360 Soziale Probleme und Sozialdienste; Verbände
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Wohl selten kann jemand für sich in Anspruch nehmen, dass er Zeiten seiner Jugend im Gefängnis zugebracht hat, allerdings nicht als Insasse, sondern als Sohn eines Justizbeamten. Daher habe ich in meiner Erinnerung gekramt, was von damals
noch gegenwärtig ist. Der Beruf meines Vaters brachte es mit sich, er war Beamter im Strafvollzugsdienst, dass wir im Jahre
1959 in die Dienstwohnung des Amtsgerichtsgefängnisses Bühl eingezogen sind. Wir, das sind meine Eltern, meine beiden jüngeren Schwestern und natürlich, ich. Wohnungsmäßig bedeutete es für uns Kinder einen Fortschritt, erhielten wir im
Gegensatz zu vorher doch jetzt zwei Kinderzimmer und ein Bad, wenn auch nur am Freitag mit warmem Wasser, weil an
diesem Tag das Wasser zum Duschen für die Gefangenen angeheizt wurde. Sonst gab es kein fließend warmes Wasser. Nun
wohnten wir tatsächlich mit den Gefangenen quasi Tür an Tür. Die Diensträume und auch Zellen waren nur durch einen Glasabschluss (das war eine Holztür, im oberen Teil mit Sprossen und Glasscheiben) von unserer Wohnung getrennt, oder befanden sich im Stockwerk über uns. Aufgrund dieser räumlichen Nähe erlebten wir den Gefängnisalltag, fast als ob wir
selbst eingesessen wären. Wohlgemerkt, ich erzähle aus der Mitte der fünfziger Jahre bis Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und das meiste lässt sich nur erzählen, wenn man auch einen privaten Einblick in die Familie gewährt. Vermutlich ging es beschaulicher zu als heute, wenn auch die damals dienstlich handelnden Personen dies anders beurteilen würden.
Der Scharfrichter, der mit der Schärfe des Schwertes richtet, wird, da er nach dem Spruch des „Hohen Gerichts“ richtet, auch als Nachrichter bezeichnet. Die lateinische Bezeichnung für ihn ist: „carnifex“. Für das „Römische Reich deutscher Nation“ gilt als früheste Nennung eines „professionellen Scharfrichters“ das Jahr 1276 für die Stadt Augsburg. Just in diese Zeit fällt auch die Loslösung der Straßburger Bürger von der bischöflichen Herrschaft des Straßburger Bischofs Walther von Geroldseck, ausgelöst durch die Schlacht bei Hausbergen im Jahre 1262. Damit kann man davon ausgehen, dass in der Folge mit diesem Jahr nicht nur die Reichsunmittelbarkeit, sondern auch der Blutbann verliehen worden ist. Wer die „Hohe Gerichtsbarkeit“ innehat, ist rechtlich befugt, einen Scharf- oder Nachrichter in seinen Dienst zu stellen. Der Straßburger Scharfrichter tritt im Jahre 1286 ans Licht der Geschichte.