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Wir schreiben das Jahr 1973, als sich in einem Strafprozess im Heidelberger Amtsgericht zwei Parteien gegenüber stehen – allesamt Angehörige der Pädagogischen Hochschule Heidelberg (PH): der ASTA-Vorsitzende Wilhelm Pauli auf studentischer Seite sowie die Professoren Karl Kollnig und Wilhelm Schwab als Vertreter des Lehrkörpers. Gegenstand des Strafprozesses ist eine Anklage gegen den Studenten wegen beleidigender Äußerungen in einem Artikel der Hochschulzeitung „Asta-Info“ vom 30. April.
Johann Friedrich Heinrich Schlosser (1781–1851) und seine Frau Sophia (Sophie) Johanna, geborene Du Fay (1786–1865), sammelten zu Beginn des 19. Jahrhunderts Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde zeitgenössischer deutscher Künstler in Rom, der sogenannten Nazarener. Ihre Sammlung befand sich bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein auf Stift Neuburg. Die Sammlung Schlosser besaß ein überregionales Ansehen. Der Münchner Kunstsammler Graf Adolf Friedrich von Schack (1814–1894), dem wir eine Beschreibung der Innenräume von Stift Neuburg verdanken, sah dort „vortreffliche Gemälde und eine interessante Sammlung von Handzeichnungen“. Der Berliner Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen (1794–1868) erwähnt sie in der Beschreibung seiner ausgedehnten Kunstreisen durch Deutschland: „Leider gestattete es mir die Zeit nicht, den ganz in der Nähe von Heidelberg lebenden Herrn Christian Schlosser zu besuchen, der eine Reihe werthvoller Gemälde lebender Künstler, wie namentlich von Overbeck, besitzen soll.“ Waagen kannte die Sammlung offenbar nur vom Hörensagen, denn er verwechselt Friedrich Schlosser mit seinem jüngeren Bruder Christian in Frankfurt, der ebenfalls Kunst der Nazarener besessen, möglicherweise auch gesammelt hat (ich komme auf ihn zurück).
Eigentlich erinnert sich kaum mehr jemand an den Maler Gustav Wolf (1887–1947). Eine Ausnahme ist Barbara Gilsdorf, Kunsthistorikerin und aktuell Kulturreferentin der Stadt Schwetzingen. Sie hat rund 6000 (!) Bilder aus dem Nachlass des Künstlers gesichtet und katalogisiert. In der Rückbesinnung auf die 1920er Jahre gewinnt das Werk von Gustav Wolf an Bedeutung. In Heidelberg gehörte er mit dem Lyriker Alfred Mombert (1872–1942) zu den Mitbegründern der „Gemeinschaft der Pforte“ und bis 1925 zu ihren künstlerischen Hauptexponenten. Sein Werdegang soll hier kurz skizziert werden.
Weit weniger stark im kollektiven Gedächtnis verankert als der gescheiterte Hitler-Ludendorff-Putsch in München vom 9. und 10. November 1923 sind die kommunistischen Umsturzversuche vom Oktober desselben Jahres, obwohl beide Aktionen eng miteinander verknüpft waren: Während der Antibolschewismus eine der stärksten Antriebskräfte der nationalsozialistischen Staatsstreichpläne war, setzten die Kommunisten im Herbst 1923 darauf, die Niederschlagung eines rechtsradikalen Putsches, den man als unmittelbar bevorstehend erwartete, zu einem revolutionären Umsturz auszunutzen. Anders als der nationalsozialistische Putsch, der auf Bayern begrenzt war, handelte es sich bei den Plänen für den „Deutschen Oktober“, die vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale in Moskau ausgingen, um ein regional breit angelegtes Unternehmen, das zwar auf die kommunistischen Hochburgen Sachsen, Thüringen und Hamburg fokussierte, aber ein reichsweites Netz von „Proletarischen Hundertschaften“ als Fußtruppen der Revolution zu knüpfen versuchte.
Kleiner Mann ganz groß
(2013)
Klein war seine Statur, groß sein Wissen: Julius Euting (1839-1913), mit einer auffällig geringen Körpergröße von nur 1,54 m versehen, gehörte zu den größten Universalgelehrten seiner Zeit. Als Entdecker und Erforscher zahlreicher vorislamischer Denkmäler und Inschriften ist der bereits zu Lebzeiten aufgrund seiner linguistischen Begabungen als „Sechzehnsprachenmännle“ titulierte Orientalist allerdings nur noch eingeweihten Fachkreisen ein Begriff. In Lahr, wo er sich einst zu Besuchen bei seinem Bruder aufhielt, ja selbst in Straßburg, wo er seit 1871 die meiste Zeit seines Lebens als Bibliothekar und Direktor der Universitäts- und Landesbibliothek sowie als Honorarprofessor der Kaiser-Wilhelm-Universität verbrachte, kennt man den gebürtigen Schwaben inzwischen gar nicht mehr. In der wilhelminischen Ära jedoch sprach man nicht nur im Elsass und in Baden sondern überall in Deutschland von diesem seltsamen Kauz, dem Inschriften und Altertümer aller Art ebenso wie Kakteen sammelnden Verfasser eines in über 16 Auflagen erschienenen „Führers durch die Stadt Straßburg“, der dem „brodelnd dunklen Türkentrank“ in seiner komplizierten Zubereitung als arabischer Mokka zugeneigt war und sich auf ausgedehnten Wanderungen für die Schönheit der Natur und den kulturellen und historischen Reichtum der Landschaft zwischen Schwarzwald und Vogesen begeistern konnte.
Am 12. April 2018 ist der Mittel- und Neulateiner Prof. Dr. Reinhard Düchting infolge eines tragischen Fahrradunfalls gestorben. In seinen letzten Lebensjahren war er der Spiritus Rector des Heidelberger Donnerstags-Clubs. Dieser Zusammenschluss von Buch-Menschen,
die sich jeweils am ersten Donnerstag eines Monats treffen, wurde 1977 durch den Bibliografen Heinz Sarkowski (1925–2006), zuletzt Hersteller beim Springer-Wissenschaftsverlag, ins Leben gerufen.
Der nachfolgende Text basiert auf den Ergebnissen eines Seminars, das im Wintersemester 2017/18 im Fach Geschichte an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg durchgeführt wurde und das sich inhaltlich mit der Studienzeit von Ludwig Marum, in seinen Studienjahren in Heidelberg Mitglied der jüdischen Studentenverbindung Badenia, beschäftigte. Grundlage waren unveröffentlichte Akten des Universitätsarchivs Heidelberg, Ziel eine öffentliche Präsentation zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, an dem die in der PH gezeigte Ausstellung zum Lebensweg Marums „warum marum“ eröffnet wurde. Ein Besuch im Universitätsarchiv mit einer Einführung in die Bestände und die Archivarbeit sowie die Besichtigung des Studentenkarzers waren Teil des Seminars. Die Transkription der Quellen, ihre quellenkritische Auswertung und die historische Einordnung erfolgten in gemeinsamer Arbeit und in ausführlichen Diskussionen durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars. Diese Diskussionen, die Texte der Präsentation vom 29. Januar 2018 und die Überlegungen in den Hausarbeiten, die Studierende zu thematischen Einzelaspekten verfertigten, flossen in die nachfolgende Darstellung ein. Einzelne
Aspekte wurden durch die Seminarleiterin vertieft.
