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Die aus der Abtei Lichtenthal stammende Handschrift L 89 der Badischen Landesbibliothek enthält Auszüge einer alemannischen Übertragung des Legatus divinae pietatis der hl. Gertrud von Helfta. Sie ist datiert mit 1566 und wurde weithin geschrieben von Äbtissin Barbara Veus (1551-1597), was aus der dem Konvent gewidmeten Schlussschrift hervorgeht. Eine mit dem Monogramm S B genannte Mitschreiberin ist Sr. Salome Beck. Etwa 20 Blatt wurden von einer dritten unbekannten Hand geschrieben. Leider lässt die in der Schlussschrift enthaltene Widmung an den Konvent dyß buoch habent ich und euwer liebe mitschwester euch geschryben nicht er- kennen, ob der Text die Kopie einer anderen, vielleicht gar einer bestimmten Handschrift ist, oder ob es sich um eine ganz oder teilweise selbständige Über- tragung aus dem Lateinischen handelt. Über die Herkunft der Schreiberinnen liegen nur bei Barbara Veus nähere Angaben vor. Sie ist eine Tochter des Hieronymus Veus, der Doktor beider Rechte, zeitweilig Rektor der Universität Freiburg und nach 1518 Kanzler des Markgrafen Philipp I. von Baden war. Der Inhalt der L 89 entspricht ziemlich genau der lateinischen Edition des
Legatus divinae pietatis, die 1536 in Köln unter dem Titel Insinuationum divinae pietatis libri quinque herausgegeben wurde und wegen der vorangestellten Apologetica des Kartäusers Johannes Lansperg gelegentlich unter dessen Namen überliefert ist. Sie weicht von der 1875 durch die Benediktiner von Solesmes veröffentlichten „Originalfassung" ab, die in verkürzter Form in verschiedenen deutschsprachigen mundartlichen Fassungen bereits seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu finden ist. Dieser Unterschied ist schon in einem relativ kleinen Textvergleich erkennbar.
Aufgeschreckt durch den Verkauf der Fürstlich Fürstenbergischen Bibliothek und die Vernichtung ihres Zusammenhangs auf mehreren Versteigerungen, haben sich viele, denen die mittelalterliche Kultur am Herzen liegt, auch für das Schicksal des Nibelungenlieds interessiert. An sich war man ja nicht besorgt, da das Land Baden-Württemberg, als es 1992 die
Handschriften der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek erwarb, sich ein Vorkaufsrecht hat einräumen lassen. Gesetzlich ist ohnehin ein Verkauf ins Ausland nicht möglich, denn die Handschrift gehört zum „geschützten Kulturgut“. Unruhig wurde man jedoch, als der Wissenschaftsminister, Klaus von Trotha, ankündigte, das Land wolle sein Vorkaufsrecht aufgeben, wenn das Land Bayern das Nibelungenlied erwerben wolle. Die bayerische Regierung winkte allerdings alsbald ab. Seither ist die Öffentlichkeit über den derzeitigen Stand nicht informiert. Es müssen ja nicht alle Verhandlungen auf dem Markt stattfinden. Freilich ist nach den bisherigen Erfahrungen einiges Mißtrauen hinsichtlich der Zukunft des kostbaren Kodex angebracht.
Das Stadtarchiv Ludwigsburg erhielt 1998 von den Erben des Ludwigsburger
Architekten Friedrich Hausser dessen nachgelassene Architekturzeichnungen als
Schenkung. Damit besitzt das Stadtarchiv, neben der Sammlung Baumgärtner
und den Unterlagen Otto Eichens, einen dritten, für die Baugeschichte Ludwigsburgs wichtigen Architektennachlass. In der Hinterlassenschaft Friedrich Haussers befinden sich auch einige bemerkenswerte Materialien zu dem von ihm entworfenen Aussichtsturm am Salonwald. Grund genug, im folgenden Aufsatz
näher auf dieses inzwischen vergangene Wahrzeichen Ludwigsburgs einzugehen.
Im Herbst 2000 wurde die Filmakademie Ludwigsburg neun Jahre alt. Zunächst
in einem Provisorium in · der Weststadt untergebracht, konnte sie im September
1993 ihre drei Gebäude auf dem nahezu quadratischen Platz zwischen Mathildenstraße, Seestraße, Alleenstraße und Gewächshausweg beziehen und nun ist ostwärts davon auf dem Mathildenareal an der Alleenstraße ein weiteres Gebäude
hinzugekommen. Die Filmakademie hat sich inzwischen einen Ruf erworben, der
weit über die Grenzen der Stadt und des Landes hinausgeht. Sollte dies nicht
schon genug Anlass sein, der Vorgeschichte des Areals an der Mathilden-, See- und Alleenstraße nachzuspüren?
Schwarzwälder Jugend
(2000)
Die abfallende Seitenstraße neben dem großelterlichen Hause war das Rechte zum Rodeln oder, wie man dort drüben einfältiger sagte: zum Schlittenfahren. Sie kam, aus einer Gabelung zusammengewachsen, im Bogen von der oberen Altstadt und andrerseits von der großen Scheune des Großvaters herunter - der Scheune mit dem Familienomnibus, mit den
mancherlei Wagen für Menschen, Feldarbeit und Fracht, mit dem Heuboden und den Ställen, wo die vielen Milchkühe und in den guten Zeiten an die zwei Dutzend Gäule standen. Von dort oben also, wo schon das Reich der Geheimnisse und
Abenteuer anfing, lief die Straße, mäßig breit, zwischen dem Garten des reichen Nachbarn, des Fabrikanten, und dem Seitengärtchen der Villa hin, die unser Großvater zwischen Altstadt und Vorstadt für sich und die Schar der Seinigen
erbaut hatte - Patriarch mit weißem Bart, klugen, hellen, ein wenig hitzigen Augen, roten Bäckchen, blankem Schädeldach, mit guten Humoren und jener meisterlichen Strenge, die durch seine wohllebende Vorliebe für Gabelfrühstücke gemildert blieb. Uns Kindern war es eine hohe Lust, weit droben, am äußeren Zuweg zu der fallenden Straße, im fast schon Unbekannten hinter der Scheune, mit den niedrigen Schlitten anzusetzen und dann, im Triumph aus unwahrscheinlichen Fernen niederbrausend, am Seitengärtchen vorbeizufliegen - nicht ohne daß uns die schrägen Abzugsgräben, die über
die Straßen liefen, in die Höhe schleuderten wie Sprungbretter: aber dies steigerte die Pracht unserer Heldentat für den Blick des zuschauenden Altvaters, der in Pelz und Wasserstiefeln, das Quastenkäppchen auf dem munteren Greisenhaupt, durch den verschneiten Garten stapfte. Flogen wir endlich auf die quer liegende Hauptstraße vor, die im Tal drunten den Vorstoß unserer Rodelbahn empfing, so kannten wir keine Rücksicht - weder auf uns selbst noch auf die Leute.
Wer auch immer nach Gengenbach kommt, – um den Ritter, der mitten auf dem Marktplatz des Städtchens steht, kommt keiner herum, ihn kann keiner übersehen. Seit 1582 behauptet er hier das Feld. Diese Zahl ist auf seinem Sockel eingemeißelt. Längst schon haben die Gengenbacher ihn zu ihrer Symbolfigur erhoben. Zuletzt feierten sie 1982 seinen 400. Geburtstag mit einem prächtigen Ausstellungsspektakulum. Etwa fünfzig bildende Künstler huldigten ihm zu diesem Anlaß in phantasievoller Weise, witzig, verspielt, kritisch, nachdenklich.
Wie sah ein spätmittelalterliches Leprosorium aus und wie wurde es betrieben? Diesem Thema soll anhand des ehemaligen Sondersiechenhauses auf der Steig bei Schaffhausen nachgegangen werden. Der zeitliche Rahmen reicht von 1470, als das Haus gebaut wurde, bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die letzten Leprapatienten aufgenommen wurden. Das Grundkonzept der Arbeit besteht darin, dass das Sondersiechenhaus sowohl architektonisch als auch historisch untersucht wird. Das Zusammenführen dieser beiden Ansätze soll ein umfassendes Bild des Lepraspitals ergeben. Die vorliegende Arbeit stellt eine vorzeitig publizierte und verkürzte Fassung der medizinhistorischen Dissertation dar, die im Frühjahr 2002 erscheinen wird. Insbesondere die bauanalytischen Ausführungen sind auf ein Minimum beschränkt.
Meine Höri
(2000)
Was bedeutet Ihnen die Höri? Das werde ich immer wieder gefragt. Man nimmt an, wer hier lebt und malt, muß es wissen. Und verweist auf die vielen Maler, die vor Jahrzehnten hier wohnten, eine Litanei inzwischen bekannter Namen, die da genannt werden. In der Welt draußen gepriesene Namen, die auf diese kleine Landschaft einen Glanz werfen. In ihrer Kunst ist die Höri Bild geworden. Und darauf kann man stolz sein. Der Blick auf ihre Besonderheit und Schönheit ist geöffnet, am klarsten, wie ich meine, durch die Bilder des Malers Adolf Dietrich, der drüben in Berlingen schaffte: Er ist der Eigenart von Untersee und Höri wie kaum einer gerecht geworden. Man weiß auch um die Schriftsteller, die die Höri literarisch gemacht haben. Es trifft zu, was Erhart (nicht Erich) Kästner kühn formuliert hat: „Immer muß erst der Dichter kommen und sehen. Wirklich sind nur die bedichteten Dinge.“ Da erst wird das gewöhnlich Übersehene zum Besonderen. Das stimmt so für Hermann Hesse und Ludwig Finckh, für den philosophischen Ernst Bacmeister, für Klaus Nonnenmann, für Werner Dürrson, hier vor allem auch für Jacob Picard aus Wangen, dem bisher einzigen literarisch bedeutenden Schriftsteller, der auf der Höri geboren ist.
Die Wahlfälschungen in Seelbach im Jahre 1842 beurteilte der Alterspräsident Johann Nepomuk Wetzel in seiner Stellungnahme vor der Zweiten Kammer der badischen Landstände am 1. Juni 1842 als einen Skandal von nationaler Bedeutung. ,,Zum ersten Mal", so der Deputierte, ,,erscheint hier die deutsche, die badische Ehre befleckt durch bestimmte Anklagen des Verbrechens der Geldbestechung zur Verfälschung der Volkswahlen." Was hatte sich an Skandalösem in Seelbach, in der Provinz Badens, zugetragen, um schließlich als „Seelbacher Wahlskandal von 1842" in die badische Parlamentsgeschichte einzugehen? Am 2. April 1842 erhob Michael Müller, Müllermeister auf der "Unteren Mühle" zu Dautenstein, als Beschwerdeführer von vierzehn namhaften Seelbacher Bürgern gegen die am 30. März 1842 in Seelbach durchgeführte Wahlmännerwahl beim Großherzoglichen Badischen Oberamt Lahr Einspruch.
