinen Anfängen im Jahre 1590 bis zu seiner vorbildlichen Restaurierung durch die heutigen Eigentümer. Er beleuchtet das Leben seiner Bewohner und die Geschicke des Hofes im Wandel der Zeit. Auch
auf die Architektur des Hofes geht er ein, weist der Ritterhof doch eine sehr individuell gestaltete Giebelseite auf, wodurch sich das Haus nur schwer einem der klassischen Schwarzwälder Haustypen zuordnen lässt. Ob es sich beim Ritterhof möglicherweise um eine sogenannte bauliche
»Mischform« handelt soll der Beitrag klären.
Bezirkskantor Ernst Wacker
(2016)
Am 24. April 2015 wurde der ehemalige Bezirkskantor von Lahr, Ernst Wacker, 90 Jahre alt. Geboren und aufgewachsen ist er als Ältester von zwölf Geschwistern in einer landwirtschaftlichen Familie in Edingen am Neckar. Bereits als Jugendlicher wurden ihm Organisten- und Chorleiterdienste in der Heimatgemeinde übertragen. Wacker erhielt als Schüler Orgelunterricht bei Ludwig Mayer, dem Kantor der Mannheimer Trinitatiskirche und legte 1943 am humanistischen Gymnasium in Heidelberg seine Abiturprüfung ab. Nach zweijährigem Kriegsdienst nahm er 1945 das Studium am Kirchenmusikalischen Institut in Heidelberg auf. Zu seinen Lehrern gehörten u.a. Hermann Meinhard Poppen, Wolfgang Fortner und Siegfried
Hermelink; von letzterem empfing er starke Impulse für seine eigenen Forschungen zum Werk Bachs. Begleitend studierte er Musikwissenschaft und Theologie an der Universität Heidelberg. Mit seinem Kommilitonen Enrico Raphaelis, dem nachmaligen Bezirkskantor in Lörrach, verband ihn lebenslang eine kollegiale Freundschaft. Eine persönliche Begegnung mit Albert Schweitzer, von der er stets mit Rührung und Ehrfurcht erzählt, markiert den Beginn seiner beruflichen Laufbahn als Kantor. Nach seiner ersten Anstellung als Kirchenmusiker in Schwetzingen wurde Ernst Wacker 1959 die neu geschaffene Bezirkskantorenstelle an der Stiftskirche in Lahr übertragen.
Im Januar 2014 trat in Frankreich das Gesetz zur Neuordnung der Territorialverwaltung und Stärkung der großen Städte (Métropoles) in Kraft . Am 17. Dezember 2014 verabschiedete die französische Nationalversammlung eine einschneidende Gebietsreform. Die Zahl der Regionen wurde zum Jahreswechsel von 22 auf 13 zurückgeführt. Im Lichte der Europäisierung werden die neuen Gebietskörperschaften die kritische Größe erreichen und gleichzeitig mit mehr Kompetenzen und Mitteln ausgestattet. Staatspräsident François Hollande sieht darin weitere
wichtige Schritte auf der Reformagenda zur Modernisierung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit seines Landes, vor allem aber einen Beitrag zum Sparkurs der französischen Regierung.
Es gibt kaum ein historisches Sachbuch, dem in den letzten Jahren ein solcher Erfolg beschieden gewesen ist, wie „Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Eine wahre Geschichte“ aus der Feder des Münsteraner Kirchenhistorikers Hubert Wolf. Wolf schildert in der „exzellent recherchierte[n] Story“ im Stile eines Kriminalromans „die Geschichte der Prinzessin Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen (1817–1893), die nach zweifacher Verwitwung und einem gescheiterten ersten Klosteraufenthalt [im Elsass, G.P.] auf Anraten ihres Beichtvaters, des [überaus konservativen, zum Mystizismus neigenden, G.P.] Kurienkardinals Karl August von ReisachIII, in das Kloster […] Sant’Ambrogio in Rom ein[tritt]“. Schon unmittelbar nach Beginn ihres Noviziats im Jahr 1858 sieht sich die Fürstin jedoch mit sittlichen und strafrechtlichen Vergehen in ungeahntem Ausmaße konfrontiert, die in Mordanschlägen auf ihre Person, einer spektakulären Flucht im Juli 1859 und letztlich sogar in der Aufhebung der Gemeinschaft gipfeln. Im Rahmen des in diesem Zusammenhang von Katharina angestrengten Inquisitionsprozesses treten massive strukturelle Probleme zutage. Insbesondere sexuelle Verfehlungen und disziplinarische Auswüchse scheinen in dem von der charismatischen Mystikerin Maria Agnese Firrao († 1854) um 1800 ins Leben gerufenen Konvent seit der Gründung üblich und somit systemimmanent gewesen zu sein.