Otto Ehrlich (1909–1971) schloss sein Medizinstudium in Heidelberg im Dezember 1936 mit dem Staatsexamen ab. Bald darauf reichte er seine Dissertation ein und bestand die Doktorprüfung, doch der Erhalt des „Diploms“ war zu diesem Zeitpunkt keine Selbstverständlichkeit mehr. Ehrlich musste vielfältige Anstrengungen unternehmen und bürokratische Hürden überwinden, „um das Doktordiplom zu erhalten, da dies für mich für meine Auswanderung von lebenswichtiger Bedeutung ist“. Seine Bemühungen spiegeln sich in umfangreicher Korrespondenz und führten letztlich zum Ziel. Exemplarisch zeigen die von uns bearbeiteten Dokumente die sich verstärkenden Einschränkungen für jüdische Promovierende, die detaillierte bürokratische Regulierung und die verschiedenen Stellen, die mit dem Anliegen zu befassen waren – diese reichten von der Ebene der Universität mit Dekanat und Rektorat über das Badische Ministerium für Kultus und Unterricht in Karlsruhe bis zum Reichserziehungsministerium. Bürokratische Spielräume auf lokaler Ebene scheint es aufgrund
der direkten Kontrolle durch das Reichsministerium im Einzelfall kaum gegeben zu haben. Dennoch stellt sich die Frage nach der Umsetzung der Vorgaben an der Heidelberger Medizinischen Fakultät. Welchen Einfluss hatten die beteiligten Ministerien und die verschiedenen Ebenen der Universitätsverwaltung? Handelten sie streng nach Vorschrift? Versuchten sie, eigene Handlungsimpulse umzusetzen, entweder
um den Betroffenen zu helfen oder um die Aushändigung des Doktordiploms zu verhindern? Wir gehen den genannten Fragen an zwei Beispielen nach. Zunächst stellen wir kurz die Entwicklung der Gesetzeslage dar, um dann die „Fallgeschichten“ von Otto Ehrlich und Lore Hirsch einordnen zu können.
Es ist den Entrechtungs- und Verfolgungsmaßnahmen des nationalsozialistischen Regimes geschuldet, dass die Leistungen des deutschen jüdischen Neurologen und Psychiaters Alfred Abraham Strauß (geboren am 29. Mai 1897 in Karlsruhe, gestorben am 27. Oktober 1957 in Chicago) in Deutschland weitestgehend unbekannt sind – und das, obwohl er als ein Pionier des Forschungsfelds Lernschwäche und
der daraus erwachsenen Diagnose ADHS angesehen werden kann. Als solcher wird er v.a. in den USA, aber auch in Spanien gewürdigt. Abgesehen von seinen spanischsprachigen Ausarbeitungen, deren Bekanntheit nicht den Raum der iberischen Halbinsel überschreitet, sind Strauß‘ Ausführungen vor seiner Migration in die USA 1937 in der gesamten aktuellen Fachliteratur gänzlich unbekannt. Doch selbst seine
Publikation mit Laura Lehtinen von 1947, die als Höhepunkt seines Wirkens betrachtet werden kann, wird regelmäßig zitiert, nicht aber inhaltlich erfasst. Strauß war zum Zeitpunkt der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ Privatdozent für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Heidelberg, Leiter der psychiatrisch-neurologischen Poliklinik, Berater des städtischen Jugend- und Wohlfahrtsamtes sowie niedergelassener praktizierender Arzt in Mannheim. Alle diese Stellungen verlor er im Zeitraum von 1933 bis 1935. Eine erste Analyse von Strauß‘ akademischem Wirken an den verschiedenen Stationen seines Lebens ermöglicht eine neue Sicht auf seine Verdienste. Dafür
werden auch bislang unberücksichtigt gebliebene Dokumente herangezogen.
Pfarrer Andreas Jerger, geboren am 28.1.1848 in Niedereschach (Schwarzwald -Baar-Kreis ), war von 1886 bis 1917 in Rust tätig. Er besuchte das Gymnasium in Konstan z, studierte in Freiburg Theologie und erhielt im Priesterseminar in St. Peter im Schwarzwald sein Rüstzeug für die praktische Tätigkeit als Pfarrer. Von dort aus wurde ihm am 17. Juli 1874 eine Vikarsstelle in Kleinlaufenburg im Wiesental angewiesen. Der Beginn seines priesterlichen Wirkens war tragischerweise durch den badischen Kulturkampf zwischen liberalem Staat und katholischer Kirche geprägt, einem Entscheidungskampf um die geistige Vorherrschaft in der Gesellschaft, der im Grunde den preußischen Kulturkampf vorwegnahm. Die liberale Landtagsmehrheit stellte in Baden ab 1860 das Verhältnis von Staat und Kirche gesetzlich auf eine neue Grundlage. Dem liberalen Konzept zufolge sollten die Kirchen ihre Angelegenheiten frei regeln. Doch behielt der Staat in allen Fragen, die als „res mixtae“ Staat und Kirche gemeinsam betrafen, wie Schule, Ehe, Sozialfürsorge, die letzte Entscheidungskompetenz.
Mitten während des Deutschen Krieges 1866 (früher: Preußisch-Deutscher Krieg genannt) hatten die Logenbrüder aus Lahr, Gengenbach, Zell am Harmersbach, Kehl, Offenburg und Kippenheim, welche mehrheitlich der Freimaurerloge „Zur Edlen Aussicht“ in Freiburg im Breisgau angehörten, beschlossen, in Offenburg ein freimaurerisches Kränzchen „Zur offenen Burg“ zu gründen. Das Kränzchen wollte sich unter den Schutz der Freiburger Brüder stellen, die „Edle Aussicht“ nahm die Funktion der „Mutterloge“ gerne an. Die Einsetzung des Kränzchens fand am 29. Juli 1866 durch die Ritualbeamten der „Edlen Aussicht“ statt, Vorsitzender wurde der Lahrer Fabrikant Christian Siefert, Schriftführer Max Scheid, Apotheker in Kippenheim. Bei der Einweihungs-Festarbeit sprach als Redner Gustav Ree zum Thema „Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei“. Gustav Ree bekleidete damals das Amt des „Deputierten Meisters“ der „Edlen Aussicht“ in Freiburg. Sein Stiefbruder Alexander Adam sollte später bei der Weihe der Lahrer Loge „Allvater zum freien Gedanken“ die Festrede halten, mit dem Thema „Hier ist gut sein, hier lasst uns Hütten bauen“.
Der folgende Aufsatz eröffnet nicht nur einen Blick auf die Biographie eines Mannes, der in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen ist und einen im Kaiserreich durchaus nicht selbstverständlichen Aufstieg genommen hat. Er beschreibt auch die besondere Lebenswelt eines Militärarztes im Frieden, nach früher Pensionierung seine Tätigkeit an der Universitätsklinik Heidelberg und schließlich während
des Ersten Weltkriegs seinen Dienst als hiesiger Reservelazarettdirektor an der „Heimatfront“.
Im Innern der Heiliggeistkirche steht an der Nordwand eine Grabplatte. Sie zeigt eine junge Frau in wohlhabender Kleidung. Von der weithin zerstörten Inschrift sind hauptsächlich noch „Ostfriesland“ und die Jahreszahl „1552“ zu lesen. Gewidmet ist sie der Gräfin Anna Cirksena, geboren 1534 in Greetsiel, gestorben 1552 in Heidelberg. Greetsiel ist heute ein Teilort der Gemeinde Krummhörn an der Emsmündung in Ostfriesland und mit seinem kleinen Hafen und den beiden Windmühlen ein bedeutendes Tourismusziel.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts änderte sich innerhalb von nur 27 Jahren in der kurfürstlichen Pfalz viermal das religiöse Bekenntnis. Mit dem Lutheraner Ottheinrich nahm das Konfessionskarussell 1556 Fahrt auf. 1563 erließ der (calvinisch-) reformierte Kurfürst Friedrich III. eine neue Kirchenordnung, und im selben Jahr erschien auch der Heidelberger Katechismus. Nachdem Friedrich III. Ende Oktober 1576 gestorben war, führte sein ältester Sohn – als Ludwig VI. Nachfolger in der Kurwürde – in Heidelberg wieder das lutherische Bekenntnis ein. Im linksrheinischen Landesteil Pfalz-Lautern (der „Fürstlichen Pfalz“) blieb es unter Ludwigs jüngerem Bruder Johann Casimir bei der reformierten Konfession. Im Oktober 1583 starb Ludwig VI., und Johann Casimir übernahm als Administrator die Regierung für seinen noch unmündigen Neffen, den späteren Friedrich IV.
