Heft 1/2
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Berg der Entschiedenheit
(2015)
Wolfgang Rihm (* 13. März 1952 in Karlsruhe) wollte als Kind zuerst Maler werden, sein Vater besuchte mit ihm gerne und regelmäßig Ausstellungen in Karlsruhe, dann Schriftsteller und schließlich Komponist. Heute ist er zuerst Komponist, dann Schriftsteller und manchmal auch Maler, wenn man die ästhetische Qualität seiner Manuskripte, aber auch seine in der Sacher
Stiftung hinterlegten Zeichnungen betrachtet. Als Schriftsteller und Essayist wurde er im Herbst 2014 mit dem
»Robert-Schumann-Preis für Dichtung und Musik« der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz ausgezeichnet.
Der Deutsche Städtetag bietet eine Übersicht an, die laufend aktualisiert wird und in der für 2015 19 Städte genannt sind, die in diesem Jahr ein Stadtjubiläum feiern. Angeführt wird diese von Bitburg, das auf eine 1300-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die am 17. Juni 1715 gegründete Stadt Karlsruhe kann da altersmäßig natürlich nicht mithalten und nur das vor 150 Jahren zur württembergischen Stadt Weingarten erhobene vormalige Altdorf verhindert, dass Karlsruhe in dieser Liste auf dem letzten Platz steht. Trotz seines jugendlichen Alters hat Karlsruhe aber schon eine, wenn auch – vor allem wegen des Jubiläumsjahrs 1915 – nicht ungetrübte Tradition von Stadtjubiläen aufzuweisen. Im Folgenden soll diese Tradition vor allem
unter dem Aspekt des Ertrags für die Stadtgeschichtsschreibung und des jeweiligen Beitrags des Stadtarchivs vorgestellt
werden.
»Der Zugang zu Kultur soll in Karlsruhe als ein Grundrecht gelten.« Diese Setzung findet sich in der »Kulturerklärung
für Karlsruhe«, auf die sich im Sommer 2013 die Karlsruher Kulturschaff enden geeinigt hatten. Im Mai 2014 verabschiedete dann der Karlsruher Gemeinderat einstimmig das Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe, dem die »Kulturerklärung
für Karlsruhe« vorangestellt ist. Darin verpflichten sich die Kommunalpolitik wie die Karlsruher Kulturschaffenden, ihre »Arbeit als die Gewährleistungen eines Rechts auf Kultur« zu begreifen.
Learn to Read Art
(2015)
»Learn to Read Art« – das von Lawrence Weiner, US-amerikanischer Konzeptkünstler, entlehnte Zitat gehört beim Badischen Kunstverein zum Programm. Ausstellungen internationaler, zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler werden durch ein anspruchsvolles Rahmenprogramm begleitet. Hinter seiner historischen Fassade in der Karlsruher Waldstraße 3 präsentiert der Badische Kunstverein ein breitgefächertes Ausstellungsprogramm mit zeitgenössischen Positionen – immer mit dem Weitblick
auf internationale Künstlerinnen und Künstler, die in Deutschland bislang keine oder kaum Beachtung gefunden haben. Entsprechend konzentrieren sich die Ausstellungen auf künstlerische Werke, die nicht auf einer Vorstellung von Kunst
als selbstbezügliches System beharren, sondern vielmehr im Sinne eines erweiterten Kunstbegriffs gegenwärtige soziale, politische und kulturelle Prozesse offensiv hinterfragen.
»Man weiß, mit welchem Nutzen die Nationen ihre Geschichte aufzeichnen. Den gleichen Nutzen hat auch der einzelne Mensch von der Aufzeichnung seiner Geschichte. Me-ti sagte: Jeder möge sein eigener Geschichtsschreiber sein, dann
wird er sorgfältiger und anspruchsvoller leben.« Mit dieser Sentenz aus dem »Buch der Wendungen« verweist Bertolt Brecht auf die Bedeutung, die ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein auch und gerade für das Individuum haben kann. Dabei kommt es nicht darauf an, dass man sich mit der nationalen Geschichte auseinandersetzt, denn, so die oft zitierte Sentenz des Philosophen Arthur Schopenhauer: »Die Geschichte eines Ortes, und sei er noch so klein, ist wichtig und interessant, kann man an ihr doch die Geschichte der Menschen studieren.«
Die Gründung des Stadtarchivs Karlsruhe als älteste von der Stadt allein getragene Kultureinrichtung geht auf einen 1882 veröffentlichten Aufruf an die Karlsruher Bevölkerung zurück, »etwa in ihrem Besitz befindliche Pläne, Ansichten und Beschreibungen, welche von dem baulichen Zustande und der Entwicklung der hiesigen Stadt in früherer Zeit Kunde geben« einem zu gründenden Stadtarchiv zur Verfügung zu stellen. Damit war ein Sammlungsauftrag formuliert, den das Stadtarchiv seit seiner offiziellen Gründung im Jahr 1885 als einen Schwerpunkt seiner Arbeit umsetzt.
