920 Biografien, Genealogie, Insignien
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Am 11. März 2010 jährt sich zum 90. Male der Tag des Abschlusses der großen Reichsfinanzreform Matthias Erzbergers. Es ist uns ein willkommener Anlass, diesen Aspekt des Wirkens des Biberacher Reichstagsabgeordneten in den Vordergrund zu stellen. In vorangegangenen Veranstaltungen der VHS Biberach waren Erzbergers Rolle als Delegationsleiter bei den Verhandlungen des Waffenstillstands am Ende des Ersten Weltkriegs und sein Beitrag zum Völkerbundgedanken behandelt und gewürdigt worden.
Matthias Erzberger wurde am 21. Juni 1919 zum Reichsfinanzminister berufen. Um erfassen zu können, was Erzberger mit der Reichsfinanzreform geleistet hat, müssen wir uns knapp und stichwortartig seinen politischen Werdegang, der aufs engste mit der deutschen Politik am Ende des Ersten Weltkriegs verknüpft ist, nochmals vergegenwärtigen. Erzbergers Steuerreform und Außenpolitik greifen - wie wir sehen werden - so eng ineinander, dass eine Darstellung, die diesen Zusammenhang vernachlässigt, unmöglich ist.
Jeder große Erfolg hat seine Voraussetzungen. Gerade die Politik unserer Tage zeigt uns, wie schwierig die Umsetzung intellektuell noch so überzeugender Konzepte notwendiger Steuerreformen ist. Die besten und schönsten (Bierdeckel-) Konzepte bleiben Chimären, wenn sie nicht realisiert werden. Dem Mann aus Biberach, Matthias Erzberger, ist die Durchsetzung der großen Reform gelungen - gegen alle Widerstände.
Die Katholische Kirche ist mit reformbeflissenen Kritikern aus den eigenen Reihen nicht immer gut umgegangen. Zwar durften manche die Genugtuung erfahren,
noch zu Lebzeiten offiziell rehabilitiert zu werden, andere, denen die amtskirchliche
Anerkennung lebenslang versagt blieb, fanden immerhin nach ihrem Tod früher oder
später, wenn die Zeit und die Umstände reif sein mochten, einen ihnen gebührenden Respekt, wiederum andere sind gänzlich und endgültig ausgesondert worden, obwohl ihre
vermeintlich irrigen Ideen im institutionellen Gedächtnis der Kirche gespeichert blieben
und - wenn auch als abgelehnte - die Wirkung des Widerspruchs entfaltet haben, so dass
in einem gewissen Sinne auch die Häretiker zur Kirche gehören.
Wilhelm von Scholz
(2010)
Als der Reformpädagoge Paul Geheeb am 18. April 1910 mit 15 Schülern die heute
noch bestehende Odenwaldschule in Oberhambach bei Heppenheim eröffnete, befanden sich unter diesen ersten Schülern auch die Kinder des Dichters Wilhelm von Scholz
(1874-1969), Irmgard (1897-1969) und Wilhelm (1899-1917). Der Dichter war 1890 als
16-Jähriger von Berlin nach Konstanz gekommen, nachdem sein Vater, der ehemalige
preußische Finanzminister Adolf von Scholz, dort seinen Ruhesitz erworben und umgebaut hatte, das direkt am See gelegene Schloss Seeheim. Nach Studium, eingeschobenem Militärdienst und Promotion in München zog Wilhelm von Scholz mit seiner
jungen Familie im Jahre 1900 von München nach Weimar und von dort 1907 wieder nach
Hohenschäftlarn bei München. Scholz machte sich bald einen Namen als Dramatiker,
Lyriker und Herausgeber von literarischen Werken. Nachdem ein Projekt in Hellerau bei
Dresden nicht zustande gekommen war, fand Geheeb beim Ehepaar Scholz Unterstützung bei seiner Suche nach einem Standort für eine neue Schule im Isartal, im Gespräch
war Ebenhausen. Ein gemeinsamer Bekannter von ihnen in Weimar war der belgische
Architekt Henry van de Velde. Als Geheeb jedoch die Zulassung im hessischen Oberhambach
erhielt, schickten sie ihre Kinder, die bis dahin Privatunterricht erhielten, dorthin,
zunächst auf Probe, da sie noch nie eine öffentliche Schule besucht hatten. Dem allgemeinen
Drill einer Staatsschule in München wollten sie ihre Kinder nicht aussetzen, die einen
bisher wenig organisierten Unterricht hatten, wie Scholz Geheeb kurz nach der Eröffnung
der Schule mitteilte. Geheeb hatte zuvor am Landerziehungsheim von Hermann Lietz in
Haubinda und danach an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf von Gustav Wyneken
unterrichtet.
Im Jahre 1962 veröffentlichte das Journal
,L'Arche’, das Presseorgan der in Frankreich lebenden Juden, ein außerordentlich
langes Gedicht unter dem Titel ,Stebbach -
Eppingen im Land’. Sein Autor: Emmanuel
Eydoux.
Ungewöhnlich daran war nicht nur, dass
dieser Text, der eher einer Erzählung in
Strophenform als einem Gedicht glich, in
einer französischen Zeitung und in französischer Sprache publiziert wurde, sondern
auch, dass sein Verfasser sich mit den örtlichen Gegebenheiten und manchen familiären Verhältnissen in Stebbach ganz gut
auszukennen schien. Obwohl niemand im
Dorf den Namen Emmanuel Eydoux jemals
gehört hatte, war eines aber bald klar: Ein
Ortsfremder konnte das Gedicht nicht
geschrieben haben! War man in der Lage,
es zu übersetzen, so ergaben sich schnell
konkrete Hinweise, dass sich hinter dem
Pseudonym Emmanuel Eydoux der französische Philosoph und Schriftsteller
deutsch-jüdischer Herkunft Roger Emmanuel Eisinger verbarg.
Am 20. Juli 2005 verstarb Günter Zaiß allzu
früh im Alter von 67 Jahren an einer schweren Krankheit. Als aktiver Turner, Trainer
und Sportfunktionär, als Sport- und Werklehrer, als freier Mitarbeiter der regionalen
Presse und als Heimatfreund hat er unübersehbare Spuren weit über seine Heimatstadt Eppingen hinaus hinterlassen.
Die Lebensgeschichte von Johann Jacob
Lumpert zeichnet das Bild eines wohlhabenden Bürgers der Stadt Eppingen, der
zugleich im Dienst der kurpfälzischen
Regierung stand.
Seine Jugend (geboren um 1620-1625) fiel
in die schreckliche Zeit des 30-jährigen
Krieges. Die Kurpfalz, zu der Eppingen
gehörte, wurde von kaiserlichen und bayerischen Truppen erobert, dann wogte der
Krieg hin und her. Auch nach dem Friedensschluss von 1648 waren noch französische Besatzungstruppen im Land, in
Eppingen als Verbündete.