Die Kanonen von Hüfingen
(2016)
Der Dreißigjährige Krieg belastete nach dem Eingreifen der Schweden auch die
Baar schwer. Herzog Julius Friedrich von Württemberg stellte sich 1632 an die
Seite der Schweden und suchte zusammen mit ihnen die katholischen Nachbarn
heim, um sich vom habsburgischen Druck zu entlasten, aber auch, um sein eigenes Fürstentum abzurunden. Rottweil (freie Reichsstadt), Villingen (Vorderösterreich) und Hüfingen (Fürstenberg) wurden zu Leidtragenden dieser Politik.
Die Vorgänge sind erforscht und vielfach beschrieben worden. Der vorliegende Aufsatz will die Kenntnis der Zeit durch eine Episode
ergänzen, deren Auswirkungen weit über den Krieg hinausreichten.
Ob die Deutschen wirklich mit Hurra in den Ersten Weltkrieg
gezogen sind, ist umstritten. Für die Behauptung spricht eine
hohe Zahl von Kriegsfreiwilligen. In den ersten Tagen der Mobilmachung im August 1914 haben sich 1 Million junger Männer freiwillig zu den Waffen gemeldet, wie z. B. der aus Nonnenweier stammende Ludwig Frank. Der in Mannheim tätige
Rechtsanwalt gehörte zu den führenden Köpfen der Sozialdemokratie. Deren Anhänger wurden gelegentlich als Vaterlandsverräter beschimpft, weil sie die geplanten Rüstungsausgaben
nicht bewilligen wollten. In der „Stunde der Not“ wollten sie
nun mit ihrer Meldung zum Militär das Gegenteil beweisen.
Der 12. Oktober 1944 war ein sonniger Herbsttag und gleichzeitig der Tag,
an dem sich viele Leute aus unserem
Ort schweren Herzens entschlossen,
unser geliebtes Tscheb zu verlassen.
Überall herrschte Ratlosigkeit wegen
des Vormarsches der russischen Armee. Wir Mädchen (Anna 13 Jahre,
Veronika 10 Jahre) waren zwar auch
von der großen Unruhe erfasst worden,
konnten jedoch die Sorgen und die
Trauer unserer Mutter Anna Stefan und
unserer Großeltern Theresia und Johann Zindl nicht nachvollziehen. Die Situation überstieg unser kindliches Vorstellungsvermögen, sodass wir das
ganze Ausmaß der von den Erwachsenen zu treffenden Entscheidungen gar
nicht erfassen konnten.
Carl Ullmann (1796–1865)
(2016)
Carl Ullmann wurde im Jahre 1796 im damals noch kurpfälzischen Epfenbach geboren, wenige Jahre bevor durch Napoleon die territorialen Karten neu gemischt wurden und Dorf und Landschaft an Baden kam. In Epfenbach, einem Dorf im Übergang vom „kleinen“ Odenwald zum Kraichgau, war der Vater reformierter Pfarrer. Hier verbrachte das einzige Kind der Eltern, ein Töchterlein verstarb früh, seine Kindheitsjahre, bevor es dann nach Mosbach auf die Lateinschule und von dort für viele Jahre nach Heidelberg ging. In Heidelberg, wo der junge Carl Ullmann das Gymnasium besuchte, wohnte er als Gast und Pflegekind bei Johann Konrad Maurer, dem Kirchheimer Pfarrer, der bis zur Vollendung des Pfarrhausbaus in Kirchheim bei Heidelberg wohnte. Der junge Gymnasiast lebte jetzt in einer Stadt, die nach Jahren der Bedeutungslosigkeit unter badischer Ägide zu neuem Leben erwacht war. Ullmann war ein eifriger und sehr guter Schüler, nahm sich aber doch außerhalb des Schullebens immer wieder genügend Zeit, seiner Leidenschaft nachzugehen, dem Malen und Zeichnen. Inspirieren ließ er sich von der Ruine des Schlosses, von der Stadt, vom Neckartal und der Landschaft des „kleinen“ und „großen“ Odenwalds. Als die aus Köln stammenden Brüder Boisserée mit ihrer Sammlung spätmittelalterlicher Kunst vom Niederrhein 1810 nach Heidelberg kamen und sich im ehemaligen Anwesen der Grafen von Sickingen und Leiningen an der Nordseite des Karlsplatzes niederließen, war Ullmann auch dort häufiger Gast.