Jobst vom Brandt kam am 28. Oktober 1517 auf die Welt, 3 Tage vor dem sagenhaften Wittenberger Thesenanschlag. Am 11. Juli 1530 wurde der knapp Dreizehnjährige an der Universität Heidelberg immatrikuliert. Neben seinen akademischen Studien erhielt er eine musikalische Ausbildung bei dem kurfürstlichen Sängermeister Lorenz Lemlin. Wie Caspar Othmayr, Stefan Zirler und Georg Forster war Brandt Mitglied der Hofkapelle und gehörte zu den später vielgerühmten „Heidelberger Liedmeistern“. In der von Forster herausgegeben Sammlung der Teutschen Liedlein ist Brandt mit zahlreichen Kompositionen vertreten, vor allem im dritten Teil, der ihm mit einer sehr persönlich gehaltenen Vorrede gewidmet ist.
Zwei Karrieren
(2017)
Wie wirkten sich die politische Entwicklung Deutschlands von 1930 bis 1950 und die Umbrüche von 1933 und 1945 auf die Mitarbeiter der Heidelberger Stadtverwaltung aus? In dieser Zeit veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Stadtverwaltung mehrfach einschneidend wie sonst kaum in einer anderen Epoche. Die folgende Untersuchung stellt zunächst die allgemeinen, vor allem die quantitativen Veränderungen in der Personalstruktur dar und beschreibt dann exemplarisch den wechselvollen beruflichen Werdegang zweier städtischer Beamten.
In der Mitte der Ostkrypta des Michaelsklosters auf dem Heiligenberg liegt eine Grabplatte mit der Aufschrift „Friedrich von Hirsau“. Er war kein Heiliger im engeren Sinn, wurde und wird jedoch als Seliger verehrt. Das Attribut der Seligkeit ist eine Art Vorstufe zu dem der Heiligkeit. Märtyrertum oder Wundertätigkeit sind die Hauptkriterien für die förmliche Anerkennung durch den Papst. Die Abstufung selig ‒ heilig bezieht sich in erster Linie auf die Verbreitung der Verehrung: entweder nur örtlich oder allgemein. Für Friedrich ist allerdings ein förmliches Verfahren der Seligsprechung bislang nicht
nachgewiesen. Aber die schriftliche Überlieferung und die bauliche Anlage auf dem Heiligenberg belegen die örtliche Verehrung, die erst im 16. Jahrhundert endete, aber bis heute nachwirkt. Dieser Beitrag führt die schriftliche Überlieferung mit dem baulichen Befund der Ruinen des Michaelsklosters auf dem Heiligenberg zusammen; für letzteren sind die Forschungen Peter Marzolffs maßgeblich. Nebenbei soll auch Verständnis geweckt werden für die benediktinische Frömmigkeit, wie sie Friedrich verkörpert, lange bevor Burg und Stadt Heidelberg in die Geschichte eintraten.
Am 13. November 1944 schrieb Psychiater Dr. Julius Deussen von der „Forschungsabteilung Heidelberg“ an Dr. Walter Schmidt, Oberarzt der Landesheilanstalt Eichberg bei Eltville in Hessen: „Ich hoffe, im Laufe dieser Woche, ev. aber erst nächste, nochmals nach dem Eichberg kommen zu können. [...] Aber man kann heute ja nicht disponieren. Ich bringe 3 Kinder mit, mitnehmen kann ich wegen der Transportschwierigkeiten keine. Wir müssen Kinder hier aus der Gegend nehmen. Aber vielleicht ändert sich die Kriegslage bald zum besseren. [...] Wenn ich komme, bitte ich, alle Gehirne mir zum Transport bereitstellen zu lassen. Mit den Besten Grüßen und Heil Hitler [...]". Verfasser dieses Schreibens war der Arzt Dr. phil. Dr. med. habil. Julius Deussen. Die Abteilung, von der hier die Rede ist, war eine sog. Forschungsabteilung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg. Hier arbeitete Deussen ab Herbst 1943 in zentraler Funktion im Rahmen der „Euthanasie-Forschung“. Wir versuchen im Folgenden Deussens Tätigkeit, seinen beruflichen Aufstieg und Werdegang nach
1945 zu umreißen. Und seine Bemühungen nachzuzeichnen, sich nach dem Krieg von jeder Täterschaft und Schuld zu entlasten.
Schlagen wir in den musikalischen Lexika der vergangenen 250 Jahre nach, dann finden wir unter Bode nur einen Vertreter dieses Namens: Johann Joachim Christoph Bode (1730–1797), Hautboist in einem kurhannovrischen Regiment in Celle, dann Redakteur, Buchdrucker und zeitweise gemeinsam mit Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) Buchhändler in Hamburg. Hier betätigte er sich auch als Übersetzer von Opern- und Oratorientexten. 1773 brachte er die deutsche Ausgabe von Charles Burney‘s bedeutender Schrift „Tagebuch einer musikalischen Reise“ heraus. Ab 1778 lebte er als Geschäftsführer und Gesellschafter der Witwe des dänischen Staatsministers von Bernstorff in Weimar. Geehrt mit Hofrat- und Geheimrattiteln der Höfe von Sachsen-Meiningen, Sachsen-Gotha und Hessen-Darmstadt war Bode Zeit seines Lebens mit bekannten Persönlichkeiten wie dem Reformpädagogen Johann Bernhard Basedow (1724–1790), den Dichtern Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737–1823), Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) sowie Lessing befreundet und pflegte außerdem Kontakt zu den Weimarer Größen Herder, Goethe und Schiller. Als engagierter Freimaurer bekleidete er in der Hierarchie des Ordens hohe Ämter und stand den Illuminaten nahe. Neben seinen schriftstellerischen Tätigkeiten widmete er sich auch der Komposition und veröffentlichte 1754 und 1757 in Leipzig „Zärtliche und schertzhaffte Lieder mit ihren Melodijn“. So lag es auf der Hand, ihm, der sich während seiner Hamburger Zeit auch als Virtuose auf dem Violoncello und dem Fagott profiliert hatte, sämtliche unter Bode bekannten Werke zuzuschreiben, ganz gleich, ob Instrumentalwerke oder Lateinische Kirchenmusik, wobei sich die Frage stellt, welche Beweggründe der Lutheraner Johann Joachim Christoph Bode, der sich zeitlebens im lutherisch geprägten Umfeld
in Hamburg und Weimar bewegte, gehabt haben sollte, lateinische Kirchenmusik (Messen, Miserere, Motetten) zu komponieren.
Alt-Heidelberger Originale
(2018)
Wer sich in der Erinnerungsliteratur auf die Suche nach Alt-Heidelberger Originalen macht, wird schnell fündig. Die Zeit ist längst über sie hinweggegangen, und diese ehemaligen Alt-Heidelberger haben nur noch vage Spuren in der Stadt und in der Erinnerung ihrer heutigen Bewohner hinterlassen. Das mag auch daran liegen, dass Heidelberg eine Stadt der Zugereisten – in manchen Fällen: Hängengebliebenen – ist. Deshalb sind die Originale, um die es im Folgenden exemplarisch gehen soll, im allgemeinen Bewusstsein der Neu-Heidelberger nicht existent, obwohl sie doch in ihren Tagen das Stadtbild selbst wie das öffentliche Leben mitgeprägt haben. Sie waren – und sind – Teil der Heidelberger Kultur- und Sozialgeschichte, allerdings einer, der auf Nimmerwiedersehen verloren zu gehen droht.