Von S'Franke
(2010)
Fast 103 Jahre alt geworden wäre vor drei
Jahren Frau Bertha Frank, einst Landesprodukte-Handel Brettener Str.19 in Eppingen. Sie verstarb 2006 an ihrem Alterssitz
in den Vereinigten Staaten. Ihr Mann Arthur
im Außendienst, war sie Mutter und Verkäuferin in einem und sehr beliebt. Erzählt
ein Mädchen vom Geschenk eines Matzenbrotes beim Einkaufen von Mehl oder
Hühnerfutter (Muskator), kommt heute
noch der Protest der Buben: "unn mir
häwwe Gutsele kriegt". Indessen der Bub
(heute ist er 95), der damals die Enten freitags durchs "Knorre" Gässle hinab in die
nahe Elsenz trieb, bekam auch ein Matzenbrot und manchmal sogar ein "Fuffzigerle", was zu jener Zeit für ein Kind sehr
viel Geld bedeutete.
Im Alter von 80 Jahren verstarb am 9. April
2009 unser Ehrenmitglied Manfred Pfefferle. Er war über viele Jahre bei den Heimatfreunden Eppingen aktiv, er war ein außergewöhnliches Mitglied.
Manfred Pfefferle wurde am 6. Mai 1928 als
Sohn eines Arbeiters in Eppingen geboren.
Er machte eine Ausbildung zum Waldarbeiter und war bis zu seiner Pensionierung bei
der Stadt Eppingen im Stadtwald und später
auf dem Friedhof beschäftigt.
Was der am 4. Juni 1929 in Eppingen geborene Werner Frank ursprünglich als Arbeit
eines Familienforschers begann, wurde
zum einzigartigen Vermächtnis eines
Eppinger Landjudenkindes: Sein 928 Seiten starkes Buch "Legacy ("Vermächtnis") –
Sage einer deutsch-jüdischen Familie über
Zeit und Umstände hinweg" in englischer
Sprache enthält Geschichte und Schicksal
von Juden in Deutschland zwischen 1710
und 2002 am Beispiel der Familie Frank
aus Eppingen. Von dem Buch gibt es noch
keine komplette deutsche Übersetzung,
aber es steht in mehreren Eppinger Privathaushalten sowie im Stadtarchiv, der Stadtbücherei und der Bibliothek des Eppinger
Gymnasiums.
Selma Rosenfeld (1892-1984)
(2010)
Bisher war es wenigen Eppingern vergönnt,
im Ausland im akademischen Bereich
erfolgreich zu sein und sich einen bleibenden Namen zu schaffen. Die am 16.8.1892
in Eppingen geborene Selma Rosenfeld ist
bisher eine der wenigen Ausnahmen. Sie
war die Tochter von Louis und Regine
Rosenfeld, geborene Freudenthaler, und
verbrachte sowohl ihre Kinder- als auch
ihre Jugendzeit im Kraichgau. Die Familie
des Vaters stammte aus Hoffenheim und
lässt sich dort bis ins frühe 18. Jahrhundert
nachweisen. Im Rahmen des badischen
neunten Konstitutionsediktes vom 13.
Januar 1809 wählten ihre Vorfahren den
Namen Rosenfeld. Die Familie ihrer Mutter stammte aus Richen und lässt sich dort
ebenfalls bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Eltern heirateten am 5. Februar
1889 in Hoffenheim und zogen kurz nach
der Geburt ihres zweiten Kindes Adolf 1891
ins Haus der mütterlichen Großeltern nach
Eppingen. Selmas Großvater, Kaufmann
Freudenthaler, hatte bereits am 8. Februar
1876 den Ratskeller erworben. Selma
hatte zwei weitere Geschwister: Mina
(geboren 1889 in Hoffenheim) und Julius
(geboren 1900 in Eppingen). Im April 1899
begann sie mit der Volksschule.
Von meinem hundert Jahre alten handgeschriebenen Stammbaum konnte ich ableiten, dass ich in der sechsten Urenkelgeneration von einem Levi abstamme, der, um
1710 geboren, in Eppingen, einer Kleinstadt in Südwestdeutschland
lebte. Das Vorwort zu dieser Stammtafel
beginnt mit einer stilistisch gedrechselten
Feststellung:
"Weitsichtige Familien führen Buch über
ihre Generationen, ein Brauch, der schon
im Buch der Bücher, der Bibel, vorkommt,
wo detaillierte Beschreibungen von einzelnen Personen und ihren Nachfahren zu finden sind. Unter den Israeliten war es yichus, eine Ehre, wenn über eine Familie
gut gesprochen wird. In diesem Sinne verdient die Familie Frank von Eppingen diese
Anerkennung wegen ihres beispielhaften
Bürgersinns und ihrer Humanität."
Die direkte Abstammungslinie der Franks
wird in der Stammtafel mit dem Geburtsjahr
jeder Person wie folgt aufgeführt: Levi (um
1710), Isaak (um 1735), Levi (1765) und
lsaak (1793). Von der Zeit ab wurden die
Namen weltlich, und die Kette setzt sich fort
mit Namen wie Wolf, Julius, Arthur und
schließlich mir, Werner Ludwig, jetzt als
Werner Louis Frank bekannt.
Erinnerungen an Emil Thoma
(2010)
Seit meiner frühen Kindheit kannte ich
Stadtpfarrer Emil Thoma persönlich. Aufgrund dieser persönlichen Beziehung ist es
durchaus berechtigt, diesen Beitrag
„Erinnerungen an Emil Thoma” zu überschreiben.
Meine Mutter starb, als ich drei Jahre und
mein Bruder Hugo viereinhalb Jahre alt
waren. Die Schwester meiner Mutter, Tante
Mathilde Meny, verpflichtete sich an deren
Sterbebett, für uns Kinder zu sorgen - ein
Versprechen, das sie sehr ernst nahm. Mein
Vater, der als Bahnbeamter in Sinsheim
arbeitete, verheiratete sich bald wieder
nach dem Tod unserer Mutter. Deshalb verbrachten mein Bruder Hugo und ich auch
unsere Schulzeit noch in Sinsheim. Nach
dem Abschluss der Volksschule zog ich
1938 zu Tante Mathilde nach Eppingen, von
wo aus ich die Handelsschule in Heilbronn
besuchte.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Adel und Monarchie des 19. Jahrhunderts hat im
letzten Jahrzehnt in der Forschung einen regelrechten Boom erlebt. Dabei wurden nun auch für
diese Epoche Themenbereiche erschlossen, die für die Zeit des Mittelalters und der Frühen
Neuzeit schon lange zum Repertoire der Wissenschaft gehören. Erinnert sei hier nur an die Fragen nach Mentalitäten und Verhaltensweisen dieser traditionellen Führungsschicht, an die Bedeutung der Residenzen oder der Höfe oder auch an die Frage nach den Ausprägungen monarchischer bzw. adliger Repräsentation. Zu diesem letztgenannten Aspekt sind die öffentlichen
monarchischen Feiern zu rechnen, die ein Spezifikum der monarchisch-adligen Geschichte des
langen 19. Jahrhunderts darstellen und die von mehreren Publikationen der vergangenen Jahre
ins Zentrum gestellt wurden. Verwiesen sei hier nur auf die sehr anregende Studie über Monarchiejubiläen im 19. Jahrhundert, die Simone Mergen 2005 vorgelegt hat, oder auf die zwei Jahre später publizierte Dissertation von Matthias Schwengelbeck über die Huldigungsfeiern deutscher Fürsten. Durch derartige Arbeiten wurde die Forschung zu politischen Festen, die sich
für das 19. Jahrhundert bislang meist auf bürgerlich-oppositionelle Feiern konzentriert hatte, auf
eine bedeutend breitere Grundlage gestellt.
