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Das Jahr 1540 ist als das Jahr einer Jahrhundertdürre in die Geschichte eingegangen, es zählt zu den wärmsten Jahren des gesamten Jahrtausends. Mitteleuropa wurde
für zehn bis zwölf Monate in den Subtropengürtel einbezogen. Aber nicht nur Mitteleuropa, auch Ost- und Westeuropa standen im Sommer unter dem Hochdruckeinfluss.
Auch Südamerika, Kalifornien oder Arizona wurden 1540 von einer ungewöhnlichen
Hitze heimgesucht. Schon die Zeitgenossen haben festgestellt, deszglich sumer ist by keinsz
menschen dencken nie ersechen worden. Es ist daher kein Wunder, dass die Hitze des Sommers
1540 das am besten belegte Ereignis im 16. Jahrhundert und damit als ein Jahrtausendereignis angesehen werden kann.
Die Auswirkungen dieses »heißen Sommers« sollen hier für den erweiterten Bodenseeraum untersucht werden. Im Zentrum steht der Bodensee in allen seinen Teilen,
dem Alpenrhein und dem Hochrhein von Chur bis Basel mit einer Entfernung von ca. 50
km landeinwärts. Fallweise richtet sich unser Blick aber auch über diese Grenzen hinaus
ins Obereisass, nach Zürich oder Thun, Ulm oder Schwäbisch Gmünd, um weitere Einzelheiten ans Licht treten zu lassen, die in den Berichten aus der Bodenseeregion nicht
deutlich ausgesprochen werden.
Am 23. Januar 1846 greift im südrussischen Nowotscherkassk (Stadt nordöstlich von Rostow
am Don, Donkosakengebiet) ein erboster Johannes Wittwer zu Feder und Papier, um sich sowohl
mit Nachdruck beim in Sankt Petersburg residierenden Schweizer Honorargeneralkonsul Johann
Bohnenblust (1785–1859, Konsul 1837–1847) über seinen früheren Arbeitgeber, Generalleutnant
Vasilij Dmitrievič Ilovajskij (1785–1860), zu beschweren als auch – und zwar in der gleichen
Angelegenheit – bei der diplomatischen Vertretung der Schweiz um tatkräftige Unterstützung
nachzusuchen. Im Rahmen eines mehrere Seiten umfassenden, ausführlich gehaltenen Briefes
an seinen aus Aarburg (südlich von Olten, Kanton Aargau) stammenden, in der einschlägigen
Literatur wohl zu Unrecht als einstigen Zögling des Erziehers und Sozialreformers Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) erwogenen Landsmann bringt der sich selbst als unterthänigster
Diener bezeichnende Verfasser des Schreibens in dezidierter Form seinen tiefen Unmut über die
– zumindest aus seiner persönlichen Perspektive – geradezu betrügerischen Machenschaften und
das lügenhafte Gebaren seines früheren Dienstherrn zum Ausdruck. Allerdings: Im Mittelpunkt
des kurze Zeit später (am 13./1. Februar 1846) in der damaligen Hauptstadt des Zarenreiches
eingetroffenen Briefes stehen nicht etwa Vorwürfe, die einen Arbeitskonflikt zwischen Johannes
Wittwer und Ilovajskij betreffen, sondern das angebliche Unrecht, das Wittwers Gattin Maria
vonseiten des hohen russischen Offiziers widerfahren zu sein scheint.
Im Landesarchiv Baden-Württemberg/Staatsarchiv Freiburg lagern zwei insgesamt 44 beschriebene Seiten umfassende, in sachlicher Hinsicht unmittelbar zusammengehörige Auswanderungsakten, in denen sich im Wesentlichen verschiedene amtliche Vorgänge des Jahres 1832 dokumentiert finden. Die beiden ehemals im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrten Dossiers, die, soweit erkennbar, in der einschlägigen Forschungsliteratur bislang weitgehend unbeachtet geblieben sind, verdienten bezüglich ihrer – zumindest auf den ersten Blick – doch eher banalen Inhalte wohl kaum eingehendere Aufmerksamkeit, lieferten sie im Rahmen übergeordneter Zusammenhänge nicht weiterführende Hinweise zur Lösung eines nachweislich seit Ende 1890 bestehenden genealogischen Problems, das den aus Boston (Massachusetts) stammenden Kunstmaler Jean Paul (eigentlich John Paul) Selinger über einen längeren Zeitraum hinweg regelrecht umgetrieben zu haben scheint, ohne doch jemals grundlegend angegangen und definitiv behoben werden zu können. Mehr noch: Die schon seit längerem in den „Smithsonian Archives of American Art“ in Washington (District of Columbia) archivierten Teile der Privatkorrespondenz des genannten Künstlers, die unter anderem auch eine Vielzahl von Briefen von dessen „cousin“ Joseph Selinger (1859-1938) umfassen, lassen die vermeintlich engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden besagten Personen vor dem Hintergrund der im Folgenden behandelten Auswanderungsakten in unerwartet neuem Licht erscheinen. Worum geht es im Einzelnen? Da sich die soeben skizzierten Zusammenhänge am besten in chronologischer Reihenfolge erschließen lassen, scheint es zunächst naheliegend, die eingangs ins Feld geführten Archivalien einer kursorischen Durchsicht zu unterziehen.
Baden-Baden
(2010)
Die Anfänge Baden-Badens liegen wie üblich im Dunkel der Geschichte. Vor- und frühgeschichtliche Funde fehlen, und dass der Ringwall auf der Hochfläche des Battert tatsächlich, wie vergleichbare Anlagen am Oberrhein, auf keltische Ursprünge zurückgeht, liegt zwar nahe, muss aber erst noch nachgewiesen werden. Auch eine noch frühere Zeitstellung erscheint
hier nicht ausgeschlossen. So datiert der erste Fund, der Auskunft über eine Besiedlung des Ortes gibt, auf die erste Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts und steht vermutlich mit den suebischen Gruppen in Verbindung, die als Bundesgenossen der Römer im rechtsrheinischen Gebiet Sicherungsaufgaben erledigten und die vom Unteren Neckar bis ins Vorfeld Straßburgs nachgewiesen sind.
In zahlreichen Berichten aus dem 19. Jahrhundert wird der schlechte Zustand der Wälder moniert und es werden Maßnahmen zur Verbesserung des Waldzustandes vorgeschlagen. Solche
historischen Aussagen führten in den 1990er Jahren zur sogenannten „Holznotdebatte“. Beteiligt waren Vertreter der klassischen Forstgeschichte, die diese Quellen als Belege für eine übernutzungsbedingte Degradation der Wälder im 19. Jahrhundert interpretierten. Historiker warfen
ihnen eine Fehlinterpretation der zeitgenössischen Aussagen vor. Es sei zu berücksichtigen,
dass diese Quellen die Sicht der Obrigkeit wiedergeben würden, und diese sei in erster Linie an
der Durchsetzung von Nutzungsbeschränkungen und der Disziplinierung der Untertanen interessiert gewesen. Die Holznotdebatte belebte die forstgeschichtliche Forschung und es konnte
schließlich eine differenzierte Sicht bezüglich der Knappheit der Ressource Holz gewonnen
werden.