In diesem der amtlichen Landesforschung und -beschreibung gewidmeten Symposion soll dem badischen Landesteil, der hierbei eine eigene Entwicklung aufweist, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ich bin der Aufforderung, das einleitende Referat zu halten, gerne gefolgt, bin ich doch der Landesbeschreibung seit nunmehr 45 Jahren verbunden, seit ich zunächst an der Kreisbeschreibung von Öhringen, dann an der von Freiburg und jetzt an der von Emmendingen mitgewirkt und dabei selbst viel gelernt habe. Zudem fühle ich mich persönlich den beiden Landesteilen Baden und Württemberg, die nach langer Vorgeschichte zueinander gefunden haben, gleich verbunden. Württemberg ist die Heimat meiner Vorfahren seit 500 Jahren, hier habe ich meine Studien-, Schuldienst- und anfängliche Hochschuldienstzeit in Tübingen, Biberach und Stuttgart verbracht. Doch dann habe ich mich gefreut, nach Freiburg berufen zu werden und fühle mich seitdem in Baden mindestens genau so wohl wie in Württemberg. Dazu trägt auch das österreichische Flair des Breisgaus bei, habe ich doch meine Jugend im Wiener Raum verbracht und kehre nun so im ehemals habsburgischen Freiburg zu meinen Anfängen zurück. So dürfte hinreichend legitimiert sein, daß ich heute über die Landesbeschreibung, speziell Badens, spreche.
Der nachfolgende Aufsatz über die Hof- und Familiengeschichte des Klosterhofs in Gundelfingen fasst die wichtigsten Ergebnisse der historischen Recherche zur Hofchronik dieses traditionellen landwirtschaftlichen Familienbetriebes im Breisgau zusammen. Im Sommer 1997 wurde hier eine historische Ausstellung zur Hofgeschichte gezeigt, die auf großes Interesse und eine überaus positive Resonanz in der Öffentlichkeit stieß. Das Ausstellungskonzept basierte neben der historischen Herleitung der Hof- und Familiengeschichte auch auf der geschichtlichen Gegenüberstellung der landwirtschaftlichen Arbeit von früher zu heute sowie auf der Entwicklung vom abgabenpflichtigen Selbstversorgungsbetrieb zum für den freien Verkauf produzierenden landwirtschaftlichen Betrieb. Dabei wurde auch die aktuelle marktwirtschaftliche Situation des Hofes, der seit Beginn der 90er Jahre nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus wirtschaftet und sein Hauptgewicht auf den Gemüse- und Getreideanbau verlagert hat, thematisiert. Das Konzept mit dem Ziel, historische Fakten in Form von Texten, Fotos, Urkunden und Originalgegenständen der Öffentlichkeit möglichst anschaulich und publikumswirksam zugänglich zu machen, bewährte sich als überaus erfolgreich. Und es trug dazu bei, regionale Vergangenheit ein Stück weit lebendig zu erhalten.
Die Geschichte der Gründung des Klosters Mariental in Steinheim an der Murr ist
schon mehrfach thematisiert worden. Zu der von Berthold von Blankenstein und
seiner Gattin Elisabeth durchgeführten frommen Stiftung sind gleich mehrere
urkundliche Zeugnisse überliefert und doch wurde in der Literatur eine »eigentliche Gründungsurkunde« vermisst. In der Tat ist in einem Teil der einschlägigen
Dokumente von der geplanten, in anderen von der bereits vollzogenen Klostergründung die Rede. Gewissermaßen an der Schnittstelle zwischen beiden Gruppen steht jene, heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrte Urkunde, in der
die Stifter Berthold und Elisabeth von Blankenstein eine Reihe von Verfügungen
bezüglich ihrer Stiftung treffen. Einerseits wird in dem Stück eine bereits gegründete Kirche der Nonnen (ecclesiam sanctimonialium, quam ... fundavimus) erwähnt, andererseits wird deutlich, dass Kloster und Klausur noch nicht eingerichtet sind. Bestimmungen hinsichtlich der Klostervogtei, einem im Wortsinn grundlegenden Element der Klosterverfassung, sind ebenfalls hier zu finden. Dies lässt
vermuten, dass unsere undatierte Urkunde zwischen der von Bischof Heinrich
von Speyer am 31. Dezember 1254 ausgestellten Genehmigung für die Klostergründung und Klosterausstattung5 und der am 18. November 1255 vom Propst
von Beutelsbach auf Weisung des Papstes vollzogenen Inkorporation der Steinheimer Pfarrkirche mit allem Zubehör in das Kloster Mariental einzuordnen ist. Da
die Forschung heute bei Gründungsvorgängen allgemein von einem »gestreckten
Verlauf« ausgeht, dürfen wir das von Berthold und Elisabeth von Blankenstein
ausgestellte Dokument, in dem sich der Stifterwille manifestiert, durchaus als
»Gründungsurkunde« des Klosters Mariemal in Steinheim betrachten. Bemerkenswert ist, dass eine Bestimmung der Klostergründer mindestens drei Jahrhunderte überdauert hat: In der 1577 von der württembergischen Klosterhofmeisterei
aufgenommenen Beschreibung der Baulichkeiten im Klosterbezirk findet sich eine
Vorschrift hinsichtlich der Benutzung der Klostermühle in genau der Form, wie
sie 1255 festgelegt wurde.
Die Große Felsenschnecke Chilostoma cingulatum (Studer) an Buntsandsteinmauern im Nordschwarzwald
(2000)
In Ettlingen (Lkr. Karlsruhe, Baden-Württemberg) wurde im Sommer 1999 eine kleine, aber vitale Population von Chilostoma cingulatum (Studer) gefunden, die vermutlich schon längere Zeit existiert. Das Besondere dabei ist, dass die als streng kalkstet geltende Große Felsenschnecke hier an einer alten Buntsandsteinmauer mitten im Stadtgebiet lebt. Der Kalkbedarf wird teils aus den Mörtelfugen, teils aus den Gehäusen selbst gedeckt. 8 weitere bis heute existierende und 6 erloschene oder fragliche Aussetzungen werden aufgelistet. Auch wird die Frage nach der Schutzwürdigkeit diskutiert.
Das Stift Oberstenfeld
(2000)
Das Oberstenfelder Ortsbild ist bis zum heutigen Tag geprägt durch zwei unmittelbar nebeneinander stehende Kirchen. Die kleinere ist die Dorf- oder Fleckenkirche zu St. Gallus, die im Wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert stammt; die
größere ist die Stiftskirche, die Johannes dem Täufer geweiht ist, eine der bedeutenderen romanischen Kirchen unseres Landes. Ihr heutiges Erscheinungsbild
verdankt die Stiftskirche einer durchgreifenden Renovierung am Ende des
19. Jahrhunderts. Hinsichtlich ihrer Entstehung unterscheidet man zwei Bauphasen. Es wird angenommen, dass die Krypta als ältester Bauteil im 11. Jahrhundert
entstanden ist, während die Kirche insgesamt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut wurde und vermutlich das Werk einer Maulbronner Bauhütte ist. Zur
Stiftskirche gehört das Stiftsgebäude, ein barocker zweiflügeliger Bau auf der Südseite der Kirche, der mit deren Westchor verbunden ist. Weitere baugeschichtliche
Erkenntnisse wurden 1990 bei den Ausschachtungsarbeiten beim Bau eines Pflegeheims im angrenzenden Stiftsgarten erwartet, doch hat die Fundamentierung
offenbar keine archäologisch verwertbaren Aufschlüsse ergeben. Schon früher
sind jedoch in diesem Bereich Reste eines Kreuzgangs gefunden worden.
Es regnet immer noch, als ich aus Baden-Baden endlich raus und auf die Schwarzwaldhochstraße komme. Die Nässe trieft von jeder Tannennadel; gelb-braune Gießbäche schießen aus den Böschungen neben der Straße; Aussicht null, nur Grau. Trotzdem ist die Fahrt schön. Lachsfarbene Lärchen, fahlgelb die letzten Birken, rot-leuchtend das abgefallene Buchenlaub. Eigentlich hätte ich die Schwarzwaldtälerstraße über Forbach und Schönmünzach nehmen müssen, da Mister Samuel Langhorne Clemens, genannt Mark Twain, was „2 Faden Wassertiefe“ heißt, sie Ende Juli 1878 während seiner Europareise nahm. Er war von Heidelberg nach Baden-Baden übergesiedelt, um etwas so Deutsches wie einen Kurort kennenzulernen; außerdem wollte er sein Rheuma lindern. Gleich nach der Ankunft unternahm er einen mehrtägigen Ausflug in den Schwarzwald, nach Oppenau, Appenweier und Offenburg. Die Route stammte aus dem Baedeker von 1873, den er wegen seiner „iron integrity“ überaus schätzte. Mit von der Partie waren seine Frau Olivia, deren Freundin Clara Spaulding, die Töchter Susie und Clara und das Kindermädchen Rosa, eine ausgewanderte Deutsche.
Als 1946 die große Freiburger Fronleichnamsprozession erstmals Station an einem prächtigen Altar vor dem Haupteingang der Universität machen konnte und sich vor den Statuen von Homer und Aristoteles die Monstranz erhob, war das für Joseph Sauer Anlass, auf fünfzig Jahre Katholizismus und Universität zurückzublicken.
Im Vorfeld des Moscherosch-Jahres 2001 wollen wir in mehreren Ausgaben des Gemeindeblattes einen Überblick über wichtige Lebensstationen und die bedeutendsten Schriften Johann Michael Moscheroschs geben. Die Darstellung kann selbstverständlich nur unvollständig sein. Eine vollständigere Darstellung gibt Walter E. Schäfer in der Biografie „Johann
Michael Moscherosch - Staatsmann, Satiriker und Pädagoge im Barockzeitalter“, München 1982 (nicht mehr im Buchhandel, nur in Bibliotheken entleihbar). Am Anfang steht eine Familiensage und stehen Spekulationen um den befremdlichen
Familienname. „Moscherosch“ oder „Mosenros“, „Monscherosch“, u. s. w., wie sich frühere und spätere Familienmitglieder auch schrieben, das könnte aus dem Hebräischen kommen und würde dann auf deutsch etwa Kalbskopf bedeuten. Jedenfalls klingt es fremd, nicht deutsch.
Der Anlaßwar der schlimmste Überfall des Krieges. Am „schwärzesten Tag", dem 14. April 1917, erlebte die Stadt Freiburg einen Angriff durch britische und französische Flieger, bei dem elf Zivilisten und ein Soldat ums Leben kamen. Einige Tage
später bot die Bestattung der Opfer am Freiburger Hauptfriedhof die Gelegenheit, eine feierliche Kundgebung gegen die „ruchlose" Praxis des Feindes zu veranstalten, der den Krieg auf offene deutsche Städte übertragen hatte mit dem Ziel, Zivilisten zu terrorisieren und schuldlose Menschen aus der „friedlichen Arbeit in der Heimat" fortzureißen. Dementsprechend befanden sich unter den Teilnehmern auf dem Friedhof fast sämtliche Stadtprominente - leitenden Persönlichkeiten der Staats- und Stadtverwaltungen, des Militärs und der Universität, jeweils sieben geistliche Repräsentanten des Freiburger Katholizismus und Protestantismus sowie Vertreter der Holzgroßhandlung der Gebrüder Himmelsbach, deren Belegschaft allein neun Opfer
erbracht hatte.
Der Landkreis Konstanz
(2000)
Gelegen am südlichsten Zipfel Badens an der Grenze zur Schweiz, am Ufer des Bodensees und am Rande der Vulkankegellandschaft des Hegau ist der Landkreis Konstanz für die Menschen, die hier zu Hause sind und für diejenigen, die ihn besuchen, etwas Einmaliges. 260.000 Menschen leben und arbeiten in einer Region, die eine Vielfalt aufzubieten hat, um die sie viele beneiden. Der Landkreis Konstanz, ein Gebiet von rd. 82.000 ha Fläche, das ist Konstanz, die Verwaltungs- und Dienstleistungsstadt, seit 1966 auch die Universitätsstadt, die auch Behördenzentrum und Sitz der
Kreisverwaltung ist, vor allem aber kulturelles Oberzentrum der Region mit einem vielfältigen Angebot; das ist Singen, die Industrie- und Arbeiterstadt mit ihren weltweit bekannten Unternehmen Alusingen, Georg Fischer, Maggi und Byk Gulden, dahinter der Hegau und die noch immer vor allem landwirtschaftlich orientierte Region Stockach, dazwischen Radolfzell
mit der Mettnau-Kur.