Im Unterschied zu den weiteren Vorträgen dieser Reihe spreche ich nicht über Texte, sondern über zwei Lebensläufe. Es geht um Theodor Haubach (1896−1945) und Emil Henk (1893−1969). Nach meiner Begrifflichkeit waren beide Georgeaner, auch wenn sie dem Meister selbst persönlich nie begegnet sind. Ihr geistiger Mentor war Friedrich Gundolf, in dessen Kolleg sie saßen und mit dem sie befreundet waren. Noch bevor Haubach 1919 zum Studium nach Heidelberg kam, kannte er Henk, vermutlich von Wandervogelbegegnungen. In Heidelberg trafen sie sich in Gundolfs Vorlesung und im Freundeskreis um Carl Zuckmayer. Haubach war, als er 1923 nach Hamburg ging, bereits SPD-Mitglied, Henk wurde es bald darauf in Heidelberg. Beide wirkten publizistisch gegen den aufkommenden Nationalsozialismus, beide begannen 1933 unverzüglich mit aktivem Widerstand. 1934 bis 1936 waren sie in Haft. Anschließend richteten sie ihr Berufsleben auf künftiges illegales Handeln aus und suchten ab 1941 neue Kontakte. Am 20. Juli 1944, dem Tag des Stauffenberg-Attentats, waren sie zusammen im Allgäu, in den Tagen danach in Heidelberg. Haubach wurde als Mitglied des Kreisauer Kreises am 23. Januar 1945 in Plötzensee hingerichtet. Henk dagegen blieb unentdeckt. Ausgewählt habe ich diese beiden Lebensläufe, weil sie erstens mit Heidelberg verbunden sind und weil sie zweitens Antworten geben können auf die Frage nach der politischen Ausstrahlung des Werks Stefan Georges nach dessen Tod 1933. Haubach und Henk hatten bis 1933 sicherlich weitere Impulse erhalten. Aber die
Unbeirrbarkeit, mit der sie dem aufkommenden Nationalsozialismus entgegen traten, ist auch zu verstehen als Frucht der Lehren, die sie bei Gundolf/George erfahren haben. Das kann ich nicht im strengen Sinn beweisen, will es aber biografisch-historisch nachvollziehbar machen.
Schon von Kindesbeinen an, als ich ein kleiner Ministrant war, ist mir die Gedenktafel an der Sakristeiwand unserer katholischen Kirche vertraut. Darauf ist ein Reliefbild von einem prächtigen Baum zu sehen und es steht zu lesen: „Auguste Pattberg, geb. von Kettner, geboren am 24. Februar 1769 in Neunkirchen, gestorben am 4. Juli 1850 in Heidelberg. Es steht ein Baum im Odenwald. Dem Gedächtnis der Romantikerin des kleinen Odenwaldes und der Mitarbeiterin an der Liedersammlung ‚Des Knaben Wunderhorn’ geweiht. Odenwaldklub und Gemeinde Neunkirchen 1929.“ Damals war mir allerdings noch nicht bewusst, welche Bewandtnis es mit diesen Zeilen hat. Auch die Auskünfte der älteren Generation zu dieser Person waren verschwommen und ungenau. Erst später wurde mir bekannt, dass Auguste Pattberg aus meinem Heimatort einen nicht ganz unwichtigen Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte geleistet hatte. Heutzutage werden mit der Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ nur noch die strahlenden Namen Achim von Arnim und Clemens Brentano assoziiert. Auguste Pattberg, die hierzu immerhin 17 Volkslieder beisteuerte, ist nahezu vergessen. Nur noch in Neunkirchen und Neckarelz und bei wenigen Heidelbergern steht sie in, wenn auch blasser, Erinnerung. In Mosbach-Neckarelz ist zumindest noch ihr Name durch das Auguste-Pattberg-Gymnasium und die Pattberg-Hauptschule gegenwärtig.
Andreas Grundler war im Hauptberuf Arzt, Zeitgenossen rühmten ihn auch als Dichter und Komponisten. Die Kenntnis und Rezeption seines musikalischen Schaffens schon zu Lebzeiten und die erhaltenen Werke belegen, dass er keinesfalls „nur als Ehemann der gelehrten Humanistin Olympia Fulvia Morata bekannt geblieben ist“, wenn auch ein Großteil seiner Biographie aus der hinterlassenen Korrespondenz seiner italienischen Gattin erschlossen werden musste. Olympia Fulvia Morata (1526–1555), Tochter der Lucrezia und des Fulvio Pellegrino Morato aus Mantua, wurde
zuerst durch den Vater „in allen Wissenschaften, die zur Bildung des Menschen notwendig sind“ erzogen und erhielt danach gemeinsam mit der Herzogstochter Anna d‘Este Unterricht am glanzvollen Hof von Ferrara. Bald priesen gelehrte Literaten die erstaunlichen Leistungen des „frühreifen und überbegabten Mädchens“ in den lateinischen und griechischen Sprachen. Olympia heiratete im Alter von etwa 24 Jahren Andreas Grundler, der 1549 in Ferrara den Doktorgrad in Philosophie und Medizin erworben hatte. Ihr kurzer, gemeinsamer Lebensweg führte sie nach Schweinfurt, wo
der Ehemann rund vier Jahre als Arzt wirkte, bis die Stadt im „Markgräfler Krieg“ völlig zerstört wurde (12./13. Juni 1554). Ihre Flucht um das nackte Überleben endete in Heidelberg, und Grundler erhielt eine Professur an der medizinischen Fakultät der Universität. Über einen Lehrauftrag für Griechisch an seine Gattin Olympia gibt es keine gesicherten Nachrichten, ihr Ruhm wurde aber bald nach dem frühen Tod durch Editionen ihrer Briefe und Schriften begründet. Die erste Ausgabe, zusammengestellt von dem alten Freund Celio Secondo Curione, erschien 1558 in Basel, wo Curione Latein und Griechisch lehrte; bis 1580 folgten drei erweiterte Auflagen. Diese Drucke machten Olympia im humanistisch-literarischen Europa weithin bekannt. Selbst im katholischen Umfeld wurde ihre hohe Gelehrsamkeit anerkannt, die Neigung „dieser Syrene“ zur „Häresie Calvins“, von der sie die Jugendfreundin Anna d’Este zu überzeugen versuchte, aber scharf kritisiert. Alle Ansätze zu einer Biographie des Ehepaars Grundler/
Morata basieren weitgehend auf den von Curione veröffentlichen Briefen. Die meisten hat Olympia geschrieben, und da sie aus ihrer Sicht der Ereignisse und in ihrer Sprache das gemeinsame Lebensbild prägte, steht sie auch in allen späteren Editionen im Vordergrund.
