42.2000
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200 Jahre Lahrer Hinkender Bote - die Vorbereitungen für dieses Jubiläum im Jahr 2000 zwangen den Herausgeber dieses bekanntesten deutschen
Quartkalenders zum Stöbern in den Archiven. Die Funde in der eigenen Kalender-Vergangenheit waren keineswegs ermutigend: Was im Kalender zu
früheren Jubiläen veröffentlicht worden war, ließ viele Lücken offen, in denen einige Legenden gediehen. Im Kalender auf das Jahr 1850 hatte der Lahrer Hinkende Bote keine Notiz davon genommen, daß er das "beste Mannesalter" erreicht hatte. Dafür wurde 1862 eine Verlosung zum 60-jährigen Bestehen ausgeschrieben und der Rückblick 1900 war mehr dem vergangenen Jahrhundert als dem Kalender gewidmet. Erst 1950 und 1975 schürfte der damalige Kalendermann Herbert Wiedemann tiefer. Er beschrieb nicht nur Umstände und Bedingungen der Entstehung, sondern auch die phänomenale Entwicklung des Kalenders nach 1850 zur Millionenauflage, seine Bedeutung im Kaiserreich und - wenn auch unter einer etwas verklärenden Innenperspektive - das erstaunliche überleben dieses Periodikums bis 1975. Daß es der Hinkende Bote bis heute, also ins Zeitalter unbegrenzter Kommunikationsmöglichkeiten, geschafft hat, verlangt großen Respekt.
Der Hebelgast 1999
(2000)
Zum 1. Mal stand beim 45. Hebelschoppen Lahr oder genauer der Lahrer Drucker Johann Heinrich Geiger im Mittelpunkt des Festvortrags. Hebel
und Lahr? Die wenigsten Hebelfreunde wissen, daß von 1813 an Johann Peter Hebels "Rheinländischer Hausfreund" in Lahr gedruckt wurde. Als Referent des Abends war Adrian Braunbehrens, der seit Jahren an einer kritischen Hebelausgabe arbeitet, aus Heidelberg gekommen, um die allerdings nicht reichlichen Spuren nachzuzeichnen und an Originalen aufzuzeigen, die diese Beziehung hinterlassen haben. Die Themenstellung bot sich in diesem Jahr besonders an: Zum 200. Mal erschien der "Lahrer Hinkende Bote", der in seinen Anfangsjahren vor allem wegen seiner hohen Druckqualität in Konkurrenz zu Hebels "Rheinländischem Hausfreund" und zuvor zu dessen Vorgänger, dem "Hochfürstlichen Markgräflichen gnädigst privilegierten Landkalender", stand.
Deutsche Firmen waren in den S0er, aber auch noch in den 60er Jahren mit Marken wie Agfa, Kodak, Voigtländer, Rollei oder Leica als Kameraproduzenten immer noch in der Weltspitze. Im Schatten dieser Riesen wurden aber - oft in kleinen Städten und Werkstätten - Kameras produziert, die es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hatten. Zu ihnen gehören u. a. auch die mec-Kameras der Fa. Feinwerktechnik Lahr, die es verdient haben, daß man - solange das überhaupt noch möglich ist - ihre Geschichte dokumentiert. Wegen ihrer eigenwilligen Konstruktion, der innovativen Technik und der hohen Qualität hatten die kleinen Kameras schon immer mein Interesse geweckt. Und da ich aus Kamera-Katalogen nur geringe Informationen bekommen konnte, machte ich mich an einem Samstag im November 1993 auf den Weg nach Lahr im Schwarzwald, um mehr über diese kleinen technischen Wunderwerke zu erfahren.
Keine Epoche der Menschheit erfuhr mehr Wandel in Arbeit und Gewerbe als die vergangenen Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Verschwunden und vergessen sind Handwerke und Berufsbezeichnungen, die früher zum täglichen Leben gehörten und die heute keiner mehr nennt und kennt. Längst vorbei sind die Zeiten, als das Getreide noch mit der Sense gemäht, mit dem Pferdewagen oder dem Kuhgespann in die Scheune gefahren und mit dem Dreschflegel gedroschen wurde. Damals hatte das Handwerk des Wagners, der auch Stellmacher oder Krummholz genannt wurde, einen hohen Rang. Wie der Schmied und der Küfer gehörte auch er in das vertraute Bild eines jeden Dorfes. Denn der Wagner war ein Universal-Holzhandwerker, der früher sowohl in der Stadt wie auch auf dem Land unentbehrlich war. Ob er sich nun um verschiedenes landwirtschaftliches Gerät oder um den Frachtwagen für den Transport von Waren kümmerte oder ob er seine Kunst den Reisewagen wie der Kutsche, dem Landauer, der Break oder der Victoria zuwandte. Aus den Händen dieses Handwerkers ging all das hervor, was mit der Umdrehung der Räder und der Aufhängung der Wagen zu tun hatte. Dabei war das meiste Gerät so solide gebaut, daß es nur selten einer Reparatur bedurfte. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß der Wagner einstmals mit zu den wichtigsten Gerätehandwerkern zählte. Die Vielzahl der anfallenden Arbeiten war es dann auch, die dem Wagner auch in kleinen Orten ein finanzielles Auskommen sicherten.