Maxim Gorki, als Alexei Maximowitsch Peschkow 1868 in Nischnij Nowgorod geboren, schloß sich früh der russischen Arbeiterbewegung an, war Mitstreiter Lenins aber auch Schöpfer von Romanen wie „Forma Gotdeiew“, „Die Mutter“, „Das Werk des Artamonows“, „klim Samgins Leben“, von Schauspielen wie „Nachtasyl“, „Wasa Schelesnowa“ oder „Meine
Kindheit“. Ein Russe von weltweiter Beachtung. Maxim Gorki, von Dezember 1921 bis um 4. April 1922, war er Gast in St. Blasien im Schwarzwald, versuchte seine Lungentuberkulose auszukurieren. Immer noch krank, verließ er St. Blasien, immerhin soweit gefestigt, daß er noch weite Reisen durch Europa zurücklegen konnte, daß er hochgefeiert in sein Heimatland zurückkehrte und erst 1936 in seinem Haus in Moskau starb. 120 Schwarzwaldtage, eine kurze, aber spannende Zeit, auch für den kleinen Ort an der Hauensteiner Alb, dem Ort mit der großen Kuppelkirche.
Unter Flurnamen versteht man alle heute oder früher gebräuchlichen Eigennamen für nicht bewohnte Örtlichkeiten (außerhalb von Siedlungen) wie Äcker, Berge, Wälder, Gewässer und was mit ihnen zusammenhängt, Wege Stege und Straßen, Natur- und Kulturdenkmäler und auch unbewohnte Anlagen von Wirtschaft und Industrie. Flurnamen, Landschafts- und Gewässernamen sind oft jahrhundert alte Zeugen menschlicher Beschäftigung mit der Natur. Nach einem Vorschlag von Theodor Imme (1908) teilt man die Flurnamen in Natur- und Kulturnamen ein. Die Naturnamen bezeichnen geographische Objekte nach ihren naturgegebenen Verhältnissen, nämlich nach der Lage, Form und der Bodenbeschaffenheit und nach ihrer Beziehung zur Pflanzen- und Tierwelt.
Europäische Lehrkräfte werden sich in den nächsten Jahren gestiegenen Anforderungen stellen müssen, denn „zur Unterstützung europäischen Bewusstseins und des gegenseitigen Verstehens (ist) eine stärkere Ausrichtung des
Unterrichts unserer Schulen auf die Gemeinsamkeiten in der europäischen Kultur sehr wichtig.“ Die Lehrkräfte von morgen werden unter anderem vor die Aufgabe gestellt werden, sich als Vermittler zwischen den Kulturen zu begreifen, ihre Schüler zu Offenheit und Toleranz für andere Kulturen zu führen, kurz interkulturelle Kompetenz zu vermitteln. Grundlage der Verwirklichung der europäischen Einheit ist allerdings nicht nur die interkulturelle, sondern auch die sprachliche Kompetenz der Bewohner Europas, denn zur „transnationalen Kommunikationsfähigkeit“ gehört auch die Mehrsprachigkeit als „konstitutioneller Teil unserer multikulturellen Gegenwart und Zukunft“.
Eine ebenso banale wie wahre Erkenntnis der Geschichtsforschung lautet, dass
man nur das über die Vergangenheit wissen oder wenigstens vermuten kann, worüber sich Nachrichten oder materielle Belege erhalten haben. Friedrich Schiller
zeichnete das Bild der Weltgeschichte als einen breiten Strom, der in Finsternis
unkenntlich dahinfließt - bis auf einige kleine Wellenkämme, die hier und da im
Mondlicht aufblitzen. Weite Bereiche vergangener Realität bleiben für immer
unerahnt, es sei denn, ein Quellehen beginnt unvermutet irgendwo zu tröpfeln.
Die Geschichte des abendländischen Bibliothekswesens im Mittelalter und in
der Frühen Neuzeit behandelt, auf guter Quellengrundlage, ausschließlich die
Büchersammlungen von Klöstern, Universitäten, reichsstädtischen Ratsgremien
und Landesfürsten. Doch auch außerhalb dieser kulturellen Zentren, in durchschnittlichen württembergischen Bauerndörfern gab es bereits vor der Reformation Bibliotheken und eine, modern ausgedrückt, verbreitete Nutzung des Kommunikationsmittels »Buch«, wie ein seltenes Zeugnis aus Eglosheim ausweist. Das
Besondere dabei ist, dass die Umstände so gewöhnlich sind.
In der vorliegenden Arbeit werden, mit Siederia appenninica und Dahlica exulans, zwei neue Psychidenarten aus dem
nord- und mittelitalienischen Apennin beschrieben. In Vergleichen mit einer Reihe verwandter Arten konnten deutliche Unterschiede zu diesen festgestellt werden. Darüber hinaus wird über weitere Psychidenarten berichtet, die an den Fundstellen der neuen Arten, sowie an anderen Stellen des Apennin, registriert werden konnten. Mit Ausnahme von Dahlica marmorella (Herrmann, 1988) handelt es sich bei allen diesen Arten um Bewohner mesophiler, hochmontaner Buchenwälder, wie sie ganz ähnlich strukturiert auch in Mitteleuropa anzutreffen sind.
Am 24. Juni 1991 veröffentlichten die Ärzte des St.-Elisabeth-Hospitals in Essen ein Kommunique zum Tode des Ruhrbischofs Franz Kardinal Hengsbach. Der Schlusssatz lautete: „Seine Eminenz Franz Kardinal Hengsbach verstarb in der Nacht zum Montag um 1.45 Uhr unter dem Zeichen eines Herz- und Atemversagens.“ Es war ein sehr warmer Sommermorgen auf dem Essener Burgplatz. Der zierliche goldene Matare-Engel auf dem Bischofshaus deutete mit seinem zarten Zeigefinger in den strahlend blauen Himmel, als die Glocken der Essener Münsterkirche mit dumpfen Schlägen den Tod des Kardinals verkündeten.
Bruno Epple
(2000)
Brune Epple ist am 1. Juli 1931 in Rielasingen/ Hegau geboren - „zwischen Rosenegg und de Aach“. Aufgewachsen ist er in Radolfzell am Untersee, er studierte in Freiburg und München Deutsch, Geschichte und Französisch, unterrichtete
dann diese Fächer als Gymnasialprofessor in Radolfzell, bis er sich 1989 vom Schuldienst beurlauben ließ. Erste Mundartgedichte entstanden 1954, 1967 erschienen alemannische Gedichte im Bändchen „Dinne und dusse“.
Der Museumspaß wurde ein Jahr alt. Dieser Geburtstag ist der Anlaß, den Paß unseren Lesern vorzustellen und eine Bilanz seines bisherigen Ergehens zu versuchen, denn immerhin stellt der Museumspaß ein einmaliges Angebot mit grenzüberschreitendem Charakter dar. Der Oberrheinische Museums-Paß umfaßt die Museen in Deutschland von Worms bis Weil a. Rh., in Frankreich das Elsaß, in der Schweiz die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land und Jura. Er kostet für 1 Erwachsenen DM 88,- (ermäßigt DM 74,-), für 2 Erwachsene DM 148,- 5 Kinder (eigene oder andere) unter 16 Jahren haben freien Eintritt. Man kann mit dem Paß ein Jahr lang so oft man will die annähernd 150 Museen besuchen, auch die großen Dauer- und Sonderausstellungen sind frei. Mit dem Museumspaß kann man also das breite Angebot kultureller Institutionen nutzen, Kunstmuseen, kulturhistorische Museen, Naturkunde-, Technik-, Verkehrs-, Freilicht- und Heimatmuseen, Schlösser,
Klöster, Burgen, Gärten, zahlreiche Spezialmuseen, wie z. B. das Öko-Museum im Elsaß, besuchen.
Es gäbe manche inhaltliche oder biographische Rechtfertigung dafür, sich dem Werk von Uta Ohndorf Rösiger über Hans Thomas „Rätseldrachen“ zu nähern, über das spielende Kind im aufgesperrten Drachenmaul. Alle Versuche wären aber nicht so überzeugend wie die völlig unwissenschaftliche Methode des Märchens, nämlich des an unvermuteter Stelle aufgefundenen „Schlüssels“, mit dessen Hilfe etwas Rätselhaftes sich plötzlich erschließen kann. Die Welt des Märchens ist für Uta Ohndorf Rösiger so wichtig, daß sie unmöglich etwas gegen eine Märchenmethode haben kann. Märchen sind für sie nicht eine feenhaft schöne Gegenwelt, sondern eine tiefgründig verschlüsselte Form der Auseinandersetzung mit der Rätselhaftigkeit oder auch mit der Härte des Daseins. So wie z. B. der Tiefenpsychologe und Theologe Eugen Drewermann nachdenkliche Bücher über Märchen schreibt, um damit zur Bewältigung des realen Lebens beizutragen. Es ist das Märchen als Grundmuster des Daseins, das für Uta Ohndorf Rösiger von der Kindheit an bis heute eine zentrale Rolle spielt. Natürlich
hat sie sich auch mit den orientalischen Märchen vertraut gemacht, und eine begeisternde Entdeckung für sie war die Hörspielfassung von Tolkiens Hobbits-Märchen in mehr als 30 grandiosen Fortsetzungen, wo die Hobbits z. B. einmal auf ihrer abenteuerlichen Fahrt in einer finsteren Höhle auf einer Wand plötzlich eine Edelsteinschrift leuchten sehen, ... und sie
können sie nicht entziffern.
Als im Jahre 1730 die im dreißigjährigen Krieg untergegangene Pfarrei Honau wieder errichtet wurde, erbaute man im Ort nicht nur eine Kirche, sondern auch ein Pfarrhaus, das dem Ortspfarrer zur Unterkunft dienen sollte. Beide Gebäude ließ das in Straßburg belegene Stift zum alten St. Peter, dem in Honau die Kollatur, also das Recht die Pfarrstelle zu besetzen, zustand, errichten. Eines der beiden genannten Gebäude wurde wohl erst 1731 fertiggestellt, zumindest kann dies aus dem Umstand geschlossen werden, daß die Honauer Kirchenbücher erst am 20.2.1731 angelegt wurden.
Im folgenden Beitrag soll anhand zweier Beispiele - der Lonza-Werke GmbH Waldshut und der Aluminium GmbH Rheinfelden - die Rolle Schweizer Industriebetriebe am Hochrhein zur Zeit der NS-Herrschaft beleuchtet werden. Schwerpunkte sind dabei die Einbindung in die deutsche Kriegswirtschaft und der Einsatz von Zwangsarbeitern, über deren Entschädigung zur Zeit bekanntlich heftig diskutiert wird.
,,Der Vorgang selbst wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen", stand im Abschlußbericht an den Leiter des Sicherheitsdienstes, Heydrich. Die Deportation vom 22. Oktober 1940 hatte sämtliche noch in Baden und der Pfalz lebenden Juden betroffen, darunter auch die Juden der Ortenau. Sie wurden morgens abgeholt, zusammengetrieben in verschiedenen Lagern oder Hallen (in Offenburg war es die Turnhalle der Oberrealschule, heute Schillerschule), und danach mit Lastwagen zu den Bahnhöfen gebracht. Dort standen die Sonderzüge bereit, die sie in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich transportierten. Allerdings: ganz unbemerkt war dieses Verbrechen nicht geblieben. Und für die Ortenau konnten Gerhard Finkbeiner und Robert Krais inzwischen sogar Fotos ausfindig machen, die mit versteckter Kamera in Kippenheim aufgenommen wurden. Der Amateurphotograph Wilhelm Fischer aus Dörlinbach im Schuttertal war damals zufällig in Kippenheim unterwegs und wurde Zeuge der Zwangsdeportation. Heimlich fotografierte er den Abtransport. Erschütternde Dokumente der Heimatgeschichte.