Mit der Kirchenunion von 1821 wurden im Großherzogtum Baden die zuvor eigenständige reformierte Kirche, deren Hauptgebiet in der vormaligen Kurpfalz lag, und die lutherische Kirche, deren meiste Kirchenglieder in Altbaden lebten, zu einer neuen protestantisch-evangelischen Kirche vereinigt. Auf der Unionssynode gelang es, alle wichtigen Entschlüsse zu treffen, die für eine Vereinigung der Konfessionen notwendig waren. Eine Frage blieb allerdings offen: Die Entscheidung über den neuen, gemeinsamen Katechismus der unierten Kirche, da der von Friedrich Wilhelm Hitzig erarbeitete Entwurf zwar diskutiert, in der vorgelegten Form aber abgelehnt worden war. In der Zeit nach der Unionssynode entstand außerdem ein weiterer Katechismus: Der Prälat Johann Peter Hebel, der ein enger Freund Hitzigs war und als Revisor für dessen Katechismusentwurf wirkte, schrieb ebenfalls ein Unterrichtsbuch für die unierte Kirche. Im vorliegenden Artikel sollen die Katechismen von Hitzig und Hebel daraufhin verglichen werden, welche Kirchenlehre in ihnen entfaltet wird. Welche Schwerpunkte setzen beide Katechismen bei der Behandlung ekklesiologischer Themen? Und welche pädagogischen Ziele verfolgten die Autoren mit ihren Werken? Dafür sollen zunächst die beiden Katechismen getrennt auf die in ihnen vermittelte Ekklesiologie untersucht werden. Anschließend sollen die beiden Werke miteinander verglichen und
schließlich ein zusammenfassendes Fazit gezogen werden.
Schwetzingen
(2016)
Die Stadt Schwetzingen feiert im Jahr 2016 die erste urkundliche Erwähnung als »Suezzingen« im Lorscher Kodex im Jahr 766. Der Eintrag im Lorscher Kodex geht auf die Schenkung einer Frau namens Agana zurück. Agana wäre erstaunt, würde sie ihr damaliges Dorf Suezzingen heute erleben. Im Jahr der 1250-Jahrfeier zeigt sich Schwetzingen als besonders lebenswerte, historische und lebendige Stadt mit großer Aufenthaltsqualität. Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen in der Historie und sind über die Jahrhunderte gewachsen; zugleich stellte sich die Stadt immer den Herausforderungen der Zeit und wusste sich sinnvoll anzupassen und zu entwickeln. Der nachfolgende Beitrag versucht, die heutige Stadt zu beschreiben und zugleich die Gründe aufzuzeigen, warum Schwetzingen eine überaus beliebte und lebenswerte Stadt ist. Am Ende wird sich zeigen, dass es sich um eine Kombination von Gründen handelt, die für die Qualitäten des heutigen Schwetzingens ausschlaggebend ist. Lage, Geschichte, Stadtgestaltung, Angebotsstruktur und Mentalität der Menschen waren entscheidend für die überaus positive Entwicklung der Stadt.
Als König Friedrich von Württemberg (1754–1816) vor 200 Jahren, am 30. Oktober 1816, in Stuttgart verstarb, begann für das Ludwigsburger Schloss eine neue Zeitrechnung. Während Friedrichs Regierungszeit – von 1797 bis 1816 – diente die Schlossanlage mit den weitläufigen Gärten und den nahegelegenen Schlösschen Favorite und Monrepos als herrschaftliche Sommerresidenz und beliebter Aufenthaltsort des württembergischen Hofes in der warmen Jahreszeit. Alljährlich zum Osterfest im Frühjahr zog Friedrich mit seinem Hofstaat von seiner Haupt- und Winterresidenz, dem Neuen Schloss in Stuttgart, nach Ludwigsburg um und blieb meist bis Anfang Oktober, ehe die Kisten und Kutschen erneut gepackt wurden und alle wieder nach Stuttgart zurückreisten. Im Schloss und in der Stadt pulsierte in diesen Monaten geschäftiges Treiben, denn auch die Dienerschaft, der Adel sowie Künstler, Handwerker und Kaufleute hielten sich nun verstärkt in der Ludwigsburger Residenzstadt auf. Immer wieder wurden Botschafter, Gesandte, Familienmitglieder oder auch hochrangige Staatsgäste und Würdenträger empfangen und vereinzelt fanden größere Feste, Hofbälle und Truppenrevuen im Schloss beziehungsweise in der näheren Umgebung statt.
In Überlingen fällt dem Besucher auf dem Münsterplatz ein graues, überlebensgroßes Denkmal mit der Büste eines freundlich dreinblickenden Mannes mit
rundlichem Gesicht auf.
Laut den vier Sockelinschriften ist es „Dem Allverehrten Franz Sales
Wocheler“, „Dem Stadtpfarrer, Decan und Geistl. Rath, Ritter des Zaehringer
Loewen-Ordens“ sowie „Dem Freunde des Volkes, dem Stifter des Schulfond‘s
und d. Bibliothek“, von der „Dankbare[n] Stadt und Seine[n] Verehrer[n]“
„Zum hundertjährigen Geburtstag“ gewidmet. Daneben findet sich noch der
Wahlspruch des Geehrten: „Seid immer
frohen Muthes!“1 Mit diesem klassischen und eher schlichten Denkmal –
Provokationen im Stil von Peter Lenks
Skulpturen waren noch nicht in Mode
– erinnerte die Bürgerschaft von Überlingen 1878 an ihren großen Wohltäter
im 19. Jahrhundert.