Robert Lais (1886–1945) gilt als der Erfinder
der nach ihm benannten Sedimentanalyse, der
sogenannten Lais’schen Methode. Im „Jan
Filip“, dem Standardlexikon zur Vor- und
Frühgeschichte, wird diese wie folgt erläutert:
„Exakte mit naturwissenschaftlichen Methoden
neu entwickelte Sedimentuntersuchungen,
bes. in den Höhlen.“ Lais führte bereits
1920–1927 dafür die grundlegenden Forschungen durch, indem er die Schneckensammlung seines im Ersten Weltkrieg gefallenen Studienkollegen Hans Kaufmann bearbeitete, und schuf damit die Voraussetzungen
für seine eigenen wichtigen Entdeckungen.
Indem er die Auswirkung von Witterung,
Standort und Klima hinsichtlich Entwicklung
und Wachstum von Mollusken untersuchte,
stellte er fest, dass die Temperatur der entscheidende Faktor war: Anhand der Größe der
Schnecken konnte man Auskunft geben über
das Klima längst vergangener Zeiten, bis in
das Diluvium hinein, ohne langjährige meteorologische Beobachtungen anstellen zu müssen. Mit dieser Methode gelang es ihm erstmals, Klima und Landschaft des prähistorischen Menschen zu rekonstruieren.
Der Hausheilige
(2010)
Marbach am Neckar wäre der Welt unbekannt geblieben – und das völlig zu
Recht –, wäre dort nicht seinerzeit Friedrich Schiller geboren worden. So aber ist der
Name der Stadt, ähnlich wie bei Stratford-upon-Avon und William Shakespeare,
untrennbar mit dem des Dichters verbunden, und die Stadt hat es verstanden,
daraus Kapital zu schlagen. Man gründete den Marbacher, später den Schwäbischen
Schillerverein (heute: Deutsche Schillergesellschaft), man errichtete ein Schiller-Denkmal, erbaute das Schiller-Nationalmuseum, schließlich das Deutsche Literaturarchiv. Dadurch hat die Welt neben Schiller einen zweiten Begriff, den sie mit
Marbach assoziieren kann: das Deutsche Literaturarchiv, das sich als Quelleninstitut
und Forschungseinrichtung mittlerweile internationaler Berühmtheit erfreut.
Obwohl das Literaturarchiv sich längst von Schiller emanzipiert hat, für die Epochen
der Jahrhundertwende oder des Expressionismus, für Exilliteratur oder DDR-Literatur,
für Verlagsarchive oder Philosophennachlässe und für vieles andere einsteht, obwohl
also dieses Institut vornehmlich den Phänomenen der Moderne zugewandt ist, bleibt
Schiller nach wie vor sein Hauspatron. Und trotz des Literaturmuseums der Moderne,
trotz zahlloser Sonderausstellungen zu wichtigen Autoren, Themen und Problemstellungen der deutschen Literatur ist die Schiller-Dauerausstellung im Schiller-Nationalmuseum das Marbacher Markenzeichen geblieben, ist die vierjährige Zeit
zwischen 2005 und 2009, als keine Schiller-Ausstellung dort zu sehen war, vom
Publikum als so etwas wie ein Interregnum, als schreckliche kaiserlose Zeit empfunden worden. Galt früher doch sogar die Regel, dass in Schwaben eine Heirat erst dann
richtig gültig war, wenn das Paar gemeinsam das Marbacher Schiller-Museum besucht
hatte. Nun und andererseits, die baubedingte Museums-Schließung der letzten Jahre
hat die Zahl der Eheschließungen in der Ludwigsburger Region nicht merklich
beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass auch die öffentliche Wahrnehmung
des Marbacher Instituts als Schiller-Stätte allmählich schwächer wird. Jedoch bieten
Jubiläumsjahre wie das eben verflossene beste Gelegenheiten, die Verhältnisse wieder durcheinander zu wirbeln und Kafka und Döblin, Heidegger und Jünger, Celan
und Sebald, und wie sie alle heißen mögen, durch den bewährten Publikumsliebling
Schiller auf die Plätze zu verweisen. Man darf also gespannt sein auf die weitere
Entwicklung des Öffentlichkeitsinteresses.
Am 12. Dezember 1886 erhielt der Rittmeister Alfred Andree, Eskadronchef im Ulanenregiment König Karl (1. Württ.) Nr. 19, Stuttgart, den Abschied ohne Zusage
einer Pension und ohne die Erlaubnis zum Tragen der Uniform seines Regiments.
Diese Art der Entlassung kam schon fast einer unehrenhaften Entfernung aus dem
Dienst oder, wie man früher auch sagte, einer Kassation nahe. Es ist nicht mehr feststellbar, in welcher Weise dies geschah, ob es eine Urkunde dazu gab oder ob es formlos vor sich ging. Aber man könnte annehmen, dass der Regimentskommandeur dem
Rittmeister die Entlassung eröffnete.
Wie konnte das geschehen? Welcher Anlass, welche Gründe haben König Karl, der
selbst Chef dieses Regiments war, dazu veranlasst, eine solche Entscheidung zu
treffen? Andree war ein mehrfach ausgezeichneter und wohl auch gut qualifizierter
Offizier. Der familiäre, gesellschaftliche Hintergrund war hervorragend. Vor ihm
hatte eine viel versprechende Karriere gelegen.
Ich will es gleich vorwegschicken: eine einleuchtende Erklärung für diese Entlassung
habe ich nicht gefunden. Genauer gesagt: es ließen sich wohl Gründe dafür, jedoch
nicht der eigentliche Anlass finden. Meine Ausführungen werden also leider einiges
offen lassen müssen.