Im Mittelalter bis weit in das 16. Jahrhundert hinein war es Rechtsbrauch, dass an der Stelle einer Bluttat, eines Mordes oder
Totschlages, ein Sühnekreuz errichtet werden musste. Es gehörte zur Rechtstradition, dass sich die Angehörigen des Täters und die Hinterbliebenen des Getöteten nach einem Totschlag durch einen Vergleich einigten, der neben der Zahlung von Schadensersatz auch eine öffentliche Sühne des Täters festsetzte. Zu den Sühneleistungen, die ein Übeltäter zur Erlangung der Absolution erbringen musste, zählten besondere Opfergänge, ein Gottesdienst mit Bußprozession oder eine Jahrtagsstiftung, Wachsspenden an die Kirche und Wallfahrten, aber vor allem die Aufstellung eines steinernen Sühnekreuzes. Hätte diese mittelalterliche Rechtsgewohnheit auch noch im 19. Jahrhundert Gültigkeit gehabt, dann stünde heute am Höhenweg vom Pflingsteck zum Hünersedel ein Sühnekreuz. Denn dort auf der Höhe, zwischen dem Heuberg und dem Hünersedel, oberhalb des „Hohbergs", auf der „Hohrüti", an dem alten Passübergang von Schweighausen nach Freiamt, von der Ortenau in den Breisgau, hat sich im Jahre 1828 ein versuchter Totschlag ereignet.
Dass erst im Jahre 1961, über 160 Jahren nach seinem Gebrauch, erstmals ein bis
dahin noch unbekannter Manufakturmarkentyp auffiel, war schon ein Anlass zur
Verwunderung. Obendrein wurde er entdeckt von einem Kunsthistoriker und Privatforscher einer Porzellanmanufaktur, der diese Marke fälschlicherweise zugeschrieben worden war und für die sie infolgedessen abgelehnt werden musste.
Ernst Kramer aus Fulda war es, der das Zeichen für die fuldische Porzellanmanufaktur zurückwies und es richtigerweise der Ludwigsburger Manufaktur als deren
erste F-Marke zuordnete. Kramer hatte damit für Ludwigsburg einen bis dahin
unbekannten Markentyp entdeckt. Sein Fund schloss eine Lücke, da nunmehr
nicht nur für die Herzöge Carl Eugen und Ludwig Eugen, sondern auch für einen
dritten der vier württembergischen Regenten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Verwendung einer eigenen Manufakturmarke nachgewiesen war.
Bei dem Markenfund von 1961 wurde ein F einer - pinselbedingt serifenlosen -
Linearantiqua-Schrift von einer Krone überdeckt, sofern man die von
den Marken der 35-jährigen Manufakturzeit unter Herzog Carl Eugen von Württemberg bekannte und auch bei der Kramer-Marke noch verwendete Ludwigsburger »Krone« als eine solche bezeichnen darf. Denn sie ist streng genommen ein
kronenähnlicher Herzogshut, ein Mixtum aus Krone und Fürstenhut.
Die Form des gemarkten Stückes in Zusammenhang mit dem Dekor - einer
polychromen Blütenmalerei - gab die Sicherheit, dass das Stück und damit die
Marke aus Ludwigsburg stammen musste. Denn eine Tasse identischer
Form und in stilistisch gleicher Malerei war mit Doppel-C-Marken des Herzogs
Carl Eugen im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart bekannt. Nach dieser Information und auf Zuraten von Mechthild Landenberger, der damals in diesem Museum für Keramik zuständigen Konservatorin, schrieb Kramer die Marke
dem Herzog Friedrich II. zu. Dieser war am 23. Dezember 1797 durch den Tod
seines Vaters Herzog von Württemberg geworden, wurde 1803 Kurfürst und am
1. Januar 1806 durch Napoleons Gnaden als Friedrich 1. erster König von Württemberg.
Die protestantische Kirchengemeinde Sulzburg im Spiegel eines Visitationsberichts aus dem Jahre 1800
(2000)
Die Kirchenvisitation ist so alt wie die christliche Gemeinde. Bei den ersten Gemeinden wurde die Visitation von der Urgemeinde in Jerusalem wahrgenommen. Auch die Reisen des Paulus waren z. T. Visitationen, Besuche einer befreundeten
Autorität, aber auch Prüfungen und Kontrollen, die das Gemeindeleben fördern, stärken und - wenn nötig - befrieden sollten. ,,Visitationen sind eine eigentümliche Zwischenform zwischen brüderlichem Besuchsdienst und kirchenleitender Aufsicht über das Leben in den Einzelgemeinden," heißt es in einem großen Kirchenlexikon. Aus reformatorischem Geist wurden die Visitationen in den protestantischen Ländern zu einer kollegialen Aufsicht, die den Schwerpunkt auf Erziehung und Belehrung der Gemeindeglieder legte. Luthers Katechismen sind aus Visitationserfahrungen entstanden. Und im 18. Jahrhundert forderte der Superintendent von Dresden, daß im Rahmen der Visitationen mit allen erwachsenen Gemeindemitgliedern ein
Katechismusexamen abgehalten werden solle.
Der 15. Juli 1942 war ein Mittwoch. Reinhold Birmele, achtundzwanzigjähriger Gehilfe in der Gärtnerei Rappenecker, bearbeitete ein Grundstück in der Freiburger Beethovenstraße. Wegen epileptischer Anfälle in der Vergangenheit hatte er nicht als Soldat in den Krieg ziehen müssen. Nebenan, Nr. 9, lag der Garten, der zur Villa des ehemaligen Bankdirektors Hein gehörte. Birmele hatte schon oft dort gearbeitet. Nur flüchtig war er hingegen bisher der achtundfünfzigjährigen Hausgehilfin der Familie Hein, Maria Weber [Name geändert, H. H.], begegnet, die gerade in den Garten trat; er wußte nicht einmal ihren Namen. Sie kamen ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, daß Frau Weber in St. Peter beheimatet war und Reinhold Birmele ihre dort verheiratete Schwester kannte. Sie habe jetzt Ferien und wolle ihre Schwester wieder einmal besuchen, meinte Birmele die Hausgehilfin zu verstehen. Ihm kam die Idee, sie zu fragen, ob sie nicht gemeinsam dorthin wandern wollten. Er war ein großer Naturfreund und jeden Sonntag draußen in den Bergen. Birmele wollte dann, nach dem Besuch der Bekannten in St. Peter, über den Kandel zurück nach Kollnau laufen, wo er wohnte. Eine richtige Verabredung war es wohl nicht, aber Birmele dachte, Maria Weber habe seinem Plan zugestimmt.
Die »Allgemeine Deutsche Biographie« von 1880 nennt Ludwig Hofacker »einen
der bedeutendsten und eingreifendsten Prediger dieses Jahrhunderts«. Während
Hofacker in »Meyers Konversationslexikon« von 1876 noch keine Erwähnung findet, würdigt ihn das Nachschlagewerk 1897: »Schwäbischer Theologe, ... hat in
ungemein viel gelesenen Predigten (1827) auf Verbreitung einer ernst pietistischen,
den Sühnetod Jesu zum Mittelpunkt machenden Gläubigkeit hingewirkt.«
Zum Umfeld legte Karl Müller 1925 zum ersten Mal eine wissenschaftliche
Untersuchung vor. Er zeigt darin den Gegensatz einer Gruppe eingeschworener
junger Pfarrer zum Rationalismus und Supranaturalismus und die Nähe zur Brüdergemeinde, die gewissermaßen neutral und von beiden Strömungen nicht
betroffen war. Im Mittelpunkt sieht er den älteren Christian Adam Dann, Albert
Knapp und vor allem Ludwig Hofacker mit der größten Resonanz in der Öffentlichkeit. Müller führt die Wirksamkeit der Gruppe weiter bis in die Politik, so
z.B. beim Eintreten für Preußen als deutsche Führungsmacht.
Eine treffende Charakterisierung verfasste Hermann Ehmer einleitend in seinem Lebensbild Hofackers: »Knapp zweieinhalb Jahre, von 1826 bis 1828, war
Ludwig Hofacker Pfarrer von Rielingshausen. Er war schon ein bekannter Prediger, als er hierher kam und hat weit über Rielingshausen hinaus gewirkt, wo er im
Alter von 30 Jahren starb. Hofackers Predigten haben noch lange nach seinem Tod
durch das Predigtbuch, das von seinem Bruder herausgegeben wurde, in Dutzenden von Auflagen unzähligen Menschen im deutschen Sprachraum und darüber
hinaus als Andachts- und Erbauungsbuch gedient. Sein kurzes Wirken als Prediger und die Wirkung seines Predigtbuches machen die Bedeutung Hofackers
aus.«
Den freiwilligen Wechsel der Deutschen aus dem demokratischen Staat, der Weimarer Republik hieß (1919-1933), in die nationalsozialistische Diktatur können wir heute nur noch verstehen, wenn wir in die Geschichte blicken. Daß ein sehr großer Teil der Menschen, die den christlichen Kirchen, der evangelischen wie der katholischen, angehörten, diesen Übergang begrüßt hat, wollen wir nicht gerne hören und mögen wir nicht glauben. Es ist aber so, und es läßt sich auch erklären. Während kirchentreue Katholiken bis 1933 durch die offiziellen Erklärungen ihrer Kirche auf Distanz zur NSDAP als Partei gehalten wurden, waren die Protestanten, die keine hierarchisch-autoritäre Kirche kennen, zunächst anfälliger. Als aber die NSDAP begann, unmittelbar in das kirchliche Leben einzugreifen und sich in Glaubensfragen einzumischen, entstanden in den protestantischen Kirchen unbeugsame Widerstandsgruppen, denen auch Menschen angehörten, die sich den NS-Ideen zunächst geöffnet hatten. Die Widerstandskraft der „Bekennenden Kirche" hat die NSDAP bis zu ihrem Ende nicht überwinden können.
Der letzte Offenburger Rabbi
(2000)
Im September 1938, wenige Wochen vor dem Novemberpogrom, kam ein junger Mann über die hohen jüdischen Feiertage (Rosch Haschana, Jom Kippur, Versöhnungsfest) in die Offenburger Gemeinde: Bernhard Gries, geb. 22.4.1917 in Landeshut (Schlesien). Sein Vater war Weingroßhändler in Hirschberg (Riesengebirge) und hatte zwei Söhne: Bernhard und Heinz.
Bernhard besuchte nach Oberrealschule und Abitur die Fraenkelsche Stiftung in Breslau, ein bekanntes Rabbinatsseminar, und machte dort eine Ausbildung zum Religionslehrer.