"P.S. under dach bringen"
(2012)
Beim Stuhltanz, vielerorts als „Die Reise nach Jerusalem“ bekannt, scheidet nach jeder Runde ein Spieler aus. Am Ende schafft es nur einer, sinnbildlich in Jerusalem anzukommen. Bei den Kindern von Friedrich V. von der Pfalz und Elisabeth Stuart war dieses Gesellschaftsspiel beliebt, hatte aber einen anderen symbolischen Zielort. In der aus Prag und der Pfalz ins niederländische Exil vertriebenen Familie des Winterkönigs hieß das Spiel „Die Reise nach Heidelberg“. Eigentlich war nur eines der zahlreichen Winterkinder alt genug, um vor dem böhmischen Abenteuer seines Vaters die Stadt gekannt zu haben. Den anderen war Heidelberg nur aus Büchern, Bildern und mündlichen Berichten bekannt und wohl dadurch besonders geeignet als symbolische Verdichtung von Wünschen und Hoffnungen: In Heidelberg finden wir Erlösung – von der Schmach und dem Spott, von der Enge und der Armut des Exils im Haag. Wie im Spiel kamen im wirklichen Leben einige der Kinder nie in Heidelberg an. Von den neun bei der Restaurierung der Unterpfalz im Jahr 1649 noch lebenden Winterkindern sollten es drei (Moritz, Louise Hollandine und Henriette Marie) nie sehen. Der Zielort des Spiels
wurde zum längerfristigen Wohnort nur für drei: Karl Ludwig (1617–1680), Elisabeth (1618–1680) und Sophie (1630–1714).
Johann Heinrich Jung-Stilling, der fast vier Jahre ältere, und Johann Friedrich Mieg lebten zur selben Zeit. Sie waren beide von der Aufklärung geprägt. Mieg war dies zeitlebens und als ihr entschiedener Vertreter. Jung-Stilling dagegen setzte sich – bis zu einer geistig-geistlichen Wende im Alter von etwa 50 Jahren – als frommer Aufklärer mit der aufklärerischen Vernunftlehre und mit einzelnen ihrer Vertreter entschieden auseinander. Beide waren Freimaurer, Jung-Stilling nur wenige Jahre, Mieg dagegen war es gleichsam lebenslang und dazu ein eifriges Mitglied im Illuminatenorden. Der Unterschiede sind auch in anderer Hinsicht viele: Mieg stammte aus einer alten, großen Theologen- und Akademikerfamilie; Jung-Stilling ist aus einfachen dörflichen Verhältnissen in höchste Gesellschaftsschichten aufgestiegen. Mieg war von Studium und Beruf nur Theologe, Jung-Stilling dagegen Mediziner, Staatswirtschaftler und als Laientheologe Erweckungsschriftsteller. Mieg war einmal verheiratet, und die Ehe blieb kinderlos. Jung-Stilling war dreimal verheiratet und dreimal verwitwet und dabei bis 1799 Vater von insgesamt 13 Kindern, von denen sechs allerdings sehr
früh starben. Mieg hinterließ ein relativ kleines schriftstellerisches Oeuvre. Jung-Stilling aber kennzeichnet eine sehr umfangreiche schriftstellerische Hinterlassenschaft. Jung-Stilling stand vielfach in Verbindung mit den Großen seiner Zeit wie mit seinem bürgerlichen Umfeld. Mieg stand eher im Gegensatz zu seiner Zeit oder zumindest zu den herrschenden Verhältnissen, wenngleich in Beziehung mit zahlreichen, teilweise auch prominenten Zeitgenossen.
„Article by a young middle class woman, university graduate, married to a half-Aryan. In this article she takes a friendly but critical attitude toward the American Military Government which is both literate and symptomatic of the position of many middlen class university educated elements in Heidelberg.” Mit diesem Kommentar übersandte am 27. Juli 1945 J. Rothman, in Heidelberg stationierter Offizier des 6871st District Information Services Control Command (DISCC), das für Informationskontrolle, Medien und Kulturpolitik verantwortlich war, ein ungewöhnlich ausführliches, 22-seitiges Schreiben einer 28-jährigen Heidelbergerin an seine vorgesetzte Militärbehörde in Wiesbaden.
So manches Gebäude in Konstanz und Freiburg erinnert an seine außerordentlich nachhaltigen Regierungszeiten als Oberbürgermeister beider südbadischer Städte. Geboren und aufgewachsen ist Otto Winterer allerdings im Geroldsecker Land. Am 8. Januar 1846 erblickte er in Ettenheim als Sohn des Bäckers Viktor Winterer in der Kirchstraße 5 im Haus der alten Stadtschreiberei das Licht der Welt. „Was für ein treffender Geburtsort für einen späteren Bürgermeister!“ mag man da unwillkürlich denken. Doch ist es wohl kaum die Aura der ehemaligen Funktion seines Geburtshauses als vielmehr die Tradition der Familie, durch die Otto Winterer das Talent und die Leidenschaft zum erfolgreichen Wirken und Verwalten im Dienste eines städtischen Gemeinwohls buchstäblich in die Wiege gelegt bekam. Seine Mutter Rosalie war die Tochter des Ettenheimer Stadtschultheißen Kollofrath und auch sein Vater Viktor, der als Bäcker zugleich im Ettenheimer Stadtrat saß, stammte ebenfalls aus einer Familie von Schultheißen.
Die „Deutsche Revolution“ von 1848/49, in der vor allem Forderungen nach Einheit („ein einiges deutsches Vaterland“) und Freiheit („in einer Verfassung verankerte Grundrechte“) erhoben wurden, nahm ihren Anfang in Baden und setzte sich in weiteren deutschen Bundesstaaten fort. Radikaldemokratische Anhänger einer Republik aus dem Großherzogtum Baden waren Friedrich Hecker (1811-1881) und Gustav Struve (1805-1870). Im April 1848 wollten beide, enttäuscht über die Beschlüsse des demokratisch gewählten Parlaments in Frankfurt a. M., wenigstens in Baden eine Republik durchsetzen; ihr bewaffneter Aufstand von Konstanz aus nach Karlsruhe scheiterte in mehreren Gefechten. Im September 1848 initiierte Gustav Struve einen weiteren Aufstand von Lörrach nach Karlsruhe; der revolutionäre Zug gelangte nur bis Staufen, wo er durch großherzogliche Soldaten zerschlagen wurde. Nach dem Scheitern der Frankfurter Nationalversammlung war Baden vom Mai bis Juni 1849 unter der Führung von Lorenz Brentano vorübergehend eine Republik. Diese Revolutionsherrschaft endete mit der Entscheidungsschlacht am 21. Juni 1849 bei Waghäusel. Bundestruppen unter preußischem Befehl gewannen in diesem und in nachfolgenden Gefechten bei Rastatt die Oberhand. Die etwa 30.000 badischen Revolutionäre waren in der Auseinandersetzung mit den 60.000 gut ausgerüsteten nassauischen, württembergischen und preußischen Soldaten von vorneherein auf verlorenem Posten gewesen.
Gedenkorte, Gedenktafeln oder Gedenksteine im öffentlichen Raum und an Gebäuden bewahren die Erinnerungen an bedeutende Personen oder an Ereignisse im Wandel der Zeiten. In Nonnenweier weist in der Schmidtenstraße ein Gedenkstein darauf hin, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite bis 1938 die ehemalige Synagoge stand. Mit einer Skulptur in der Wittenweierer Straße, direkt am Rathaus wird an die am 22. Oktober 1940 stattgefundene Deportation jüdischer Mitbürger in das südfranzösische Internierungslager Gurs erinnert. Beide Denkmäler halten nicht nur die Erinnerung an das einstige jüdische Leben im Dorf wach. Sie rufen damit auch die Schicksale der ehemaligen jüdischen Mitbürger ins Gedächtnis zurück, die im Dritten Reich deportiert, planmäßig umgebracht, in den Tod getrieben wurden oder in Folge von Misshandlungen starben. Und letztlich zeugen sie vom geschehenen Unrecht, als ab 1933 auch in Nonnenweier Menschen nur deshalb systematisch entrechtet wurden, weil sie der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten.