Die Sauschwänzlebahn
(2016)
Als Reimers Sohn vor einiger Zeit seine neue Arbeitsstelle in Hamburg antrat, wurde
er natürlich gefragt, wo er herkomme. „Blumberg“ – bedauerndes Achselzucken
– „Sauschwänzlebahn“ – „Klar, kennen wir. Wir sind sogar schon damit gefahren“. Die Bekanntheit der Bahn steht in krassem Gegensatz zu ihrem tatsächlichen Nutzen. Als aufwendiges Rüstungsprojekt geplant und gebaut, hat sie kaum
ihren militärischen Zweck erfüllt. Erst in jüngerer Zeit hat sie als touristische
Attraktion eine sinnvolle Verwendung gefunden. Von diesem Wandel berichtet
der vorliegende Aufsatz.
Es war ‚Martins-Tag’. Der Tag des Heiligen aus Tours. Am Abend des 11. November wurden, wie seit vielen Jahren, im Nach-Spiel vom ‚hohen Roß’ herab in Stadt und Land viele ‚Mäntel zerteilt’, in strahlenden Kinderaugen spiegelten sich Lampions und auch in der Neckar-Stadt sangen helle Stimmen laut „Laterne, Laterne…”. An diesem Abend 2009 kamen Astrid Ihle, Simone Jung, Heiderose Langer und Wendelin Renn zum ersten Mal zusammen. Sie saßen im Restaurant Ochsen und sie aßen traditionell Martins-Gans. Die drei Kolleginnen von der Sammlung Grässlin in St. Georgen, vom Museum Biedermann aus Donaueschingen und von der Kunststiftung Erich Hauser in Rottweil hatte Wendelin Renn nach Schwenningen
eingeladen...
„Können Sie das verstehen? Das ist doch unmöglich!“ Fassungslos kommentierte Carl Neinhaus in einem Telefongespräch mit Dieter Haas (1928–1998), damals Lokalredakteur beim „Heidelberger Tageblatt“, die Tatsache, dass ihn die Heidelberger im zweiten Wahlgang am 22. Juni 1958 als Oberbürgermeister abgewählt hatten. Auch in einem nächtlichen Gespräch mit seinem Vertrauten, dem Musikpädagogen Dr. Fritz Henn (1901–1984) soll er seiner Enttäuschung Luft gemacht haben. Das Jahr 1958 bedeutet eine Zäsur in der Heidelberger Nachkriegsgeschichte. Seitdem standen nur Oberbürgermeister aus der SPD an der Spitze der Stadt: Robert Weber (1958–1966), Reinhold Zundel (1966–1984) und Beate Weber (1990–
2006). Die CDU stellte nie wieder den Oberbürgermeister und konnte nur parteilose OB-Kandidaten (Reinhold Zundel 1984, Eckart Würzner 2006 und 2014) unterstützen. Im Folgenden sollen die Ursachen dieses „Machtwechsels“ von 1958 sowie die damaligen politischen Lager und Stimmungen in der Bevölkerung untersucht werden. Während die Jahre 1945–1949 durch Friederike Reutter sehr gut erforscht sind, liegt eine entsprechende Studie für die 1950er Jahre nicht vor. Einige Einblicke vermitteln die Darstellungen von Dieter Haas und Theodor Scharnholz. Das Geschehen des Wahljahres wird aus der Lokalpresse, „Rhein-Neckar-Zeitung“ und „Heidelberger Tageblatt“, rekonstruiert.
Machtwillkür, Amtsmissbrauch und Korruption waren geläufige Erscheinungen
im so genannten Dritten Reich, in dem bestehende Kontrollinstanzen weitgehend außer
Kraft gesetzt waren [1]. Formen solchen Amtsmissbrauchs fanden sich dabei auf allen Ebenen des NS-Staats in verschiedenen Ausprägungen, etwa in Person des leidenschaftlichen Kunstsammlers Hermann Göring [2], Gauleitern wie Erich Koch in Ostpreußen [3] oder
dem berüchtigten Münchener Stadtrat Christian Weber [4].