Bürgerschaft und Obrigkeit
(2012)
Im Mittelalter war der landesherrliche Verwaltungsapparat nicht ausgebaut, sodass in den Städten Lokalverwaltungen entstanden, die überwiegend von Laien aus der Bürgerschaft getragen wurden; trotzdem darf man keine weitgehende Freiheit vom landesherrlichen Zugriff annehmen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, also zu der Zeit, aus der unsere Stadtratsprotokolle stammen, weitete sich der „intermittierende“ Charakter der herrschaftlichen Einflussnahme allmählich in Richtung einer „kontinuierlichen“ aus. Noch fehlte es dabei allerdings an der fachmännischen Umgestaltung der Verwaltung. Nassau erließ erst 1759 eine Ratsordnung, die den Rat von Lahr der Aufsicht eines Oberschultheißen unterstellte. Die dann vor allem Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmende Professionalisierung der Verwaltung - und damit einhergehend die Minderung der traditionellen bürgerlichen Einflussnahme durch den Entzug von Kompetenzen - rief bei der Lahrer Bürgerschaft Protest hervor und trug auch zur Entstehung des Lahrer Prozesses im Jahre 1772 bei. In Lahr hatte es seit dem Erlass des Freiheitsbriefes von 1377 schon immer eine Diskrepanz zwischen der gefühlten und der tatsächlich in den Artikeln garantierten und demgemäß von der Herrschaft zugestandenen Freiheiten gegeben. Lahr konnte auch nicht einen leisen Eingriff oder nur einen Schein in seine Rechte und Freiheiten verwinden. So gab es auch immer wieder Auseinandersetzungen über die Auslegung des Artikels IV des Lahrer Freiheitsbriefes von 1377, der die alljährliche Wahl des Stadtrates regelte.
Ordnung in der Stadt
(2012)
In früheren Zeiten hatten Dekrete der Obrigkeit noch in überschaubarer Zahl ausgereicht: Zwischen 1475 und 1690 waren in der Markgrafschaft Baden nur insgesamt 254 Erlasse herausgegeben worden. Nach 1690 setzte schon eine erste verstärkte landesherrliche Gesetzgebung ein, aber erst ab 1709 lässt sich - zunächst mit dem Amtsantritt des Markgrafen Karl III. Wilhelm (1679-1738) - eine deutliche Steigerung feststellen, und im Laufe des 18. Jahrhunderts kamen dann pro Jahr etwa 25 dazu, sodass es bis 1803 schon 2.153 Gesetze gab.
Die Eisenbahnstraße in Bühl
(2016)
Die Eisenbahnstraße entstand seit der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist Bühls einzige Prachtstraße. Sie stellt in der Stadtbaugeschichte ein Novum dar. Bühl ist im Grunde ein Straßendorf, das sich entlang der Hauptstraße nördlich und südlich
der Pfarrkirche entwickelt hat. Die älteste erhaltene Ansicht der
Stadt wird im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrt und
stammt aus dem 17. Jahrhundert. [1]
Es ist eine Karte des windeckischen Forstes, bei der es sich um die Kopie einer älteren
Karte aus der Zeit um 1580 handelt. [2]
Auf diesem Plan sind die
Bühlotbrücke und rund 50 Häusern entlang der Straße zu
sehen. Auch eines der beiden Stadttore ist erkennbar. [3]
Bühlerhöhe und Stupinigi
(2002)
Langsam schreitet die grauhaarige Frau zum Rand der Terrasse. An der
Brüstung angekommen, schaut sie zunächst in die Ferne, über die Stadt
Bühl hinweg zu den Vogesen. Dann blickt sie nach unten. Steil fallen die
Felsen des Schwarzwalds zu ihren Füßen ins Oberrheintal ab. Einmal noch
dreht sieb Herta Isenbart um und betrachtet ihr Lebenswerk, das Schloss
im Bergwald, das sie zur Erinnerung an ihre große Liebe bauen ließ. Dann
stürzt sie lautlos in die Tiefe.
Qualvolle Stunden später erwacht die Millionärstochter im Krankenhaus
im nahen Baden-Baden. Wie durch ein Wunder überlebt sie ihre schweren
Verletzungen, zieht ins Hotel Stephanie und wird erneut von schweren Depressionen heimgesucht. Am 5. Juli 1918 nimmt sie eine Überdosis Schlaftabletten. Ihre Asche wird auf dem Koblenzer Friedhof an der Seite ihres
Mannes, Generalmajor Wilhelm Isenbart, beigesetzt.
Es ist in Villingen-Schwenningen auch heute noch unmöglich, wenn man einem bestimmten Altersjahrgang angehört, niemanden zu kennen, der einmal bei Kienzle Apparate beschäftigt war. Die Erfahrungen der Ehemaligen sind natürlich von der Persönlichkeit, den Lebensgeschichten und den Einstellungen der jeweiligen Person abhängig. Gerade in Unternehmen wirkt ganz besonders das unmittelbare Arbeitsumfeld auf die Qualität des Arbeitsplatzes und damit die individuellen Erinnerungen ein.
Eine Unterhaltungselektronikindustrie im Schwarzwald gibt es heute nicht mehr. Wie die Uhrenindustrie verschwand sie fast völlig. Heute werden die innovativen und attraktiven Geräte der
Unterhaltungselektronik in Korea und in China produziert. An die Existenz einer Schwarzwälder Unterhaltungselektronik erinnert nur noch wenig und dies obwohl einer ihrer wichtigsten Vertreter, die Firma Saba, in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Arbeitgebern der Region gehörte.
Die BBBank wurde am 12. November 1921 als Badische Beamten-Genossenschaftsbank eGmbH gegründet. Aus der Selbsthilfeeinrichtung für badische Beamte ist in hundert Jahren eine bundesweit erfolgreiche Privatkundenbank geworden. Durch die bewegte Geschichte ziehen sich Werte und Traditionen: So ist die BBBank bis heute die Hausbank für den öffentlichen Dienst und als Genossenschaft vor allem ihren Mitgliedern verpflichtet. Mit ihrer Zentrale in Karlsruhe ist die Bank zudem in Baden verwurzelt geblieben.
Kirchheim, 1. April 1920
(2020)
Am 1. April 2020 jährte sich die Eingemeindung Kirchheims nach Heidelberg zum einhundertsten Mal. Diese wurde also in der politisch unruhigen Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg vollzogen. Entscheidende Weichenstellungen waren teilweise schon während des Krieges erfolgt. Dass in dieser Zeit ein solcher Schritt gewagt wurde, mag überraschen. Die Annahme scheint plausibel, die Gemeinden hätten damals andere Sorgen gehabt. Im Folgenden soll daher neben dem Ablauf des Eingemeindungsprozesses auch der Zusammenhang mit den Zeitverhältnissen untersucht werden: Inwieweit haben Krieg und Nachkriegszeit Verlauf und Zeitpunkt der Eingemeindung beeinflusst? Darüber hinaus soll untersucht werden, wie die Eingemeindung Kirchheims zu allgemeinen Linien der Stadtpolitik und Stadtentwicklung Heidelbergs in Beziehung stand. Weiterhin soll nach Haltungen und Einstellungen gefragt werden, die zur Eingemeindung auf lokaler Ebene bestanden. Kirchheim befand sich damals strukturell auf dem Weg von einem landwirtschaftlich geprägten Dorf zum Arbeiterwohnort. Daraus ergibt sich die Frage, ob in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Meinungen bestanden.