Die alte Gymnasiumsbibliothek und die neue Historische Bibliothek des Bismarck-Gymnasiums Karlsruhe
(2015)
Am Anfang standen einige wenige zu Demonstrationszwecken aufbewahrte Bücher des 16. und 17. Jahrhunderts und eine Vielzahl vor allem griechischer und lateinischer Bücher, ein provisorischer Zettelkatalog sowie eine Bibliotheksausstattung
und ein Bibliotheksraum. Letzterer war ungenutzt und glich eher einem Abstellraum als einer Bibliothek. Das war die Ausgangslage, bevor das Bibliotheksprojekt »Mit alten Büchern Neues lernen« 2010/11 in Angriff genommen wurde.
Wenn in diesem Jahr die art KARLSRUHE nun schon zum 12. Mal ihre Pforten öffnen wird, dann blickt man in der
Fächerstadt auf eine Erfolgsgeschichte zurück, an der viele mitgewirkt haben, welche jedoch ohne die Ideen und Energie
des Kurators und Projektleiters der Kunstmesse Ewald Schrade nicht denkbar gewesen wäre. Die Geschichte der art KARLSRUHE ist eng verbunden mit dem Bau der Neuen Messe Karlsruhe. Politisch war der Bau zwar bereits zur Jahrtausendwende beschlossen worden, doch bis zur Einweihung des Messegeländes in Rheinstetten sollte es noch bis zum Oktober 2003 dauern. Dem damaligen Geschäftsführer Claus Hähnel standen nunmehr vier Messehallen mit insgesamt 52 000 m2 Ausstellungsfläche sowie 10 000 m2 Freifläche zur Verfügung, die durch ein vielfältiges Messe- und Veranstaltungsprogramm mit Leben gefüllt werden sollten.
Professor Ernst Caramelle leitet seit 2012 die Staatliche Kunstakademie Karlsruhe als Rektor. Der 1952 in Hall in Tirol geborene Künstler ist seit 1994 Professor für Malerei an der Hochschule. Zuvor lehrte er von 1981 bis 1983 an der Städelschule in Frankfurt am Main und von 1986 bis 1990 an der Hochschule für angewandte Kunst Wien, wo er selbst seine Ausbildung absolviert hatte. Im Gespräch mit den Kunsthistorikerinnen Dr. Ursula Merkel und Susanne Schiller-Winkel
wirft er einen Blick auf die Geschichte und die heutige Bedeutung der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe.
Wirtschaft in Karlsruhe
(2015)
Das Wirtschaftsleben ist ein fester Bestandteil der badischen Kultur. In der heutigen TechnologieRegion Karlsruhe hat es in 300 Jahren das Lebensgefühl mit geprägt und zeigt sich dabei vor allem modern und selbstbewusst. In Zeiten eines tiefgreifenden Wandels durch Internationalisierung und die Digitalisierung der Wirtschaft ist Karlsruhe Motor für innovative technologische Entwicklungen, für Online-Handel und für Industrie 4.0, die sogenannte »Vierte Industrielle Revolution«. Die Region von Waghäusel bis Bühl – unter dem Namen TechnologieRegion Karlsruhe als Marke bekannt – zählt zu den wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands und Europas. Mit im Durchschnitt 95–98 Prozent Beschäftigungsquote herrscht hier de facto Vollbeschäftigung. Ein entscheidender Faktor dafür ist die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mit über 4100 Unternehmen und rund 30 000 Beschäftigten.
Dreimal in sieben Jahren
(2015)
Am 1. Juli 1959 wurde Heinrich Lübke zum zweiten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Als Nachfolger von Theodor Heuss trat er sein Amt am 13. September desselben Jahres an. Damit erreichte das bewegte
Leben eines Mannes seinen Höhepunkt, der als Offizier am Ersten Weltkrieg teilgenommen, das Scheitern der ersten deutschen Demokratie miterlebt, als Reserveoffizier Dienst in der Wehrmacht geleistet, und in der Bundesrepublik im zweiten und dritten Kabinett Adenauer das Amt des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten innegehabt hatte. In seiner fast zehnjährigen Amtszeit als Bundespräsident besuchte Lübke die Fächerstadt Karlsruhe dreimal. Im Folgenden sollen Anlass und Ablauf dieser Besuche näher beschrieben und bewertet werden.