Die Welt war wohl auch schon im Jahre 1825 recht klein, als
Dr. Johann Paul, Königlich Bayerischer ordentlicher „Profeßor“
zu Erlangen sein allgemeines „Alphabetisches Repertorium des
neuesten Wissenswürdigsten und Anwendbarsten aus den gemeinnützigsten und wichtigsten Wissenschaften“, ein allgemeines „Hand- und Hülfsbuch” für denkende Geschäftsmänner und gebildete Leser, in Erlangen herausbrachte. In diesem
Buch, in dem spezielles Wissen für alle Lebenslagen beschrieben ist, wurde auch eine Geschichte niedergeschrieben, die
eine historische Verbindung mit Goldscheuer hat. Allerdings
spielte sich diese nicht im Erscheinungsjahr des oben beschriebenen Buches, sondern bereits im Jahre 1819, also vor 194 Jahren, ab. Es handelt sich um die Geschichte einer „Wasserreisemaschine“, die ein Erfinder namens Xaver Michel aus Offenburg ersann, konstruierte und bei Goldscheuer unter Zeugen,
die aus der Gemeinde stammten, präsentierte.
Die Erschließung der Wälder durch Wege ist eine notwendige
Kulturleistung mit unterschiedlichen Absichten. Ohne Wegebau könnte der Wirtschaftsfaktor Wald nicht genutzt werden.
Allerdings waren diese Wege früher nicht von solcher Breite
wie die heutigen, die schließlich auch einem Langholzfahrzeug
die Passage ermöglichen müssen. Zudem erfolgte der eigentliche Holztransport vom Schlag weg oft mit Pferden auf schmalem Weg zu einer hölzernen Rutschrinne, der Riese. Der Bau
von Spazier- und Wanderwegen ist erst eine Erscheinung des
beginnenden 19. Jahrhunderts. Denn die Romantik liebte das
Wandern durch die Natur. Heute haben Barfußpfade Konjunktur, Mountainbike-Trails, Walkingtouren, auch unterm Hohen
Horn. Einige willkürlich ausgesuchte Aspekte zu dieser „Unterwegsgeschichte“ in der Ortenau mögen die Vielfalt des Themas
andeuten. Aus autobiographischen Gründen des Verfassers soll
das Hohe Horn, der Hausberg Offenburgs, als Untersuchungsobjekt dienen.
Eine der bedeutendsten Familien in
Eppingen im 17. und 18. Jahrhundert
waren die Gugenmus. Als Ratsherren,
Kirchenälteste, Kollektoren der geistlichen Güterverwaltung, Stadtschultheißen oder gar als Lehnsmann der
Grafen von Öttingen für das in Eppinger
Besitz befindliche Dorf Mühlbach hatten
sie über mehr als ein Jahrhundert
großen Einfluss auf die städtische Politik. Noch heute erinnern Inschriften an
einigen Gebäuden an sie. Zwar wurden
die Gugenmus in der bisherigen Literatur über Eppingen immer wieder einmal
in unterschiedlichen Zusammenhängen
erwähnt, aber bis heute gibt es noch
keine umfangreichere monographische
Abhandlung über dieses Geschlecht.
Lediglich ein kleiner Aufsatz mit genealogischem Schwerpunkt über sie ist
bisher in der von der Stadt Bretten herausgegebenen Festschrift zum 90.
Geburtstag des Heimatforschers und
Genealogen Otto Bickel1 erschienen,
und zwar deshalb in Bretten, weil man
sich dort heute noch an Johann
Stephan Gugenmus, den dort geborenen Reformer der pfälzischen Landwirtschaft, erinnert.
Im Rahmen seiner Magisterarbeit über die Gruftkapelle Thurn und Taxis in Regensburg befasste sich der Autor auch mit dem Architekten des Gruftbaues. Es war dies der thurn- und taxissche Baurat Carl Victor Keim. Als im Verlauf der Recherchen zutage kam, dass Keim einer umfangreichen Sippe von mehr oder weniger bekannten Künstlern und Architekten angehörte, bot es sich an, diese Sippe näher und im Zusammenhang zu untersuchen. Dieser Aufsatz soll sich jedoch ausschließlich mit dem Vertreter der ersten Generation, dem herzoglich württembergischen Premiermaschinisten Johann Christian Keim befassen. Den Vertretern der Folgegenerationen – den Söhnen Aloys Keim (* Ludwigsburg, † Nürnberg) und Franz Xaver Keim (* Ludwigsburg, † Regensburg), den Enkelsöhnen Carl Victor Keim (* Schwabach, † Regensburg), Hermann Keim (* Nürnberg, † Regensburg) und Carl Alexander Heideloff (* Stuttgart, † Haßfurt), dem Urenkel Adolf Keim (* Regensburg, † St. Ulrich-Ortisei) und dem Ururenkel Hermann Keim d. Jüngeren (* St. Ulrich-Ortisei, † St. Christina), die allesamt nicht mehr in Württemberg aktiv waren – sollen eigene Beiträge gewidmet werden.