1250 Jahre Kirchheim
(2019)
Neben Wieblingen reihte sich im Jahr 2017 Kirchheim als zweiter Heidelberger Stadtteil ein unter die vielen Ortschaften der Rhein-Neckar-Region, die in diesen Jahren das 1250. Jubiläum ihrer urkundlichen Ersterwähnung feiern. Diese Häufung geht zurück auf zahlreiche Schenkungen an das im Jahr 764 gegründete Kloster Lorsch. Ausführlich ist dies im Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins 2018 im Zusammenhang mit dem Wieblinger Jubiläum beschrieben. Im Falle von Kirchheim sind als Schenkende urkundlich die Eheleute Rupertus und Pietrad von Oftersheim genannt. Zudem verwendet die Schenkungsurkunde den Begriff der „Kirchheimer Mark“ im Sinne eines mehrere Ortschaften umfassenden Verwaltungs- oder Herrschaftsbezirkes. Die hier zu Tage tretende herausgehobene Bedeutung Kirchheims dürfte auch zur Entstehung des Gerichtsbezirkes der „Kirchheimer Zent“ geführt haben, der bis zum Ende der Kurpfalz 1803 bestand. Dass Kirchheim sehr früh Kirchort gewesen sein dürfte, ergibt sich aus dem Ortsnamen. Ein erster Kirchenbau am Standort der heutigen evangelischen Petruskirche wird für die Zeit um 600 vermutet.
Im vorigen Band der Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung stellte Ernst Ziegler das Urkundenbuch des Kantons St. Gallen (Chartularium Sangallense) vor; die Qualität dieser Quellenedition und die Resonanz in der historischen Forschung darauf rechtfertigten es, ihr einen eigenen kleinen Aufsatz zu widmen
und nicht nur eine versteckte Rezension. Neuerdings kann St. Gallen mit einer weiteren
Quellenedition aufwarten, die ebenfalls Maßstäbe setzt und von der es absehbar ist, dass
sie der regionalgeschichtlichen Forschung - und weit darüber hinaus - wichtige Impulse geben wird. Es handelt sich um einen kommentierten Katalog derjenigen Münzen,
die zwischen 1407 und 1797 durch die Stadt St. Gallen geprägt wurden, herausgegeben
durch die Schweizerische Numismatische Gesellschaft und das Münzkabinett der Stadt
Winterthur.
Das internationale Bodensee-Jahrbuch versammelt aktuelle Forschung und Information zur Geschichte und Naturkunde des gesamten Bodenseeraums. Am 19. Oktober 1868 wurde in Friedrichshafen der „Verein für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung“ gegründet. Aus Anlass des 150. Geburtstages wird die Vereinsgeschichte von den Anfängen bis heute in ihrem historischen Kontext dargestellt. Aus einem Guss und ohne sich in Details zu verlieren, behandelt der Konstanzer Historiker Harald Derschka die Geschichte dieses international einmaligen, in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Liechtenstein grenzüberschreitend tätigen Vereins. Historische Fotos und Dokumente vertiefen den Erzählstrang. Im letzten Teil des Heftes sind sämtliche Hauptversammlungen, alle Präsidenten, Ehrenmitglieder und Funktionsträger erfasst. Ein Namenregister beschließt den Band. Anderthalb Jahrhunderte lang hat der Bodensee-Geschichtsverein die historischen, kulturellen und landschaftlichen Gemeinsamkeiten rund um den See untersucht, beschrieben und in seinem Vereinsleben verwirklicht. Damit hat er einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass wir trotz der modernen staatlichen Grenzziehung und den Verwerfungen zweier Weltkriege den Bodensee heute als die Mitte einer alten Kulturlandschaft betrachten dürfen. Das Jahrbuch wird unter der Schriftleitung von Jürgen Klöckler (Konstanz) herausgegeben vom Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.
Seit dem Zeitalter des Barock spielte an der Weingartener Klosterschule das Theaterspiel eine bedeutende Rolle. Um den Erfolg der schulischen Arbeit zu demonstrieren, gab es jährlich mehrere, in der Regel lateinische Aufführungen. Die Texte wurden
zunächst handschriftlich festgehalten und gesammelt, zum Teil wurden sie durch Abschreiben weitergegeben und verbreitet1. Für den Zeitraum von 1540 bis 1665 finden
wir vereinzelt Hinweise in Briefen, Büchern und Rechnungen. Im 16. Jahrhundert gab
es noch religiöse Schauspiele, die von fahrenden Komödianten aufgeführt wurden. So
lassen sich zum Beispiel Passionsspiele am Fronleichnamsfest für die Jahre 1540, 1557,
1560 und 1561 nachweisen. Unter Abt Georg Wegelin (1587-1627), einem Schüler der
Jesuiten-Universität in Dillingen, wurde der Konvent durch »jesuitische Inspiration« reformiert. Dabei kam auch das Schultheater der Gesellschaft Jesu nach Weingarten.
Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte die Gründung des populären gesamtdeutschen Vereins „Verein der Pilzfreunde e.V.“ Dies war auch der Auslöser für die Gründung zahlreicher unabhängiger lokaler Pilzvereine. Später (1930) ging aus diesem Verein der „Verein der Pilzfreunde Stuttgart e.V.“ hervor, der heute der mitgliederstärkste lokale Pilzverein Deutschlands ist und eine
eigene pilzkundliche Zeitschrift herausgibt. Die interessante Geschichte des Vereins wird kurz beschrieben. Einige Dokumente aus dem Archiv des Vereins werden erstmals veröffentlicht.
„One thinks Heidelberg by day - with its surroundings - is the last possibility of the beautiful; but when he sees Heidelberg by night, a fallen Milky Way, with that glittering railway constellation pinned to the border, he requires to consider upon the verdict.“ Mit diesen Worten beschrieb der US-amerikanische Schriftsteller Samuel Langhorne Clemens, besser bekannt unter seinem Pseudonym Mark Twain, die Stadt Heidelberg im Großherzogtum Baden als „das Höchstmögliche an Schönheit“. Im Rahmen seiner sechzehnmonatigen Europareise verweilte er ab Mai 1878 einen Großteil des Sommers in Heidelberg und hielt seine Erlebnisse in einem Reisebericht für die Nachwelt fest. ‚A tramp abroad‘ bestätigt Heidelbergs Ruf als internationalen Sehnsuchtsort und als Inbegriff der Romantik. Twain reiht sich damit nahtlos in die endlose Reihe von Künstlern, Dichtern und Persönlichkeiten ein, welche Heidelberg beschrieben, bedichtet, abgebildet oder besungen haben. Spätestens seit dem Ende der Napoleonischen Kriege und den damit einhergehenden Friedensbemühungen der europäischen Großmächte durch den Wiener Kongress von 1814 erwachte in
Europa eine neue Reiselust und Heidelberg wurde zum Reiseziel schlechthin. Bereits im Postkutschenzeitalter war die „Vaterlandsstädte Ländlichschönste“ für die reisefreudigen und privilegierten Schichten ein absolutes Muss. Mit dem Durchbruch der Eisenbahn als neuem Verkehrsmittel traten indes grundlegende Veränderungen im Reiseverkehr ein. Die touristische Reise wurde schneller, sicherer und bezahlbarer und es kam rasch zu einer Erweiterung der reisenden Personenkreise. Die Eisenbahn als modernes Personenbeförderungsmittel und ihre Auswirkungen auf den Fremdenverkehr stellten Heidelberg deshalb innerhalb weniger Jahrzehnte vor zahlreiche Herausforderungen. Die völlige Umwälzung des Heidelberger Fremdenverkehrs vom Bau der ersten Eisenbahnlinie nach Heidelberg im Jahr 1840 bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs ergaben sich auch für die
Gewerbeschule Offenburg einschneidende Veränderungen.
