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Das im Jahre 1872 von Franz Xaver Leibold gegründete „Ettenheimer Wochenblatt“, das ab 1879 unter dem Titel „Ettenheimer Zeitung“ erschien, ist eine wertvolle Geschichtsquelle, die auch einen Blick auf die Ereignisse und Begebenheiten während des Ersten Weltkrieges in Ettenheim ermöglicht. Am Anfang steht großformatig und für jeden eindeutig erkennbar die Bekanntgabe der Mobilmachung, die in der „Ettenheimer Zeitung“ am 1. August 1914 im „Amtlichen Verkündigungsblatt für den Amtsbezirk Ettenheim“ befohlen wird. Verantwortlich für die Veröffentlichung ist das Großherzogliche Bezirksamt Ettenheim. Da es damals weder Fernseh- noch Rundfunksendungen gab, waren Plakate und Zeitungen die einzigen Medien, um die gesamte Bevölkerung schnell und flächendeckend mit dieser besonderen Information zu erreichen. Die erste Rundfunkübertragung in Deutschland fand übrigens erst im Dezember 1920, also nach Beendigung des Krieges statt.
Die alte Ettenheimer Stadtschreiberei war im 18. Jahrhundert lange Zeit im sogenannten Haus „Landherr“ neben dem Gasthaus „Ochsen“ in der Kirchstraße 5 untergebracht. Diese Tatsache ist längst vergessen. Bekannt dagegen und durch eine an diesem Haus angebrachte Schrifttafel angezeigt ist heute noch, dass hier der spätere Oberbürgermeister von Freiburg, Dr. Otto Winterer, geboren wurde.
Pfarrer Heinrich Neu schreibt in seiner Geschichte des Dorfes Schmieheim von Streitigkeiten der Zehntherren des Dorfes wegen des Zehnten und dass ein lang währender Zehntprozess geführt wurde. Dies hatte auch Auswirkungen im kirchlichen Bereich. Nach Neu sind von der im Jahr 1509 vor dem Dorf am sogenannten Pfaffental errichteten Kapelle, die bereits im 30 jährigen Krieg zerfallen war, 1723 nur noch die Grundmauern gestanden. In der Mitte des 17. Jahrhunderts sei der Bau einer neuen Kirche erfolgt, die 1668 repariert wurde.
„Der ganze Marxismus und Leninismus [...]. Unsere Quelle war die KPD der 20er Jahre [...]. Wir haben [...] uns die historischen Kostüme der 20er Jahre angezogen. Es wurde viel Analyse gemacht, aber die Analyse wurde immer gemessen an den Theorien von damals und von Anfang an war das halt falsch.“ So bewertet Jochen Noth, eines der aktivsten Mitglieder des Sozialistischen Palästina-Komitees Heidelberg (SPKH), heute die Israelkritik dieser Vereinigung, welche der vorliegende Artikel untersucht. Das SPKH bestand von 1969 bis 1974 und war eine Parallelorganisation des SDS in Heidelberg. Nach Verbot des SDS 1970 stand das SPKH der Kommunistischen Hochschulgruppe (Neues Rotes Forum) – KHG bzw. KG (NRF) – nahe. Die bisherigen, größtenteils politikwissenschaftlichen und soziologischen Studien zur
Israelkritik der Neuen Linken untersuchen meist, inwiefern die Kritik antisemitisch war. Folgt man dem Soziologen Gerd Hanloser, werden sie den historischen Akteuren damit jedoch nicht gerecht. Dan Diner spricht sich dafür aus, „die expliziten Motive der Israelkritik erst einmal an[zu]nehmen“ und erst davon ausgehend zu bewerten, ob es sich um differenzierte Kritik handelt. Seinem Plädoyer schließt sich der vorliegende Artikel an.
Eine 2014 aus den USA in das Universitätsarchiv Heidelberg rückgeführte Papsturkunde aus dem Jahr 1387 löste nicht nur ein beachtliches Presse-Echo aus, sondern hatte auch eine intensivere Beschäftigung mit dem Urkundenbestand des Universitätsarchivs zur Folge, zumal dieser zeitgleich Gegenstand einer Pilotstudie zum Thema Papier- und Pergamentgebrauch in einer Publikation des Heidelberger Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“ war. Dabei fiel die unzureichende Erschließung der Urkunden ebenso ins Auge wie deren fehlende Digitalisierung. In der Folge wurde vom Universitätsarchiv ein auf zwei Jahre angelegtes und von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg mit knapp 160.000 Euro gefördertes Digitalisierungs- und Erschließungsprojekt initiiert, das im November 2016 mit der Aufarbeitung der urkundlichen Überlieferung begann. 2017 waren zudem eine Reihe von Originalen in der Ausstellung „Päpste – Kurfürsten – Professoren – Reformatoren. Heidelberg und der Heilige Stuhl von den Reformkonzilien des Mittelalters bis zur Reformation“ im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg zu sehen.
