Heft 1
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2007 kann die Kunsthalle Mannheim ihr 100jähriges Bestehen feiern. Die Einweihung des Hauses, in dessen Chronik sich das kulturelle Selbstverständnis der Mannheimer Bürger auf so hervorragende Weise spiegelt, war ein Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag der Stadtgründung. Aus diesem Anlass fand eine Internationale Kunstausstellung statt, die herausragende Werke von Künstlern zeigte, welche heute ihren Platz in der Kunstgeschichte unangefochten innehaben, damals aber längst nicht als durchgesetzt gelten konnten. So konnte sich Mannheim rühmen, 1907, als erste Stadt in Deutschland, in einem größeren Zusammenhang Werke von Paul Gauguin und Vincent van Gogh zu zeigen, Maler, die im wilhelminischen Reich noch weitgehend unbekannt oder verketzert waren.
Vom Acker zum Fließband
(2007)
Mannheim, mit 325 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Baden-Württemberg kann 2007 gerade mal ihr Vierhundertjähriges Stadtjubiläum feiern. Sie ist damit eine recht junge Stadt in der Metropolregion Rhein-Neckar. Die ehemalige Residenz- und Hauptstadt der Kurpfalz wurde 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss nach Verordnung Napoleon I. dem neu geschaffenen Großherzogtum Baden zugesprochen. Markgraf Karl Friedrich von Baden hatte schon 1796 mit Frankreich einen Sonderfrieden geschlossen und die rechtsrheinischen Gebiete des Bistums Speyer militärisch besetzt. Mannheim zählte 1777 bereits 25 353 Einwohner, Stuttgart hatte 1788 zum Vergleich nur eine Bevölkerungszahl von 17 628 und Frankfurt/Main 45 000 Einwohner gezählt.
Nach der Einweihung der Festhalle "Rosengarten" stand der angrenzende "Friedrichsplatz" den Einwohnern der Stadt Mannheim offen. Allerdings sorgten Schutzleute dafür, dass nach Einbruch der Dunkelheit auf dem neuen Schmuckplatz kein Schaberack getrieben wurde. Dies wurde durch Ketten signalisiert, die quer über die Zugangswege gespannt wurden.
Für diesen neuen Schmuckplatz hatten die technischen Ämter anlässlich der Einweihung des 1889 fertig gestellten Wasserturms einen Plan ausgearbeitet, von dem allerdings nur der Grundriss und die wenigen Bäume in der Nähe
des Wasserturms heute noch zu sehen sind.
Schon seit längerem hatte ich mich mit dem Gedanken getragen, einmal unter historischen Gesichtspunkten durch die Mannheimer Hafenanlagen zu führen. Schließlich ist der hiesige Binnenhafen einer der bedeutendsten Europas und mit seinen rund elf Quadratkilometern Fläche inklusive Wasserspiegel der größte Deutschlands. Rund acht Millionen Tonnen werden hier Jahr für Jahr Schiff-Land bzw. Land-Schiff umgeschlagen. Indes sind die Hafenanlagen nicht nur ein wichtiger Teil der
städtischen Infrastruktur, sondern zugleich wesentliches Element der 400-jährigen Mannheimer Stadtgeschichte. Schon zu Zeiten der Festungs- und Stadtgründung 1606/07 legten hier die Holzschiffe und -nachen an, lange bevor im Jahr 1840 das erste Mannheimer Hafenbecken eingeweiht wurde.
Wer aufmerksam durch die Mannheimer Innenstadt geht, stößt seit Anfang 2006 immer wieder auf Glastafeln an Häusern oder eigens dafür aufgestellten Sandsteinstelen, die in Wort und Bild interessante Aspekte der Mannheimer Geschichte darstellen. STADTPUNKTE heißt das von Kulturbürgermeister Dr. Peter Kurz initiierte und vom Stadtarchiv Mannheim
– Institut für Stadtgeschichte realisierte Projekt, das der Mannheimer Innenstadt ihre historische Dimension zurückgibt.
Der Erlenhof
(2007)
Anfang des Jahres 1926 hatten die Stadtväter Mannheims ihrer neu gegründeten Wohnungsbaugesellschaft den Auftrag erteilt, möglichst schnell den akuten Mangel an kostengünstigen Wohnungen zu beseitigen. Am 17. März 1926 tagte der Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Baugesellschaft Mannheim das erste Mal. Kurz darauf, am 10. Mai 1926, wurde auf
dem am nördlichen Rand der Neckarstadt gelegenen 25 386 m2 großen Areal mit dem Bau der Wohnanlage Erlenhof begonnen.
1707 jährte sich zum hundertsten Mal ein Datum, das die Mannheimer Bürgerschaft als grundlegend für ihre Stadtgeschichte begriff. Das vormalige Dorf, nunmehriger Standort einer kurpfälzischen Festung und Objekt ehrgeiziger Residenzpläne des Landesherren, hatte am 24. Januar 1607 die Stadtprivilegien verliehen bekommen. Schon die hundertjährige Wiederkehr des Ereignisses feierten die Mannheimer mit gnädiger Erlaubnis der kurpfälzischen Regierung in aufwändigem Stil.