Es gibt wohl kaum eine Stadt, die in ihrer Gestalt den absolutistischen Gedanken deutlicher zum Ausdruck bringt als Karlsruhe – die Stadt, die ein Fürst von 1715 an förmlich aus dem Boden stampfen ließ. Ihren Mittelpunkt bildete das Schloss, von dem die Straßen ausgingen wie die Strahlen von der Sonne und wie die der Gnade von dem, der in ihm residierte; sie unterwarfen die Stadt einem geometrischen Raster, das keine Abweichungen duldete; und sie ermöglichten Blicke, denen nichts verborgen blieb.
»KA 300«
(2015)
Als Oberbürgermeister Mentrup von der BNN nach dem Stand der Vorbereitungen des Stadtgeburtstags gefragt wurde, wollte man unter anderem von ihm wissen: »Empfinden die Karlsruher so etwas wie Stolz auf ihre Stadt?« Seine Antwort enthielt leise Kritik: »Die Karlsruher sind ein bisschen zu bescheiden«. Die Fragestellung, die ich für mein Thema mitbringe, schließt hier an und konkurriert insofern mit dem Interesse vieler Mitglieder des Marketing Clubs. Wer wollte ihnen verdenken, wenn sie wissen wollen, was vom Stadtgeburtstag für sie abfällt, ob mehr Kunden von auswärts kommen, ob die Geschäfte danach
besser gehen als davor.
Das 300-jährige Jubiläum der Stadt legt es nahe, einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) und die mit ihm verbundene Hochschule für Gestaltung (HfG) zu werfen, die beide von
beachtlicher regionaler und internationaler Bedeutung sind. Mein Blick fällt dabei bewusst auch auf kleine Geschehnisse
am Rande der offiziellen Generallinie. Die Karlsruher fremdelten lange mit ihrem ZKM. Die BNN berichteten darüber und stellten fest, »dass die Stimmung in Sachen ZKM nicht nur euphorisch ist. […] Vorurteile und Ängste sind groß«. Dieses Fremdsein ist bis heute noch nicht ganz geschwunden, aber doch weitgehend überwunden. Trotz der sanierungsbedingten Schließung des Medienmuseums ab Oktober konnte das ZKM 2014 rund 207 000 Besucher verzeichnen. Wenn man vom ZKM spricht, darf man auch die Hochschule für Gestaltung (HfG) nicht vergessen, auch wenn es sich um zwei unterschiedlich
finanzierte und organisierte Einrichtungen handelt. Heinrich Klotz hatte damals aus gutem Grund die Errichtung der HfG zur Bedingung seiner Berufung als Direktor des ZKM gemacht.
Es brauchte einige Jahrzehnte, und langwierige Planungen waren notwendig, bis sie endlich in Karlsruhe zueinander fanden: badische Residenz und badisches Archiv. Zunächst war es gar nicht sicher, ob sich die Gründung von Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738) im Hardtwald tatsächlich als dauerhafter Mittelpunkt der Markgrafschaft durchsetzen
würde. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Weichen zugunsten von Karlsruhe und somit gegen Durlach gestellt. Zu dieser Zeit konnte das badische, d. h. das fürstliche Archiv der Markgrafen von Baden bereits auf eine lange Tradition zurückblicken. Man verwahrte seit dem Hochmittelalter seine wichtigsten Dokumente sorgfältig; 1388 finden wir erstmals das markgräfliche Archiv explizit in den Quellen genannt. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts waren Urkunden und Akten nach einem Brand aus Durlach nach Basel geflüchtet worden. Das Oberrheingebiet – in jenen Jahrzehnten regelmäßig Aufmarschgebiet gegnerischer Truppen – erschien zu unsicher. Basel als neutrale Stadt der Eidgenossenschaft
bot eine Alternative: Der Markgräfler Hof, das repräsentative badische Stadtpalais, wurde zur stattlichen Nebenresidenz mit Archiv und Kanzlei ausgebaut. Der »juristische Staatsschatz« aus Urkunden und Akten war die Rüstkammer, mit der die Herrschaft gegen fremde Ansprüche verteidigt werden konnte. Ihn galt es zu hüten – wenn nötig sogar im Ausland.