Chronik eines Festjahres
(2017)
Wenn Rohrbach, wie viele andere Orte in der Kurpfalz in diesen Jahren, seine 1250- Jahrfeier begehen konnte, so ist dies auf die erste Erwähnung Rohrbachs in einer Urkunde des Klosters Lorsch zurückzuführen, datiert auf den 30. Dezember 766, in der festgehalten wird, dass das Ehepaar Theuthardus und Richgardis seinen Besitz im Lobdengau, nämlich je einen Weinberg in Rohrbach und Nußloch, dem Kloster schenkte. Diese Schenkung erfolge „auf göttliche Eingebung, zu unserem Seelenheil und um der Wiedervergeltung in der Ewigkeit willen“.
Am Morgen des 29. April 1836, ihrem 26. Geburtstag, wird die ledige Cäcilia Debold aus Eichelberg, die am 12. April 1836 in der Heidelberger Entbindungsanstalt zum zweiten Mal mit einem Kind niedergekommen war, nach Hause entlassen und macht sich mit ihrem 17 Tage alten Säugling zu Fuß auf den Weg in ihren Heimatort im Kraichgau. Die Heidelberger Entbindungsanstalt, die 2016 ihr 250-jähriges Bestehen feiern konnte, wurde 1766 von dem Heidelberger Arzt Franz Anton May als Hebammenschule in Mannheim gegründet. Anlass dazu war die äußerst komplizierte Niederkunft der Kurfürstin am 29. Juni 1761, die dem neugeborenen Thronfolger das Leben gekostet hatte. Nur mit Mühe hatte man das Leben der Kurfürstin retten können. Der Kurfürst wollte daraufhin das Geburts- und Hebammenwesen in der Kurpfalz verbessern und beauftragte den Leibarzt der Kurfürstin, Franz Anton May, mit der Einrichtung einer Hebammenschule. Dr. May, ein Mann mit Weitblick und Visionen, wollte mit dieser in den Anfangsjahren „Accouchement“ genannten Anstalt aber nicht nur eine verbesserte Hebammenausbildung bewirken; zugleich war er bestrebt, dort auch männliche Mediziner an die Geburtshilfe heranzuführen, und so das ganze Geburtswesen in akademische und staatliche Kontrolle zu überführen. Da diese Hebammenschule auch als Entbindungshaus diente, in dem mittellose, meist ledige Schwangere ihre Kinder unentgeltlich zur Welt bringen konnten, war an praktischem Anschauungs- und Übungsmaterial für die werdenden Geburtshelferinnen und Geburtshelfer kein Mangel. Schließlich legte May auch großen Wert auf die sozialpsychologische Funktion dieser Anstalt, die dem damals weitverbreiteten Phänomen der Aussetzung oder gar Tötung neugeborener Kinder durch ledige Mütter Einhalt gebieten sollte.
Der folgende Aufsatz eröffnet nicht nur einen Blick auf die Biographie eines Mannes, der in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen ist und einen im Kaiserreich durchaus nicht selbstverständlichen Aufstieg genommen hat. Er beschreibt auch die besondere Lebenswelt eines Militärarztes im Frieden, nach früher Pensionierung seine Tätigkeit an der Universitätsklinik Heidelberg und schließlich während
des Ersten Weltkriegs seinen Dienst als hiesiger Reservelazarettdirektor an der „Heimatfront“.