„Die Schwarzen sind da, der Krieg ist aus!" Dieses Bild vom Einmarsch dunkelhäutiger marokkanischer Soldaten, die in der französischen Armee dienten, bestimmt die Erinnerung an das Kriegsende in Zell am Harmersbach am 19. April 1945. Schon wenige Wochen vor dem offiziellen Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1945 erlebte die Bevölkerung in Südbaden ihren „Tag der Befreiung", wie ihn Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner weltweit beachteten Rede in der Feierstunde am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag in Bonn zum 50. Jahrestag des Kriegsendes bezeichnete. Die detailgetreue Erinnerung an dieses historische Datum ist als einschneidendes Erlebnis bei Zeitzeugen und in Publikationen noch präsent. Im Tausendjährigen Reich nahmen viele nach der anfänglichen Begeisterung über Hitler die brutale Diktatur erst richtig wahr, als sie durch die Kriegswirren mit Not, Hunger, Angst, Luftschutzkeller, Volkssturm ... für jeden selbst spürbar wurde.
Die Kontroverse um Fortschritt und Tradition, Vernunft und Glaube, Kirche und Welt im 19. und frühen 20. Jahrhundert manifestierte sich in vielerlei Bereichen. Ein besonders sensibles und emotionsbefrachtetes Thema stellte in diesem Zusammenhang die Bestattungsfrage dar. Nachdem jahrhundertelang das Erdbegräbnis die ausnahmslos übliche Art der Bestattung im christlichen Abendland gewesen war, plädierten verschiedene Kreise im Laufe des 19. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Gründen für eine Wiederaufnahme der antiken Sitte der Leichenverbrennung. Auch in Freiburg gaben nach der Wende zum 20. Jahrhundert Pläne zu einem Krematoriumsbau Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen, welche vor allem mittels der zahlreichen damals hier erscheinenden Tageszeitungen in durchaus polemischer Art und Weise ausgetragen wurden. Im Folgenden soll zunächst die allgemeine Wiedererweckung des Brauchs der Feuerbestattung in Deutschland seit der Zeit der Aufklärung dargestellt werden. Daran schließt die spezielle Auseinandersetzung in dieser Frage in Freiburg an. Nach einer kurzen Beschreibung des zuvor heftig umstrittenen Krematoriums wird schließlich das Ergebnis zusammengefasst.
Am 24. Februar 1978 fällte der Kreistag auf Antrag des damaligen Landrates Dr. Nothhelfer bis auf eine Stimmenthaltung einstimmig das Todesurteil über das „Waldschloß“ auf dessen Areal das neue Landratsamt entstehen sollte und auch erbaut wurde. Bei der Entscheidung waren die Argumente der Freiburger Professoren Linde und Gabelmacher, des Stuttgarter
Architekten Weber und des Hauptkonservators Dr. Stopfel vom Amt für Denkmalschutz ausschlaggebend. Das Landesdenkmalamt vertrat den Standpunkt, daß „das Waldschloß zwar als Kulturdenkmal aus dem 19. Jahrhundert gelte,
allerdings keine besondere Bedeutung habe." Im Übrigen „sei das Waldschloß nicht für Waldshut charakteristisch.“ Keiner dieser Fachleute hatte sich die Mühe gemacht, den Architekten des Waldschloß ausfindig zu machen, im Gegenteil wurden irrige Angaben verbreitet. Der Abrißbeschluß fiel, ohne daß die Entscheidungsträger sich um den Architekten kümmerten.
Erbauer des Waldschlosses war aber niemand Geringerer als er bedeutende Schweizer Architekt Jacques Gros, der als genialer Künstler und Meister ein immenses architektonische Erbe von Japan, Sumatra, China bis Frankreich, von Südafrika, Rußland bis England hinterlassen hat.
Am 20. Juli 1898 befasste sich der Ludwigsburger Gemeinderat mit dem Projekt
eines Herrn Wandruszka aus Berlin. Der wollte auf eigene Faust eine elektrische
Straßenbahn bauen und betreiben, und zwar von Stuttgart über Zuffenhausen
nach Ludwigsburg, mit Zweiglinien nach Cannstatt und Feuerbach. Doch Oberbürgermeister Hartenstein und sein Kollegium winkten ab: Die Staatseisenbahn
genüge als Verkehrsmittel vollauf, Ludwigsburg wolle nicht zum »Wohnvorort«
Stuttgarts werden. Denn die Hauptstadt war im Begriff, sich einen förmlichen
Industriegürtel zuzulegen. Bald griff sie auch nach Norden aus: In den Jahren
nach 1900 wurden die Neckartalgemeinden von Cannstatt bis Münster nach Stuttgart eingemeindet. Nur Feuerbach verteidigte aufs hartnäckigste seine Selbständigkeit, ließ sich 1907 zur Stadt erheben und baute sogar eine eigene Straßenbahn.
Ludwigsburg hatte also nicht die Absicht, sich für die Verkehrserschließung der
Stuttgarter Außenbezirke einspannen zu lassen. Der Gemeinderat legte sich in
jener Sitzung vom 20. Juli 1898 vielmehr den Plan eines städtischen Straßenbahnnetzes zurecht. Vier Linien sollten sternförmig ins Umland hinaus führen: über
Asperg nach Markgröningen, nach Oßweil und Neckarweihingen sowie via Pflugfelden und Möglingen nach Schwieberdingen. Kamen doch aus all diesen Orten
täglich Hunderte von Pendlern zur Arbeit nach Ludwigsburg, die meisten zu Fuß,
manche wohl schon per Fahrrad.
Ludwigsburg zählte damals rund 20 000 Einwohner, darunter 5000 bis 6000
Militärpersonen. Die Stadt war zwar großzügig angelegt, mit breiten Straßen und
geräumigen Plätzen. Doch auf der Suche nach neuen, produktiv verwertbaren Flächen stieß man bereits allenthalben an die Grenzen der nur 653 Hektar großen
Markung.
Die bürgerlichen Kollegien der Stadt Ludwigsburg beschlossen in ihrer Sitzung
am 15. Mai 1907 einstimmig, »dem Herrn Oberbaurat von Sehaal in Stuttgart in
Anerkennung seiner Verdienste um das Wohl der Stadt durch die Förderung von
Verkehrswegen und Beseitigung der Überschwemmungsgefahr für die Stadt das
Ehrenbürgerrecht der Stadt Ludwigsburg zu verleihen«. Die beiden Werke, an
deren Zustandekommen der neue Ehrenbürger einen hervorragenden Anteil
hatte, waren die Hochberger Neckarbrücke, eingeweiht 1903, und die Tälesbachkorrektion in Ludwigsburg, ausgeführt in den Jahren 1904 bis 1908.
Friedrich Wilhelm von Sehaal ist heute weitgehend unbekannt. Im Folgenden
wird versucht, anhand von archivalischen Aufzeichnungen und Zeitungsberichten
dem Lebensweg dieses Mannes nachzugehen, den die »Deutsche Bauzeitung«
1909 als einen der »besten technischen Beamten Württembergs« bezeichnete.
Im April dieses Jahres wurde landesweit des 100. Geburtstages von Dr. Gebhard
Müller (1900-1990), 1948 bis 1952 Staatspräsident von Südwürttemberg-Hohenzollern, 1953 bis 1958 Ministerpräsident von Baden-Württemberg, 1958 bis 1971
Präsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, gedacht. Am 14. April fand
im Weißen Saal des Neuen Schlosses in Stuttgart ein Gedenkakt statt, dem sich die
Eröffnung der Wanderausstellung »Gebhard Müller. Christ - Jurist - Politiker«
im Landtag anschloss. Am 17. April, Müllers Geburtstag, veranstaltete die Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg im Gobelin-Saal
der Villa Reitzenstein, dem Sitz der Landesregierung, ein Symposium mit dem
Titel »Gebhard Müller. Ein Leben für das Recht und die Politik«. Dabei referierte
der Verfasser über das Thema »Gebhard Müller - ein Politiker aus dem katholischen Milieu«.
Am Abend dieses Tages wurde am langjährigen Wohnhaus von Gebhard Müller
in Ludwigsburg, Schorndorfer Straße 25, durch Oberbürgermeister Dr. Christof
Eichert eine Gedenktafel angebracht, wobei meinerseits in einem kurzen Vortrag
das soziale Umfeld der Familie Müller vorgestellt wurde. Es sollte dabei das
Milieu in der Stadt Ludwigsburg verdeutlicht werden, in dem Gebhard Müller
seine Grunderfahrungen für das Leben erfuhr. Ohne diesen Hintergrund ist
Leben und Wirken des Ehrenbürgers von Füramoos (1953), New Orleans (1955),
Stuttgart (1975) und Tübingen (1978) nicht fassbar.
Wenn einer - nicht irgendeiner, sondern ein Besonderer - sein sechzigstes Lebensjahr vollendet hat, dann kann man sich ein Bild, kann man ein Bild von ihm machen; zumal wenn er selber immer wieder Bilder von Menschen gemacht hat. Aber kann man auch dem Anspruch genügen, dem er selber immer genügt, und den kein anderer als der alte Hegel formulierte? Von einem vollkommenen Porträt müsse man, wie Hegel meinte, sagen können, es sei „gleichsam getroffener, dem Individuum
ähnlicher als das wirkliche Individuum selbst“. Der Porträtist, um den es hier geht, ist, wie gesagt, diesem Anspruch immer gerecht geworden . Der Porträtist des Porträtisten aber, der nur Worte und oft auch keine hat, ist sich seiner Sache nicht so sicher. Klaus Ringwald wurde am 6. August 1939 in Schonach im Schwarzwald geboren. Dort ging er auch zur Schule, zur sogenannten Volksschule, und begann dann in Triberg eine Lehre als Schnitzer, die er, noch nicht 17 Jahre alt, mit der Prüfung zum Gesellen abschloß. Als solcher arbeitete er erst einmal weiter, ging aber mit 21 Jahren an die Kunstschule Wolkenstein im Grödnertal, in Südtirol. Über München, wo er zwei Jahre lang bei Prof. Karl Baur (1881-1968) mitarbeitete, kam er nach Nürnberg zu Prof. Hans Wimmer (1907-1992), dessen Schüler, dann sogar Meisterschüler er wurde. Das waren wieder vier und nochmals zwei Jahre.
Ceratozetes psammophilus, eine neue Oribatidenart aus dem Lennebergwald bei Mainz (Acari, Oribatei)
(2000)
In der vorliegenden Arbeit wird Ceratozetes psammophilus neu beschrieben, eine Oribatidenart der pterogasterinen Entwicklungsstufe der Höheren Oribatiden sensu Grandjean. Sie wurde in einem Kiefern-Hallenwald nordwestlich von Mainz
gefunden, wo sie tiefere, sandige Bodenschichten bevorzugt. Sie kann durch eine Kombination von Merkmalen und Merkmalsausprägungen des Adultus bzw. der Tritonymphe von Arten abgegrenzt werden, die einen sehr ähnlichen Habitus
zeigen.
Bad. Heimat: Ihr Verein, der zweitälteste dieser Art in Deutschland, nennt sich BADISCHER KUNSTVEREIN. Was unterscheidet ihn damit von anderen Kunstvereinen? Alle Kunstvereine haben einen Standort und eine Geschichte mit denen sich ihr Anspruch verbindet. Es gibt Kunstvereine, die künstlerische Anliegen in kleinen Orten mit wenig Mitgliedern vertreten und solche, die sich durch Mitgliederzahl und Ausstattung in Niveau und Wirkungsbreite im Kunstbetrieb unterscheiden. Insofern wirkt der Badische Kunstverein was Mitgliedschaft wie Ausstrahlung angeht in ganz Baden und darüber hinaus.