Auch wenn es schon lange kein eigenständiges Land Baden mehr gibt, so besteht doch weiterhin eine Evangelische
Landeskirche in Baden, deren »Sprengel« deckungsgleich mit dem Territorium des ehemaligen Großherzogtums Baden ist. Seit 1821 ist die Badische Landeskirche eine unierte Kirche, in der die unterschiedlichen lutherischen und reformierten
Traditionen der Territorien aufgingen, aus denen das Großherzogtum Baden gebildet wurde. Bis heute ist die alte Landeshauptstadt Karlsruhe Sitz der Evangelischen Landeskirche geblieben, die ihren Verwaltungssitz im Evangelischen
Oberkirchenrat in der Blumenstraße 1–7 gefunden hat.
Ganz schön aufgeweckt
(2015)
In dem Buch »100 Jahre für Baden« ist ein ausführlicher Bericht über die Geschichte der Regionalgruppe Karlsruhe im 20. Jahrhundert enthalten. Besonders hervorgehoben wird die rege Veranstaltungstätigkeit unter den Vorsitzenden Dr.
Eberhard Knittel (1951–1987), Reg.-Dir. Udo Theobald (1987–1992) und OStR Jörg Vögely (1992–2002). In den fünfziger Jahren gab es manchmal bis zu drei Veranstaltungen im Monat und die Mitgliederzahl war auf fast 1000 gestiegen. Nach einer Vakanz im Vorstand im April 2002 wurde am 9. April 2003 ein neuer Vorstand gewählt. 1. Vorsitzender wurde der Stadtrat Dr. Hans-Jürgen Vogt, als Stellvertreter wurde Prof. Dr. Siegfried Rietschel gewählt und Elisabeth Schraut M.A. übernahm die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Am Anfang war der Bundesgerichtshof, so kann chronologisch die Geschichte der Residenz des Rechts eingeleitet werden
– rangmäßig steht freilich das Bundesverfassungsgericht als Verfassungsorgan und oberster Gerichtshof an der Spitze. Am
2. Oktober 1950, einem Montag, nahm der Bundesgerichtshof seine Tätigkeit im Erbgroßherzoglichen Palais in der Karlsruher Innenstadt auf. Am darauf folgenden Sonntag, dem 8. Oktober 1950, fand die feierliche Eröffnung des Gerichtshofs statt.
Bundespräsident Theodor Heuss betonte in seiner Ansprache, dass die Autonomie der Rechtsfindung und der Rechtsentscheidung aus dem Einwirkungsvermögen der Besatzungsmächte vollends ausgeklammert werde und auch bleibe. Bundesjustizminister Thomas Dehler vereidigte Hermann Weinkauff als neuen Präsidenten und Carlo Wiechmann als Oberbundesanwalt.
Stadtbibliothek Karlsruhe
(2015)
Als der Karlsruher Bürgerausschuss und der Stadtrat am 30. Juni 1921 die Gründung einer städtischen Bücherei und Lesehalle beschlossen, taten sie dies in dem Bewusstsein, dass die öffentlichen Büchereien unter den kulturellen
Einrichtungen der Stadt »immer einen wichtigen Platz« eingenommen hatten. Es entspreche gerade in einer Zeit, »in der nach dem äußeren politischen Zusammenbruch ein Sehnen nach seelischer Einkehr und geistiger Vertiefung weite Kreise erfasst hat« einem kulturellen Bedürfnis, dass eine solche Einrichtung eine Lücke in Karlsruhe fülle, die von den bestehenden öffentlichen Bibliotheken gelassen werde. Die größte von diesen, die Badische Landesbibliothek, diene in erster Linie dem Bedürfnis gelehrter Kreise, das Landesgewerbeamt halte in seiner Bücherei vorwiegend technische und gewerbliche Werke
vor, die Technische Hochschule stelle den Studenten Fachliteratur zur Verfügung. Die städtische Bücherei solle sich deshalb an das »Volk in weitestem Sinne« wenden und eine »Sammlung guten Schrifttums unterhaltenden und belehrenden Inhalts
[…] zu größtmöglicher Benutzbarkeit frei und leicht zugänglich« machen.
MatrjoschKA am Oberrhein
(2015)
»Karlsruhe muss Hauptstadt werden «, verkündete vor gut zehn Jahren selbstbewusst eine Annonce im Rahmen der Bewerbungskampagne zur Kulturhauptstadt Europas 2010, die bundesweit für große Aufmerksamkeit sorgte. Dabei gilt die Fächerstadt schon in mehrfacher Hinsicht als Metropole, sei es als Heimat der höchsten deutschen Gerichte, als
Internethauptstadt oder jüngst als Hauptstadt des Carsharing. Mit ihrem Karlsruher Institut für Technologie gehört
die ehemalige badische Residenz zu den bekannten Hot Spots der Ingenieur- und Informatikszene.
