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Jeder Historiker, der sich mit seinen Forschungen in der Zeit zwischen 1550 und 1900
bewegt, stößt über kurz oder lang auf einen Quellenbestand, der einerseits weit
verbreitet, andererseits aber besonders spröde ist und deshalb häufig nur als Nachschlageregister für klar umgrenzte Fragestellungen, meist aus dem Bereich der
Personengeschichte, benutzt wird: die Kirchenbücher, die früher in allen Kirchengemeinden vorhanden waren, heute aber zumeist in den kirchlichen Archiven bewahrt
werden. Dass diese Quellen häufig mehr enthalten als Auskünfte zum Familienstammbaum, ja, dass sie teilweise eine vielseitig befragbare Quelle darstellen, möchte
ich Ihnen heute Abend an einigen Beispielen aufzeigen.
Wenn man schnell einige zuverlässige und aussagekräftige Informationen über
die örtlichen Verhältnisse eines württembergischen Dorfes im 19. Jahrhundert
haben möchte, sind bekanntlich die vom einstigen Königlichen statistisch-topographischen Büro herausgegebenen alten Oberamtsbeschreibungen eine
unverzichtbare Quelle und Hilfe. Dies gilt auch für Aldingen.
In der im Jahre 1859 veröffentlichten »Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg« sind der Gemeinde Aldingen neun Seiten gewidmet. Sie begegnet uns
darin als ein Ort, dessen Verhältnisse wohl geordnet sind und im Wesentlichen
jenen in den anderen Dörfern des Oberamtsbezirks entsprechen. Von den Nachbarorten unterschied sich Aldingen freilich dadurch, dass es hier damals noch
eine blühende israelitische Gemeinde gab – ein Erbe der einstigen Ortsherrschaft der Herren von Kaltental, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
einige jüdische Familien aufgenommen hatten. Von den 1250 Einwohnern,
die man 1856 zählte, waren 112 Juden. Die israelitische Gemeinde löste sich
allerdings in der Folgezeit, namentlich infolge von Abwanderungen nach
Ludwigsburg, rasch auf; bereits 1882 gab es in Aldingen keine jüdischen Einwohner mehr.
Ein anderes Erbe der Herren von Kaltental hat sich hingegen bis heute erhalten:
Das 1580 von Heinrich von Kaltental im Stil der Renaissance erbaute Schloss.
Es war nach dem Aussterben der Kaltentaler 1746 in bürgerliche Hände gekommen. In seiner östlichen Hälfte waren dann ab 1836 Rathaus, Schule und die
Wohnung des Schulmeisters untergebracht.
Stadt werden
(2018)
Ludwigsburg ist eine typisch europäische Stadt. Nach Walter Siebel (Die europäische Stadt, Frankfurt 2014) zeichnen sich europäische Städte durch fünf Merkmale aus, anhand derer ich meinen Vortrag gliedere. Erstens: Präsenz einer vormodernen Geschichte im Alltag der Stadtbewohner/innen. Hier ist die bürgerliche Gesellschaft entstanden und viele Bauten, die häufig unter Denkmalschutz stehen, belegen diese Geschichte. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Ludwigsburg können bezeugen, dass die Stadt mit ihrer ganz besonderen Gestalt, der Residenz, den Anlagen und der Garnisonsgeschichte ihnen ein Gefühl der Identität, der Orientierung, des Wohlbefindens und der Anerkennung gibt. Historische Gebäude vermitteln in ihrer Dauerhaftigkeit und Schönheit das Gefühl, an einem einzigartigen Ort zu leben.
Als Freiburg im Jahr 1120 das Marktrecht erhielt, war ein Aufschwung des städtischen Lebens gewjss zu erwarten. Neben dem wirtschaftlichen Erstarken bedeutete das vor allem auch die
Zuwanderung von Bürgern, die Errichtung von Häusern und anderen Bauwerken und eine
allgemeine Verdichtung des sozialen Lebens. Im 14. Jahrhundert hatte die Stadt Freiburg die
maximale Einwohnerzahl von 9.000 errejcht, die dann bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf
ca. 6.000 Einwohner absank. 1 Das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum und unter
schlechten hygienischen Bedingungen, wie es in einer mittelalterlichen Stadt der Fall war,
begünstigte die Entwicklung von Krankheiten und Seuchen. Der Aussatz z.B. ist nach der Ansicht
von Ernst Theodor Nauck in Freiburg seit 1252 überliefert.2 Hinzu kamen gebärende
Frauen, Verletzte, altersschwache Menschen und elternlose Kinder. Man darf davon ausgehen,
dass es im mittelalterlichen Freiburg eine beträchtliche Zahl an hilfsbedürftigen Personen gegeben
hat, die auf die öffentliche und kirchliche Fürsorge angewiesen waren.