Beschäftigt man sich mit der weitverzweigten Esslinger Malerfamilie Ihle, so drängt
sich eher die Bezeichnung »Dynastie« auf, ist es doch eine auffallend seltene
Erscheinung, dass es eine Familie vom ausgehenden 17. bis in das 19. Jahrhundert
hinein geschafft hat, jeweils vom Vater auf den Sohn wortwörtlich den Malerpinsel
bzw. das Kunsthandwerk weiterzureichen – ja nicht nur weiterzureichen, sondern
auch zu begabten und namhaften Künstlern heranzubilden. Herausgegriffen sei an
erster Stelle der in Nürnberg zu höchstem Ruhm und künstlerischer Anerkennung
gelangte Bildnismaler Johann Eberhard Ihle (1727–1814), der es sogar bis zum
Direktor der dortigen Malerakademie brachte, ebenso Philipp Jakob Ihle (1736–
nach 1790), der zunächst als Porzellan- und Theatermaler in Ludwigsburg wirkte und
dann Hofmaler des Prinzen Friedrich von Württemberg in Mömpelgard wurde, oder
Georg Tobias Ihle (1745–1797), der den Neubau des Stadtarchivs in Heilbronn ausmalte und Mitglied der Nürnberger Malerakademie wurde, aber auch Johann Jakob
Ihle (1702–1774), der als Bildnismaler nicht nur des Esslinger Patriziats erfolgreich
war und mehrere Emporen württembergischer Kirchen durch Bildlegenden versah.
Werke der Ihles befinden sich im Bach-Museum in Eisenach, im Germanischen
Nationalmuseum in Nürnberg, im Bayerischen Nationalmuseum in München, in der
Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, im Deutschen Apothekenmuseum in
Heidelberg, im Nürnberger Stadtmuseum, im Schiller-Nationalmuseum in Marbach/N., in der Tübinger Universität, im Calwer Stadtmuseum, selbstverständlich
im Esslinger Stadtmuseum, unzählige in Privatbesitz und möglicherweise in der
Deutschen Barockgalerie in Augsburg. Die Ihles malten nicht nur Esslinger Patrizier
und Pfarrer, sondern sogar prominente Adelige und hochgestellte Persönlichkeiten
des öffentlichen und geistigen Lebens ihrer Zeit wie z. B. die Herzöge Carl Alexander
und Carl Eugen von Württemberg, Johann Albert Bengel, Friedrich Gottlieb Klopstock, Ladislaus Ignac Bercsenyi. Sogar ein Bildnis Johann Sebastian Bachs wird ohne
Bedenken einem Ihle zugetraut!
Gleichzeitig mit dem Erstarken des Nationalbewusstseins in Deutschland gegen Ende
des 19. Jahrhunderts stieg auch die Wertschätzung bedeutender Persönlichkeiten aus
Geschichte, Politik, Kunst und den Geisteswissenschaften. Ihr Andenken zu bewahren
wurde deshalb Anliegen und Auftrag. Der Stolz auf ihre Leistungen für das Vaterland oder die eigene Stadt mündete in verschiedensten Formen der Wertschätzung.
Für jede Stadt war es Ehre und Verpflichtung zugleich, an ihre großen Söhne mit
Denkmalen zu erinnern, deren Geburtshäuser mit Gedenktafeln zu schmücken und
die Geburts- und Sterbetage der so Geehrten mit öffentlichen Feiern angemessen zu
begehen.
Ludwigsburg bildete da keine Ausnahme. 1882 wurde die Einweihung des Schiller-Denkmals pompös zelebriert. Aus Anlass des 10. Todestages von David Friedrich
Strauß stiftete ein Kreis von Verehrern des großen Ludwigsburger Theologen und
Philosophen eine aufwendig gestaltete Gedenktafel, die im Januar 1884 an seinem
Geburtshaus in der Marstallstraße angebracht wurde. Friedrich Theodor Vischer
schloss seine bei der feierlichen Enthüllung der Tafel gehaltene Festrede mit den Worten: »Diesem Toten gebührt mehr als eine Gedenktafel, eine künftige Generation wird
es, hoffen wir, ihm weihen: ein Monument.«
Vischers Worte hatten die Wirkung einer Initialzündung, die nächste Generation
setzte den Wunsch in die Tat um. Anlass war wieder ein »rundes Datum«, der 100. Geburtstag von Strauß im Jahr 1908. In pathetisch würdevollen Feierstunden und zahlreichen Zeitungsartikeln wurde das Leben und Werk von David Friedrich Strauß gewürdigt. Einer dieser Artikel erschien am 25. Januar 1908 in der »Frankfurter Zeitung«.
Der Verfasser, der Heidelberger Literaturwissenschaftler und Privatgelehrte Dr. Ernst
Traumann, zitierte darin unter anderem auch die oben erwähnte Passage aus der
Vischer-Rede.
Da steht er nun, der Stier
(2010)
Da steht er nun, der Stier, vielmehr: er stürzt, fällt, bricht zusammen, so wie es die Legende erzählt. Denn in ihr heißt es, dass sich die fünf am Korker Wald beteiligten Dörfer einst nicht einigen konnten, weil sie nicht wussten, wo die Grenzen eben dieses Waldes lagen. „Also rufft jederman gott an, daz irgen ein from mensch erschine, daz anweisunge gebe, wie die Dinge zu vertragen werent. Also gab ein erbar person den rat, man sollt nehmen ein Wucherrint, das ein pfor [Farren, Stier] were, daz soll fünft jar alt sin und sol es instelen, daz es weder sonn noch monne in jar und tag nit sehe. Ist geschehen und uff dem Rindschedel [Gewann bei Zierolshofen] erzogen worden."
22 Jahre wirkte er in Offenburg und gestaltete in dieser langen Zeit mit Umsicht und Energie den entscheidenden Übergang
vom 1660 gegründeten franziskanischen Klostergymnasium zum 1823 begründeten badischen Großherzoglichen Gymnasium: Professor und Direktor Hofrat Josef Scharpf (1796-1866) aus Karlsruhe. Bereits 1818 als Professor an diese Offenburger Gelehrtenschule verpflichtet übernahm er hier 1832 bis 1840 auch die „wohllöbliche Gymnasiumsdirektion" und 1838 zusätzlich die Leitung der von ihm begründeten „Höheren Bürgerschule". Er sollte 1840 noch die höheren Weihen eines Direktors des Lyzeums von Rastatt übertragen bekommen, wohin ihm im selben Jahr auch seine hoch begabten Offenburger Schüler Franz Volk und Karl Heinrich Schaible, 1844 auch sein Offenburger Amtsnachfolger, Direktor Professor Franz Weißgerber, folgten. Direktor J. Scharpf, 1844 zum Hofrat ernannt, verlor nach zehn Jahren 1850 seine Stelle als Lyzeumsdirektor in Rastatt und war danach noch sieben Jahre als Klassenlehrer und Professor am Lyzeum von Mannheim beschäftigt, - ein trauriger Karriereknick, dessen Gründe abschließend beleuchtet werden sollen.