Wie kann sich ein kommunales Kunstmuseum an einem Stadtjubiläum beteiligen? Mit einer Ausstellung bedeutender historischer Künstler, die am Ort studierten wie Emil Nolde oder Otto Modersohn, mit Künstlern, deren familiäre Wurzeln
in der Stadt liegen wie Lyonel Feininger oder mit international renommierten Malern, die hier tätig waren wie Karl Hubbuch,
Georg Baselitz, Markus Lüpertz oder Per Kirkeby? Zu allen Genannten zeigte die Städtische Galerie Karlsruhe in den letzten drei Jahrzehnten umfangreiche Schauen. Seit ihrem Bestehen widmet sie sich aber auch in unregelmäßigen Abständen der Baugeschichte der Stadt, vorwiegend aus Zeiten, als die Architekten ganzheitlich planten: von der Gebäudehülle bis zu Alltagsgegenständen wie Möbel, Geschirr oder gar das Kleid der Hausherrin. An diese Tradition knüpfen wir nun im Jubiläumsjahr an und stellen das Werk des Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826) in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten.
Modehaus Schöpf
(2015)
Das Modehaus Schöpf ist ein Familienunternehmen mit viel Tradition und einer langen Erfolgsgeschichte. Als Modehaus für die ganze Familie mit einem besonderen Schwerpunkt auf festlicher Mode hat man sich auch weit über die Stadtgrenzen von Karlsruhe hinaus einen Namen gemacht. Besonders wegen seines qualitativ hochwertigen Sortiments und seiner
zahlreichen Serviceleistungen kommen die Kundinnen und Kunden teilweise sogar aus der Pfalz, der
Rhein-Neckar-Metropolregion, der Ortenau, Südbaden und aus dem Elsass.
Als Casimir Schweizelsperg am 3. März 1714 seinen Dienst am markgräflichen Hof in Durlach antrat gab ihm der Markgraf Carl Wilhelm den Auftrag, eine Oper zu schreiben, an der das ganze Ensemble beteiligt werden sollte. Zwar lässt sich dieser
Wunsch nicht schriftlich belegen, aber das Ergebnis, die Oper »Lucretia«, vereint ganz deutlich Merkmale eines solchen Auftrages, wie sie so wohl in keiner anderen barocken Oper anzutreffen sind.
»Wenn ich mich frage, was Menschen Ihrer Art an und in meiner bisherigen Produktion gefunden haben, so muß ich mir antworten, es ist das ethische Element darin«. Näher kennengelernt hatte Thomas Mann dieses »ethische Element«, das er in einem Brief an Adolf von Grolman erwähnte, in der Zeit zwischen 1916 und 1918. Adolf von Grolman studierte an der Münchner Universität und besuchte den damals schon prominenten Autor von »Buddenbrooks« insgesamt neun Mal
in der Poschingerstraße. »Mit Thomas Mann stehe ich geradezu freundschaftlich«, berichtete er am 24. Juli 1917 seiner Mutter. So viel Zeit opferte Thomas Mann bekanntlich nur, wenn für ihn dabei etwas heraussprang. Offensichtlich
lieferte ihm Adolf von Grolman in der Zeit, als er seine »Betrachtungen eines Unpolitischen« schrieb, wertvolles Material.
»Menschen, die ihm nützen und etwas zutragen konnten, oder die ganz einfach interessante Figuren waren, hatten sehr viel größere Chancen, bis zu ihm durchzudringen, als andere, die ihrerseits etwas von ihm wollten und auch sonst nicht viel zu
bieten hatten«.
Katholisches in Karlsruhe
(2015)
Am Anfang stand ein Akt der Toleranz. Schon in seinem Privilegienbrief vom 24. September 1715, im ersten Paragraphen, versprach Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738) allen neu Zugezogenen, »die einer der im Heiligen Römischen Reich verbreiteten Religionen angehören«, in seiner neuen Hauptstadt Karlsruhe Aufnahme und Förderung »in ihrem Handel und Wandel«. Die von dem lutherischen Landesherrn den Angehörigen anderer christlicher Bekenntnisse, Reformierten und Katholiken, aber auch jüdischen Neubürgern gewährte Religionsfreiheit hatte bekanntlich durchaus auch pragmatisch-politische Gründe, galt es doch, der neuen Stadt wie dem ganzen, stark entvölkerten Land möglichst zahlreiche neue Einwohner zuzuführen.