Hanf, die edle Pflanze, in landwirtschaftlichen und ökonomischen Werken,
Enzyklopädien und Lexika vom späten 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
,,Dessen Consumierung und Nutzen erstrecket sich beynahe auf alle Nothwendigkeit der Handlung
und des nöthi gen Unterhalts. Es ist kein Staat, kein Stand, worinne man dessen entrathen
könnte ... Der Ackersmann ist der erste, dem es nützet und der sich damit bekleidet, und es ist
dieses öfters der einzige Nutzen, den er von seiner Arbeit erhält . .. Bey diesem Producte herrschet
eine Art von einem sonderlichen Umtriebe, den man bey keinem andern Erdgewächse
antrifft." So charakterisierte Monsieur Marcandier, ,,conseiller en l'election de Bourges et
negociant [(Groß-)Händler], [membre] de la Societe d'agriculture de Bourges, et de la Societe
reconomique de Beme[Bem]", in seinem 1758 in Paris gedruckten „Traite du chanvre" (Abhandlung
vom Hanf) den Gegenstand seiner Darstellung.2
Im ersten Teil dieses Beitrags wurde nach einer Tour d'Horizon zur Fachliteratur über Hanf
vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, zunächst Kenzingen als frühneuzeitliche Ackerbürgerstadt mit reichlichem Hanfanbau vorgestellt. Dem folgten ein Blick auf die verschiedenen, aus Hanf gewonnenen Produkte und deren vielfältigen Verwendungsbereiche sowie, nach
Behandlung des Hanfbaus, eine Darstellung des ersten Arbeitsschrittes zur Gewinnung der
Hanffaser: die Wässerung oder Röste (Rötze) de Hanfs, die für die Ablösung de die Fasern
enthaltenden Rindenbasts vom holzigen Stängelkern der Pflanze unerlässlich ist. Dabei wurde
die 1492 erstmals verabschiedete Wasser Ordnung im Breyßgaw vorgeteilt, die bezeichnenderweise erst in ihrer 1547 erneuerten und 1576 gedruckten Fassung einen Passus über das
Hanfrötzen und die damit verbundenen Gewässerbelastungen enthält. Daraus und aus den Veränderungen in den die Hanfrötzen betreffenden Passagen der Dorfordnungen von Ober- und
Unterachern ergab sich der Schluss, dass es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine markante Zunahme des Hanfbaus im Breisgau und in anderen Gegenden am Oberrhein gegeben
haben muss. Am Beginn des zweiten Teil soll zunächst die Frage nach möglichen Ursachen
und Gründen für diese Zunahme beantwortet werden, bevor Aspekte de Handels mit Hanf am
Oberrhein in der frühen Neuzeit, dann die weiteren vielfältigen Arbeitsgänge zur Gewinnung
der Hanffaser und schließlich der Arbeitskampf der Kenzinger Hanfhechler zur Darstellung gelangen.
Ich, Stadtschreiber, so nennt sich Rudolf Wagenseil, wenn er an einer Amtshandlung des Rates der Stadt Lahr mitwirkt, aber auch, wenn er einen Fall protokolliert, in dem er selbst Partei ist. Seine Protokolle der Ratssitzungen vom 20. Januar 1701 bis zum 30. Dezember 1704 sind erhalten. Annelore Hey hat die teilweise schwer lesbaren Texte für den Historischen Arbeitskreis Lahr transscribiert und so deren Auswertung erleichtert. Dankenswerterweise kann ich für die Daten und wörtlichen Zitate dieses Aufsatzes weitgehend auf Frau Heys Arbeit zurückgreifen.