Joseph Kränckel
(2016)
Am 27. August 1789 verstarb in Freiburg im Breisgau der aus dem Fürstbistum Eichstätt in Bayern
stammende Uhrmacher (Franz) Joseph Kränckel.[1] Im Sterberegister des Freiburger Münsters
lautet seine Berufsbezeichnung Geometrischer Revisor.[2] Die Verlassenschaftsakten nennen
ihn einen zünftigen Uhrenmacher und breysgau-landständischen geometrischen Revisor.[3]
SI AN DIC VNT NIT AN MIC
(2016)
Im ersten der sechs „Bestandskataloge der weltlichen Ortsstiftungen der Stadt Freiburg im
Breisgau“, der die kunstgewerblichen Arbeiten aus Metall umfasst, findet sich die eingehende
Beschreibung einer Zinnplatte, die – als bisher einzige Arbeit – aufgrund des Beschau- und des
Meisterzeichens dem Freiburger Zinngießer Ludwig Dürckenheimer zugewiesen werden kann,
der das Stück für die Adelhauser Dominikanerinnen gefertigt hat – oder vorsichtiger formuliert:
deren Konvent als Vorbesitzer der Dürckenheimer-Arbeit (siehe Abb. 5) anzusehen ist.
Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat seit geraumer Zeit
die Beschäftigung mit den Fragestellungen und Problemen der
sogenannten „historischen Authentizität“ eine enorme Bedeutung erlangt. Insbesondere das Museumswesen und die Gedenkstättenarbeit sind davon in besonderer Weise berührt.
Woher rührt das Bedürfnis nach dem historischen Echten und
Realen und wie lässt sich diese Authentizität feststellen oder
festschreiben? Wie geht man andererseits mit nur inzenierten
oder konstruierten vermeintlich historischen Orten um? [1]
Lassen sich beide Kategorien – der authentische oder der inszenierte Ort – immer klar voneinander trennen?
Diese Fragestellungen zur „historischen Authentizität“ lassen sich exemplarisch auf einen Ort jüdischer Regionalgeschichte beziehen, der inzwischen aus dem Schuttertal bekannt geworden ist: das sogenannte „Judewegle“ bei Dörlinbach.
Der Sportclub Friesenheim gehört zu den unzähligen dörflichen Vereinen, deren Gründung in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte. Bis zum Ersten Weltkrieg war der organisierte Fußballsport in der Ortenau fast ausnahmslos eine städtische Angelegenheit, erst nach dem Krieg und in den 1920er Jahren kam es nach und nach zu ersten Vereinsgründungen in den Dörfern. Über die Entwicklungsgeschichte des Fußballs im dörflich-ländlichen Umfeld ist, gerade im Vergleich zu den Städten, wenig bekannt. Lässt man die üblichen Jubiläumsfestschriften der Vereine außer acht, fehlt es grundsätzlich an analytischen Forschungen zum Fußballgeschehen auf dem Dorf. Auch aus der Frühzeit des im Jahr 1927 gegründeten SC Friesenheim ist so gut wie nichts bekannt. Der frühere Vereinschronist Emil Ell wusste 1977 in einem ersten, wohl zum SO-jährigen Jubiläum des Vereins verfassten historischen Rückblick ebensowenig über die ersten beiden Jahrzehnte der Vereinsgeschichte zu berichten wie der Verein 25 Jahre später in einer weiteren Festschrift. Das bislang älteste bekannte Foto einer Fußballmannschaft des SC Friesenheim ist demnach auch erst für die Spielsaison 1947/48 - somit also zwanzig Jahre nach der Vereinsgründung - belegt. In den ersten Nachkriegsjahren setzt zudem die erhaltene schriftliche Überlieferung
des SC Friesenheim in Form der im Dezember 1949 beginnenden Protokollsammlungen des Vereinsvorstands ein.
Über Schiedsrichter im Fußball herrscht gemeinhin die Meinung, dass sie gerade dann am besten und wirkungsvollsten agieren, wenn man ihre Mitwirkung am Spielgeschehen gar nicht bemerkt. Tatsächlich stellen die Schiedsrichter innerhalb des Fußballbetriebs nicht unbedingt die am meisten beachtete Akteursgruppe dar, obwohl ohne ihre Leitungsrolle kaum ein offizielles Fußballspiel durchgeführt werden kann. Gleichermaßen verhält es sich mit der Präsenz von Schiedsrichtern in fußballgeschichtlichen Rückblicken oder Analysen. Während über Spieler und Trainer mittlerweile eine
Vielzahl von mehr oder weniger seriösen historischen Darstellungen vorliegt, lässt sich das über die Gruppe der Schiedsrichter nicht behaupten. Außer vereinzelten autobiographischen oder journalistischen Werken zu Schiedsrichtern liegen so gut wie keine Darstellungen zur Geschichte der Schiedsrichter im Fußball vor. Lässt sich das für die Fußballgeschichtsschreibung generell feststellen, wird man in der sportgeschichtlich orientierten Regionalgeschichte, zumal in der Ortenau, ein vollständiges Fehlen von Darstellungen zu Schiedsrichtern im Fußball feststellen müssen. Der folgende kurze Abriss zum Schiedsrichter-Funktionär Fritz Sieger kann deshalb nur ein erster textlicher Anpfiff für zukünftige angemessenere Wahrnehmung der Schiedsrichter in der (regionalen) Fußballgeschichte sein.