Wenn ein Mensch durch einen Unfall vorzeitig aus dem Leben scheidet, ist das traurig genug. Wie soll man es nennen, wenn eine institutionell verbundene Forschergruppe auf diese Weise ausgelöscht wird? Denn die am 23. September 1961 in der Nähe von
Ankara abgestürzten zehn Heidelberger Althistoriker ließen nur die Akademische Rätin, Frau Dr. Ursula Weidemann, und dies auch nur durch Zufall, im Seminar zurück. Sie und drei Examenskandidaten waren alles, was damals – wie das Heidelberger Tageblatt am 25. September 1961 meldete – von der Seminarmannschaft übrig blieb.
Krieger, Künstler, Kavalier
(2014)
Samstag, 2. Februar 1667. Samuel Pepys, Staatssekretär im englischen Marineamt, notiert in sein berühmtes Tagebuch: „This day I hear that Prince Rupert is to be trepanned. God give good issue to it“. Immer wiederkehrende, starke Kopfschmerzen, die Folge einer alten Schussverletzung, hatten keine andere Wahl gelassen: eine riskante Operation, bei der ein Loch in den Schädelknochen gebohrt wird, um einen chronischen Abszess zu sanieren. Ohne Betäubung – mehrere Männer müssen den Patienten festhalten. Vier Tage später trifft Pepys zwei Mediziner, die der Meinung sind, Rupert werde die Trepanation nicht überleben – „he will not recover it“. Gleichwohl: der 47-Jährige erholt sich rasch, der Kopfschmerz verschwindet, und am 3. April trifft ihn Pepys wieder bei guter Gesundheit: „pretty well as he used to be“ – nur die Perücke sehe etwas seltsam aus: „something appears to be under his periwigg“. Der Patient bedankt sich für die ärztliche Kunstfertigkeit, indem er eines dieser chirurgischen Instrumente technisch verbessert. Neurochirurgen unserer Tage haben Einzelheiten des Eingriffs anhand von zeitgenössischen Dokumenten geprüft und festgestellt, dass ihre Londoner Kollegen absolut professionell und nahezu modern gearbeitet hatten. So ist Rupert auch in die Medizingeschichte eingegangen.
(Hans) Meinhard von Schönberg kam am 28. August 1582 in Bacherach auf die Welt. In der lokalen Erinnerung Heidelbergs überlebte sein Name durch den „Schönberger Hof“, ein Stadtpalais, das er sich 1613 erbauen ließ. Dem Spross einer eng mit Kurpfalz verbundenen Familie war eine militärische Zukunft vorgezeichnet. Erst ca. 27 Jahre nach seiner Geburt wird „Meinhard von Schönberg am Rein, bestellter Hauptmann bei den Staat'schen in den Niederlanden“ am 6. Februar unter den „Fremde[n], die im Jahr 1609 nach Nürnberg kamen“, zum ersten Mal wieder dokumentarisch fassbar. Noch im Februar schickte ihn der Heidelberger Kurfürst Friedrich IV. als Kurier auf eine Reise, die ihn nach Österreich und Ungarn führte. Diese beiden Nachweise umreißen Schönbergs „Profession“: den militärischen und diplomatischen Dienst in fürstlichem Auftrag.
Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz und seine Gemahlin Elisabeth Stuart – verhängnisvollerweise auch vorübergehend König und Königin von Böhmen – erfreuten sich bekanntlich eines reichen Kindersegens: dreizehn an der Zahl, wovon neun das Erwachsenenalter erreichten. Hiervon nehmen fünf nicht unbedeutende Plätze in der europäischen Geschichte ein: Karl Ludwig als Reorganisator der Pfalz, Elisabeth als Briefpartnerin großer Philosophen, Ruprecht als Reitergeneral im englischen Bürgerkrieg, Luise Hollandine als Äbtissin und Sophie als Beinahe-Königin von Großbritannien. Und das sind nur die wichtigsten Stichworte, die sich jeweils mühelos erweitern ließen. Denn alle waren hochbegabt und geistreich, hatten zum Teil abenteuerliche Lebenswege und schauten zudem in jungen Jahren recht fesch aus. Eine schrecklich faszinierende Familie also. Etwas weniger bekannt ist ein sechstes Kind, Moritz. Er spielte zwar als General und später Militärgouverneur eine maßgebliche Rolle im englischen Bürgerkrieg; damit vertraut sind heute jedoch nur noch Spezialisten. Die anderen drei Kinder – Eduard, Henriette und Philipp – wurden von den Zeitgenossen kaum wahrgenommen und sind inzwischen weitgehend vergessen. Dieser Aufsatz befasst sich mit zwei Vergessenen und dem Halbvergessenen: Philipp, Henriette und Moritz.
„Können Sie das verstehen? Das ist doch unmöglich!“ Fassungslos kommentierte Carl Neinhaus in einem Telefongespräch mit Dieter Haas (1928–1998), damals Lokalredakteur beim „Heidelberger Tageblatt“, die Tatsache, dass ihn die Heidelberger im zweiten Wahlgang am 22. Juni 1958 als Oberbürgermeister abgewählt hatten. Auch in einem nächtlichen Gespräch mit seinem Vertrauten, dem Musikpädagogen Dr. Fritz Henn (1901–1984) soll er seiner Enttäuschung Luft gemacht haben. Das Jahr 1958 bedeutet eine Zäsur in der Heidelberger Nachkriegsgeschichte. Seitdem standen nur Oberbürgermeister aus der SPD an der Spitze der Stadt: Robert Weber (1958–1966), Reinhold Zundel (1966–1984) und Beate Weber (1990–
2006). Die CDU stellte nie wieder den Oberbürgermeister und konnte nur parteilose OB-Kandidaten (Reinhold Zundel 1984, Eckart Würzner 2006 und 2014) unterstützen. Im Folgenden sollen die Ursachen dieses „Machtwechsels“ von 1958 sowie die damaligen politischen Lager und Stimmungen in der Bevölkerung untersucht werden. Während die Jahre 1945–1949 durch Friederike Reutter sehr gut erforscht sind, liegt eine entsprechende Studie für die 1950er Jahre nicht vor. Einige Einblicke vermitteln die Darstellungen von Dieter Haas und Theodor Scharnholz. Das Geschehen des Wahljahres wird aus der Lokalpresse, „Rhein-Neckar-Zeitung“ und „Heidelberger Tageblatt“, rekonstruiert.
Für Montag, den 6. Oktober 1919 kündigte eine Zeitungsannonce einen Vortrag von Franz Rosenzweig aus Kassel an: „Die Stellung der jüdischen Religion unter den Weltreligionen“, abends um halb neun. Veranstalter war eine „Arbeitsgemeinschaft der jüdischen Jugend“, Vortragsort der Saal des kaufmännischen Vereins, Hauptstraße 77, Ecke Bienenstraße, „Eingang durch Kaffee Hohenzollern“. Der Eintritt war frei, Gäste waren willkommen. Dieser Auftritt des bedeutenden Religionsphilosophen soll im Folgenden nach den knappen Quellen dargestellt und in die Beziehungen Franz Rosenzweigs nach Heidelberg eingeordnet werden. Zum Inhalt des Vortrags ließen sich bislang weder ein Manuskript noch ein Pressebericht nachweisen. Der Zeitpunkt dieses Auftritts fällt allerdings ziemlich genau in die entscheidende Phase von Rosenzweigs Weg vom akademischen zum jüdischen Gelehrten. Weder in der Biografik Rosenzweigs noch in der Geschichte der Heidelberger Juden hat dieser Vortrag bislang Beachtung gefunden.
