141.2023
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Kaum am Bodensee angekommen, verschwand dort die Brunnenfigur »Stehende Kuh«. Jahrzehntelang thronte sie dann auf einem Bruchsteinsockel im Patio der Chacra »Las Gracias«, einem kleinen Landgut in Quillota/Chile. Den Bronzeguss hatte Ewald Mataré (1887–1965) als Auftragswerk für die Tränke des Oberbühlhofs auf der Bodenseehalbinsel Höri geschaffen. Der Auftraggeber kehre, wie Mataré annahm und am 2. März 1939 seinem Tagebuch anvertraute, »wegen seiner jüdischen Frau wahrscheinlich für immer Deutschland den Rücken«. Mataré irrte sich nicht. Der Gutsherr und
frühere Berliner Rechtsanwalt und Notar Dr. Udo Rukser wartete Anfang 1939 nur noch auf das Visum. Ende März konnte er den Oberbühl endlich verlassen.
Die Architektur des Historismus mit ihren »Neo-Stilen« fand im Hegau lange Zeit wenig Beachtung – das belegen auch anhaltende Abbrüche historistischer Bauten. Um ein Bewußtsein für diese Epoche zu schaffen, legte der Hegau-Geschichtsverein 2015 den Führer ›Historismus und Jugendstil im Kreis Konstanz‹ vor. Da solch ein Kunstführer zwangsläufig nur eine knappe Darstellung bietet, werden hier nun Kirchen und Kapellen des im Hegau noch nicht im Kontext erforschten Historismus und dessen Nachwirken im Kirchenbau bis in die 1930er/50er Jahre im Überblick präsentiert.
Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe bewahrt ein Konvolut von acht silbervergoldeten Bechern und Pokalen der Renaissancezeit (Abb. 1), das sogenannte Wollmatinger Gemeindesilber. Diese Becher wurden 1887 von der Gemeinde Wollmatingen bei Konstanz, der damaligen »Großherzoglichen Sammlung für Altertums- und Völkerkunde« in Karlsruhe, Vorgängerinstitution des Badischen Landesmuseums, angeboten. In diesem Prozess wandelt sich der Wert der Objekte vom reinen Materialwert in einen ideellen kulturhistorischen Wert, der eine Aufnahme in das Museum begründet. Es findet eine Neubewertung im vielfachen Wortsinne statt: Die Becher, einst zum geselligen Umtrunk, aber auch als wertbeständige Objekte einer kleinen Gemeinde am Bodensee genutzt, werden zu Bedeutungsträgern aufgrund eines veränderten Geschichtsbewusstseins und einer neuen ästhetischen Wahrnehmung. Durch die Wertschätzung der Geschichte der Objekte erfolgt eine Bewertung über den Silberwert hinaus. Auch der pekuniäre Gewinn der Gemeinde wird dadurch gesteigert. Aufgrund überlieferter Archivalien zum Kaufvorgang und den damit verbundenen zeitgenössischen Überlegungen lässt sich der Wandel in Objektansprache und Bewertung nachvollziehen.
Das Grenadierzelt aus Trogen
(2023)
Es muss nicht immer sein, dass man einzigartige Objekte nur in der Archäologie findet. Wir beschreiben auf den nachfolgenden Seiten ein einzigartiges Objekt, welches im Dachgeschoss des 300 m-Schützenstandes Trogen AR vergessen wurde. Mit der Auflösung der Schützengesellschaft Trogen im Jahr 2014 musste das Schützenhaus geräumt werden. Beim Ausräumen wurde im Dachgeschoss ein Zelt gefunden. Im Zuge der Recherchen stellte sich dann heraus, dass es sich um ein Zelt aus der Barockzeit handelte. Es gehörte den Grenadieren von Trogen AR. In der Barockzeit war es üblich, dass reiche
Persönlichkeiten ihre eigenen Kompanien ausrüsteten und finanzierten. Dazu gehörte auch die Familie Zellweger von Trogen. Spätere wissenschaftliche Stoff- und Farbanalysen ergaben, dass das Zelt zwischen 1745 und 1770 hergestellt wurde. Ursprünglich waren es zwei Zelte. Das belegen Zeichnungen von Johann Ulrich Fitzi von 1820. Im März 2015 wurde das Zelt provisorisch und mit grosser Vorsicht aufgestellt. Es war erstaunlich,
dass fast das gesamte Inventar vorhanden war, auch wenn dieses restauriert werden musste.