Im Innern der Heiliggeistkirche steht an der Nordwand eine Grabplatte. Sie zeigt eine junge Frau in wohlhabender Kleidung. Von der weithin zerstörten Inschrift sind hauptsächlich noch „Ostfriesland“ und die Jahreszahl „1552“ zu lesen. Gewidmet ist sie der Gräfin Anna Cirksena, geboren 1534 in Greetsiel, gestorben 1552 in Heidelberg. Greetsiel ist heute ein Teilort der Gemeinde Krummhörn an der Emsmündung in Ostfriesland und mit seinem kleinen Hafen und den beiden Windmühlen ein bedeutendes Tourismusziel.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts änderte sich innerhalb von nur 27 Jahren in der kurfürstlichen Pfalz viermal das religiöse Bekenntnis. Mit dem Lutheraner Ottheinrich nahm das Konfessionskarussell 1556 Fahrt auf. 1563 erließ der (calvinisch-) reformierte Kurfürst Friedrich III. eine neue Kirchenordnung, und im selben Jahr erschien auch der Heidelberger Katechismus. Nachdem Friedrich III. Ende Oktober 1576 gestorben war, führte sein ältester Sohn – als Ludwig VI. Nachfolger in der Kurwürde – in Heidelberg wieder das lutherische Bekenntnis ein. Im linksrheinischen Landesteil Pfalz-Lautern (der „Fürstlichen Pfalz“) blieb es unter Ludwigs jüngerem Bruder Johann Casimir bei der reformierten Konfession. Im Oktober 1583 starb Ludwig VI., und Johann Casimir übernahm als Administrator die Regierung für seinen noch unmündigen Neffen, den späteren Friedrich IV.
Jobst vom Brandt kam am 28. Oktober 1517 auf die Welt, 3 Tage vor dem sagenhaften Wittenberger Thesenanschlag. Am 11. Juli 1530 wurde der knapp Dreizehnjährige an der Universität Heidelberg immatrikuliert. Neben seinen akademischen Studien erhielt er eine musikalische Ausbildung bei dem kurfürstlichen Sängermeister Lorenz Lemlin. Wie Caspar Othmayr, Stefan Zirler und Georg Forster war Brandt Mitglied der Hofkapelle und gehörte zu den später vielgerühmten „Heidelberger Liedmeistern“. In der von Forster herausgegeben Sammlung der Teutschen Liedlein ist Brandt mit zahlreichen Kompositionen vertreten, vor allem im dritten Teil, der ihm mit einer sehr persönlich gehaltenen Vorrede gewidmet ist.
Rohrbach ist ein seit über 1250 Jahren verbriefter, historisch gewachsener Ort und heute Stadtteil im Süden Heidelbergs. Seit dem 30-jährigen Krieg mehrfach bis an die Grenzen seiner Existenz verwüstet hat der ursprünglich durch Landwirtschaft und Weinbau dörflich geprägte Ortsteil, Anfang des 20. Jahrhunderts, unterbrochen durch zwei Weltkriege, eine dynamische Entwicklung durchlaufen. Diese hat nicht zuletzt zusammen mit Heidelberg zu einem starken Einwohner- und Arbeitsplatzzuwachs geführt, der heute noch anhält. Heidelberg hat einen dementsprechend großen Bedarf an Wohnraum. Dem Grundsatz Innen- vor Außenentwicklung und dem sparsamen Umgang mit der Ressource Boden folgend, versucht die Stadt durch die
Konversion frei werdender Flächen zu entsprechen. Noch bevor die großen Chancen durch den Abzug der Amerikaner abzusehen waren, bot sich eine erste große Möglichkeit mit der Wiedernutzung des ehemaligen Industriegeländes der Waggonfabrik Heinrich Fuchs.
Natur und Kunst in der Stadt
(2017)
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs war Heidelberg weitgehend unzerstört geblieben. Die Gelegenheit zur Umsetzung alter Pläne schien günstig. Schon vor dem 1. Weltkrieg war die Vergrößerung der Stadtfläche nach Westen diskutiert worden. Die Verlegung des Bahnhofs nach Westen – weit vor die Tore der historischen Altstadt – ist als erster großer Schritt in diese Richtung anzusehen. Das war ganz im Sinne der Stadtentwickler, die Heidelberg zu einer modernen Großstadt machen wollten. Auf der alten Trasse der Geleise sollte zwischen der alten Stadt und ihrem modernen Bahnhof eine neue Prachtstraße entstehen. Deren Anfang wurde durch das erste, 1961 errichtete Wohnhochhaus im gesamten Heidelberger Stadtgebiet markant hervorgehoben. Dieser Komplex wurde zunächst – höchst modern – „City-Center“ genannt, wie es sein Erbauer, der Darmstädter Architekt und Bauunternehmer Jakob Wilhelm Mengler (1915–2001) gewünscht hatte. Die Prachtstraße sollte in Zukunft als Standort wichtiger behördlicher Bauten dienen, von denen das Zollamt nahe dem Römerkreis das kleinste war. Die ursprüngliche Fassade des Zollamt-Gebäudes bestand aus Aluminium-Platten. Gemeinsam mit den drei bündigen durchlaufenden Fensterbändern wirkte sie als breit gelagerte glatte Scheibe, die nur durch den (aus der Mittelachse nach rechts gerückten) Eingang mit dem weit vor die Fassade kragenden Flachdach und den fünf Stufen unterbrochen wurde. In der Nähe der Treppenanlage, etwa im Abstand von sechs Metern zur Fassade, platzierte der Bildhauer Herbert Baumann (1927–1990) sein steinernes „Zeichen für Baum“.