Neben der Aufarbeitung der menschlichen und materiellen Schäden eröffnete sich Chance eines demokratischen Aufbruchs. Der
neue Staat führte eine Vielzahl an Reformen durch, die tief in das
Gefüge der Schule eingriffen. Ein Gesetz vom 24. März 1924
reihte die Gewerbe- und Handelsschulen in die Gruppe der Fachschulen ein, beließ es aber für die gewerblichen Fortbildungsschulen beim Alten. Diese Trennung der Gewerbeschulen von den
Fortbildungsschulen war auch die Folge einer höheren Qualifikation der Lehrer der Gewerbeschulen, die seit 1922 an der TH Karlsruhe zum Dipl.-Ing., Abteilung „Gewerbelehrfach", ausgebildet
wurden. Beide Maßnahmen führten zu einer deutlichen Aufwertung der Gewerbeschulen.
Three Cheers for the Prince and the Princess! Mit diesen Worten forderte am 15. März 1894 Colonel Henry Bradley Roberts die bei der Grundsteinlegung für die neue englische Kirche in Freiburg versammelte Festgemeinde zu Hochrufen auf den anwesenden Erbgroßherzog von Baden und seine Gemahlin auf. Zuvor hatte die Erbgroßherzogin den zur Einsetzung bereitliegenden Grundstein mittels einer silbernen Maurerkelle mit Mörtel bestrichen, während ihr Ehemann, der spätere Großherzog Friedrich II., in – wie wohl vermerkt wurde – makellosem Englisch die Worte sprach: In the faith of Jesus Christ we lay this stone, in the name of God the Father, God the Son and God the Holy Ghost. Die Stadt Freiburg wurde bei diesem Event durch Bürgermeister Thoma repräsentiert.
Bildung war im Mittelalter und auch noch zu Beginn der Neuzeit ein Privileg der
begüterten Schichten. Nur der Adel und das wohlhabende städtische Bürgertum
konnten es sich leisten, ihre Nachkommenschaft von der täglich anstehenden
Arbeit freizustellen. Längst hatte man in diesen Kreisen erkannt, dass die schulische
Bildung in einer immer komplizierter werdenden Welt das Fundament für ein
Studium oder eine spätere berufliche Laufbahn darstellte.
Die Funktion der als Lateinschulen angelegten Bildungseinrichtungen bestand in
erster Linie darin, den Nachwuchs für die Kirche und die Verwaltung des Staates
heranzuziehen. Ihre Zöglinge bildeten eine Elite in einer ansonsten des Lesens und
Schreibens unkundigen Bevölkerung.
Im November 2003 konnte die Evangelische Kirchengemeinde Bretten ein stolzes Jubiläum begehen: Der Evangelische Kindergarten am Promenadenweg wurde 90 Jahre alt: Als am Sonntag, den 10.11.1912, die Evangelische Kinderschule Bretten am Promenadenweg eingeweiht wurde, war dies der erste evangelische und gleichzeitig auch der erste konfessionelle Kindergarten in Bretten. Er war aber nicht der erste Kindergarten in Bretten. Sein Vorgänger, der sich zuletzt in der heutigen Pfarrgasse 1 befand, wurde bereits 1846 überkonfessionell von beiden Konfessionen und der Stadt Bretten als Mitglieder des Trägervereins gegründet und unterhalten.
Das Elsaß und die Elsässer
(2001)
Wie vor Generationen ist auch heute noch das Elsaß eine bemerkenswerte Natur- und Kulturlandschaft, der man seiner Ursprünglichkeit halber ein höchstes Lob zollen muß. Johann Wolfgang Goethe hat die Elsässer in seinem Jahrhundert schon als „Bewohner eines Paradieses" tituliert, wobei er mit seiner Bewunderung an alte, von der römischen Antike herrührende Bezeichnungen anknüpfte. Hat er doch ein ganzes Jahr im Elsaß zugebracht und dabei Land und Leute kennen gelernt. Im Mittelpunkt eines größeren Interesses steht das Elsaß heute nicht mehr, wenngleich die Auswahl Straßburgs als Europastadt das Land heraushebt. Auch die Spannungen um den Besitz dieses Landstrichs sind heute behoben, aber doch hat sich sein Schicksal der letzten Jahrhunderte in das Bewußtsein der Menschen beispielhaft eingegraben. Gerade dieses Schicksal der letzten Jahrhunderte hat Frederic Hoffet, der aus dem Elsaß stammt und seine Menschen kennt, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg (1951) einer psychoanalytischen Deutung unterzogen, die im Elsaß selbst und darüber hinaus Aufsehen erregt hat.
Wer im Jahr 1882 von Basel aus mit der Eisenbahn nach Lörrach fuhr, erreichte eine kleine Industriestadt von etwa achttausend Einwohnern. In jenem Jahr feierte Lörrach sein zweihundertjähriges Stadtjubiläum. Aus diesem Anlass wurde die aktuelle Stadtgestalt zum ersten Mal ausführlich gewürdigt. Ein Blick rechts aus dem Zugfenster hätte dem Reisenden kurz vor der Ankunft auf dem 1862 errichteten Bahnhof die repräsentativen Neubauten des Amtsgerichts und der Hebelschule gezeigt. Auf der linken Zugseite jedoch wäre der Blick des Ankömmlings, nachdem der Zug die Wallbrunnstraße passiert hätte, in Höhe der heutigen Belchenstraße lediglich über unbedeutende Kleingärten geglitten.
Die südlich von Ravensburg gelegene ehemalige Prämonstratenserabtei Weißenau
beherbergt heute eine Einrichtung des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg.
Zu der erstaunenswert gut erhaltenen barocken Klosteranlage gehörte einst ein Sommersitz der Äbte, der sogenannte Rahlenhof, der sich in Sichtweite der Abtei auf einer kleinen Anhöhe über dem Schussental erhebt. Das beträchtliche Alter der Hofstelle, die 1145
mit dem Namen »Herwigesruti« erstmals ins Licht der Geschichte rückt, ist eng mit der
Gründung des Klosters verknüpft, das eine Dotation des welfischen Ministerialen Gebizo des Reichen von Peißenberg-Ravensburg war. Der Lehenbauer und Anführer eines
bewaffneten Haufens im Bauernkrieg, namens Stefan Rahl, gab dem Hof schließlich ab
1525 den zweiten, bis heute offiziell gültigen Namen [1]
. Passiert man das Schussental, so
erregt ein auf halber Anhöhe gelegener barocker schlossartiger Komplex die Aufmerksamkeit des Betrachters, der in den letzten Jahrzehnten von den Tangenten zweier Umgehungsstraßen in die Zange genommen worden ist. Momentan beherbergt das
Schlössle das Berufsbildungswerke Adolf Aich, während im nördlichen Bereich ein Demeter-Hof das übrige Gelände bewirtschaftet.