Die von dem Zürcher Chirurgen und Medizinhistoriker Alfred Brunner (1898–1972) erst 1970 ausführlich beschriebene Schaffhauser Aerzteschule nimmt in der Geschichte der Medizin des 17. Jahrhunderts eine Sonderstellung ein, deren Leistungen heute ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Zumindest ist in Ärztekreisen »nicht allgemein bekannt, dass im 17. Jahrhundert in Schaffhausen eine eigentliche Aerzteschule bestanden hat«. Diese freie, außeruniversitäre Vereinigung einer Handvoll Stadtärzte bleibt dennoch mit ihrer bahnbrechenden Forschung auf den Gebieten der Anatomie,
Physiologie, Pathologie, Pharmakologie und Hygiene in ihrer Blütezeit zwischen 1647 und 1695 selbst im europäischen Maßstab ohne Vergleich. Ihre wichtigsten Protagonisten Johann Jacob Wepfer, Johann Conrad Brunner, Johann Jakob Peyer und Heinrich Screta lebten im 17. Jahrhundert, lange vor der Zeit, als die Hauptvertreter der sog. »philologischen Medizin« von Adam Weikard Melchior 1776 beschrieben worden waren. Es war nämlich noch nicht so lange her, dass die vorangegangenen Generationen von Medizinern des Humanismus sich meist nicht sonderlich für die Naturwissenschaft interessierten und sich in die literarischen Studien der Werke der griechisch-römischen Autoren (Hippokrates, Theophrastos, Galen und Plinius) mehr vertieft hatten, als in ihren praktischen Heilberuf. Diese Mediziner als Polyhistoren wählten auch später noch humanistisch-lateinische Namen, missachteten Petrarcas »Invective« gegen die ärztliche Schriftstellerei, waren fleißige Vielschreiber und, da der griechischen, lateinischen und
hebräischen Sprache mächtig, eifrige Sammler verschollener Schriften des Altertums. Sie stellten Kommentare, Exzerpte und Synopsen zusammen oder schrieben selbst Gedichte und Epitaphen in diesen »toten« Sprachen. Ihr dem Fortschritt der Medizin abwegiger und rückwärts gewandter Weg schuf selten mehr als mittelmäßige Werke, auch wenn sie wie Joachim Vadian (1484–1551) aus St. Gallen in Wien oder Balthasar Brunner (1540–
1610) in Jena berühmte Gräzisten, Latinisten und Poeten waren.
Nach dem Sieg König Gustav II. Adolf von Schweden über das kaiserlich-ligistische Heer unter Johann Reichsgraf von Tilly in der Schlacht bei Breitenfeld (nördl. Leipzig) am 17. September 1631 und dem Bündnis des schwedischen Königs mit der Reichsstadt Ulm vom 13. Februar 1632, dann am 7. April der Eroberung der Festungsstadt Donauwörth und dem Sieg in der Schlacht bei Rain, mit dem die Schweden Mitte April den Übergang über den Lech erzwangen, wurde der süddeutsche Raum endgültig zum großen Schauplatz des Dreißigjährigen Krieges. Schwedische Truppenkontingente rückten einerseits in das Kurfürstentum Bayern vor und zogen andererseits nach Oberschwaben und weiter in das Gebiet nördlich des Bodensees. Dort konnten sie in rascher Folge mehrere Städte besetzen, z.B. die Reichsstädte Memmingen und Biberach (16. und 22. April) oder die Stiftsstadt Kempten (22. Mai). Schließlich wurde auch die Reichsstadt Überlingen als eine enge Parteigängerin des Kaisers und als einer der bedeutendsten Hafenplätze am See zu einem strategisch wichtigen Ziel der protestantischen Heerführung. Bürgermeister und Rat erklärten einleitend zu ihrem Schreiben vom 1. Juni 1634 mit dem Bericht an Kaiser Ferdinand II. über die vorangegangene Belagerung im April/Mai 1634 lapidar: Der Grund, weshalb die Schweden die alte Catholische Statt angegriffen hätten, sei ihre in der Wahren allein seeligmachenden Religion […] hergebrachte Beständigkeit gewesen, die ihr einen Ehren-Titul unter allen Freien Reichsstädten des Oberlandes beschert habe.