"Wir wollen Gerechtigkeit!"
(2017)
Im Jahr 2017 jährten sich zwei wichtige Ereignisse in der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma: Vor 35 Jahren gründete sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit Sitz in Heidelberg und vor 20 Jahren wurde die weltweit erste Dauerausstellung zum Völkermord an der Minderheit feierlich im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma eröffnet. Diese Ergebnisse bürgerrechtlicher Initiativen mussten von Sinti und Roma selbst hart erkämpft werden: Nachdem die Minderheit der deutschen Sinti und Roma nach 1945 weiter ausgegrenzt, entrechtet und marginalisiert worden war, trat die nach der NS-Verfolgung geborene Generation seit den 1970er-Jahren den Kontinuitäten antiziganistischer Diskriminierungsstrukturen in bundesrepublikanischen Behörden und der westdeutschen Gesellschaft entschlossen entgegen. In den 1980er-Jahren institutionalisierte sich die Bürgerrechtsarbeit von hier aus zunächst auf Bundesebene, später auch im internationalen Rahmen. Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die Anfänge dieser Entwicklung, die maßgeblich in Heidelberg entstanden und bislang in der Stadtgeschichte kaum präsent sind.
Zwei Karrieren
(2017)
Wie wirkten sich die politische Entwicklung Deutschlands von 1930 bis 1950 und die Umbrüche von 1933 und 1945 auf die Mitarbeiter der Heidelberger Stadtverwaltung aus? In dieser Zeit veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Stadtverwaltung mehrfach einschneidend wie sonst kaum in einer anderen Epoche. Die folgende Untersuchung stellt zunächst die allgemeinen, vor allem die quantitativen Veränderungen in der Personalstruktur dar und beschreibt dann exemplarisch den wechselvollen beruflichen Werdegang zweier städtischer Beamten.
Bereits Mitte der 1990er-Jahre meinte der Historiker und Archivar Klaus Graf, zwischenzeitlich auch bekannt geworden als Betreiber des 2003 gestarteten Weblogs ‚Archivalia‘, „es kann nicht Aufgabe der Mediävistik sein, Hypothesen-Wildwuchs zu produzieren und anschließend wieder zu entsorgen (was wie alle Reinigungsarbeiten allemal undankbarer ist)“. Gleichwohl kommt man gelegentlich nicht umhin, sich dieser leidigen Aufgabe zu widmen, wenn man wie seinerzeit der ehemalige Tübinger Stadtarchivdirektor Jürgen Sydow (1921–1995) erkennt, dass in der Fachliteratur Behauptetes nicht mit dem übereinstimmt, „was die Quellen eigentlich wirklich sagen“. Seine Erfahrung lehrte ihn, dass man „selbst bei an und für sich verdienstvollen Forschern [...] sein blaues Wunder erleben“ kann. Deren Fehler zögen sich oft „wie ein Rattenschwanz durch die seither erschienene Literatur [...], weil jeder spätere Verfasser auf die Autorität des Vorgängers geschworen und sich nicht die Mühe gemacht hat, einmal selbst nachzuprüfen, auch dann nicht, wenn ihm eigentlich Zweifel an der Richtigkeit der aufgestellten Behauptung hätten kommen müssen“.