Im Jahre 1978 erschien unter dem Titel „Die Klöster der Ortenau" eine Sonderausgabe der „Ortenau" Nr. 58 des Historischen Vereins für Mittelbaden, der sogenannte „Klosterband". Dieses Standardwerk wurde von Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Müller aus Freiburg, ein weithin anerkannter Kirchenhistoriker des Erzbistums Freiburg, herausgegeben. In diesem umfassenden Werk habe ich die wichtigsten, damals bekannten Fakten und Erkenntnisse über „Das Klösterlein St. Sixt in Hausach" zusammengefaßt. Inzwischen stieß der verdienstvolle wie auch bescheidene, leider zu früh verstorbene Hausacher Heimatforscher Wilhelm Heim im Rahmen seiner unermüdlichen Recherchen in verschiedenen Archiven auch auf urkundliche Hinweise aus der Geschichte von St. Sixt. In einem Manuskript hat er diese Regesten unter peinlicher Angabe der Quellen zusammengefaßt.
In einem Freilandexperiment im Hardtwald bei Bruchsal nördlich von Karlsruhe wurden die Nebenwirkungen von zwei Insektiziden zur Schwammspinnerbekämpfung untersucht. Die Raubmilbengemeinschaft des Bruchsaler Hardtwaldes erwies
sich zwar als typisch für Wälder, zeigte aber einige faunistische und strukturelle Besonderheiten, die Häufigkeit der kleinen Pergamasus-Arten und das Auftreten der bisher für mediterran gehaltenen Art Ameroseius cavernosus. Die strukturellen Besonderheiten der Gemeinschaft können zum Teil mit der Mittelstellung des Profils der organischen Auflage zwischen Mull und Moder erklärt werden. Auf den Untersuchungsflächen, die mit Dimilin behandelt wurden, konnte ein leichter Rückgang der Siedlungsdichten der Raubmilben festgestellt werden und eine geringe Verschiebung innerhalb der Zönose hin zu Kolonisierer-Arten.
In der Arbeit wird eine Übersicht über den Stand der Vegetationskartierung in Baden-Württemberg gegeben. Mehrere Karten der realen Vegetation im Maßstab 1:25.000 in der Größe von Messtischblättern wurden publiziert. In größeren Maßstäben (etwa 1 10.000 bis 1:2.000) liegen zahlreiche Karten von kleineren Gebieten vor; diese Karten wurden meist unter Aspekten des Naturschutzes angefertigt. Die Potentielle natürliche Vegetation wurde bisher nur in wenigen Karten dargestellt, meist im Maßstab 1:100.000 bis 1:200.000. Für das ganze Land liegt nur eine Karte im Maßstab 1:900.000 vor. Wenige Karten behandeln die Naturnähe der (Wald-)Vegetation. Vegetationskarten bieten eine Grundlage, um Änderungen der Vegetation zu erfassen; hierfür werden einige Beispiele aus Baden-Württemberg angeführt.
Alice Leimenstoll schrieb am 22. Oktober 1940 einen Brief an einen Verwandten. Darin heißt es: "Bei uns in Freiburg geht es seit Sonntag toll her. Jede Nacht haben wir Fliegeralarm ... Auch ist heute ein besonderer Tag. Denke Dir, sämtliche Juden
werden abgeholt und in Omnibussen fortbefördert. Mit der Polizei und Kriminal wurden sie im Hause geholt und dann auf Lagerplätzen gesammelt. Wie ich gehört habe, kommen sie nach Südfrankreich und von dort mit dem Schiff weiter. Sie konnten alle nur mit ein paar Habseligkeiten gehen, denn sie hatten nur ½ Stunde Zeit zum packen. Ich stelle mir das vor, wenn wir so fort hätten müssen und alles liegenlassen, was einem lieb und wert war: Wie ich gehört habe, sollen Leute, die ihr Hab und Gut durch Bomben verloren haben, in die Wohnungen kommen z.B. Berliner, Düsseldorfer ..."
Der älteste Beleg für die Ansässigkeit eines Juden in der freien Reichsstadt Breisach stammt aus der Regierungszeit König Albrechts I., der 1308 von seinem Neffen Johann Parricida ermordet wurde. Die im Stadtarchiv Konstanz aufbewahrte Urkunde, in der Schultheiß und Rat der Stadt Breisach kundtun, dass „Smariant der Jude von Brisach vnser burger" für das den Bürgern von Konstanz verliehene Gut von Heinrich dem Schuler von Freiburg entschädigt worden sei, wurde am 27. Dezember 1301 in Breisach ausgestellt. Derselbe Smariant ist 1316 als Kreditor des Burkart von Üsenberg belegt, der die Schulden seines Tochtermannes, des Markgrafen Heinrich von Hachberg, die dieser bei dem Breisacher Juden gemacht hatte, auf sich nahm. Die beträchtliche Höhe der nicht bezifferten Schuldsumme ist daraus zu ermessen, dass der Markgraf seinem
Schwiegervater für dessen Bürgschaftsleistung Burg und Stadt Burkheim und die markgräflichen Rechte und Besitzungen im Talgang von Oberrotweil und Oberbergen sowie das Dorf Jechtingen als Eventualpfand einräumte.
Apathie und Trümmer
(2000)
Für die Zeit zwischen April 1945 und Herbst 1945, als es keine deutschen Zeitungen gab, die Verwaltung unter französischer Kontrolle stand und das öffentliche Leben erst wieder in Gang gebracht werden musste, sind wir auf deutscher Seite weitgehend auf persönliche Erinnerungen und Berichte von Betroffenen und Beteiligten angewiesen. Die 1. Französische Armee von General de Lattre de Tassigny begleiteten aber auch Kriegsberichterstatter, die nach der Besetzung nicht nur über das Auftreten der Armee, sondern vor allem auch über die Atmosphäre in Lindau und Konstanz berichteten, da sich hier bis zum 1. August 1945 die Spitze der frühen Besatzungsverwaltung befand. Und es kamen immer wieder auch
Schweizer Journalisten in das Bodenseegebiet und hielten dort die konkrete Lage und die Atmosphäre fest. Es ist also der Blick von außen, der hier erfasst werden soll.
Am 13. Januar 1749 schenkte der speyerische Landesherr, Kardinal Franz Christoph von Hutten, der Peterskirche zu Bruchsal Reliquien des heiligen Sebastian. In einem Protokoll heißt es: „damit durch die Fürbitt des Heil. Sebastian die Stadt Bruchsal und das ganze Land von allem Übel, absonderlich von giftigen Kranckheiten verschont werde, wozu wir auch ein eigenes Reliqarium von Silber haben verfertigen lassen“. Dieses prächtige Rokokowerk mit dem vorzüglich modellierten Heiligen
als Griff, am Fuß ein auf Porzellan gemaltes Medaillon mit dem Wappen Speyer-Weißenburg-Hutten, ist ein Werk des Augsburger Gold- und Silberschmiedes Franz Thaddäus Lang. Dieser stammte aus Schwaz in Tirol und ist in Augsburg 1773 gestorben. In Augsburg war das Zentrum der Gold- und Silberschmiede.
Das Thema beschäftigt sich mit einem Gegensatz: Armut-Ernährung. Auf der einen Seite der Arme - Mann, Frau oder Kind - , der kaum je ausreichend zu essen hatte. Auf der anderen Seite der Begriff der Ernährung, der weit über die Grundversorgung hinausreicht. Der Arme führte ein kärgliches Leben, in kärglichen Umständen und aß kärglich. Wohlgemerkt, gemessen am Lebensstandard seiner Zeit - nach der heutigen Definition von Armut. Der Lebensstandard des 19. Jh.: Bedeutete er gesicherte Ernährung bzw. Grundversorgung für viele, für alle außer den Armen? Wer war der Arme, der „arme Mann"? Der Begriff der Armut kann recht weitläufig gefaßt werden, er reicht vom Bettler bis zum Arbeitslosen, vom Tagelöhner bis zum unverschuldet Kranken. Ich beziehe mich auf die in den Quellen des 19. Jh. immer wieder genannten „ärmeren Klassen" . Im Verlauf der Zeit gehörten Menschen unterschiedlichster Herkunft und Tätigkeiten dazu. Gut 20 Jahre lang - 1796 bis 1818 - können in Waldshut fast die Hälfte der Familien/ Einwohner dazugezählt werden. Das belegen Tabellen und Listen über den Bedarf an Früchten, Brot und Fleisch. Was erfahren wir aus den Quellen über die Versorgung der Menschen?
Evolution und Evaluation
(2000)
Der Titel mag befremden oder irritieren. Ersteres läßt sich aufklären, letzteres ist durchaus beabsichtigt. Ein Wortspiel, gewiß, aber ein sehr bewußt gewähltes. Denn beide Bezeichnungen sprechen Schlüsselbegriffe für die aktuelle Museumsentwicklung an. In der gebotenen Kürze sei dies erläutert, bevor ich mich meinem konkreten, im Untertitel verschlüsselten Thema
bezogen auf das Karlsruher Naturkundemuseum zuwende. Das Wort Evolution steht für kontinuierlich fortschreitende Entwicklung in Kosmologie, Biologie und Philosophie. Ich werde mich hüten, fachfremd wie ich bin, auf die naturwissenschaftlich-phylogenetische Diskussion des Evolutionsbegriffs einzugehen. Ebensowenig soll Evolution in philosophischer Perspektive als allumfassend-naturgesetzliche Erklärungsgrundlage für Wissen, Bewußtsein und moralisches Verhalten und deren sich ausdifferenzierendes und sublimiertes Fortschreiten thematisiert werden.
„Im Jahre des Heils 1749 ...“ - so beginnt im alten Taufbuch der Bruchsaler St. Peterskirche der handschriftliche Eintrag, darin die feierliche Kirchweihe jenes Jahres beschrieben wird, und so lautete auch der Titel einer Sonderausstellung des Städtischen Museums (im Obergeschoß des Bruchsaler Schlosses) aus Anlass der 250. Wiederkehr dieses Ereignisses. Bis Anfang Januar 2000 konnten sich die Besucher von zahlreichen historischen Exponaten zurückversetzen lassen in die lebendige Zeit des Barock, als tiefempfundene Religiosität, weltlicher Machtanspruch der Kirche und äußerer Prunk in einer noch heute faszinierenden Form verschmolzen sind. Was die Ausstellung nach den Intentionen ihrer Ausrichter zentral dokumentieren sollte, sind die beiden Säulen des Gründungsgedankens der Bruchsaler St. Peterskirche: die spirituelle, gottesdienstliche Bedeutung auf der einen Seite, die weltliche Konnotation als Symbol von Herrschaft und Autorität auf der anderenn. Denn St. Peter zu Bruchsal war nicht allein ein Gotteshaus, sondern überdies ein Gotteshaus in einer Landeshauptstadt - und dieser
Standort hat die Widmung der Kirche als künftige Grablege der Fürstbischöfe von Speyer entscheidend bedingt.
In dieser Arbeit wird die noch unsichere taxonomische Stellung der Aricia (Sonnenröschen-Bläuling)-Population der Ostalb (Baden-Württemberg) beleuchtet. Mittels Untersuchung der Phänologie, des photoperiodischen Einflusses auf die Generationenfolge unter Zuchtbedingungen und des Phänotyps der Raupen, Puppen und Falter in den Jahren 1998 und 1999 kann von einer Zugehörigkeit der Population um Heidenheim zu Aricia agestis ausgegangen werden. Nur die Raupenfärbung entspricht eher Aricia artaxerxes, wobei aber auch eine Anpassung an die Nahrungspflanze Helianthemum nummularium vorliegen kann.