In der Ortenau 89 (2009) ist auf Seite 544 das Büchlein „Hansjakob, Aus den Ferien" vorgestellt worden. Zu dieser, mit zahlreichen Illustrationen von Curt Liebich, Wilhelm Hasemann, Hugo Engl und Heinrich Issel versehenen Publikation der Heinrich-Hansjakob-Gesellschaft e.V. Freiburg i. Br., wurde angemerkt, dass die beiden Porträts auf Seite 64 - Franz Xaver Kaltenbach, der „Wälder-Xaveri" und Luitgard Kaltenbach geb. Heim - eigentlich Carl Sandhaas, und nicht wie angegeben, Wilhelm Hasemann, zuzuschreiben sind. Die beiden erwähnten Zeichnungen sind jedoch tatsächlich von Wilhelm Hasemann erstellt worden, obwohl die Originale natürlich von Carl Sandhaas stammen. Sie tragen auch korrekterweise die Signatur „Hasemann nach Carl Sandhaas", wobei der recht klein gehaltene Text „Hasemann nach ... " auf die Wertschätzung Hasemanns gegenüber Carl Sandhaas schließen lässt.
Zum Lahrer Bürgerbuch von 1356 schreibt Ferdinand Stein im Jahre 1827: 11 Von den Bürgern haben sich einige Namen z.B.: Bühler, Künzlin, Dürr, Pfister, Schmelzer, Vieser bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt. Keine einzige Familie war zahlreich und man bemerkt schon hieran, und an der Mannigfaltigkeit der Namen, dass die Bürgerschaft größtentheils aus vor nicht langer Zeit herbeigekommenen Fremden erwachsen war. 11 Eine große „Mannigfaltigkeit" der Familiennamen finden wir auch in den Lahrer Quellen für das 18. Jahrhundert. Der historische Arbeitskreis Lahr erstellte eine Datenbank mit 11000 Datensätzen aus den Ehebüchern der Jahre 1680 bis 1800 und 400 weiteren Sätzen aus Bürgerbüchern, Steuerlisten u. a. Quellen ab 1662. Für einen ersten Werkstattbericht habe ich aus den Zahlen der Eheschließungen und der Taufen die Entwicklung der Bevölkerungszahlen Lahrs im genannten Zeitraum rekonstruiert.
Am oberen Neckar erlangten die niederadligen Herren von Bern im 13. und 14. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung - zuerst als Besitzer einer Burg und später auch in der aufstrebenden Stadt Rottweil. Mit Wilhelm von Bern, der in Rottweil 1406 bei der Besieglung einer Urfehde erstmals fassbar wird, beginnen sie im 15. Jahrhundert, sich endgültig aus dem Rottweiler Raum zurückzuziehen, um bis zu ihrem Aussterben im mittleren und unteren Kinzigtal eine beachtliche Rolle zu spielen. Den Weg in diese Gegend wiesen wohl alte Verbindungen zu den Fürstenbergern und die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem „Rottweiler" Zweig und jenen Bernern, die bereits vor der Mitte des 14. Jahrhunderts in Haslach wichtige Stadtämter bekleidet hatten. Von Bedeutung mag ferner gewesen sein, dass mit Konrad von Blumberg zwischen 1398 und 1415 ein Verwandter von Wilhelm von Berns Gemahlin das politisch immer noch gewichtige Schwarzwaldkloster Gengenbach als Abt leitete. Wilhelm von Bern erscheint nämlich in der Ortenau erstmals im Jahre 1418 mit zwei Nennungen als Schultheiß von Zell am Harmersbach, den einzusetzen als Privileg den Gengenbacher Äbten zustand.
Vor nunmehr 70 Jahren, am 22. Oktober 1940, fand die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs in Südwestfrankreich statt. Unter den 6500 Deportierten war auch Ludwig Greilsheimer aus Offenburg mit seiner Tochter Susi. Das Mädchen überlebte, der Vater starb in Auschwitz. Erinnern wir an sie: Ludwig Greilsheimer wurde am 4. August 1879 in Friesenheim geboren, wo die Familie Greilsheimer seit Generationen die weitaus personenreichste jüdische Familie war. Erste Mitglieder sind bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts nachzuweisen. Im Zeitraum von 150 Jahren sind 69 weibliche und männliche Familienangehörige genannt und das Gräberverzeichnis des jüdischen Verbandsfriedhofes Schmieheim zählt 27 Personen mit diesem Namen auf, die hier zwischen 1813 und 1935 bestattet wurden. Die Familienlinie wird auf den Viehhändler Raphael Greilsheimer zurückzuführen sein, der 1797 als „Schutzjud" in Friesenheim genannt ist.
Die Tagebücher des Ettenheimer Bürgers und Chirurgus Joann Conrad Machleid sind die wertvollsten Quellen für die Geschichtsforschung der Stadt Ettenheim in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, einem Zeitraum, der für diese Stadt von großer Bedeutung war. Joann Conrad Machleid hat zwei großvolumige Tagebücher hinterlassen, Diarien, wie er sie nennt. Sie umfassen insgesamt 1144 Seiten, meistens eng beschrieben. Die beiden Bücher befinden sich noch heute im Familienbesitz. Der erste Band beginnt im Jahr 1755. Der zweite Band endet im Jahr 1794, kurz bevor Machleid starb. In diesen beiden Bänden berichtet Machleid über all die Geschehnisse, die er für so wichtig erachtete, dass er sie aufschrieb. Teilweise reichen seine Aufzeichnungen auch weit in die Vergangenheit zurück und beruhen dann auf mündlichen Überlieferungen. Dadurch blieb das Wissen über viele Ereignisse im Stadtgeschehen erhalten, was ohne seine Aufzeichnungen sicher verloren gegangen wäre.
Heiligenleben und Alltag
(2010)
Dis ist von dem heiligen leben der seligen frowen, genant die Rickeldegen, und waz grozer wunder unser lieber her mit ir gewurcket het. Und mit irme eigen namen wz su Gerdrut genant. So beginnt die Schrift, die im Mittelpunkt der Untersuchung stehen soll. Sie nimmt ganz selbstverständlich das seit dem Frühmittelalter geläufige literarische Muster auf, mit dem ein Heiligsprechungsprozess in Gang gesetzt wurde: Vita et Miracula bildeten die Grundlage für den Prozess, an dessen Ende die Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen stand. Diesem Programm will ich einen zweiten Aspekt hinzufügen, der sozusagen quer dazu steht: Offenburger Alltagsleben. Dabei interessieren nicht so sehr die großen Wunder, sondern die kleinen Alltagsgeschichten, in denen sich das Leben einer Frau widerspiegelt mit all seinen Zwängen und Möglichkeiten. Zugegebenermaßen verengt dieser Blick das überlieferte Bild der Offenburger Heiligen in ungebührlicher
Weise. Denn in erster Linie widmet sich die Schrift dem spirituellen Leben einer Frau, ihrer Askese und ihrem Ringen um eine neue Lebensform. Meine Engführung soll Einblicke bieten in das Tagesgeschehen einer kleinen Stadt des 14. Jahrhunderts, in der Gertrud fast 30 Jahre lang gelebt hat.