In der Mitte der Ostkrypta des Michaelsklosters auf dem Heiligenberg liegt eine Grabplatte mit der Aufschrift „Friedrich von Hirsau“. Er war kein Heiliger im engeren Sinn, wurde und wird jedoch als Seliger verehrt. Das Attribut der Seligkeit ist eine Art Vorstufe zu dem der Heiligkeit. Märtyrertum oder Wundertätigkeit sind die Hauptkriterien für die förmliche Anerkennung durch den Papst. Die Abstufung selig ‒ heilig bezieht sich in erster Linie auf die Verbreitung der Verehrung: entweder nur örtlich oder allgemein. Für Friedrich ist allerdings ein förmliches Verfahren der Seligsprechung bislang nicht
nachgewiesen. Aber die schriftliche Überlieferung und die bauliche Anlage auf dem Heiligenberg belegen die örtliche Verehrung, die erst im 16. Jahrhundert endete, aber bis heute nachwirkt. Dieser Beitrag führt die schriftliche Überlieferung mit dem baulichen Befund der Ruinen des Michaelsklosters auf dem Heiligenberg zusammen; für letzteren sind die Forschungen Peter Marzolffs maßgeblich. Nebenbei soll auch Verständnis geweckt werden für die benediktinische Frömmigkeit, wie sie Friedrich verkörpert, lange bevor Burg und Stadt Heidelberg in die Geschichte eintraten.
Wer heutigentags von Besancon aus das malerische Tal des Doubs hinauffährt
und dann bei Voujeaucourt den Fluß verläßt, um in das flache
Mömpelgarder Hügelland einzubiegen, wird rasch gewahr, daß sich nicht nur
die natürliche Landschaft ändert. Auch die Kulturlandschaft zeigt fast unvermittelt
ein anderes Gesicht. Wenn eben in Burgund noch altertümliche Städtchen,
stille Dörfer, zerfallende Burgruinen den Weg säumten, so drängen sich
jetzt die größer gewordenen Siedlungen dicht an dicht. Kaum kann man zuweilen
unterscheiden, wo die eine endet, die andere beginnt. [...] Das Mömpelgarder Land ist im Lauf der letzten hundert Jahre einer der bedeutendsten
Industriebezirke Ostfrankreichs geworden. Inmitten all des
Neuen, vielfach rasch und unorganisch Gewachsenen, unter der Masse der von
auswärts zugezogenen Arbeiterbevölkerung, fällt es heute nicht leicht, die
geschichtliche Eigenart dieser Landschaft und ihrer eingesessenen Bewohner
aufzuspüren.
Das entscheidende Kriterium
liefern erst die hydronymischen Zusammenhänge, in die H. Krahe den Flußnamen
stellte. Dadurch daß neben Salmona ein Gewässername (1155) ad flumen
Salmasa, jetzt Aach z. Bodensee (Kanton Thurgau) tritt, kann die morphologische Verbindung zu salmon- ,Lachs' nicht aufrecht erhalten werden, vorausgesetzt
man gibt der Verwandtschaft mit anderen Gewässernamen vor einer adhoc-
Deutung den Vorzug. Man kann Salmona dann nicht wie Lebel als Salmon-a segmentieren, sondern nur als Salm-ona, woneben Salm-asa und Salm-a. Die Flußnamengruppe um Salma wird von Krahe zu einer idg. Wurzel
sal- ,Bach, fließendes Wasser, Strömung' gestellt. So wird schließlich völlig
deutlich, daß der Name des Moselzuflusses Salm (idg. sal-) ursprünglich nichts
zu tun hatte mit dem Appellativ Salm = Lachs, das als gall. Lehnwort, am ehesten
zu idg. sel- ,springen' gehörend, ins Neuhochdeutsche Eingang fand.
Die Erforschung der alten Flußnamen hat in den letzten Jahren derartige
Fortschritte gemacht, daß es an der Zeit ist, den nicht unmittelbar an der
Flußnamenforschung Beteiligten, aber an der Landeskunde Interessierten
Ergebnisse vorzulegen, auch wenn es sich oft um nicht unbestrittene und in
der Diskussion befindliche Ergebnisse handelt. Entscheidende Impulse zur
Erforschung der Gewässernamen besonders in Deutschland gingen nach dem
2. Weltkrieg von dem Tübinger Indogermanisten Hans Krahe aus. Seine Entdeckung
der „alteuropäischen Hydronymie" stellt die Forschung auf eine
neue Grundlage. Ganz grob können die Gewässernamen einer Landschaft
nach zeitlichen Schichten unterschieden werden: einer aus dem Deutschen
erklärbaren Schicht folgt eine germanische und darunter wieder eine vorgermanische.