Die "Chronicae Sacerdotitiae Parochiae Schramontanae renovatae Anno Domini 1809", also die "Priesterchroniken der Pfarrei Schramberg erneuert im Jahr des Herrn 1809", beginnen mit einer Abfolge der Schramberger Pfarrer "seit Menschengedenken" und sind der folgenden Übersetzung im Anhang beigefügt. Außerdem werden die beiden ältesten Blätter der Chronik im Faksimile und mit vollständigem lateinischen Text samt Übersetzung ins Deutsche wiedergegeben. Das älteste Blatt wurde von Pfarrer Anastasius Göbel um 1635 angelegt. Das zweitälteste ist undatiert, wurde aber von Pfarrer Gabriel Schweikart
kalligraphisch gestaltet, der dem 1648 verstorbenen Pfarrer Leonhard Messlang nachfolgte und wahrscheinlich bald danach das Blatt verfertigte.
Die Kulturlandschaft ist der Spiegel der Gesellschaft. Sie verändert sich entsprechend dem Wertewanclel in der Gesellschaft. Die Veränderung durch die Siedlungstätigkeiten und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist fast überall in Deutschland sichtbar. Auch im Schwarzwald führt dies zu Lebensraumverlusten für Fauna, Flora und Mensch, zu nachteiligen Veränderungen des Landschaftsbildes, wenn nicht sogar zum ldentitätsverlust der Landschaft. Hinzu kommt in diesem reizvollen und deshalb äußerst empfindlichen Raum die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts nachweisbare Waldzunahme infolge der teilweisen oder völligen Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzungen. Dieses "Zuwachsen" der Landschaft führt langfristig unter anderem zu einer Vereinheitlichung des Landschaftsbildes und zum Verlust des für die Erlebbarkeit der Landschaft sehr wichtigen Wechsels zwischen Offenland und Wald.
Im Jahre 799 soll Abt Waldo von Reichenau die Pfarrei St. Remigius zu Bräunlingen gegründet haben – original-urkundlich lässt sich dieser Zeitpunkt nicht mehr belegen. 1767 muss das entsprechende Dokument in Bräunlingen noch existiert haben, denn Oberschultheiß, Pfarrer, Bürgermeister und Kirchenpfleger erneuern in diesem Jahr die Urkunde unter Angabe der Jahreszahl 799, des Namens des Abtes Waldo und seines Reichenauer Konvents und erweitern sie auf die Bräunlinger Dependenzorte Bubenbach, Ober- und Unterbränd, die ebenfalls durch einen Geistlichen betreut werden sollten.
Arche Noah in der Riedbaar
(2000)
Das Donaueschinger Ried hat durch die 1978/79 durchgeführte Flurbereinigung und die dabei ausgeführten Dränagemaßnahmen und Aufschüttungen nahezu sämtliche der vordem großräumigen Feuchtflächen verloren, obwohl diese seit 1976 ausdrücklich unter dem Schutz des Naturschutzgesetzes ( § 16) standen. Ihren floristischen Reichtum hatte bereits
H. ZAHN ( 1889) aufgezeigt. K. WACKER ( 1960) ihre ornithologische Bedeutung beschrieben; ZINKE & REICHELT (1977) versuchten speziell den Zusammenhang zwischen pflanzen-soziologischem Biotopcharakter und der Avifauna in der Riedbaar darzustellen. Von diesem national bedeutsamen Feuchtgebiet blieben nach der Flurbereinigung jedenfalls nur
kümmerliche Reste übrig. Das Flurbereinigungsverfahren Donaueschingen 1977- 1980 umfasste rund 745 ha freier Fläche, davon wurden 378 ha der Vollentwässerung unterworfen, das sind rund 51 %. Nur 7 ha, also 0,9 % der Gesamtfläche verblieben laut Landschaftspflegerischem Begleitplan (LPB) offiziell als nicht bewirtschaftete "Feuchtflächen". Doch waren diese keineswegs generell Feuchtflächen im Sinne der Ökologie, also weder "Wetlands" nach den Kriterien der Ramsar-Konvention von 1971 noch besonders zu schützende Biotoptypen im Sinne der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft oder nach § 24 a NSchG.
Schon seit einigen Jahren hält nunmehr die Diskussion um einen ich abzeichnenden globalen Klimawandel an. Dabei steht zumeist eine mögliche Zunahme der bodennahen Lufttemperatur infolge eines vermeintlich vom Menschen verstärkten Treibhauseffektes im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. In diesem Zusammenhang wird häufig übersehen, dass weniger diese direkte Folge des anthropogenen Treibhauseffekts zu nachhaltigen Umweltveränderungen führen kann, als vielmehr die zahlreichen indirekten Auswirkungen, die durch die veränderten Temperaturverhältnisse induziert werden. Die Spanne der möglichen Folgewirkungen reicht von globalen und regionalen Niederschlagsveränderungen, einer Verstärkung der Westwindzirkulation in den Mittleren Breiten, eine Zunahme der Häufigkeit und Intensität tropischer Wirbelstürme bis hin zu einem weltweiten Anstieg der Meeresspiegel und der damit verbundenen ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen für die jeweils betroffenen Regionen.
Der Höllhof im Reichenbacher Ortsteil Mittelbach (Gengenbach), früher „Buttenhöll" genannt, oben im Talende am Moosbach gelegen, dürfte im 13. Jahrhundert als ein Dinghof des Benediktinerklosters Gengenbach entstanden sein.Ein erster nachweisbarer Besitzer war um 1600 ein Sebastian Sibert. 1632 heiratete dessen Witwe Anna Maria Falckin den aus Schönberg stammenden Michael Wußler. Familie Wußler besaß den Hof dann bis ins 19. Jahrhundert.
Unser Bild vom Badeleben in Griesbach und Peterstal nach dem Dreißigjährigen Krieg ist weitgehend von den Schilderungen Johann Michael Moscheroschs und Johann Jakobs von Grimmelshausen geprägt, die in diesem Zusammenhang immer wieder zitiert werden. Hinzu kommt ein Kupferstich von Matthäus Merian dem Älteren aus dem Jahr 1644, der zeigt,
daß sich das Bad Peterstal mit seinen Badestuben und Wandelgängen in zwei geräumigen Häusern, mit Nebengebäuden und Gärten, unversehrt durch die Kriegsjahre erhalten haben muß. Moscherosch im Eingang zu seinem Gesicht ,Höllenkinder', dem sechsten seiner insgesamt vierzehn ,Gesichte ', Grimmelshausen im fünften Buch des ,Simplicissimus' und im Eingang zum ,Ratstübel Plutonis', zeichneten drastisch das Bild von leichtlebigen, den Schlemmereien der Tafel, den Freuden der Musik und des Tanzes und nicht zuletzt den erotischen Vergnügungen hingegebenen, meist vornehmen Kurgästen, die nachzuholen bestrebt waren, was ihnen die Kriegsjahre verwehrt hatten. Unter sie hatte sich jenes lose Volk eingeschlichen, das wie Courasche seinen Profit suchte. Simplicissimus verdankt der Begegnung mit Courasche jenen Bankert, den jungen Simplicius,
dem er den ,Ewigwährenden Kalender' gewidmet hat.
In früheren Zeiten konnten die Geistlichen nicht über ihre VerJassenschaft frei verfügen: Hab und Gut des Verstorbenen fielen üblicherweise an den Bischof. So kommt es, daß sich mehrere Bündel des ehemaligen Straßburger Bistumarchivs mit den Fragen der Hinterlassenschaften von Priestern befassen. Aus diesen Inventaren stellen wir vier Ortenauer Pfarrbibliotheken vor.
Zum Flurnamen ,Mur'
(2000)
Alt-/Mittelhochdeutsch muor n. bedeutet Sumpf, Morast, Moor, dazu das Adjektiv mittelhochdeutsch muorec, muoric morastig, sumpfig. (Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch 1, Sp. 2240). Badisches Wörterbuch 3, S. 695 nennt Mur m. n., mancherorts in Ortenau und Breisgau, in wechselnden Mundartlautungen und örtlichen Bedeutungsschwankungen vorkommend. Ergänzend werden Ortenauer Mur-Flurnamen aufgeführt, so ein Gewann in Moos (Bühl), ein Waldstück nordwestlich von Unzhurst, eine Wiese an der Acher südlich von Gamshurst. Historische Belege werden aus Kippenheim (an dem murhe 1557; das muhr 1687; Lagebezeichnung zwischen Bach und Muhr) und Steinach im Kinzigtal (ober Mur, ob dem Mettel mur 1813) gegeben. Vermerkt wird, daß Mur als Flurname besonders im westlichen Schwarzwald und in der Rheinebene verwendet zu werden scheint. Badisches Wörterbuch 3, S. 696 f. nennt ferner mehrere Mur-Bildungen wie Murboden, Murdistel, Murgrundel, Murhaue, Murkresse, Murkolben (Übername), Murwadel, auch das Adjektiv murig.
In der heutigen Zeit hat der Bürger kein Verständnis mehr für die Eingriffe des Staates in die Privatsphäre seiner Mitbürger im Zeitalter des Absolutismus. Das bedeutet, daß wir in unserem Fall nach dem Territorium und dessen Landesherrn fragen müssen, dem das Städtchen Lichtenau in dem behandelten Zeitabschnitt angehörte. Das „Vaterländchen" von Lichtenau,
zusammen mit seinen vier Gerichtsorten Seherzheim, Muckenschopf, Helmlingen und Grauelsbaum war die Grafschaft Hanau-Lichtenberg, im Volksmund kurz „Hanauerland" genannt. Das genannte Territorium bestand aus 11 Ämtern, von denen zwei rechts des Rheins lagen, nämlich die Ämter Lichtenau und Willstätt, die andern aber im Unterelsaß bzw. der
Südpfalz (Amt Lemberg). Es war eine Schöpfung des unterelsässischen Adelsgeschlechts der Lichtenberger, das es verstand, vom 13. bis zum 15. Jahrhundert sich diesen Kleinstaat zu schaffen, dessen Verwaltung aber frühzeitig von der Stammburg in das zentral gelegene Buchsweiler verlegt wurde. Im Jahre 1480 erlosch das Haus Lichtenberg im Mannesstamm (Graf Jacob). Über die weibliche Linie kam die Herrschaft schließlich in die Hände eines Zweiges der Grafen von Hanau. Die neuen Landesherrn nannten sich deshalb Grafen von Hanau-Lichtenberg. Was die Residenzen der Grafen und die Verwaltung anbetrifft, so blieb alles beim alten.
Die Wanzenfauna des Albgaus
(2000)
Erwin von Steinbach
(2000)
„Man könnte behaupten, im Sinne einer Verallgemeinerung, ein Mythos sei eine Geschichte, eine symbolträchtige Fabel, einfach, treffend, in der eine Vielfalt von mehr oder minder vergleichbaren Situationen zusammengefasst wird . . . Ein Mythos hat keinen Urheber. Sein Ursprung muß dunkel sein und sein Sinn teilweise auch. Indessen bleibt das bedeutendste Merkmal des Mythos die Gewalt die er auf uns ausübt, meistens ohne daß wir uns dessen bewußt sind." Denis de Rougemont in „Amour et Occident" - Liebe und Abendland, 1939. Ich möchte hinzufügen, daß ein Mythos, wenn schon sein Ursprung geheimnisvoll ist, auch kein Ende hat, kein Ende haben darf, wenn er als Mythos weiter bestehen soll. Der Ursprung des Mythos Erwin von Steinbach ist recht deutlich in der Baugeschichte des Straßburger Münsters eingetragen. Erst nach Beginn der Tätigkeit Erwins am Riesenbau, verzweigt sich sein Baumeisterschicksal, verliert sich beinahe seine Baumeisterspur. Es werden ihm andere, neue Aufgaben gestellt, sein Wirken verschwindet im Dunkel der Jahrhunderte und wird allmählich durch den Mythos ersetzt. Ein Mythos, der zum Teil auch aus der Notwendigkeit entsprungen sein könnte, einen Menschen für die Errichtung des gewaltigen Kirchenbaues gewissermaßen verantwortlich zu machen.