Erst nach einem Intervall von zwei Jahrzehnten nach der Aufgabe der Freiburger Druckerei von
Friedrich Riederer im Jahr 1500 und nach einem kurzen Intermezzo des Straßburger Druckers
Johann Schott, der 1503 in Freiburg die Erstausgabe der „Margarita philosophica" seines Lehrers Gregor Reisch druckte, etablierte Johann Wörlin in der Breisgauhauptstadt wieder eine
Druckerwerkstatt. Johann Wörlin wird 1517 als Mitglied der Freiburger Krämerzunft „Zum
Falkenberg" erwähnt. Der Name ist auch heute noch im südalemannischen Raum verbreitet und
bedeutet einen verkürzten Kosenamen von Werner. Eine akademische Vorbildung wie bei seinen Vorgängern Kilian Fischer und Friedrich Riederer oder wie bei dem berühmten, aus Freiburg stammenden Kartografen Waldseemüller ist in den Matrikeln der Universitäten von Freiburg und Basel nicht nachweisbar. Er handelte wohl zunächst als Buchführer. Im Jahr 1522 erschienen in seiner Werkstatt zwei Werke von Jakob Mennel, dem Freiburger Stadtschreiber und
späteren Hofhistoriografen Kaiser Maximilians. Zu den Autoren seiner Schriften zählten der
Konstanzer Bischof Hugo von Hohenlandenberg, dessen Generalvikar Johann Fabri, der Straßburger Augustinerprior Konrad Treger, der Augsburger Stadtprediger Mathias Kretz sowie der
Zürcher Unterstadtschreiber Joachim vorn Grüdt und der päpstliche Legat Lorenzo Carnpeggio. Erasmus von Rotterdarn ist bei ihm mit vier Traktaten vertreten. ,,Neüwe Zeytungen" Wörlins berichten über den Bauernkrieg, die Schlacht von Pavia und von den Türkenkriegen. Seine
Flugschriften enthalten Liedertexte und Gesundheitsratgeber. Insgesamt lassen sich im „Verzeichnis der im deutschen Sprachgebiet im 16. Jahrhundert erschienenen Drucke" (VD 16) 32
Titel aus der Werkstatt Wörlins nachweisen. Dazu kommt eine schlecht zu schätzende Anzahl
von heutzutage nicht mehr vorhandenen Drucken. Aus einem Vergleich eines Katalogs des 18.
Jahrhunderts mit heutigen Bibliotheksbeständen beziffert Engelsing den Schwund auf 30 bis
50 %.[1]
Bildhauer Prof. Adolf Heer
(2010)
Im Baar- und Residenzstädtchen Donaueschingen waren im 19. Jahrhundert
die kunstsinnigen Fürsten die Gönner und Mäzene, denen Adolf Heer und andere
"Baaremer Söhne" wie Franz Xaver Reich, der Bildhauer aus Hüfingen, ihren
Werdegang als bekannte Künstler zu verdanken hatten .
So brachte der erste Auftrag von Fürst Kar! Egon III. für die zwei Engelsstatuen
für die Fürstengruft Maria Hof in Neudingen bei Donaueschingen Adolf Heer Lob
und Anerkennung weit über die Grenzen des Großherzogtums Baden hinaus.
Die Vermessung der Welt ist kompliziert. Einer hat neue Erkundungsinstrumente
entwickelt, ein anderer glaubt Urkunden entdeckt zu haben, die endgültig beweisen, was er schon immer verkündet hatte. Ständig werden scheinbar unumstößliche
Lehrsätze aus dem Schulunterricht - "Brigach und Breg bringen die Donau zuweg"
- neu gefasst oder grundsätzlich infrage gestellt. Für di e m eisten Erdkundigen etwa
war stets der Nil der längste Fluss der Erde, bis südamerikanische Geographen nachgemessen und ein Rinnsal ausgemacht hatten, das den Amazonas um 105 Kilometer verlängerte.
Die interessante und wie im Fall e unseres Geometers politisch bedeutsame
Frage, warum die Schweiz auf Kosten ihres italienischen Nachbarn größer wird,
beantworten eidgenössische Landestopographen folgendermaßen: Die gemeinsame
Grenze verschiebt sich dort bis zu 150 Metern, wo sie über Schneefelder und
ständig schmelzende Gletscher verläuft; sie verändert di e jeweiligen natürlichen
Wasserscheiden in Richtung Italien und verschafft so der Eidgenossenschaft einen
kleinen, aber messbaren Landzuwachs.
Warum hat ein so bedeutender Künstler wie Hans Thoma eine Postkarte für das hiesige Kindersolbad gezeichnet? Ganz einfach: Hans Thoma wohnte öfters in der Dürrheimer "Villa Luise', einem christlichen Erholungsheim an der Huberstraße.
Mit deren Besitzer, dem Ehepaar Hecht, hatte er sich bereits in seiner Karlsruher
Zeit angefreundet.
Hausherr Geheimrat Dr. Moriz Hecht, Präsident des Statistischen Landesamtes in der badischen Landeshauptstadt, erledigte da mal vieles für Hans Thoma und
wurde da für mit originalen Bildern und Grafiken regelrecht entlohnt: Ehefrau Claire
Hecht durfte mitunter sogar ein Bild ihrer Wahl im Atelier des Künstler aussuchen.
Eine der drängenden Fragen, mit denen sich Karl Siegfried Bader unmittelbar nach
Kriegsende auseinandersetzte, war die einer Nachbildung und Nacherziehung, ja
überhaupt einer Wiedererziehung der im nationalsozialistischen Ungeist herangebildeten Juristen. Wie konnte hier eine "Abkehr vom juristischen Banausentum ",
wie eine Wiedergewinnung rechtlichen Denkens gelingen? Den angehenden Richtern, Staat - und Rechtsanwälten müsse klar gemacht werden, so Baders Folgerung,
" dass mit der formalen Handhabung juristischer Technik, mit dem gedächtnismäßigen Einprägen von Rechtssätzen und mit einer gewissen Fertigkeit in der rechtlichen Subsumption nichts getan ist. ( ... ) Es handelt sich nicht darum, dass der Jungjurist neben seinen Gesetzeskenntnissen auch Daten aus der deutschen Geschichte
kennt und eine halbwegs brauchbare Vorstellung von den politischen Verhältnissen
hat. Entscheidend ist vielmehr, dass der junge Jurist durch die juristischen Denkformen hindurch möglichst rasch und möglichst tief zu den Grundwahrheiten der
Humanität, der Caritas und der inneren, nicht nur der formalen Legalität durchdringt." Der gute Jurist sei eben mehr als ein Jurist mit gutem Fachwissen und
gewissen Fertigkeiten.