Vor den Toren der Reichsstadt Gengenbach lagert um die Mittagszeit des 12. August 1783 eine kleine Gruppe von Fußreisenden. Zu dem älteren Ehepaar gehört ein 24-jähriger Mann, der einen neu ausgestellten, aber gefälschten Pass bei sich trägt. Dieser weist ihn als den verabschiedeten Regimentshenker Peter Niklas Koch aus. Bei der Reisegruppe befinden sich auch zwei Frauen, deren Röcke merkwürdig aufgeplustert sind. In diesen befinden sich Säcke mit gestohlenem Diebsgut. Es
stammt aus einem Einbruch bei einem Krämer in Durbach. Der angebliche Regimentshenker, der eine Kiste mit Ölen und Pulver bei sich trägt, um sich als Hausierer zu tarnen, hatte diesen Einbruch begangen. Mit dem Erlös wollte er einem Kumpan,
den er auf den Schottenhöfen zwischen dem Harmersbach- und Nordrachtal getroffen hatte und der heiraten wollte, in Gaunermanier bei der Beschaffung des Hausrats helfen.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Wasser in der
Stadt Freiburg im Breisgau vom 13. bis 16. Jahrhundert. Dieser Aufsatz bildet den ersten Teil
eines Forschungsprojektes zur Nutzung und Verwaltung des Elements Wasser und der mit ihm
in Verbindung gebrachten ideellen Vorstellungen in Sizilien und im Oberrheingebiet im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit. Bei dieser Vergleichsstudie werden die Städte Freiburg
und Catania berücksichtigt. Obwohl geografisch sehr unterschiedlich gelegen (Freiburg liegt
am Westrand Mitteleuropas, Catania dagegen im Herzen des Mittelmeerbeckens), weisen beide
Städte gemeinsame Charakteristika der Gesellschaftsentwicklung im spätmittelalterlichen
Europa auf. Um dies anzudeuten genügt es, die Entwicklung einer starken lokalen Identität als
Entgegensetzung zur Politik der großen Herrscherhäuser, die Prägung durch die römisch-katholische Kirche oder die Entwicklung eines ökonomischen Systems basierend auf dem
Warenaustausch mit den angrenzenden Gebieten als Beispiele anzuführen.
Zugleich erzeugen jedoch die unterschiedlichen geografischen und klimatischen Bedingungen gemeinsam mit den verschiedenen Unternehmungen der Habsburger in Zentraleuropa
einerseits und der Aragonesen im insularen Europa andererseits ein sich grundlegend unterscheidendes Verhältnis zum Wasser, sowohl in Anbetracht der theoretischen Darstellung, als
auch im praktischen Gebrauch.
Im Protokoll des Schwenninger Kirchenkonvents
findet sich unter dem Datum des 6. Januar 1670
die folgende Eintragung:
Klag.
Verena Jerg Müllers fraw solle ihr kindt
nach Villingen zue den nonnen getragen haben
weilen es ein Je(r)ma[lichs] kindtlin seie.
Verantwortung
Gestehts, allein Viel weiber habens ihr gerathen,
Undt habe sie sich ihres kindts erbarmet; Sie wolle
es nimmer thun, Sie habe nit gewust, daß es so Viel
auff sich habe.
Die Ratsprotokolle sind eine wichtige Informationsquelle
für viele Bereiche des täglichen Lebens.
Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche
Fragen wurden in diesem Gremium beraten und
entschieden. Im Folgenden sollen einige Schlaglichter
einen Eindruck vom sozialen Miteinander
in Villingen vermitteln.
Es fällt auf, dass bei moralischen Fragen wie
ledige Mutterschaft oder Ehebruch im Rat nur
'Verfehlungen' von Frauen verhandelt werden.
Hier einige Beispiele:
10. Nov. 1734 „Cäzer Mädle, ein Tropf”, die
schon zum zweiten Mal ledig schwanger wurde,
wird, da sie für eine Geldstrafe zu arm ist und aufgrund
ihrer Verstandesschwäche und schwachen
Persönlichkeit weder für eine Kerker- noch eine
Schanzenstrafe in Frage kommt, mit 20 Rutenstreichen
auf den entblößten Rücken gezüchtigt.
Als Zeugen wohnen der Exekution Dr. Ummenhofer
und Herr Kreuzer bei.
"Fleisch oder Speck gibt es … beim Lehrer und andern armen Teufeln meist nur zweimal in der Woche"
(2012)
Anlässlich der Großen Landesausstellung "Baden! 900 Jahre. Geschichten eines Landes" im Badischen Landesmuseum Karlsruhe 2012 werden im Keramikmuseum Staufen, einem Zweigmuseum des BLM, interessante Aspekte zum "Badischen Volksleben. Ländliche Lebensweisen im 19. Jahrhundert" in einer Sonderausstellung gezeigt. Grundlage dieser erstmaligen Darstellung im Museum sind umfangreiche handschriftliche Fragebogenkonvolute aus annähernd 600 badischen Gemeinden, die sich 1894/95 an einer großen Feldstudie beteiligt haben.