Martin Dibelius (1883–1947) kam in Dresden als „Sohn des späteren Oberhofpredigers und Vizepräsidenten des sächsischen Landeskonsistoriums Franz Dibelius“ zur Welt. Nach dem Studium in Neuchâtel, Leipzig, Tübingen und Berlin wurde er 1905 in Tübingen zum Dr. phil. und 1908 in Berlin zum Lic. theol. promoviert. 1905–1914 war er Lehrer in Berlin und in Berlin-Charlottenburg. Nach der Habilitation 1910 in Berlin und Privatdozentur wurde er „zum SS 1915 auf den Heidelberger neutestamentlichen Lehrstuhl berufen“, den er bis zu seinem Lebensende 1947 bekleidete. Er war ein Cousin des damaligen Berliner Superintendenten und späteren Bischofs Otto Dibelius (1880–1967).
Am 26. April 1823 immatrikulierten sich zwei Schleswiger Studenten an der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität. Die Brüder Ernst (1802–1826) und Bernhard Wieck (1803–1824) aus dem unter dänischer Krone stehenden Herzogtum Schleswig hatten zuvor bereits drei Semester an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel studiert. Sie waren Söhne des Schleswiger Großkaufmanns und Senators Bernhard Wieck (1772–1851) und seiner Ehefrau Elise Wieck geb. Westphal (1772–1840), die Familie wohnte im Stadtteil Friedrichsberg und hatte eine elfköpfige Kinderschar.
Während der NS-Herrschaft konnte der Heidelberger Rechtsphilosoph einen freundschaftlichen Gedankenaustausch mit dem Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub pflegen. In den schweren Jahren der geistigen Verbannung war diese Freundschaft für den musischen Rechtsdenker eine wichtige Inspirationsquelle. Bislang hat diese Verbindung aber noch keine gebührende Beachtung in der Forschungsliteratur gefunden, daher zeichnet der Beitrag die Entwicklung der Freundschaftsbeziehung nach.
Wie bereits hinreichend erforscht, waren jüdische Deutsche schon bald nach dem Herrschaftsantritt der NSDAP der stetig wachsenden Diskriminierung ausgeliefert. Auch für den Raum Heidelberg sind die nationalsozialistische Diktatur und die damit verbundenen Folgen für die Juden gut erforscht. Mehr als die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Heidelbergs sah sich, solange es noch möglich war, zur Auswanderung gezwungen. Obwohl in diesem Zusammenhang bereits aussagekräftige autobiografische Texte vorliegen, muss an dieser Stelle auf das Forschungsdefizit in Bezug auf die individuellen Beweggründe der Emigranten hingewiesen werden. Die vorliegende Studie setzt sich zum Ziel einen Beitrag zu diesem bestehenden Forschungsdesiderat zu leisten.
Es gibt zwei konkurrierende Thesen zum Lebenslauf des historischen Faust. Eine alte These, die auf Johannes Manlius zurückgeht und dessen berühmten Lehrer Philipp Melanchthon als Zeugen für die Geburt des umstrittenen Magiers in Cundling (d.h. Knittlingen), mit dem Vornamen Johann, angibt. Die andere, entgegengesetzte These erschien erst 1913 mit der Edition von Kilian Leibs Wettertagebuch durch Karl Schottenloher. Mit einer knappen Aufzeichnung in diesem Werk kam zum ersten Mal ans Licht, dass Faust, mit Vornamen Georg, nun als einer von Helmstadt bei Heidelberg identifiziert wurde. Man möchte also wissen: Stammte Faust nicht aus Knittlingen, sondern aus Helmstadt? Hieß er Johann oder Georg? Was bedeutet dieser Unterschied? Der Streit um die Frage der Herkunft schuf jedenfalls Verwirrung und hat zur Folge, dass man nicht mehr glaubt, es könne eine klare Linie von den historischen Anfängen zur Legende und schließlich zum mythischen Faustbuch von 1587 gezeichnet werden.
Die Brüder Adam (1877–1951) und Hermann Remmele (1880-1939) repräsentierten die beiden Flügel der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. Ihr Konflikt wird in diesem Beitrag auf dem Hintergrund unterschiedlicher Organisationserfahrungen im Rhein-Neckar-Raum beschrieben, in dem sie bis 1919 aktiv waren. Die Arbeiterbewegung war hier sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einfluss auf die Entwicklung der Brüder hatten möglicherweise auch ihre unterschiedlichen Berufsperspektiven – auf der einen Seite ein sterbendes Gewerbe, das zur Anpassung zwang, und auf der anderen Seite ein
Arbeitsplatz in der Metallindustrie, Träger der hochindustriellen Entwicklung. Beide jedoch machten ihren Weg in politische Führungspositionen.
Die Frauenrechtlerin und Germanistin Dr. Elise Dosenheimer schrieb 1959, kurz vor ihrem Tod in New York, an ihre Nichte: „Was mich betrifft, so geht es mir nicht immer glänzend, trotz des Zimmers für mich allein. Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen, wie ihr wisst, und man wandelt auch nicht ungestraft unter 90 Jahren. Tragik des Alters.“ Mit den Zitaten aus Virginia Woolfs „Ein Zimmer für sich allein“ und Goethes „Wahlverwandschaften“ benennt Elise Dosenheimer die beiden schwersten Kämpfe ihres 90-jährigen Lebens: Sie kämpfte für einen privaten und öffentlichen Raum für Frauen, „ein Zimmer für sich allein“, das sie schließlich in Heidelberg fand; sie wurde als Jüdin von Heidelberg nach Gurs deportiert und floh von dort nach New York, an einen Ort in der Fremde, an dem sie, in Goethes Worten, nicht ungestraft unter Palmen wandelte, weil sie durch ihre Flucht zu einem anderen Menschen geworden war.
Ludwig V. und seine Brüder
(2015)
Mit der Revolution von 1525 beginnt die Geschichte der deutschen Demokratie. Bei dem Historiker Peter Blickle, der die Bauernkriegsforschung auf neue Füße stellte, heißt es: „Die vorwaltende mittelalterliche Vorstellung, Herrschaft sei eine angeborene und gottgewollte Fähigkeit des Adels wurde substituiert […] durch die Überlegung, Herrschaft werde durch einen willentlichen Akt des politischen Zusammenschlusses konstituiert.“ Trotz seiner vernichtenden Niederlage hat sich der Aufstand des Gemeinen Mannes, den auch die Zeitgenossen schon verkürzend „Bauernkrieg“ nannten, tief in das deutsche Gedächtnis eingebrannt. Generationen von allgemein und regional Forschenden haben nicht nur Quellen gesichtet und narrative Zusammenhänge geprägt, sondern auch verschiedenartige Deutungen erarbeitet. Von Interesse könnte die Feststellung sein, dass zwei der bedeutendsten Bauernkriegshistoriker in Heidelberg waren: Günther Franz lehrte hier von 1935 bis 1937 Mittlere und Neuere Geschichte; obwohl er
sich nach 1945 von der NS-Ideologie nie lossagte, ist seine Forschungsleistung unbestritten. Max Steinmetz begann sein Studium 1932/33 in Heidelberg als NS-Student und schloss es 1940 in Freiburg mit einer Dissertation über Ludwig V. ab. Erst in sowjetischer Kriegsgefangenschaft wurde er zum Marxisten und später zum führenden DDR-Historiker des Bauernkriegs. Aber dieses forschungsgeschichtliche Panorama kann hier nicht eröffnet werden. Die Ereignisse des Jahres 1525 für Heidelberg darstellen zu wollen, erschiene ein müßiges Unterfangen. Heidelberg war 1525 keine ‚Zitadelle des Aufruhrs‘ wie 1968, sondern eine Zitadelle der Repression. Auf dem Schloss sammelten sich einige aus ihren Residenzen vertriebene Landesherren, und von hier aus startete der vernichtende Feldzug gegen die Bauernheere im Kraichgau, in Franken und in der Pfalz. In der Residenzstadt selbst blieb es äußerlich ruhig.