In der schwäbisch-alemannischen Fasnet ist man seit Jahrzehnten bestrebt, seine
Wurzeln zu finden. Wurden diese Wurzeln seit den 1930er Jahren durch die nationalsozialistische Ideologie in vorchristlicher Zeit definiert, in denen die angeblich germanischen Riten der Winteraustreibung eine zentrale Rolle spielten, so hat erst Dietz-Rüdiger
Moser1 1986 den christlichen Ursprung der Fastnacht au f wissenschaftlicher Grundlage
nachgewiesen. Bei dieser christlichen Auslegung der Fastnacht spielt der Dualismus der
lasterhaften Welt einerseits mit der tugendhaften christlichen Lebensweise in der vorösterlichen Fastenzeit andererseits eine zentrale Rolle. Nachdem Werner Mezger 1991
seine Studien zum Fortleben des mittelalterlichen Fastnachtsbrauchs in der europäischen
Festkultur vorgelegt hat, wird versucht, die überlieferten Figuren in der schwäbisch-alemannischen Fasnet au f das Mittelalter zurückzuführen. Das 18. und das 19. Jahrhundert werden dagegen kaum zur Kenntnis genommen, da man glaubt, die schwäbisch-alemannische Fasnet habe mit dem »Carneval« nichts gemein. Doch gerade im barocken
Karneval des 17. und 18. Jahrhunderts, wie er an den Fürstenhöfen, Adelsresidenzen,
beim städtischen Patriziat und an den Kloster- und Jesuitenschulen zusammen mit den
Zunftbürgern der Städte im Sinne einer Maskerade mit gezielten Anspielungen auf Sitten und
moderne Torheiten3 praktiziert wurde, liegen die gemeinsamen Wurzeln des so genannten
rheinischen Karnevals wie auch der schwäbisch-alemannischen Fasnet.
Vor 500 Jahren prägten die Weinberge das
Landschaftsbild am Hochrhein. Allein bei Waldshut
wurde damals weit mehr Weinbau als
Ackerbau betrieben. Denn überall wo es der
Boden und die Lage zuließ, standen Rebstöcke.
Danach verschlechterte sich das Klima allmählich
und die beginnenden Bauernunruhen
bewirkten miteinander einen Rückzug der
Anbauflächen.
Der Albbrucker Ortsteil Hechwihl oder „Hächel" wie die Einheimischen ihren Weiler im Steinbachtal zwischen Tiefenstein und Unteralpfen auch nennen, wurde schon sehr früh besiedelt. Hier auf der Anhöhe, einem markanten Bergsporn aus Buntsandstein, fanden die ersten Ansiedler den gesuchten Schutz vor allerhand Feinden. Als in der Rißeiszeit vor rund 200 000 Jahren weite Teile des Südschwarzwaldes mit Eis bedeckt waren, hat die Zunge des mächtigen Albtalgletschers neben
dem Steinbachtal besonders die tiefe Schlucht des Albtales herausgehobelt. Dabei betrug die Eisdecke über dem heutigen Hechwihl mehr als 150 Meter. Der Muschelkalkrücken (First und Hübler) zwischen Hechwihl und Etzwihl wirkte dabei wie ein Prellbock gegen die wandernden Eismassen und brachte sie hier zum Stillstand. Genauso prallte der Rhein-Aare-Gletscher aus den Alpen von Süden her gegen den Berg. Als das Klima sich mit der Zeit wieder erwärmte, begann die Eisdecke abzuschmelzen. Die Erosion durch das Eis und die abfließenden Schmelzwässer vermochten nicht den Sporn von Hechwihl abzutragen. Dafür haben sie ihn aber mit einer bis zu vier Meter dicken Sanddecke überschüttet. In den letzten Jahrtausenden wurde schlußendlich der Sand mit Fließerde aus dem Verwitterungslehm vom weiter oben anstehenden Muschelkalk zugedeckt.
Die Kontroverse um Fortschritt und Tradition, Vernunft und Glaube, Kirche und Welt im 19. und frühen 20. Jahrhundert manifestierte sich in vielerlei Bereichen. Ein besonders sensibles und emotionsbefrachtetes Thema stellte in diesem Zusammenhang die Bestattungsfrage dar. Nachdem jahrhundertelang das Erdbegräbnis die ausnahmslos übliche Art der Bestattung im christlichen Abendland gewesen war, plädierten verschiedene Kreise im Laufe des 19. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Gründen für eine Wiederaufnahme der antiken Sitte der Leichenverbrennung. Auch in Freiburg gaben nach der Wende zum 20. Jahrhundert Pläne zu einem Krematoriumsbau Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen, welche vor allem mittels der zahlreichen damals hier erscheinenden Tageszeitungen in durchaus polemischer Art und Weise ausgetragen wurden. Im Folgenden soll zunächst die allgemeine Wiedererweckung des Brauchs der Feuerbestattung in Deutschland seit der Zeit der Aufklärung dargestellt werden. Daran schließt die spezielle Auseinandersetzung in dieser Frage in Freiburg an. Nach einer kurzen Beschreibung des zuvor heftig umstrittenen Krematoriums wird schließlich das Ergebnis zusammengefasst.
Der in Mauer lebende Autor arbeitet seit einigen Jahren daran, die über seinen Wohnort vorhandenen Dokumente in lateinische Schrift zu übertragen, um sie den Mitbürgern und anderen Interessenten zugänglich zu machen. Eine große Quelle beherbergt das Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA KA). Für Mauer sind die verfilmten Dokumente in der Abteilung 22_9, Nummern 64414 bis 65534 wichtig. In den Dokumenten lässt sich im Hintergrund vieles über das Leben in Mauer in den vergangenen Jahrhunderten erfahren. In der hier beschriebenen Akte, die weit über 200 Seiten hat, geht es vordergründig um eine Geldstrafe gegen den von Zyllnhardtischen Verwalter. Eigentlich handelt es sich aber um eine Auseinandersetzung zwischen Ortsadel und dem Kurfürstlichen Unteramt Dilsberg über die Rechte in Zivilsachen.
Die Wiedereröffnung der Universitäten nach dem Zweiten Weltkrieg war ein zentraler Bestandteil des demokratischen Neubeginns in Deutschland. In Heidelberg bildete sich zeitnah nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen der sogenannte Dreizehnerausschuss aus „unbelasteten“ Professoren, der die Wiedereröffnung der Universität maßgeblich vorantrieb. Ihm gehörte auch der Historiker Fritz (Friedrich
Wilhelm) Ernst (1905–1963) an. In der Forschung wurde sein Einsatz für die Universität hervorgehoben. Auch die Nachrufe auf Ernst loben seine „Leistungen für das Wiedererstehen und Wiedererstarken unserer geliebten Ruperto-Carola nach dem Zweiten Weltkrieg, der er seine ganze Kraft und zum guten Teil die Substanz seiner zarten sensiblen Nerven geopfert hat“, so beispielsweise Karl Engisch in einer Gedenkrede. Bei der Wiedereröffnung des Historischen Seminars und bei der Besetzung der historischen Lehrstühle hatte Ernst als einzig verbliebener Ordinarius entscheidenden Einfluss. Im Folgenden soll untersucht werden, welche Institutionen und welche Kriterien auf die Personalentscheidungen nach 1945 einwirkten – so bei der Wiedereingliederung der Historiker Willy Andreas (1884–1967) sowie Walther
Peter Fuchs (1905–1997) in den Lehrkörper der Universität. Dabei sind die Rolle der betroffenen Wissenschaftler im NS-Regime und der Ablauf der Entnazifizierungsverfahren in den Blick zu nehmen. Welche Institutionen – US-Militärverwaltung, Universitätsorgane, Kultusbehörde – setzten jeweils ihre Vorstellungen durch? Waren die Personalentscheidungen durch sachlich fundierte Auswahlkriterien oder auch durch persönliche Sympathien bzw. Animositäten bestimmt?