Die Pyramide in Karlsruhe
(2015)
Nach den Friedensverträgen der ersten Jahre des 19. Jahrhunderts, zuletzt in Pressburg 1805, wurde die Markgrafschaft zum Kurfürstentum, nach dem Beitritt zum Rheinbund 1806 zum Großherzogtum. Baden erhielt Gebiete beträchtlichen Umfangs hinzu, das Land reichte nun vom Bodensee bis zum Main. Karlsruhe blieb die Residenzstadt und war innerhalb kurzer Zeit vor die Erfüllung von Aufgaben gewaltigen Ausmaßes gestellt. Diese betrafen nicht nur die Administration, sondern auch öffentliche Einrichtungen für die Bewohner der Stadt. Ihre Zahl wuchs innerhalb weniger Jahre stark an.
Die City von Karlsruhe ist nahezu identisch mit dem Karlsruhe der Gründerjahre. Weltbekannt ist der berühmte
Fächergrundriss der Planstadt mit Schloss im Strahlenzentrum und einer Stadtanlage in klassizistischer Strenge mit Bauten Friedrich Weinbrenners in den südlichen Fächern. In der City befinden sich der Marktplatz, das Rathaus und das Regierungspräsidium, hier konzentrieren sich die Warenhäuser, Vergnügungsstätten, Museen, Verwaltungseinrichtungen
und Gerichte (auch das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof). Hier entstehen bis 2020 unter der Kaiserstraße ein Stadtbahntunnel mit Südabzweig und eine umgebaute Kriegsstraße mit neuer Straßenbahntrasse.
»Lindemanns Bibliothek«
(2015)
Mag sein, dass man Karlsruhe nicht als das literarische Zentrum Europas bezeichnen kann. Ebenso richtig ist aber auch, dass die Literatur in Karlsruhe eine lange Tradition hat. »Viel vor und viel dahinter«, der viel gelittene Slogan des Karlsruher Stadtmarketing, hat für Literatur in und aus der Fächerstadt durchaus seine Berechtigung: hier wird nicht nur solche gelesen,
hier wird Literatur gemacht. Und das bereits seit 1719: Von Johann Peter Hebel, Victor von Scheffel, Otto Flake, Marie-Luise Kaschnitz, Walter Helmut Fritz bis hin zu Katja Henkel, Silke Scheuermann, Patrick Roth, Markus Orths, Matthias Kehle, Volker Kaminski – all dies sind Autorinnen und Autoren, die aus Karlsruhe stammen, die hier gewirkt haben und bis heute wirken und die weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind. Selbstredend: Autoren brauchen Verlage. Und auch die haben eine interessante, wechselvolle Geschichte in Badens ehemaliger Residenz: Macklot und Schmieder, C. F. Müller, G. Braun, Badenia,
der legendäre Stahlberg – inzwischen alle nicht mehr existent – und seit 1953 der Badnerland Verlag, der spätere Info Verlag, der 2013 sein 60-jähriges Bestehen feierte und nach wie vor in Familienbesitz ist.
Gärten der Religionen sind ein hochaktuelles Thema. Sie sollen Zeugnis ablegen, dass richtig verstandene Religiosität das
friedliche Zusammenleben der Menschen nicht gefährdet, sondern fördert. Ein Garten bietet für dieses Anliegen einen
idealen Rahmen, weil er bei den meisten Menschen von vornherein positive Assoziationen weckt. Je mehr die weltweiten Migrationsbewegungen zunehmen, desto notwendiger wird es, sich mit bisher fremden Kulturen und Weltanschauungen auseinanderzusetzen. Gegenseitiges Kennenlernen beugt Angst und Aggression vor. Jeder darf natürlich die eigene Religion als geistige und emotionale Heimat pfl egen, sich aber nicht darin gegen Andere abschotten.
Die Stadt neu denken
(2015)
Im 2012 verabschiedeten Integrierten Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe (ISEK 2020) ist das Räumliche Leitbild Karlsruhe
als ein Leitprojekt des Handlungsfeldes Fokus Innenstadt und Stadtteile 2020 verankert. Dieser Planungsprozess hat zum Ziel, die künftige städtebaulich-räumliche Entwicklung in einem breit angelegten und sehr frühzeitig initiierten Beteiligungsprozess
mit der Öffentlichkeit und den politischen Gremien zu entwickeln.
»Stadt ist kein in seiner Totalität beschreibbarer Umstand« und »es gibt keinen privilegierten Blick auf die Stadt«. Von diesen beiden Maximen der gegenwärtigen Stadtsoziologie ist auszugehen, wenn man sich mit dem Phänomen Stadt publizistisch beschäftigt. In der Praxis heißt das, dass es gegenwärtig nur Lesarten von einer Stadt geben kann. Die Lesart ihrerseits aber ist
Teil des City-Brandings als einer von der Kommune bevorzugten Art der Sicht, das »Eigene« zur Geltung zu bringen.