Über den Höhen des Schwarzwaldes im Westen von Schonach zum Prechtal hin, inmitten wilden Baumwerks, liegt der Zinken ,,Feldern“. Dort wurde am 5. Oktober 1910 der Akademische Maler, Graphiker und Buchdrucker meister Eugen Gross als jüngstes von acht Kindern geboren. Es war ein hartes Leben in der Abgeschiedenheit des Hochschwarzwaldes
Dem Augenmerk kenntlich, glaubhaft im Tatbeweis als Garant und Bürge für die anhaltende Fortdauer der Bildüberlieferung eines alten Gemeinwesens, so erscheint uns Richard Ackermanns geistige Gestalt. Unbeugsam, knorrig, selbstsicher, eigengeprägt, versehen mit der Überzeugungskraft einer unnachahmlichen Stilgebärde steht er vor uns, aufragend wie ein Schutzpatron im Scheitelpunkt eines Brückenbogens, der aus vergangenen Jahrhunderten in unsere Jetztzeit herüberschwingt. Dieser Mittlerrolle wegen wird sich das Gedenken an ihn im Bewusstsein jener Villinger erhalten, die in kundiger Zuneigung wissentlich und nicht bloß von ungefähr hier leben. Ist dieser Maler doch der späte Spross einer kunstreichen Sippe, die im großen Schemenschnitzer Dominikus Ackermann, dem legendären Ölmüller, ihr historisches Oberhaupt hatte. Der ererbte Kunstfleiß, die lautere Werkgesinnung bewähren sich noch im Urenkel als gleichsam angeborene Tugenden. Doch der würdige Nachfahre ist kein Nachahmer. Er schafft das originäre Werk, nicht die Stilkopie.
Romäus’ letzte Schlacht
(2010)
Von ihm geblieben sind die wundersamen Geschichten aus der Erzählwelt. Sie berichten über jene martialische Gestalt, deren um 1980 erneuertes Bild in phantasievoller Anlehnung an jenes des 19. Jahrhunderts am jetzigen Romäusturm prangt. Es ist der einstige Michaelsturm, auch Diebturm geheißen, hinter dessen festen Mauern der Lokalheld Romäus gefangen saß; verurteilt vom Gremium der Stadtrichter zu lebenslanger Haft. Von diesem legendären Mann zeugt als Zeitgenosse der Ratsherr Heinrich Hug in seiner Villinger Chronik (1495–1533).
Vor 150 Jahren, am 12. September 1860 kam Johannes Bauer in Wiesloch zur Welt. Von seinen 72 Lebensjahren verbrachte er 52 in seiner badischen Heimat. Ab 1910 wirkte er als ordentlicher Professor und Direktor des Praktisch-Theologischen Seminars an der Universität Heidelberg. Am 10. Januar 1933 ist er in Heidelberg gestorben. In der Gedenkrede sagte Willy Andreas, der Rektor der Universität Heidelberg: »Wir betrauern in ihm den in seiner Art einzigen Vertreter der praktischen Theologie, den hingebenden, volksverbundenen Erzieher einer ganzen Generation badischer Pfarrer, den im Heimatboden verwurzelten Pfleger der Kirchengeschichte unseres Landes, den besonderen Kenner und Sammler christlicher Kunst, den warmherzigen Freund unserer akademischen Jugend. Er war uns verehrungswürdig in seinem schlichten, urwüchsigen, geradgewachsenen Menschentum, der bodenständigen Echtheit seines Wesens; seine schmucklose Sachlichkeit hatte eine eigene Wucht.«
Mitten in den Wirren des Spanischen Erbfolgekriegs ereilte Carl Wilhelm eine folgenschwere Nachricht: Sein Vater, Markgraf
Friedrich Magnus, war am 25. Juni 1709 im Exil in Basel gestorben. Von heute auf morgen sah sich der 30-jährige Erbprinz gezwungen, das Schlachtfeld zu verlassen und die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Völlig unerfahren in diesem Metier, war er zunächst vollständig auf die Ratschläge des Hofpersonals angewiesen, für eigenständige Ideen und Entscheidungen in wichtigen Fragen war wenig Spielraum. Carl Wilhelm musste sich notwendigerweise nach einem im Staats- und Verwaltungswesen bewanderten und erprobten Regierungsbeamten umsehen. Dem jungen Fürsten blieb jedoch eine
mühsame Suche erspart. Er erinnerte sich an Johann Georg Förderer, Edler von Richtenfels, der seit 1707 als Commissionsrat und Bergwerksdirektor in Diensten des Grafen Anton Günther von Schwartzburg in Arnstadt stand und schon seit über zwei Jahren alles daran setzte, an den baden-durlachischen Hof zu kommen.
Die nachstehenden Quellen spiegeln Beobachtungen eines Zeitzeugen, der im 19. Jahrhundert als bedeutender Jurist, ja als »Taufzeuge« des damaligen öffentlichen Rechts galt. Seine grundlegenden Werke wie die Arbeit zum Völkerrecht gehörten zum Literaturfundus von Anwälten und Diplomaten. Weniger bekannt ist Klübers Tätigkeit für den badischen Hof, dem er in einflußreichen Ämtern diente. Man gewinnt Informationen, oft mit einer eigenwilligen Position vorgestellt, über politische
und kulturhistorische Vorgänge aus seinen Briefen, die ein Müllwerker im Abfall vor der Entsorgung gerettet und dem Generallandesarchiv Karlsruhe zugeleitet hat, hier erstmals in der Originalform zitiert.
Nicht nur in architektur- und literaturhistorischer Hinsicht, auch in Fragen der kunstgeschichtlichen Entwicklung waren die Schweiz und der deutsche Südwesten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert eng miteinander verknüpft. Ein reger, von stetigem Ideen- und Gedankenaustausch beflügelter Dialog zwischen Malern und Bildhauern, Kunsthistorikern und Kunstkritikern, Museumsleuten und Sammlern sowie ein vielfältiger Ausstellungsbetrieb in Kunstvereinen, Museen und Galerien prägte das besondere Profil der Kunst- und Kulturregion entlang der Rheinschiene zwischen Basel, Karlsruhe und Frankfurt am Main, mit nachhaltigen Auswirkungen bis in das Rheinland nach Düsseldorf und mit Ausstrahlungen in die Region der übrigen Schweiz sowie in die Gebiete am Bodensee und im Württembergischen. Innerhalb der südwestdeutschen Kunstgeschichte der frühen Modeme lässt sich die Beschäftigung mit schweizerischer Malerei und Graphik, von Arnold Böcklin (1827-1901) und Giovanni Segantini (1858-1899) über Ferdinand Hodler (1853-1918) bis Giovanni (1868-1933) und Augusto Giacometti (1877-1947), bei kaum einem anderen Maler so anschaulich beobachten und detailliert nachvollziehen wie bei dem heute weitgehend in Vergessenheit geratenen August Babberger (1885-1936), der zu den wichtigsten Vertretern des Expressionismus in Baden gezählt werden darf.
