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1934 wurde ich in der Leiergasse geboren und habe dort auch meine Kindheit, Jugendzeit und mein ganzes bisheriges Leben verbracht. Nach mehrmaligem Umbau des Elternhauses und
Ausbau der Scheune wohne ich noch
immer in der Leiergasse und fühle mich
dort „sauwohl“. Ich denke daher gerne
an frühere Zeiten zurück. In diesen Erinnerungen werden Erlebnisse mit den
alten, in der Zwischenzeit längst verstorbenen Anwohnern wieder wach. Einige davon möchte ich niederschreiben.
In meiner Kindheit und Jugendzeit
war die Leiergasse mit Steinen und
sonstigem Material wie ein Feldweg befestigt. Man musste jeden Samstag die
Straße säubern. Was heißt schon säubern? Man kehrte bzw. verteilte den
Dreck und setzte ihn haufenweise zusammen, sodass man einigermaßen
gehen konnte und bei Regen nicht
durch eine Pfütze waten musste. Bei
Trockenheit wirbelte der Wind den Staub durch die Gegend.
Wenn alte Villinger von ihrer Schulzeit erzählen,
kann es sein, sie erinnern sich an ein museumspädagogisches
Erlebnis besonderer Art: dass sie
nämlich beim Besuch des Alten Rathauses zur
Veranschaulichung früherer („peinlicher”) Befragungsmethoden
auf der Streckbank festgebunden
wurden 1. Diese Streckbank stand in der als „Folterkammer”
eingerichteten Arrestzelle von 1731
im 2. Obergeschoss des Alten Rathauses. Sie war
Teil eines Arrangements von Folterwerkzeugen, die
allesamt Georg Fidel Hirt (1821 – 1889) gesammelt
und an die Stadt Villingen verkauft hatte. Er tat
dies bereits vor dem offiziellen Gründungsdatum
der Städtischen Altertümersammlung, 1876. Seine
Sammeltätigkeit war die Urzelle des Villinger
Museums.
Moden
(2015)
Im Jahre 2012 gingen die TU Dortmund und das Franziskanermuseum Villingen-Schwenningen eine Kooperation ein, um die volkskundliche Sammlung des Lenzkircher Uhrenfabrikanten Oskar Spiegelhalder, die sich seit 1929 im Franziskanermuseum befindet, genauer zu erforschen. Im Rahmen dieses von der Volkswagenstiftung geförderten Projekts sollte der Nachlass des Sammlers ausgewertet und die Objekte der Sammlung neu inventarisiert werden. Der Projekttitel „Das Unsichtbare und das Sichtbare. Zur musealen Herstellung von Region am Beispiel der Schwarzwaldsammlung Oskar Spiegelhalders“ wirft
zunächst Fragen auf.
Die Ausstellung „Moden. Schwarzwälder und andere Hüte”, welche die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts einer breiten Öffentlichkeit vermittelte, wurde 2015 vier Monate lang, von April bis August, im Franziskanermuseum
Villingen gezeigt. Insgesamt haben 3334 Besucherinnen und Besucher die Ausstellung gesehen. Ein breit gefächertes Begleitprogramm beleuchtete zusätzliche Aspekte. Besonders gelobt wurden die anhaltende Präsenz des Themas in den Medien, die professionelle, ästhetisch ansprechende Gestaltung der Ausstellung und der Werbemedien, das gute Marketing und die interessante und vergnügliche Umsetzung der Inhalte. Der Riesenbollenhut auf dem Osianderplatz war ein Anziehungspunkt
für Einheimische und Touristen und wurde gern als Fotokulisse genutzt.
Im Jahr 1935 wandte sich der Kinobetreiber Robert König aus Lörrach mit dem Vorhaben an die Stadt Villingen, gegenüber dem Riettor ein neues Kino zu bauen. Er besaß bereits sechs Kinos, zwei davon in Villingen, letztere aber nicht mehr in zeitgemäßem und der aufstrebenden Stadt angemessenem Zustand. Es handelte sich um die „Hinterhofkinos“ Kammer-Lichtspiele und Union-Tonfilm-Theater.