Als die Badische Landesbibliothek 22 Jahre nach ihrem Untergang endlich ein eigenes Gebäude beziehen konnte, um ihren Lesern in komfortabler Weise Literatur und Informationen zur Verfügung zu stellen, zählte der Bibliotheksbestand
immerhin wieder 327 000 Werke. Damit hatte er das Vorkriegsniveau beinahe wieder erreicht: Als die Bibliothek in der
Nacht vom 2. auf den 3. September 1942 im Bombenhagel auf Karlsruhe untergegangen war, hatte sie bei einem Verlust von 365 000 gedruckten Bänden nahezu einen Totalschaden erlitten. Allein die rechtzeitig an sichere Orte ausgelagerten Handschriften, Inkunabeln und sonstigen wertvollen Stücke waren gerettet worden, außerdem die zufällig gerade ausgeliehenen Titel und schätzungsweise 13 000 Bücher, die den Brand überstanden hatten.
Die Geschichte der Befassung mit der Kunst Frankreichs in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe beginnt in der vorinstitutionellen Phase des Museums: Schon in den frühen Gemäldeinventaren der Markgrafen von Baden-Durlach und Baden-Baden von 1688 und 1691 sind die ersten französischen Werke, darunter die Verkündigungstafel von Jacques Bellange, nachweisbar. Doch erst in der zweiten Hälft e des 18. Jahrhunderts wurden mit Markgräfin Karoline Luise von Baden (1723–1783) die Voraussetzungen für die Frankreich-Orientierung des späteren Museums geschaffen. Es waren
französische Intellektuelle, Agenten, Sammler und Künstler, denen die besondere Aufmerksamkeit der französisch parlierenden und korrespondierenden Markgräfin galt. Die Achse Karlsruhe – Paris war die geistige Lebensader der kosmopolitisch
gesonnenen und europäisch vernetzten Karoline Luise.
Die Literarische Gesellschaft e. V. wurde am 13. September 1924 im Heidelberger Gasthaus »Zum Ritter« unter dem Namen
»Deutscher Scheffelbund e. V.« gegründet. Zur Gründungsfeier hatte Eck Freiherr von Reischach-Scheffel, der Ehemann
von Scheffels Enkelin Margaretha von Reischach-Scheffel, geladen. Zum Vorsitzenden wählte man den renommierten
Heidelberger Germanisten und Universitätsprofessor Friedrich Panzer (1870–1956). In seiner Satzung machte es sich der
Scheffelbund zum Ziel, zum Andenken an den im 19. Jahrhundert sehr beliebten Dichter Joseph Victor von Scheffel
(1826–1886) ein deutsches Scheffelmuseum und Archiv einzurichten, ein Jahrbuch herauszugeben sowie die Hohentwiel-Festspiele ideell und möglichst auch materiell zu unterstützen, bei denen auch junge, aufstrebende Talente die Aufführung ihrer Werke realisieren konnten.
Ein neues Staatstheater
(2015)
Kultur braucht Räume. An Theatergebäuden lässt sich im Besonderen ablesen, welchen Stellenwert sie in einer Stadt und in einer Region besitzt. Die Häuser sind die Raum gewordenen Indikatoren für die Lebensart einer Stadt. Die Theater-Architektur mit ihren ganz eigenen Erfordernissen hat in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur die Technik des künstlerischen Zweckbaus, sondern mit ihrer eindrucksvollen Gestaltungskraft das kulturelle Leben und das Gesicht der Städte stark beeinflusst. Theater gehören zu den markantesten Gebäuden einer Stadt, bereits die Wahl des richtigen Ortes stellt die Bauherren vor eine wesentliche Herausforderung.
Karlsruhe im Jahr 2030 ist mit 315 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs und zeichnet sich durch
eine starke wirtschaftliche Entwicklung sowie durch eine hohe Lebensqualität aus. Die Stadt konnte in den letzten Jahren im
Verbund mit der Technologieregion ihren Ruf als innovativer Wissenschaft s- und Wirtschaftsstandort in einem intakten Umfeld behaupten und ausbauen. Bürgerinnen und Bürger haben vielfältige Möglichkeiten, Entwicklungen in ihrer Stadt aktiv mitzugestalten.