Der 1. Juli 2005 markiert einen wichtigen Meilenstein in der Restaurierung des Stengelhofes. 5 Bewohner der Lebenshilfe Mannheim bezogen ein neues Zuhause in barocker Umgebung. Damit konnte ein weiterer Teil des ehemaligen Mustergutes gerettet werden, dessen Anfänge in das Jahr 1772 zurückreichen; somit das älteste Kulturdenkmal im Mannheimer Stadtteil Rheinau. Seinen kulturhistorischen Wert besitzt dieses Denkmal in der Tatsache, dass es sich um vermutlich das letzte bauliche
Zeugnis der westeuropäischen Landwirtschaftsreform handelt, die ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts auch in der Kurpfalz Fuß gefasst hatte.
Straßennamen erzählen Geschichte. Diese an sich banale Feststellung erscheint bei näherem Hinsehen komplizierter als auf den ersten Blick. Denn die herkömmliche Unterteilung von Geschichtsquellen in „Überreste“ und „Traditionen“ erlaubt hier keine eindeutige Zuordnung. Straßennamen erscheinen zum einen als Relikte, als Überbleibsel der Zeit, in der dem Weg oder der Straße ein Name gegeben wurde („Überrest“). Zum anderen jedoch spiegelt sich in diesem Namen häufig auch die „Tradition“ wieder, d. h. ein Bild der Geschichte, das zum Zeitpunkt der Namensgebung als Identifikationsmerkmal einer Straße
dienen konnte und bis heute akzeptiert ist.
Im Oktober des Jahres 1854 nahm die französische Spiegelfabrik auf dem Waldhof/Luzenberg ihre Produktion auf. in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts hatte Giulini eine chemische Fabrik in Wohlgelegen gegründet, welche im selben Jahr, in dem die französische Fabrikansiedlung zu produzieren begann, im Verein chemischer Fabriken Mannheim aufging. Dieser hier eingegrenzte Zeitraum ist geprägt von Aufbruchstimmung, von Hafenbau und Handel, von ersten Industrieansiedlungen
und von der Revolution 1848/49.
Im Jahre 2007 feiert Mannheim sein vierhundertjähriges Stadtjubiläum. Seit einiger Zeit finden an den meisten wichtigen Baudenkmalen der Stadt Renovierungen und teilweise beträchtliche Umbauten statt, die zum Jubiläum abgeschlossen sein sollen. Während bei der Jesuitenkirche eine Restaurierung des Außenbaus erfolgt, die kaum in die Substanz eingreift, veränderte sich das Bild von Schloss und Zeughaus. Bei beiden Gebäuden, die zu den wichtigsten Baudenkmalen in
Baden-Württemberg zählen, wurde eine Rekonstruktion der nicht erhaltenen Dächer des 18. Jahrhunderts vorgenommen.
Diese Maßnahmen waren keine Forderung der Denkmalpflege, sondern sind in erster Linie durch die Nutzung dieser Objekte begründet. Mit der Rekonstruktion der ursprünglichen Dachformen erhielten jedoch beide Großbauten ihre frühere charakteristische Silhouette zurück.
Die Reiss-Engelhorn-Museen
(2007)
Die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim [rem genannt] haben sich in den letzten Jahren zu einem international agierenden
Museumskomplex, herausragenden Ausstellungsstandort und bedeutenden Forschungszentrum entwickelt. Vor allem in den Bereichen Archäologie, Weltkulturen und Fotografie zählen die rem nicht nur zu den bedeutenden Ausstellungshäusern in Deutschland, sondern auch in Europa. Mit der Neueröffnung der Zeughaussammlungen zur Kunst und Kulturgeschichte
sowie zur Geschichte Mannheims und der Region werden auch diese Fachrichtungen im nationalen und internationalen Museumswesen Beachtung finden. Mit insgesamt 11 300 qm Ausstellungsfläche und ca. 1,2 Mio. Exponaten sind die rem der größte süddeutsche Museumskomplex in kommunaler Trägerschaft.
Die Rückkehr des Thrones
(2007)
Als im Jahr 1802 die Kurpfalz an Baden überging, brach für Schloss Mannheim eine neue Epoche der herrschaftlichen Repräsentation an. Residierten einst die wittelsbachschen Kurfürsten von altem Stamm in der zu den größten Schlössern in Deutschland zählenden Anlage, zog in das bedeutende Bauwerk nun der badische Markgraf im Stand eines neuen Kurfürsten ein. Schmerzlich mag der Wechsel empfunden worden sein, doch längst hatte man in Mannheim die alte Herrschaft
entbehren müssen, war sie ja vor 25 Jahren nach München übergesiedelt. An eine Rückkehr des Kurfürsten schienen die
Menschen nicht mehr zu glauben und nur in Erinnerungen trauerte man vielleicht der guten alten Zeit nach.
Tatort Bösfeld
(2007)
Der Bau der SAP-Arena führte zur Wiederentdeckung eines der größten Friedhöfe aus frühmittelalterlicher Zeit des 6.–8. Jahrhunderts. Die Größe des Friedhofs und die qualitätvolle Ausstattung sind im Rhein-Neckar-Raum, der Pfalz und Südhessen einzigartig, nur wenige alamannische Friedhöfe in Südwestdeutschland sind mit diesem Gräberfeld vergleichbar (Abb. 1). Bereits im Winter 1906/07 entdeckten Mitglieder des Mannheimer Altertumsvereins von 1859 bei Grabungen an der ehemaligen Gemarkungsgrenze von Feudenheim, Seckenheim und Neckarau im Bereich der heutigen Xaver-Fuhr-Straße sechs in zwei Reihen angeordnete Gräber aus dem 7. Jahrhundert, zwei Jahre später kam dort ein weiteres Grab zutage.