Im Mittelalter bis weit in das 16. Jahrhundert hinein war es Rechtsbrauch, dass an der Stelle einer Bluttat, eines Mordes oder
Totschlages, ein Sühnekreuz errichtet werden musste. Es gehörte zur Rechtstradition, dass sich die Angehörigen des Täters und die Hinterbliebenen des Getöteten nach einem Totschlag durch einen Vergleich einigten, der neben der Zahlung von Schadensersatz auch eine öffentliche Sühne des Täters festsetzte. Zu den Sühneleistungen, die ein Übeltäter zur Erlangung der Absolution erbringen musste, zählten besondere Opfergänge, ein Gottesdienst mit Bußprozession oder eine Jahrtagsstiftung, Wachsspenden an die Kirche und Wallfahrten, aber vor allem die Aufstellung eines steinernen Sühnekreuzes. Hätte diese mittelalterliche Rechtsgewohnheit auch noch im 19. Jahrhundert Gültigkeit gehabt, dann stünde heute am Höhenweg vom Pflingsteck zum Hünersedel ein Sühnekreuz. Denn dort auf der Höhe, zwischen dem Heuberg und dem Hünersedel, oberhalb des „Hohbergs", auf der „Hohrüti", an dem alten Passübergang von Schweighausen nach Freiamt, von der Ortenau in den Breisgau, hat sich im Jahre 1828 ein versuchter Totschlag ereignet.
Betritt man die Weber-Medical-Clinic in Olney/Illinois und lässt sich in
der Empfangshalle in einem der schweren Ledersessel nieder, so fällt der
Blick unwillkürlich auf eine Porträt-Gallerie. Links des Haupteingangs reihen
sich zehn ausdrucksvolle, kluge Männer-Gesichter aneinander, alles
Ärzte aus der Familie Weber, die einst am „Weber-Olney-Sanitarium"
praktizierten.
Den meisten Besuchern sind die Namen der Weber-Ärzte noch persönlich
bekannt, wenn nicht, so doch aus Erzählungen der Eltern oder aus Presseberichten vertraut.
Die Geschichte der Weber-Familie kennt in Olney jeder, der in dieser
20 000-Einwohner-Stadt schon längere Zeit wohnhaft ist. Aber nicht nur in
Olney und Umgebung, im ganzen südlichen Illinois genießen die Weber-Ärzte noch großes Ansehen. Ihre Leistung für die Entwicklung des Gesundheitswesens in Illinois ist unvergessen, wie die bis zum heutigen Tage
in regelmäßigen Zeitabständen erscheinenden Berichte in der Regionalpresse über die Pionierleistung der Weber-Ärzte beweisen. [1]
- hopp la, guck mal da! Aus einem mit einem blauen Band zusammengeknoteten Stoß alter Briefe, verschlissener Inflationsgeldscheine mit Millionenbeträgen und seit Jahrzehnten beglichener Haushaltsrechnungen zückt Mutter ein Schulheft hervor. Die Farbe des Umschlags ist so verblichen, daß man kaum zwischen blau und violett unterscheiden kann. - ach ja, mein Schulheft! damals war ich erst. . . Moment mal, Januar 1918, na erst sieben! Tatsächlich verkündet ein mit verschnörkelten Arabesken verziertes Etikett: Elsaß-Lothringen Emma Rublé Straßburg - komisch doch, damals die Schreibart mit e! Vater bestand ausdrücklich auf dem é mit Akzent.
Vor 171 Jahren: Warum eine Gewerbeschule in Sinsheim?
Der Amtmann beim Grosherzoglichen fürstlich leiningenschen Bezirksamt Sinsheim,
Macarius Felleisen, bringt es 1844 auf den Punkt: ,,Diese Anstalt ist hier in
der That absolut notwendig namentlich sind unsere Handwerksleute als Maurer,
Zimmerleute etc im Vergleich zu diesen Gewerbsleuten in anderen Landstädten
sehr weit zurück". GLA 377/ 8190.
Diese Rückständigkeit ist ein allgemeines Problem im Großherzogtum Baden,
nicht nur in Sinsheim.
Das Großherzogtum Baden um 1834
Mehr als ¾ seiner Bevölkerung leben auf dem Land und ernähren sich hauptsächlich
von der Landwirtschaft. Auch die Städte, zumeist Kleinstädte, sind stark landwirtschaftlich
geprägt.
Bei dem Landgut handelt es sich um die kurpfälzische Domäne Kirschgartshausen, unweit nördlich von Mannheim-Sandhofen am Rhein gelegen. Adlige, kirchliche und stadtbürgerliche Eigengüter sind im Südwesten Deutschlands bei der Auflösung der alten Fronhofsverfassung der Karolingerzeit nur in wenigen Residuen erhalten geblieben. Denn die südwestdeutsche Grundherrschaft war
als einer der fünf regionalen Haupttypen der Agrarverfassungen in „den Altsiedellandschaften im Westen und Süden Deutschlands“ vom „Zins- und Rentensystem“ dominiert. Und wie die im Vergleich zur norddeutschen Gutsherrschaft verhältnismäßig wenigen Forschungen zur südwestdeutschen Domänenwirtschaft der letzten Jahre zeigen, entsprach die organisatorische, soziale und wirtschaftliche Struktur jener Güter auch der regionalen Agrarverfassung – freilich nur im Allgemeinen.
Von meinem hundert Jahre alten handgeschriebenen Stammbaum konnte ich ableiten, dass ich in der sechsten Urenkelgeneration von einem Levi abstamme, der, um
1710 geboren, in Eppingen, einer Kleinstadt in Südwestdeutschland
lebte. Das Vorwort zu dieser Stammtafel
beginnt mit einer stilistisch gedrechselten
Feststellung:
"Weitsichtige Familien führen Buch über
ihre Generationen, ein Brauch, der schon
im Buch der Bücher, der Bibel, vorkommt,
wo detaillierte Beschreibungen von einzelnen Personen und ihren Nachfahren zu finden sind. Unter den Israeliten war es yichus, eine Ehre, wenn über eine Familie
gut gesprochen wird. In diesem Sinne verdient die Familie Frank von Eppingen diese
Anerkennung wegen ihres beispielhaften
Bürgersinns und ihrer Humanität."
Die direkte Abstammungslinie der Franks
wird in der Stammtafel mit dem Geburtsjahr
jeder Person wie folgt aufgeführt: Levi (um
1710), Isaak (um 1735), Levi (1765) und
lsaak (1793). Von der Zeit ab wurden die
Namen weltlich, und die Kette setzt sich fort
mit Namen wie Wolf, Julius, Arthur und
schließlich mir, Werner Ludwig, jetzt als
Werner Louis Frank bekannt.