Otto Flake in Baden-Baden
(2010)
Am 15. Juni 1928 war Otto Flake in Baden-Baden eingetroffen. Er hatte das kleine Wohnhaus in der Bismarckstraße 7 erworben. Begleitet wurde er von seiner geschiedenen dritten Ehefrau Erna Bruhn, die er wenige Monate später neuerlich, und nun in vierter Ehe, heiraten sollte. Bei ihnen befand sich ihre gemeinsame Tochter Eva Maria. Ein unruhiges Wanderleben lag hinter dem weitbekannten Schriftsteller. Otto Flake war als Sohn deutscher Eltern, die nach Elsass-Lothringen gezogen waren, in Metz am 29. Oktober 1880 geboren worden.
Thomas Anshelm
(2010)
Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte umwälzende Folgen für die Buchproduktion. Waren Bücher bis dahin im wesentlichen von Hand geschriebene Unikate gewesen, konnten sie nun in beliebig großen Auflagen hergestellt werden. In den geistigen Zentren, insbesondere in den Universitätsstädten, kam es rasch zur Gründung von Druckereien, um die wachsende Nachfrage nach Druckerzeugnissen befriedigen zu können.
Christoph Wolff
(2010)
Vor 200 Jahren, laut Kirchenbucheintrag am 26. Juni 1810, wurde in Mannheim als Sohn eines »Blecharbeiters« Johann Christoph Wolff geboren. Der Vater Joseph stammte aus Philippsburg und war katholisch, dessen Ehefrau Ursula war eine geborene May. Der Schul- und Studienfreund von Lorenz Brentano und Friedrich Hecker wählte 1836 als Rechtspraktikant beim großherzoglichen Bezirksamt Baden (Baden-Baden) zu seinem Lebensmittelpunkt. Vereidigt wurde er vom Amtmann von Theobald, der seine politische Karriere bis zum Ende begleitete, schlussendlich sogar strafversetzt wurde.
Die in Steißlingen im Hegau geborenen Brüder Karl Maximilian (1872-1933) und Ernst (1868-1934) Würtenberger waren mit ihrer Heimat eng verbunden. Die Landschaft und die Menschen des westlichen Bodenseeraumes zwischen Steißlingen, Stockach und Konstanz bzw. Kreuzlingen wurden von ihnen immer wieder künstlerisch umgesetzt. So schufen sie in ihrer jeweiligen Technik vor allem Portraits und volksnahe Genreszenen, mal in Gips, Ton oder Bronze, mal auf Papier, Karton oder Leinwand.
Emil Sutor wurde am 19. Juni 1888 in Offenburg geboren. Dort erhielt er auch seine erste - und zwar gründliche, handwerkliche - Ausbildung als Holzbildhauer in der Werkstatt von Simmler und Venator, die viele Kirchen belieferte. Von 1907 bis 1909 studierte er an der Karlsruher Kunstakademie bei dem bekannten, ja berühmten Hermann Volz; von 1910 bis 1911 arbeitete er unter Bruno Wollstädter in Leipzig und bildete sich anschließend in Dresden, München, Stuttgart und Paris weiter.
Johann Peter Hebel 1760-2010
(2010)
Der Hebelbund Lörrach e.V. ist die jüngste der drei großen Hebel-Institutionen zwischen Hausen und Basel. Die Gemeinde Hausen im Wiesental, dem Ort, in dem der kleine Johann Peter die Winter verbrachte (sommers lebte er in Basel). 1860 wurde die Hebelstiftung Basel von schweizerischen Hebelfreunden gegründet, so entstand der bis heute lebhaft gepflegte Hebel-Kontakt zwischen Hausen und Basel.
Wilhelm Zentner: »Unermessliches Reich liebenden Gedenkens«, Uli Däster: »Unentschlossenheit in bestimmender Grundzug seines Charakters«, Heide Helwig: »Luftbild einer Landschaft, in dem Wolkenfelder die Sicht verdecken«, Bernhard Viel:
ldeengeschichtliche Stränge, Franz Littmann: »Hebels Alemannischen Gedichte waren eine Antwort auf die damalige Krise.«.
» ... Und so wartete Gustave vergebens, selbst dann noch, als ihr Freund sich in die Lage versetzt sah, eine Frau standesgemäß zu ernähren. So blieb es bei den Briefen an Gustave, die menschliche Dokumente von schlicht bezwingender Macht und Reinheit, ein Kleinod der Briefliteratur, dem Geist vertrauter und zugleich abstandsbewusster Zwiesprache entflossen,
dem Schönsten und Lautersten ebenbürtig, was Hebels Dichtergeist ersonnen.« Mit diesen Worten fasst Wilhelm Zentner treffend zusammen, was in langen Jahren des persönlichen und brieflichen Kontakts zwischen Gustave Fecht und Johann Peter Hebel wuchs und sich gestaltete, - und was beiden verwehrt blieb.
Zum ersten Mal zu Besuch in Schwetzingen war Johann Peter Hebel (vermutlich) bereits als Schüler des Karlsruher Gymnasiums. Kurz vor seinem Examen (1777) unternahm er nämlich eine Ferienwanderung entlang des Rheins bis nach Mannheim. Der damals schon berühmte Schwetzinger Schlossgarten gehörte sicherlich zu den touristischen Höhepunkten dieser Wanderung. Vielleicht hörte er bei dieser Gelegenheit etwas vom ehemaligen Schwetzinger Gartendirektor Friedrich Casimir Medicus (1736-1806).
Johann Peter Hebel
(2010)
In diesem Jahr erinnern wir uns gerne an den 250. Geburtstag von Johann Peter Hebel, den wortgewaltigen und sensiblen Schriftsteller, welcher vor allem der alemannischen Mundart erstmals einen festen Platz in der Literatur des deutschen Südwestens gegeben hat. Sein religiöses Weltbild und sein pädagogischer Eifer verbinden ihn »mit dem Aufklärungszeitalter
Lessings, und in mancher Beziehung ist er Matthias Claudius verwandt«; mit seiner Liebe zu Natur, Volk und Landschaft steht er auch der Romantik sehr nahe. Als Erzähler zeigt er bereits Züge des späteren Realismus.
Ein großer Badener
(2010)
Heuer ist ein Hebeljahr: Am 10. Mai 1760 brachte in Basel Ursula Hebel, geb. Oertlin aus Hausen i. W., Ehefrau des Johann Jakob Hebel, ihr erstes Kind zur Welt. Die Eltern ließen den Buben Hanspeter taufen. In der Peterskirche, wo damals noch der berühmte Totentanz an der Friedhofsmauer zu sehen war. Beide Eltern hatten eine Stelle im Haus der wohlhabenden Basler Patrizierfamilie Iselin.