Unsere Nachforschungen über den Klerus der Diözese Straßburg beschäftigen uns seit mehr als dreißig Jahren und belaufen sich auf mehr als 5000 Seiten. Wir konnten nicht noch
dazu die Geschichte aller Pfarreien diesseits und jenseits des
Rheines bewältigen. So muss sich der Leser mit den mehr oder
weniger kompletten Biographien der Priester begnügen.
Schon im Jahr 1289 besaß die Abtei Gengenbach das Patronatsrecht (jus patronatus) „in ecclesia vallis Norderahe“. Im Jahr
1666 erscheint der Abt von Gengenbach immer noch als Kollator und Zehntherr, „Patronus coeli est S. Udalricus“. Pfarrer 1423
erstmals erwähnt, schreibt Krieger in seinem Wörterbuch [1]
. Wir
hatten das Glück, noch zwei ältere aufzuspüren.
Nachdem wir, für unsere Arbeit über den Klerus des Elsasses
vor 1648, alle Urkunden in den Archives Départementales
du Bas-Rhin durchstöbert haben, haben wir seit einigen Jahren dieselbe Arbeit in den Archives Municipales de Strasbourg
unternommen. Es handelt sich nicht nur um das Stadtarchiv,
sondern auch um andere reiche Fonds, die darin einverleibt
sind: jene der Œuvre Notre-Dame, des Grand Chapitre sowie
um die sehr reichen Fonds des Spitals und des Kapitels von
Saint-Thomas, in welchen auch vieles über die Ortenau zu
finden ist.
(Kein) Ende der Debatte?
(2016)
Bei diesem Thema kann man sehr leicht sehr viel falsch machen – gerade jemand, der als katholischer Kirchenbeamter von vornherein unter dem Verdacht steht, parteiisch zu sein: Der Bistumsarchivar, der über einen Erzbischof spricht, kann doch eigentlich nichts anderes betreiben als Heiligengeschichtsschreibung? Wenn er hingegen versuchen wollte, unparteiisch zu sein, dann liefe er Gefahr, in die andere Richtung zu weit zu gehen, zu kritisch zu urteilen und letztlich das eigene Nest zu beschmutzen. Zumindest könnte dies aus katholisch-kirchlicher Sicht so wahrgenommen werden. Daher habe ich mich dazu entschieden, nicht direkt über Gröbers Verhältnis zum Nationalsozialismus zu sprechen, sondern über die Debatten, die darüber geführt wurden und werden. Das könnte als Drückebergerei verstanden werden, bietet sich so natürlich die Möglichkeit, auf eigene Stellungnahmen zu verzichten und nicht unbedingt die eine oder die andere Sichtweise zu vertreten. Andererseits besteht hierdurch aber die Chance, auch solche Perspektiven vorzustellen, die nicht die eigenen sind: Ich kann also die eine oder andere besonders Gröber-kritische Äußerung wiedergeben, umgekehrt aber auch solche Stimmen zu Gehör
bringen, die Gröber vielleicht sogar zu unkritisch verteidigen.
Literarisch, aber auch in den Erinnerungen alter Menschen war Kinderarbeit ganz selbstverständlich. Aber was heißt Kinderarbeit eigentlich? Normalerweise wurde im 19. und 20. Jahrhundert
unter Kinderarbeit die berufliche Tätigkeit von schulpflichtigen Kindern unter 14 Jahren verstanden. Die Altersgruppe zwischen 14 und 16 Jahren zählte zu den jugendlichen Arbeitern.
Der Bestand D. Hermann Maas hat einen Umfang von 1,90 lfd. Metern und eine Laufzeit von 1861 bis 2011 mit 210 Verzeichnungseinheiten. Er setzt sich wie folgt zusammen: 1. Aus dem eigentlichen Nachlass in Gestalt von Handakten und Originaldokumenten, einer umfangreichen Sammlung von Gegenständen, von denen sich einige als
Ausstellungsexponate zurzeit im Adolf-Schmitthenner-Haus in Heidelberg befiden und einer umfangreichen Bibliothek, die in der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe untergebracht ist. 2. Ferner zählt zum Bestand das Archiv der Hermann-Maas-Stiftung mit Studienzentrum und Gedenkstätte sowie 3. die Sammlung von Unterlagen von Schuldekan i. R. Albrecht Lohrbächer, welche am 18. November 2010 dem Landeskirchlichen Archiv übergeben worden ist und
einen Umfang von ca. 0,30 lfd. Metern hat. 4. Am 30. April 2014 folgte der Zugang der Verwaltung der Hermann-Maas-Stiftung vom Evangelischen Dekanat Heidelberg. Auf Initiative von Walter E. Norton (London) wurde im Jahr 1988 zum Gedenken an Prälat D. Hermann Maas die Hermann-Maas-Stiftung ins Leben gerufen und ein „Archiv“ angelegt, das wesentlich von Pfarrer i. R. Werner Keller aufgebaut und betreut worden ist und in den Räumen des Adolf-Schmitthenner-Hauses in Heidelberg untergebracht war. Während den Renovierungsarbeiten wurde das Archiv in das Hermann-Maas-Haus nach Heidelberg-Kirchheim ausgelagert.