In der Geschichte des Alten Reiches ist der Dreißigjährige Krieg ein Zeitabschnitt, der den Bodenseeraum verbindet wie nur wenige andere historische Ereignisse. Nördlich des Bodensees und in Oberschwaben bis hinauf zum Herzogtum Württemberg gehörten die vielen größeren und kleineren Herrschaften zu den Gegenden des Reiches, welche besonders stark von den Kriegsereignissen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Südlich des Sees wurde die Schweiz, die in der allgemeinen Wahrnehmung als strikt neutral gilt, auf vielfältige Weise mit dem Krieg jenseits der Grenze konfrontiert. Deshalb ist der Dreißigjährige Krieg auch zumindest für die Nordschweiz ein wichtiges historisches Thema. Hier wurden entscheidende politische Fragen auf den Prüfstand gestellt: Sollte man sich nicht doch direkt in den Krieg einmischen? Sollte sich eine eidgenössische Stadt dazu hinreißen lassen, sich auf die Seite der eigenen konfessionellen Partei zu stellen? Was sollte man tun, wenn fremde Heere in eidgenössisches Territorium eindringen würden?
Im Jahr 1950, pünktlich zum Fest des 700-jährigen Bestehens der Stadt Markdorf als Stadtgemeinde, verfasste Dr. Martin Wellmer vom Staatsarchiv Freiburg einen Artikel über die 700-jährige Stadt und ihre alten Rechte. In der Zeit zuvor hatte er das Stadtarchiv neu geordnet, Regesten der Urkunden angefertigt und die Akten, Bücher, Pläne und Sammlungen neu verzeichnet. Dabei erfasste er auch die Werke des Jesuitenpaters Jakob
Gretser sowie weitere Bücher aus dem Umfeld Jakob Gretsers im Jesuitenorden. Wellmer verzeichnete nur die Titel dieser Bücher. Um die Werke Gretsers besser zu verstehen, die mit wenigen Ausnahmen fast alle in lateinischer Sprache geschrieben sind, habe ich im Jahre 2020 die bibliographischen Angaben erweitert, eine kurze Inhaltsangabe sowie Informationen über die Hintergründe der meist ausschließlich kontroverstheologischen und apologetischen Werke hinzugefügt. Dies soll auch etwaigen Benutzern dieser Bücher zu Gute kommen, um einen schnellen Überblick über die Themenkomplexe zu erhalten, mit denen sich Gretser beschäftigte. Darüber hinaus lässt sich aus den Gretsers Werken beigefügten Widmungen an verschiedene Zeitgenossen erkennen, in welchen Kreisen sich Gretser bewegte. Nicht zuletzt lässt sich einigen der Bücher entnehmen, auf welchem Wege sie nach Markdorf kamen und inwieweit Gretser selbst daran mitwirkte.
Die heutige katholische Pfarrkirche St. Maria und Markus in Reichenau-Mittelzell wurde als Klosterkirche der Benediktiner-Reichsabtei auf der Reichenau erbaut. Der Kernbestand des heute bestehenden Münsters geht auf einen Neubau zurück, den Abt Berno (1008–1048) nach einem Brand des Vorgängerbaues errichten ließ. Sie beherbergt ein beeindruckendes Kleinod, das bisher nur wenig beachtet wurde. Im Chor hinter dem Hochaltar auf dem Fußboden, eingebettet in einen grauen Sandstein von 2,0 x 1,0 m, liegen als gravierte Messingtafeln die Figur und das Wappen des 1519 verstorbenen Reichenauer Abtes Georg Fischer. Es handelt sich um die Fragmente einer Grabplatte. Die in einem Stück gegossene, lebensgroße Gestalt misst in der Höhe 1,68 m, ihre maximale Breite beträgt 0,68 m. Das Wappen ist 0,25 m hoch und 0,24 m breit.