Die „Rheingränz-Carte“ aus der Zeit um 1838 ist nicht nur ein wichtiges Zeitdokument, es gibt dem heimatkundlich und historisch Interessierten auch wertvolle Hinweise über Besiedlung und Entwicklung der hiesigen Landschaft. Sie zeigt sehr deutlich, dass der Rhein kein formierter, sondern ein infolge seines starken Gefälles wilder, ungebändigter Strom war, der sich in vielfachen Verästelungen nach beiden Seiten in Armen und Kehlen zerteilte und auch eine große Zahl von Inseln, Grienen und Wörthen umfloss. Diese Rheininseln wurden von der Bevölkerung für die damaligen Verhältnisse überaus intensiv genutzt. In einem Bericht von 1773 heißt es: „... ich traf durchaus in allen Rheininseln, wo ich hinkam, Huf- und Rindviecher an, welches den jungen Aufwuchs wie Spargeln zusammenfraß ...“ Dies obwohl die Inseln immer wieder durch auftretendes Hochwasser weggeschwemmt wurden, Flussbögen abgeschnitten, Kiesbänke aufgeworfen und wieder fortgetragen wurden. Manches Dorf, das zu nahe am Rhein stand oder dem sich der Rhein im Laufe der Jahrhunderte zu sehr genähert hatte, wurde weggespült, oder die vom Hochwasser bedrohten Gehöfte mussten abgetragen und an einer anderen, höher gelegenen Stelle im Dorf wieder aufgebaut werden.
Immer noch sind Pfarrhäuser im romantischen Unterbewusstsein der Bevölkerung efeuumrankte, von großen alten Linden- oder Eichenbäumen bewachte repräsentative Anwesen. Da und dort werden Pfarrhäuser auch als ein Ort von christlicher Tugend und politischer Moral angesehen. Diese in der Bevölkerung noch immer weit verbreitete idealisierende Vorstellung vom Pfarrhaus als Gesellschaftsideal hat ihren Ursprung auch darin, dass es über viele Jahrhunderte hinweg nicht nur das Wohnhaus des Pfarrers, sondern vor allem auf den Dörfern auch eine wichtige Gemeinschaftseinrichtung war. Vielfach war es gar die einzige Kultur tragende Institution in der Gemeinde und gehörte deshalb über viele Jahrhunderte zum elementaren dörflichen oder städtischen Erscheinungsbild. Zumal das Pfarrhaus regelmäßig mit dem kirchlichen Areal räumlich verbunden war und somit sehr häufig eine bauliche Einheit bildet. Bereits Ludwig der Fromme bestimmte 818, dass zu jeder Kirche ein Hof, Pfarrhaus und Garten gehörte. Das Pfarrhaus, zumindest auf dem Lande, war deshalb in starkem Maß auf Selbstversorgung eingestellt und hatte je nach Lage eine kleinere oder größere Landwirtschaft. Deshalb hatten die Pfarrer nicht nur ein geistliches Amt zu versehen, sondern mussten zugleich im praktischen Leben auch mit Ackerbau und Viehzucht vertraut sein. Im Laufe dieser zwischenzeitlich fast 1.200-jährigen Geschichte wurde das Pfarrhaus überall zu einem öffentlichen und gastlichen Haus. Denn die Menschen suchten beim Pfarrer nicht nur in geistlichen Dingen Rat, sondern wandten sich auch in praktischen Fragen an ihn. Und so wurden das Pfarrhaus im Laufe der Jahre auch ein Ort, an der Kirche außerhalb des Gottesdienstes erreichbar war und wo sich Persönliches und Dienstliches der Menschen miteinander verbandt.
Als im 6. Jh. an Stelle der keltisch-romanisierten Bezeichnung von Argentorate
der Name Strateburgum auftaucht, ist dies gleichsam ein Symbol der Europäischen
Mission Straßburgs. Strateburgum, soviel wie die Burg an der Straße gelegen,
weist schon genügend auf das Schicksal und die Geschichte der Stadt hin.
Im Schnittbereiche der beiden großen Kulturkreise des Abendlandes, der im Mittelmeergebiet
entsprungenen römisch-keltischen und der im mittleren Europa
beheimateten germanischen Kultur, gelegen, wurde Straßburg zu einem Ort
materiellen und geistigen Austausches zwischen Westen und Osten. Deshalb
kannte es während seiner wechselvollen 2000-jährigen Geschichte wenig echte
Friedensperioden. Denn hier am Oberrhein führten die Wege der Vermittlung
und Verständigung vorbei, aber auch die Kampfstraßen der Heere.
Büchenau - ein Straßendorf
(2002)
Südwestlich - ca. 6 km von der Kernstadt Bruchsal entfernt - liegt Büchenau, seit dem 1. Juli 1972 Stadtteil von Bruchsal. Da das Dorf schon einmal, wohl in der Zeit seiner Gründung, zum sehr ausgedehnten Gemarkungsverband Bruchsal gehört hat - wie auch Forst und Neuthard -, sind die Büchenauer jetzt wieder ganz eng mit der Geschichte der Gesamtstadt Bruchsal verbunden. Quasi hat die Stadt Bruchsal ihre Söhne und Töchter wieder. Büchenau ist wohl die jüngste Siedlungsgründung unter den eingemeindeten Ortschaften Bruchsals, denn aus der Frühzeit liegt bis jetzt nur ein einziger Fund vor, eine vermutlich aus der Bronzezeit (etwa 2000-1000 v. Chr.) stammende Bronzespange. Dieser Fund reicht nicht aus, um über eine frühgeschichtliche Besiedlung der Gemarkung etwas auszusagen. Auch über eine Besiedlung in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung fehlt bis jetzt jede Spur.
Die Schweiz bietet auf kleinem Raum eine beachtliche Anzahl verschiedener sogenannter
Hauslandschaften mit jeweils eigenständiger Geschichte und verschiedenen Bauformen. Natürliche Voraussetzungen und kulturelle Eigenheiten prägten diese Hauslandschaften. Sie lassen
sich großräumig in das Schweizer Mittelland, die Voralpen und Alpennordseite, die alpinen
Südtäler, die Westschweiz sowie den Jurabogen gliedern. Die Hausforschung zeigt, dass im
ländlichen Hausbau bis in die frühe Neuzeit vorwiegend in Holz gebaut worden ist. Darauf
folgte in den meisten ländlichen Regionen der Schweiz eine Verlagerung zum Steinbau. Wenigsten drei Phasen der Agrarmodernisierungen haben die Landwirtschaft in der Schweiz nachhaltig verändert und damit auch die dazugehörenden Bauten.
Hitze, Staub und flüssiges Metall – lange Zeit prägten sie die Arbeitswelt von Eisengießereimeister Willi Hess in seiner 1947 in der Lantwattenstraße, Villingen, gegründeten Gießerei.
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft musste er feststellen, dass sein bisheriger Arbeitgeber, die Aluminiumgießerei Villingen, von der französischen Besatzung restlos demontiert worden war. So baute er unter den damaligen Umständen des Tauschhandels seine kleine Gießerei auf. Sein erstes Produkt war ein Waffeleisen, mit dem wiederum andere Produkte eingetauscht werden konnten. Später wurden für die heimische Industrie unterschiedlichste Produkte, von einfachen Gußteilen bis hin zu Spezialkomponenten gegossen, die beispielsweise in Bäckereimaschinen Einsatz fanden. Gegenüber den großen Konkurrenten konnte die Willi Hess KG nur durch Flexibilität bestehen. 1969 übernahm der in Villingen geborene Sohn von Willi Hess, Gießereimeister Jürgen G. Hess, das Unternehmen mit acht Mitarbeitern. Er hatte die Vision von Unabhängigkeit durch eigene Produkte.