Apropos Tracht
(2015)
Es geschieht nicht häufig, dass ein historisches
Kostüm abgegeben wird und dazu ein Foto, das
die einstige Besitzerin in demselben zeigt. Diesen
Glücksfall von erhaltenem Originalobjek
und fotografischer Evidenz des getragenen
Kleides ist nun der Trachtengruppe der Bürgerwehr
mit der Schenkung einer Altvillingerinnen-
Tracht zuteil geworden. Auch Name und Herkunft
der Trägerin, Emilie Thalweiser, geborene Kloz,
aus Villingen, sind bekannt. Sie war Mitglied in
der Trachtengruppe. Das Foto ist 1930 entstanden.
Das eigentliche Kostüm besteht aus drei Teilen,
einem Leibchen mit langen Ärmeln, einem gesonderten
Schößchen, das mit einer Art Gürtel um die
Taille befestigt wird und die Rückseite betont, und
dem Rock, alles aus orangenem Baumwollstoff
und in einfacher Schnittweise. Die Kanten sind
mit schwarzen Posamenten betont. Am Dekolleté
ist eine kurze Stehspitze angenäht.
Das Franziskanermuseum zeigt zum Jahresbeginn 2020 in Zusammenarbeit mit der Historischen Narrozunft e.V. die Ausstellung "Familiengeheimnisse. De Narro un si ganz Bagasch." In Daniel Kehlmanns Bestseller „Tyll“ heißt es: "Doch dann hätten sie begriffen, dass jeder Gaukler ein wenig Teufel sei und ein wenig Tier und ein wenig harmlos auch….". Diese fast
nebensächliche Bemerkung des Romanerzählers eröffnet das Bedeutungsspektrum der Gaukler- oder Narrenfigur, das auch die Ausstellung ausloten möchte. Tatsächlich werden in der Ausstellung als „Ur-Typen“ (Archetypen) nicht nur Teufel und Tier vorgestellt, sondern auch der Bauer (und weitere), der sich hier vielleicht hinter dem Adjektiv „harmlos“ versteckt, das nichts
Anderes meint als „von einfachem Gemüt“.
1998 wurde mit dem neuen gläsernen Foyer im Franziskaner die Abteilung „Mensch, Arbeit, Technik” eröffnet. Sie befindet sich im Verbindungsgang zwischen Franziskaner-Klostergebäude und dem sogenannten Waisenhaus. Diese interaktiv konzipierte Ausstellung zeigt Werkzeuge, bzw. Produkte von Arbeit von der Steinzeit bis heute. Zeitgenössische literarische Quellen – als Texte auf die Fenster gedruckt – geben Kommentare und eine weitere Einordnung des Gezeigten. Endpunkt dieser Entwicklung ist das elektro-mechanische Objekt „Jüngling von New York” des Künstlers Wolfhart Hähnel (geboren 1944). Von Anfang an rief es Entzücken hervor. Es produzierte aber auch Missverständnisse: Besucher hängten und hängen ihre Mäntel und Jacken an den „Kleiderständer”, der Teil des Kunstwerks ist.
„Gullerfiguren“
(2002)
Gullerfiguren stellen ein Villinger Spezifikum dar.
Der Lenzkircher Uhrenfabrikant Oskar Spiegelhalder (1864-1925) sammelte beispielsweise bemalte
Tonfiguren aus Villingen in seiner Schwarzwaldsammlung und somit als Zeugnis des Brauchtums
dieser Region. Eine ähnliche Intention verfolgte
der Kunsthafner Carl Kornhas (1857-1931), der
Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe
war. Er besaß eine große Sammlung von Villinger
Krippenfiguren, von denen er 296 an die Städtischen Sammlungen verkaufte.
Renaissance im Alten Rathaus
(2008)
Das Alte Rathaus in Villingen wird 2008
Schauplatz einer Ausstellung mit hochwertigen
Glasmalereien und Prunkwaffen aus einer einzigartigen Privatsammlung. Ausgehend vom historischen Ratssaal von 1537 wird die Zeitepoche der
Renaissance mithilfe von Kabinettscheiben, flämischen Rundscheiben, den zugehörigen Scheibenrissen und Waffen wie Bidenhänder, Radschlosspuffer und Teschinke verlebendigt. Schon in den
Aktionen des Schülerprojektes „Intermezzo“ (2005
–2007) wurde mit großer Resonanz diese
Zeitebene gewählt, um das Publikum für das eindrucksvolle Gebäude und seine besondere
Ausstattung zu sensibilisieren. Parallel zum
Geschichtsspektakel „Bürgertrutz und Pulverdampf“ des Werbekreises Villingen am 31. Mai
und 1. Juni 2008 sind Tage der offenen Tür im
Alten Rathaus und in der Ausstellung geplant.