780 Musik
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Drei Wochen vor der Kirchweihe wurde am 27.9.1908 das Geläut der neuen Oststadtkirche in Offenburg zur Allerheiligsten
Dreifaltigkeit von Dekan Halbig (Bühl/Stadt) geweiht. Über die fünf Glocken schrieb der damalige Pfarrkurat August Karle in der Festschrift: „Das wegen seines musikalischen Kunstwertes geschätzte Geläute … hat die Firma Bachert in Karlsruhe geliefert. Die Kosten von 16167,92 Mark sind durch milde Gaben gedeckt worden.“
Andreas Grundler war im Hauptberuf Arzt, Zeitgenossen rühmten ihn auch als Dichter und Komponisten. Die Kenntnis und Rezeption seines musikalischen Schaffens schon zu Lebzeiten und die erhaltenen Werke belegen, dass er keinesfalls „nur als Ehemann der gelehrten Humanistin Olympia Fulvia Morata bekannt geblieben ist“, wenn auch ein Großteil seiner Biographie aus der hinterlassenen Korrespondenz seiner italienischen Gattin erschlossen werden musste. Olympia Fulvia Morata (1526–1555), Tochter der Lucrezia und des Fulvio Pellegrino Morato aus Mantua, wurde
zuerst durch den Vater „in allen Wissenschaften, die zur Bildung des Menschen notwendig sind“ erzogen und erhielt danach gemeinsam mit der Herzogstochter Anna d‘Este Unterricht am glanzvollen Hof von Ferrara. Bald priesen gelehrte Literaten die erstaunlichen Leistungen des „frühreifen und überbegabten Mädchens“ in den lateinischen und griechischen Sprachen. Olympia heiratete im Alter von etwa 24 Jahren Andreas Grundler, der 1549 in Ferrara den Doktorgrad in Philosophie und Medizin erworben hatte. Ihr kurzer, gemeinsamer Lebensweg führte sie nach Schweinfurt, wo
der Ehemann rund vier Jahre als Arzt wirkte, bis die Stadt im „Markgräfler Krieg“ völlig zerstört wurde (12./13. Juni 1554). Ihre Flucht um das nackte Überleben endete in Heidelberg, und Grundler erhielt eine Professur an der medizinischen Fakultät der Universität. Über einen Lehrauftrag für Griechisch an seine Gattin Olympia gibt es keine gesicherten Nachrichten, ihr Ruhm wurde aber bald nach dem frühen Tod durch Editionen ihrer Briefe und Schriften begründet. Die erste Ausgabe, zusammengestellt von dem alten Freund Celio Secondo Curione, erschien 1558 in Basel, wo Curione Latein und Griechisch lehrte; bis 1580 folgten drei erweiterte Auflagen. Diese Drucke machten Olympia im humanistisch-literarischen Europa weithin bekannt. Selbst im katholischen Umfeld wurde ihre hohe Gelehrsamkeit anerkannt, die Neigung „dieser Syrene“ zur „Häresie Calvins“, von der sie die Jugendfreundin Anna d’Este zu überzeugen versuchte, aber scharf kritisiert. Alle Ansätze zu einer Biographie des Ehepaars Grundler/
Morata basieren weitgehend auf den von Curione veröffentlichen Briefen. Die meisten hat Olympia geschrieben, und da sie aus ihrer Sicht der Ereignisse und in ihrer Sprache das gemeinsame Lebensbild prägte, steht sie auch in allen späteren Editionen im Vordergrund.
Edith Picht-Axenfeld wird mit dem Reinhold-Schneider Preis ausgezeichnet: zum zweiten Mal innerhalb der letzten Jahre geht dieser Preis an eine bedeutende Frau, deren Lebenswerk die Interpretation von Kunst ist. Wurde 1995 Swetlana Geier für ihre Übersetzungsarbeit aus dem Russischen geehrt, so feiern wir heute eine Dolmetscherin der Musik - und es mag erlaubt sein, zu Beginn dieser Lobrede etwas ausführlicher über die Kunst der Übersetzung nachzudenken.
In der Orgelstadt Waldkirch im Breisgau sind nach wie vor mehrere Orgel-Werkstätten mit zusammen rund 25 Mitarbeitern äußerst aktiv. Sie tragen dazu bei, dass edle Klänge aus Südbaden weltweit zu hören sind. Das gilt besonders für die Meisterwerkstätte Waldkircher Orgelbau Jäger & Brommer, die am 15. Juli 1988 in die Handwerksrolle eingetragen wurde. Damals wagten Orgelbaumeister Wolfgang Brommer und Heinz Jäger, beide vorher unter anderem bei Fischer + Krämer in Endingen sowie Späth in March-Hugstetten, den Schritt in die Selbständigkeit und planten ihre ersten Projekte am Küchentisch. In den 25 Jahren sind fast 100 Kirchen- und Konzertorgeln entstanden, etwa für die Berghauser Kapelle am Schönberg oder das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal bei Baden-Baden. Hinzu kommen Drehorgeln für den häuslichen Gebrauch und den Jahrmarkt. Inzwischen haben die rührigen Unternehmer sich einen festen Markt in Asien erschlossen. Ihr größtes Werk mit 76 Registern steht in einem Konzertsaal in Quingdao (China).
"Waldkirch klingt gut"
(2018)
»Waldkirch klingt gut« Mit diesem Slogan wirbt die Stadt im vorderen Elztal – völlig zu Recht. Seit 1799 werden dort Kirchen- und Drehorgeln gebaut – Orgeln also für Gott und die Welt. Viele der fast drei Dutzend Wirkungsstätten von Orgelbauern prägen bis heute das Stadtbild. Wir schauen und hören dabei nicht nur auf das bisher Entstandene; viele neue Aktivitäten
weisen in die Zukunft . Schwung bekommt das Ganze dadurch, dass die UNESCO Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland im Dezember 2017 in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen hat.
Viele evangelische Kirchen Badens wirken in ihrer kargen Ausstattung ernüchternd
- anders dagegen das stattliche, von Friedrich Theodor Fischer entworfene und
1842 vollendete Gotteshaus in Hoffenheim: Vor allem durch die Farbfassung von
1992 und die dezenten Farbfenster aus der Werkstatt von Friedrich Künzler (1934)
strahlt der weitläufige Innenraum nun fast barocke Festlichkeit aus. (Abb. 1)
Die Einweihung der Kirche fand am 22. Oktober 1842 statt: ,,Eine feierliche Musik
mit Blechinstrumenten, welche die noch mangelnde Orgel ersetzen musste, empfing
den Zug bei seinem Eintritt. Als alle Räume der Kirche angefüllt waren, wurde
das ,Ja, Herr' ... angestimmt, was aber leider aus Schuld der Musik, die zu hoch intonierte,
nicht ganz gut ging." 1845 konnte die Gemeinde ein um so bedeutenderes
Instrument in Empfang nehmen: Die Orgel von Eberhard Friedrich Walcker war
technisch, äußerlich und vor allem musikalisch das Fortschrittlichste, was damals
zu haben war. Das überaus solide gebaute und klangschöne Werk lässt sich als
erfolgreicher Prototyp bezeichnen.