CityCult-Projekt
(2015)
Kann man mit 13 bis 16-jährigen Jugendlichen in einer knappen Woche wesentliche Einsichten und Erfahrungen zu einem viele Generationen entfernten historischen Geschehen, dem Ersten Weltkrieg, entstehen lassen? Vom 27. bis 31. Oktober 2014 (in den Herbstferien) versuchten dies ca. 25 Jugendliche aus Heidelberger Gymnasien, zusammen mit einem Team aus Referendaren, Studierenden, Wissenschaftlern, Lokalhistorikern und jungen FSJlern – eingeladen vom Jugendtreff CityCult (einer Kooperation der Evangelischen Altstadtgemeinde Heidelberg- Providenz mit der Stadt Heidelberg). Der thematische Fokus lag auf „Heidelberg im Ersten Weltkrieg“, was möglich machen sollte, den lokalen Bezug, Orte, Namen, Geschehen zu nutzen und zugleich in Institutionen vor Ort zu forschen. Projektarbeit braucht Nähe, sie versucht, Wirklichkeiten plastisch und begrifflich zu erfassen, sich über die noch verfügbare Erinnerung von Menschen, die Teilhaber und Zeitgenossen waren, ein Bild zu machen. Sie ist keine didaktische Spezialmethode, sondern von Anspruch und eigener Geschichte aus betrachtet der Versuch, durch erfahrungsgeleitetes, aktives und selbstständiges Lernen Bildungsprozesse tief zu verankern. Vage Begriffe wie „Erlebnis, Tun, Begegnung“ versuchen die aktivierende und prägende Wirkung von Erfahrung in sozialen und kulturellen Umwelten zu erfassen. Die klassische Projektidee verbindet anspruchsvolle, realistische und relevante Aufgaben, ein hohes Maß an Mitwirkung und Eigenaktivität von SchülerInnen, gemeinsame Planungsprozesse, die Einbeziehung der Sinne und die von Kognitionsstrukturen sowie eine unverkennbare interdisziplinäre Produktionsorientierung.
Es begann 1995 im Rathaus Kraichtal-Münzesheim. Im Gespräch mit Bürgermeister
Horst Kochendörfer und dem Verfasser als damaligem Kulturreferenten entwickelte
Kurt Andermann eine kühne Idee: Eine Historikertagung in Kraichtal, die
sich im zweijährigen Turnus verschiedenen Aspekten der Landesgeschichte widmen
soll. Der Name war mit „Kraichtaler Kolloquium" rasch gefunden, ebenso
wie Gochsheim als Tagungsort mit seinem besonderen Flair. Aber wird es wirklich
möglich sein, renommierte Historiker und Teilnehmer aus ganz Deutschland in die
,,Provinz" nach Gochsheim zu locken? So fragten sich zunächst noch der Bürgermeister
und sein Mitarbeiter.
Das erste Kolloquium stand 1996 unter dem Thema „Geistliches Leben und
standesgemäßes Auskommen. Adlige Damenstifte in Vergangenheit und Gegenwart."
Referenten wie Kurt Andermann, Hermann Ehmer, Franz Staab oder Bernhard
Theil zeichneten ein lebendiges Bild der „Frauenfrömmigkeit" sowie der
notwendigen "adligen Versorgung" und stellten einzelne Stifte wie das Kraichgauer
Adelige Damenstift exemplarisch vor. Am Ende der drei Vortragstage verabschiedeten
sich die begeisterten Teilnehmer in der Gewissheit, sich in zwei Jahren
wiederzusehen. Die besondere Atmosphäre Gochsheims, der Empfang im Rittersaal
des Schlosses und selbstredend das hohe wissenschaftliche Niveau mit anregenden
Diskussionsbeiträgen verbreiteten auch bei den Verantwortlichen der
Stadtverwaltung Zuversicht und der umsichtige Tagungsleiter Kurt Andermann
konnte sich in seiner Idee mehr als bestätigt sehen.
Heidelberg im Jahr 1891
(2016)
Hochzuverehrender Herr Bürgermeister Erichson, Allerhöchst verehrliche Frau Vorsitzende, Frau Dr. Werner-Jensen, Hochansehnliche Festgemeinde, Höchstgeneigte Mitglieder des Vereins Alt-Heidelberg. So etwa hätte der Chronist des Jahres 1891 diese Festversammlung begrüßt, ich schließe mich dem an. Im Mai des Jahres 1891 schlossen sich sieben Heidelberger Bürger zusammen und teilten dem „Verehrlichen Stadtrat der Stadt Heidelberg“ folgendes mit: „Wohldemselben beehren wir uns ergebenst anzuzeigen, daß sich vor Kurzem zur Wahrung der Interessen der in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen Stadtteile hiesiger Stadt ein Verein unter dem Namen ‚Alt-Heidelbergʻ gebildet hat. … zur Wahrung der Interessen der in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen Stadtteile hiesiger Stadt …“ Unmittelbar hat man das Bild des heutigen Heidelberg vor Augen, wenn man
diesen Satz hört, aber das Heidelberg von 1891 war eine Kleinstadt, in der 26 928 Einwohner in 5 574 Haushalten lebten. Und die in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen Stadtteile waren die Kernaltstadt, die Voraltstadt, Schlierbach und die gerade entstehende Weststadt, für die im Jahre 1891 gerade der Bebauungsplan fertiggestellt wurde. Diese heutigen Stadtteile bildeten die gesamte Stadt Heidelberg. Warum aber nun „Alt-Heidelberg“? Heute versteht sich unter dem Namen „Alt-Heidelberg“ der renommierte Stadtteilverein, dessen 125-jähriges Jubiläum wir feiern, und stadtgeografisch die Kernaltstadt zwischen Karlstor und Universitätsplatz und die Voraltstadt zwischen der Grabengasse und dem Bismarckplatz. Alt-Heidelberg klingt programmatisch nach Gegensatz zu Neu-Heidelberg, das es freilich noch nicht gab. Es hatte sich etwas Anderes ereignet, das viele Heidelberger befürchten ließ, die heutige Altstadt werde hinter der allgemeinen Entwicklung zurück bleiben: Zum 1. Januar 1891 war die bis dahin selbständige bäuerliche Gemeinde Neuenheim nach Heidelberg eingemeindet worden.
Den Geist der Heimat kann niemand erfassen, der sich nicht auch einmal in die Betrachtung des Ruheortes der Verstorbenen versenkt hat. Bruchsal hat einen der schönsten und gepflegtesten Friedhöfe in unserer Gegend. Ein ganz eigenartiger Zauber liegt über der alten Begräbnisstätte hinter der St. Peterskirche. Von alten Bäumen überschattet, stehen noch manche altehrwürdige, teils aus bodenständigem Gestein geschaffene Grabmäler, und verkörpern noch Geschichten alter vergangener Bruchsaler Geschlechter. Leider sind die Inschriften der ältesten Grabdenkmäler stark verwittert. Es wäre deshalb eine verdienstvolle Aufgabe, sie zu sammeln und der Nachwelt zu erhalten.