Im Juni 1940 geht bei dem „Herrn Obmann der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Heidelberg“ das vom 11. Juni 1940 datierende Schreiben des Oberbürgermeisters Dr. Otto Gönnenwein in Schwenningen am Neckar ein, mit dem dieser um „Zulassung zur Habilitation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät“ nachsucht. Dem Gesuch sind beigefügt ein ausführlicher Lebenslauf, ein vorläufiges Zeugnis der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen über die Erlangung der juristischen Doktorwürde, der wissenschaftliche Aufsatz „Das Normenprüfungsrecht der Verwaltungsbeamten und die Grenzen der Gehorsamspflicht“ sowie als Habilitationsschrift das Buch „Das Stapel- und Niederlagsrecht“.
Am 26. September 2013 stieß der Eppelheimer Bildhauer Günter Braun bei Abwasserarbeiten auf seinem Grundstück in der Seestraße 78 auf einen etwa 40 x 40 cm großen, aus Sandstein gemauerten Kanal. Dieser durchquert in ca. 2 m Tiefe vom Eppelheimer Ortskern kommend sein Grundstück und führt von dort hinaus aufs Feld in Richtung Mannheim. Günter Braun legte diesen Kanal auf eine Länge von ca. 2 m frei und schützte ihn durch ein provisorisches Dach. Die hinzugerufenen Experten, der Eppelheimer Heimatforscher Hans Stephan und Dr. Renate Ludwig, Archäologin und Denkmalschützerin im Kurpfälzischen Museum, bestätigten übereinstimmend, dass es sich hier um ein bisher unbekanntes Teilstück der
„Traitteur‘schen Wasserleitung“ handelt. Frau Dr. Ludwig lobte zwar die vorbildlich vorgenommene Freilegung, empfahl aber zugleich, den Fund wieder einzugraben, um ihn so optimal zu konservieren. Letztlich überließ sie es aber Herrn Braun als Grundstückseigner, wie er damit umgehen wolle. Der entschied sich dafür, die Fundstelle offen zu lassen und so zu präparieren, dass sie jederzeit öffentlich einsehbar ist. Dazu hat er inzwischen die Grubenwände befestigt und mit einer Trittleiter versehen, ein wetterfestes Dach darüber gebaut und eine große Schautafel angebracht, in der
anschaulich der geplante Verlauf und die Geschichte der „Traitteur‘schen Wasserleitung“ dargestellt sind.
Um Salomon de Caus, einen Mann mit vielen Talenten und Interessen, ranken sich zahlreiche Legenden. Einige Aspekte seines Schaffens wurden in den Rang von bedeutender Großartigkeit erhoben, andere fielen unter den Tisch. So entstanden schiefe Bilder, die es zurechtzurücken gilt. Beim aufmerksamen Quellenstudium und Lesen seiner hinterlassenen Schriften schiebt sich ein anderes und keineswegs unbedeutenderes Bild in den Vordergrund: das Bild des frühneuzeitlichen Ingenieurs.
Kein hammerschwingender Thor
(2016)
An dieser Stelle soll an eine im Geroldsecker Land vor über 44 Jahren aufgestellte, ganz außerordentliche sportliche Höchstleistung durch den Lahrer Walter Schmidt erinnert werden. Sie versetzte seinerzeit die Sportwelt in Staunen, es war eine absolute Leichtathletiksensation. Die Lahrer Historikerin Christel Seidensticker hat es in ihrem Buch „Das gibt es nur in Lahr“ verewigt: Den Weltrekord eines Lahrers in einer olympischen Disziplin, im Hammerwerfen, aufgestellt in Lahr. Und bei den regelmäßigen Stadtführungen wird bei einer Aufzählung von Lahrer Persönlichkeiten und bekannten Bürgersöhnen der Hammerwerfer Walter Schmidt immer wieder genannt.
Der Heimatforscher Emil Baader richtete im Jahre 1957 im Rathaus des Klosterdorfes Schuttern eine Heimatstube ein. Neben zahlreichem historischem Bildmaterial übergab er der damaligen Verwaltung auch eine Sammlung von Geschichtsberichten über die Gemeinde Schuttern. Die Artikel stammten aus der Heimatbeilage „Altvater“ der Lahrer Zeitung. In der Sammlung, die heute noch im Gemeindearchiv Schuttern aufbewahrt wird, befindet sich auch eine Publikation mit dem Titel: „Der Erfinder des Laufrades war Forstinspektor in Schuttern“. Gleichzeitig hatte Emil Baader auch ein Bild des Fahrraderfinders Drais mitgebracht, das seit dieser Zeit im Bürgermeisterzimmer des Rathauses Schuttern eine Wand ziert. Als der Schutterner Bürgermeister Josef Blattmann sich mit der Geschichte seiner Heimatgemeinde Schuttern befasste, war er natürlich freudig überrascht, dass das alte Klosterdorf Schuttern Verbindungen zur Geschichte des Fahrrades hatte. Was lag daher näher als zu unterstellen, dass Karl Freiherr von Drais-Sauerbronn, der badische Erfinder und Tüftler, sein Laufrad, die Draisine, nicht in Karlsruhe oder in Mannheim erfunden habe, sondern in der Ortschaft Schuttern.
Über Schiedsrichter im Fußball herrscht gemeinhin die Meinung, dass sie gerade dann am besten und wirkungsvollsten agieren, wenn man ihre Mitwirkung am Spielgeschehen gar nicht bemerkt. Tatsächlich stellen die Schiedsrichter innerhalb des Fußballbetriebs nicht unbedingt die am meisten beachtete Akteursgruppe dar, obwohl ohne ihre Leitungsrolle kaum ein offizielles Fußballspiel durchgeführt werden kann. Gleichermaßen verhält es sich mit der Präsenz von Schiedsrichtern in fußballgeschichtlichen Rückblicken oder Analysen. Während über Spieler und Trainer mittlerweile eine
Vielzahl von mehr oder weniger seriösen historischen Darstellungen vorliegt, lässt sich das über die Gruppe der Schiedsrichter nicht behaupten. Außer vereinzelten autobiographischen oder journalistischen Werken zu Schiedsrichtern liegen so gut wie keine Darstellungen zur Geschichte der Schiedsrichter im Fußball vor. Lässt sich das für die Fußballgeschichtsschreibung generell feststellen, wird man in der sportgeschichtlich orientierten Regionalgeschichte, zumal in der Ortenau, ein vollständiges Fehlen von Darstellungen zu Schiedsrichtern im Fußball feststellen müssen. Der folgende kurze Abriss zum Schiedsrichter-Funktionär Fritz Sieger kann deshalb nur ein erster textlicher Anpfiff für zukünftige angemessenere Wahrnehmung der Schiedsrichter in der (regionalen) Fußballgeschichte sein.
Das Bild seiner Stadt hat er für lange Zeit mitbestimmt, und das Bild der Welt um und in sich hat er tausendfach festgehalten und gedeutet: Herbert Jäger, der erste Baubürgermeister der Stadt Lahr und danach, im Ruhestand, ein bildender Künstler mit unbändiger Schaffenslust und -kraft, wurde vor hundert Jahren - am 19. März 1916 - geboren. Auch noch viele Jahre nach seinem Tod 1999 lassen ihn sein mannigfaltiges ertragreiches Wirken, aber auch seine unverwechselbare, so eigenwillige wie anteilnehmende Persönlichkeit vielen Lahrern unvergesslich bleiben.