Wenn auch heute weniger von „Apologetik“ gesprochen wird, so ist sie doch ein wichtiger Aspekt im kirchenleitenden Handeln und der theologischen Wissenschaft in der Auseinandersetzung zwischen Welt- und Zeitgeist einerseits und mit den Bekenntnissen andererseits, wie sie in den Kirchen vorgegeben sind. Institutionell wird diese Aufgabe heute überregional wahrgenommen durch die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. Der Bestand Abt. 060. Apologetische Zentrale der Landeskirche mit einer Laufzeit von 1916 bis 1939 umfasst 42 Verzeichnungseinheiten mit einem Umfang von 0,60 lfd. Metern. Er stammt von dem Begründer und Leiter der Apologetischen Zentrale der Landeskirche Professor Dr. Albert Weckesser und gibt Einblick in die Arbeit dieser Stelle innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Baden während der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges.
Mit dem Baugutachten des Architekturbüros J. W. Mengler aus Heidelberg vom 15. Februar 1979 wurde festgestellt, dass die an der Ostseite des Theologischen Studienhauses stehende Stützmauer am Hang des Heiligenberges sich um etwa 10 cm talabwärts bewegt hatte, verbunden mit einer gleichzeitigen Kippbewegung. Risse im Gebäude und in der Bodenoberfläche der Außenanlagen mit unterschiedlichen Festigkeiten ließen auf „Kriechbewegungen“ im Hang und im oberen Bodenbereich schließen, welche eine Maßnahmen zur Sicherung des Hanges mit Kontrollmessungen erforderlich machten. Die überall im Gebäude aufgetretenen Risse und Schadstellen mit Wassereintritt deuteten darauf hin, dass das Gebäude unter enormer Spannung stehen müsse. Die Frage stand im Raum: Konnte diese enorme Schadensentwicklung mit der Aushebung der „Baugrube Mengler“ im Bereich des Nachbargrundstückes ausreichend erklärt werden oder waren hier noch andere Kräfte am Werk, welche den Hang unterhalb des Philosophenwegs ins Rutschen gebracht hatten? Nach einer ersten Kostenschätzung des Evangelischen Oberkirchenrates vom 7. September 1979 beliefen sich die Kosten zur Wiederherstellung der Standsicherheit des Gebäudes auf ca. 2,3 Millionen DM, sofern eine auf Dauer angelegte Sanierung überhaupt möglich sei.
Schwetzinger Postkarten
(2016)
Postkarten dokumentieren als datiertes Foto die neuere Geschichte des Schwetzinger Schlossgartens und die seiner Besucher. Es sind oft kleine eigenständige Kunstwerke, die im Geschmack der Zeiten entstehen. Von dem zaghaften Beginn in den 1880er Jahren entwickeln eine ganze Reihe von Verlegern noch vor dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Motive.
Das Kloster St. Ursula in Villingen ist seit dem Sommer 2015 Geschichte. Mit dem Auszug der letzten beiden Klosterfrauen der Ursulinen, Superiorin Schwester Roswitha Wecker und Schwester Sigrun Schachtner, sowie dem langjährigen Hausgeistlichen Pater Hermann, schloss sich Ende Juli 2015
die Klosterpforte am Bickentor für immer. Die drei letzten Klosterbewohner hatten in den letzten Jahren, nachdem 2013 die langjährige Superiorin Schwester Eva Maria Lapp starb, den Klosterbetrieb auch im hohen Alter noch aufrecht erhalten.
Aus dem Schuldienst an den St. Ursula Schulen hatten sich die Ordensfrauen des Klosters altersbedingt schon vor Jahren zurückgezogen. Schwester Sigrun, die seit 1966 im Kloster lebte und bis 2003 Mathematik und Physik unterrichtete, verbringt ihren Lebensabend im Ursulinen-Kloster im schweizerischen Brig. Superiorin Schwester Roswitha, die von ihren 2015 80 Lebensjahren 58 in St. Ursula lebte und arbeitete,
die letzten drei Jahre als Superiorin, zog in die Villinger Seniorenwohnanlage St. Lioba. Ebenso Pater Fuchs.