"Die Familie ist viel angenehmer als wir dachten. Die Eltern sind erstaunlich - kein Jammern und Klagen, nur helle Freude, mich wiederzusehen. Vater sieht aus wie ein Sechziger, geht jeden Morgen mit mir schwimmen, Mutter ist ein bißchen kränklich, ist aber nett und intelligent. [ ... ] Sie überschlagen sich natürlich, um es mir rundum schön zu machen." Wir lesen scheinbar beiläufige Bemerkungen eines Sohnes über einen Besuch bei seinen Eltern. Relativ distanziert berichtet dieser über seine allmählich schwächer werdende Mutter und den 79-jährigen, aber noch immer rüstigen Vater. Ihren besonderen Charakter bekommen diese Sätze durch den Umstand, daß es sich bei dem Schreiber dieser Notizen um den weltbekannten Komponisten Kurt Weill (1900-1950) handelt, der per Brief seiner nicht minder bekannten Ehefrau Lotte Lenya (1898-1981) Bericht über seine Reise erstattet. Sie sollte sein allerletzter längerer Auslandsaufenthalt sein.
Nachdem der am 17. Juli 1820 in Ettenheim geborene Geschichtsschreiber Johann Baptist von Weiß, der berühmteste Sohn seiner Geburtsstadt, den
Ruf auf einen Lehrstuhl der Geschichte an der Universität Graz in Österreich erhalten und dort seinen Dienst angetreten hatte, schrieb er verbittert
an seinen Bruder: "Aus Baden bin ich mit einem Fußtritt hinausgeworfen worden, in Österreich nimmt man mich mit offenen Armen auf." Obwohl der begabte Ettenheimer Bauernbub, der mit 26 Jahren Universitätsdozent in Freiburg war, seine sehr konservative Gesinnung in der Badischen Revolution dadurch zeigte, daß er 1848 als einziger Professor der Freiburger Universität den Eid auf die neue Republik verweigerte und dem Großherzog die Treue hielt, wurde er 1852 nach dem Tode des Großherzogs Leopold wegen eines Artikels in der "Freiburger Zeitung" dennoch von der großherzoglichen Regierung gemaßregelt und zu acht Tagen Gefängnis verurteilt. Dort erreichte ihn dann der Ruf nach Graz.
Rust erhielt 1783 das Recht, an zwei Tagen im Jahr einen Markt abzuhalten. Eine unbedeutende Lokalhistorie? Keineswegs! Das Marktrecht ermöglicht uns einen Blick auf Tun und Lassen von Herrschenden und Untertanen, die noch nicht in den uns bekannten Staatsformen lebten. Die Brücke zur Gegenwart darf nicht fehlen. Mit einiger Phantasie ist ein historisches Schauspiel "Das Ruster Marktprivileg" vorstellbar. Orte der Handlung: Wien und Rust, Zeit: Kurz vor der Französischen Revolution (1789) und dem Ende des alten deutschen Reiches (1806), Hauptdarsteller:
Kaiser Joseph II. im fernen Wien, Der "Musikbaron", Grundherr zu Rust, Ein Schwarzwaldbote (so etwas wie ein "Überraschungsgast"), Ein Erzähler, Der Jurist des Jahres 2000, Kaiserlicher Hofstaat, Ruster vor mehr als 200 Jahren. Als Bühnenbild bietet sich der heutige Ruster "Marktplatz" an, die Hindenburgstraße zwischen Einmündung Fischerstraße und Sonnen-/Mühlenstraße. Balthasarburg und Europapark wären anzudeuten. Der Hintergrund
soll dunkelrot sein. Gleichzeitig werden damit das unübersehbare Wetterleuchten auf der anderen Rheinseite, der anschließende europäische Brand
sowie Abendrot und Untergang des Reiches symbolisiert. Jetzt fehlt nur noch der Stoff, der von einem guten Dramaturgen aufzubereiten wäre. Als "Erzähler" darf ich ihm einige Hinweise geben.
Der Rebmesserstein
(2000)
Wanderungen über den Höhenweg von Lahr, über die Tafeltanne, Juliushütte zur Geroldseck führen am Rebmesserstein vorbei. Für die Bevölkerung
von Reichenbach ist der Rundweg Rebmesserstein - Pionierstein mit Einkehr in der Guttahütte ein beliebter Sonntagsausflug. Für die Gengenbacher Seite geht die Wanderung von Bermersbach über den Strohhof an den Rebmesserstein. Der Besuch gilt jedoch meistens - wegen der Einkehrmöglichkeit - der Guttahütte, die vom Schwarzwaldverein Gengenbach bewirtet wird. Viele Wanderer suchen, wenn sie am Rebmesserstein angelangt sind und das Hinweisschild des Schwarzwaldvereins gelesen haben, den Rebmesserstein und finden ihn nicht. Das ist seit dem 20. Mai 1999 nicht mehr der Fall.
Um uns dem eigentlichen Thema zu nähern, halte ich es für sinnvoll, einige Anmerkungen zum Geschlecht der Geroldsecker vorauszuschicken.
"Adelsherrschaften des Spätmittelalters sind stets das Produkt einer jahrhundertelangen Entwicklung. Zu ihr haben familiäre, wirtschaftliche und
kriegerische Ereignisse ebenso beigetragen wie Schenkungen und Stiftungen an Klöster ( ... )." 1 So zeigt sich auch beim Geschlecht der Geroldsecker,
daß es sich bei dieser Sippe um eine sehr heterogene Gruppe handelt, die im Laufe der Jahre stark verändert und durch vielerlei - innere und äußere -
Einflußfaktoren tangiert wurde. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto stärker verliert sie sich in Erbfolgestreitigkeiten und Kleinkriegen, so daß die
einst ansehnliche Herrschaft, die der erste nachweisbare Geroldsecker, Walther von Geroldseck, der Sohn Walthers von Tiersberg, aufbaute, immer mehr an Umfang verlor.