Karlsruhe und Baden-Baden
(2015)
Karlsruhe ist mit seinen 300 Jahren Stadtgeschichte eine junge Stadt. Als solche fühlt sie sich auch, leichtfüßig, mit tiefer badischer Bindung, aber eben ohne tradierte, historische Verwurzelung. Diese »Leichtigkeit« der Jugend ist es aber gerade, die den deutlich älteren Teilen der Stadt zuweilen missfällt. So fühlen sich Grötzingen mit den amtlichen Wurzeln seit 935 n. Chr. und vor allem die alte Residenz Durlach nicht nur als Vorfahren, sondern quasi als Mütter von Karlsruhe. Auch wundert sich so manche historisch reich entfaltete Stadt der Region über diese »jugendliche Unbeschwertheit« Karlsruhes, wie zum Beispiel
Bretten mit seinem berühmtesten Sohn Philipp Melanchthon (1497–1560), Bruchsal, seit dem ausgehenden Mittelalter Sommerresidenz der Speyrer Bischöfe, Ettlingen mit seiner reichen römischen Vergangenheit oder Rastatt und Bühl, die beide auf eine annähernd 1000-jährige Geschichte zurückblicken können.
Das Fest in Karlsruhe
(2015)
DAS FEST ist mit mittlerweile über 220 000 Besuchern eine der größten Open-Air-Veranstaltungen in Deutschland und findet seit 1985 jährlich Ende Juli in der Günther-Klotz-Anlage in Karlsruhe statt. Als generationenübergreifendes Sommer-Event zahlreicher Besucher aus Deutschland und angrenzender Ländern ist DAS FEST einer der überzeugendsten Imageträger der Karlsruher Region. Ein topologisches Alleinstellungsmerkmal ist der vor der Hauptbühne liegende Hügel Mount Klotz, der für eine einzigartige amphitheaterähnliche Atmosphäre sorgt. Namhafte Bands wie Seeed, Jan Delay, Deichkind, u. v. m.
äußerten sich begeistert beim Anblick des am Abend vor der Hauptbühne leuchtenden Hügels.
In der Karlsruher Waldstadt zu Hause, aus dem Nachbarort Neuburgweier stammend, mit einem riesigen Werk im Land und darüber hinaus vertreten, war Professor Emil Wachter (1921–2012) eine prägende Künstlerpersönlichkeit von nationaler Bedeutung mit badischen Temperament. Man hatte ihn den »deutschen Chagall« genannt und das »Auge von Karlsruhe«. Dies bezeichnet die ganze Bandbreite seines künstlerischen Wirkens. Mit den Augen sehen und erkennen, mit Herz und Verstand deren Signale steuern und mit den Händen geschehen lassen, was sich in mir tut. So etwa formulierte Emil Wachter den Prozess seines künstlerischen Wirkens. Und so hat er auch sein Karlsruhe gesehen, dass er seine »Herzkammer« nennt, gelegen im badischen »Lichtsaal«.
»Händel in Karlsruhe«
(2015)
Der Barockkomponist Georg Friedrich Händel (1685–1759) war nicht nur – wie Gert Jonke schreibt – »vielleicht der erste Musiker, der sich bitten und nicht befehlen zu lassen verstanden hatte«, sondern auch ein Europäer, der in seiner Musiksprache jenseits musikalischer Nationalgrenzen italienische, englische, französische und deutsche Elemente vereint und Kompositionen
für vier Konfessionen schuf. Insofern ist die Musik eines Freigeistes im badischen Sinne in Karlsruhe sehr gut aufgehoben.
Doch wie kam die Händelsche Musik nach Karlsruhe? Karlsruhe ist nicht Geburtsort des Meisters – Karlsruhe war damals noch nicht einmal gegründet. Bekanntlich war Händel auch nie in der Barockstadt zu Gast.
Aus Baden, für Baden
(2015)
Eine Pyramide ist ein gleichermaßen einfaches wie faszinierendes Bauwerk. Ihr Gewicht ruht auf einem soliden, tragfähigen Fundament, strahlt Ruhe, Kraf und Gelassenheit aus. Mit zunehmender Höhe verjüngt sie sich und gipfelt in einer Spitze, die nach oben zeigt, in die Zukunf, in das, was kommen wird. Die Pyramide ist Wahrzeichen für das Weitergehen, für den Fortschritt und ein Aufruf, aus dem Jetzt positiv in das Morgen zu blicken. Dafür steht auch die Pyramide auf dem Marktplatz von Karlsruhe. Seit vielen Jahren ist die Pyramide das Symbol des BGV – einer Institution, die das Bild Badens in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich mitgestaltet hat. Der Badische Gemeinde-Versicherungs-Verband hat mit die Grundlage geschaffen für das erfolgreiche und nachhaltige Wachstum der badischen Kommunen.