Das Archiv des Ortenaukreises ist – verglichen mit anderen kommunalen Archiven – noch ein junges Archiv. Bis Anfang der 80er Jahre verfügte der Ortenaukreis weder über einen eigenen Archivar, noch über eigene Archivräume. Die Verwaltung der Altakten des Ortenaukreises und seiner Vorgänger erfolgte durch die Zentralregistratur des Hauses. Eine Aufarbeitung und Benutzung der Altakten war kaum möglich. Erst mit der Schaffung der Stelle eines Kreisarchivars wurde die Grundlage zur Schaffung eines Kreisarchivs gelegt. Am 1. April 1983 trat Kreisarchivar Dr. Dieter Kauß seinen Dienst in Offenburg an. Er übernahm dabei mit der Leitung des Kreisarchivs auch die Leitung des Schwarzwälder Freilichtmuseums in Gutach, welches 1964 vom Landkreis Wolfach aufgebaut und 1973 vom Ortenaukreis übernommen worden war.
Wenn man von den Rheinauer Juden spricht, sind damit die Juden aus dem ehemaligen Neufreistett und aus Rheinbischofsheim gemeint. Die erste schriftliche Erwähnung der „Bischemer" Juden stammt aus dem Jahr 1717. Die Neufreistetter Juden wurden ein wenig später, nämlich im Zusammenhang mit der Stadtgründung, eingeladen, sich hier niederzulassen und sind urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1756 erwähnt. Im Lauf der Geschichte war der Anteil jüdischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung schwankend. Er betrug in Neufreistett z.B. bis zu 20% und war in beiden Gemeinden in der Zeit bis 1945 deutlich höher als der Anteil katholischer Bürger.
Die erhaltenen Acherner Kirchenbücher reichen zurück bis ins Jahr 1673. Die Stürme, die immer wieder das Land am Oberrhein verheerten, verwehten die zuvor geschriebenen Einträge. Wahrscheinlich lebten die ,,Peter" seit alter Zeit in Achern. Sie waren Bauern und Handwerker, von anderen Familien nicht unterschieden. Ihr Name hatte für Achern und die umliegenden Orte keine herausragende Bedeutung; frühe Urkunden nennen ihn nicht. Die Kirchenbücher kennen zwei „Peter"-Stämme: die heute noch in Achern lebenden Handwerker - und die Handelsleute, von denen nun die Rede sein wird.
Vor mehr als 30 Jahren, im Ortenau-Jahrbuch 1967, veröffentlichte Wilhelm Gräßlin seinen Aufsatz über den Korker Dekan Gottlieb Bernhard Fecht. Das Revolutions-Gedenken gibt Anlass, sich dieses Mannes zu erinnern, der wie wenige das Schicksal der heute weithin vergessenen badischen Reformer verkörperte. Geduldig, durch staatliche Schikanen weder
verbittert noch entmutigt, setzten sie ihre ganze Kraft ein, den Absolutismus der Monarchen mittels der „Constitution", der „Verfassung", in Schranken zu weisen - um am Ende dann doch zu scheitern.
Hilteboltzwilre - ein Name für einen Weiler im Bann von Offenburg, der nach seiner Ersterwähnung - oder besser: nach dem bisher frühesten bekannten Namensbeleg - im Jahr 1398 bislang nur recht lückenhaft zu verfolgen ist. 1401, 1504 und 1727 wird dieser Name jeweils im Zusammenhang mit einem Wald genannt, wobei es dem Kontext nicht sicher zu entnehmen ist, wo sich dieser kleine Wald genau befand. Die lateinisch abgefaßte Urkunde von 1401 berichtet vom Hildboltsweiler Wäldchen, gelegen in der Pfarrei der Stadt Offenburg, zwischen dem Dorfbann von Hofwei(l)er und dem Stadtwald von Offenburg; es zieht sich unten bis zu diesem Wald hin und oben bis zur Reichsstraße beim Wald von Elgersweier.
Mit dem Erlaß der südbadischen Kultusverwaltung in Freiburg vom 3. Mai 1949 wurde Hausach endgültig zum Standort eines Gymnasiums erklärt. Damit endete das Tauziehen vor allem zwischen Wolfach und Hausach um den Sitz einer höheren Schule. Läßt man einmal alle persönlichen Bemühungen beiseite, so haben letztlich sachliche Überlegungen zu dieser Entscheidung geführt, nämlich die zentrale Lage der Stadt unter der Burg. Was Jahrhunderte Hausach durch kriegerische Ereignisse zum Nachteil gereichte, wandelte sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts, beginnend mit dem Bau der Eisenbahnlinien durch den Schwarzwald, zusehends zu seinem Vorteil gegenüber den früheren fürstenbergischen Amtsstädten Wolfach und Haslach. Diese verkehrsgünstige Vorgabe ließ nicht nur die Entwicklung zur Eisenbahner- und Industriestadt in der Region zu, sondern
auch zur „Schulstadt" im alten Landkreis Wolfach.
Die Anfänge des Ortenberger Schlosses dürften im 12. Jahrhundert zu suchen sein. Der Schloßberg gehörte ursprünglich zum Besitz der Zähringer und gelangte nach deren Aussterben 1218 zunächst an die Staufer, später an den Straßburger Bischof. Im Jahre 1233 ist von einem „castrum Ortenberg" urkundlich die Rede. Aus der anfänglichen Sicherungsanlage am
Eingang zum Kinzigtal entwickelte sich allmählich eine starke Festung, die zum Herrschaftsmittelpunkt und Verwaltungssitz der Ortenau „zwischen Bleich und Oos" werden sollte. Die Burg wurde Sitz des Landvogtes, der auf dem „Stein von Ortenberg" residierte und dort auch Gericht hielt. Nach einigen Herrscherwechseln wurde Schloß Ortenberg 1554 endgültig habsburgerisch und zugleich Hauptsitz der Landvogtei Ortenau. Der Landvogt von Ortenberg übernahm nicht nur Aufgaben der Polizei und der Gerichtsbarkeit, sondern erfüllte als habsburgerische Zollbehörde eine weitere wichtige Funktion. Neben dem Ortenauer Landvogt hatte hier auch das Hofgericht seinen Sitz bis zur Zerstörung des Schlosses im Jahre 1697. Danach verlegte der Landvogt seinen Sitz nach Offenburg und residierte dort im späteren Bezirksamt (heute Polizeirevier). Die Ruine Ortenberg diente danach nur noch als Steinbruch.
1997 beging die „Schlüsselbad Klinik" in Bad Peterstal-Griesbach ihr 100jähriges Jubiläum, das sich auf die Inbetriebnahme von Mineralquellen im Jahre 1897 bezog. Damit begannen die Behandlungen im Haus – die eigentliche "Kur im Schlüsselbad". 1982 entstand aus dem ehemaligen Kurhotel eine Fachklinik für Orthopädische Rehabilitation, Innere Medizin und
Psychosomatik – die „Schlüsselbad Klinik". Sie ist eines der traditionsreichen Gebäude am Ort und hat eine wechselvolle Vergangenheit hinter sich. Da sich die Geschichte des Hauses nur aus den örtlichen Ereignissen heraus verstehen lä[ss]t, ist ein kurzer Rückblick in die Vergangenheit von Bad Peterstal unerläßlich.
Mannigfaltig sind die Abhandlungen, Berichte und Erwähnungen, die sich, teils historisch und religiös erläuternd, teils poetisch, um das Gengenbacher Bergle und seine kleinen Heiligtümer ranken. Daten und Fakten ihrer langen Geschichte werden aufgereiht, aneinander gereiht, wiederholt, umspielt von den zur Sprache gewordenen Bildern einer rebenbewachsenen Landschaft, wie sie Besucher und Einheimische gleichermaßen lieben.
Im Jahre 1888 gelangte ein Pergamentrodel aus dem Straßburger Bezirksarchiv (Archives Departementales du Bas-Rhin) nach Karlsruhe ins dortige Generallandesarchiv. In ihm sind rechtsrheinische Güter und Einkünfte des Klosters St. Stephan zu Straßburg verzeichnet. Einschnitte am Ende des 84 cm langen und 17 cm breiten Pergamentstreifens lassen erkennen, daß
ursprünglich eine Fortsetzung angeheftet war.
Ein historisches Jubiläum war im Jahre 1998 zu begehen: 100 Jahre ununterbrochener Bergbau in der Grube Clara war zu verzeichnen. Dieser erfolgte anfangs unter Mitwirkung, sehr bald jedoch schon in Eigenregie der Firma Sachtleben. Die Verbindung dieser Firma zum Bergbaubetrieb der Grube Clara setzte zu einem Zeitpunkt ein, als für die Leitung Hans Freiherr von Verschuer verantwortlich zeichnete.
Als Adelbert von Ellerbach, der Stammvater der Herren von Hornberg, gegen Ende des 11. Jahrhunderts ins Land kam, baute er auf seinem geliehenen Grund (beim Herrschaftswechsel im Jahre 1444 noch als Lehen des Reiches bezeichnet') noch eine Burg (heute Althornburg) als Mittelpunkt seiner Herrschaft und ihr zu Füßen einen sogenannten Bauhof. Für den Ausbau seiner Herrschaft war er auf die Neugewinnung siedlungsfähigen Bodens angewiesen, was nur durch eine systematische Rodung möglich war. Es ist wahrscheinlich, daß die Herren von Hornberg - wie andernorts auch - den Landesausbau (Herrschaft) dadurch vorantrieben, indem sie bäuerliche Kolonisten zur Rodung und Siedlung ansetzten. Als wirksames Lockmittel diente den Landesherren das Zugeständnis ihrer Freiheit. Adelbert von Hornberg lenkte und leitete die Rodung, denn er wurde
bereits im Jahre 1111 urkundlich als Freiherr bezeichnet, das heißt, er war ,,Herr über gerodetes Land".
Nicht nur Burgen, Schlösser, Dörfer und Städte haben eine meist weit in die Vergangenheit zurückliegende Geschichte. Nein, auch Bauernhöfe können häufig eine lange Existenz vorweisen. Bei uns in der Umgebung gibt es einige solcher Höfe. Mich hat besonders der zwischen Hausach und Fischerbach liegende Martinshof interessiert. Denn er ist schon lange im Besitz meiner Familie. Als Kind war ich öfters zum „Osterhas jagen", zu Familienfeiern oder zu Besuch meiner Urgroßeltern auf dem Martinshof. Damals gefielen mir einfach nur die vielen Tiere oder das Spielen im Heu. Doch heute reizt mich vor allem die lange und interessante Geschichte dieses Hofes. Deshalb habe ich mich darüber informiert und viele, für mich neue, wichtige Dinge erfahren.
Jacob Samson von Rathsamhausen zu Ehenweyer (1666-1731) wurde im August 1699 bei der Ortenauischen Reichsritterschaft immatrikuliert, nachdem er durch die 1698 geschlossene Ehe mit der verwitweten Sophia Dorothea von Löwen geborenen von der Grün ( 1679-1739) Grundherr zu Nonnenweier, Allmannsweier und Wittenweier geworden war. Einer der ersten Juden, die sich zu seinen Lebzeiten in Nonnenweier niederließen, war Wolf Wertheimer, der seinen im Herbst 1720 verstorbenen Sohn Lipmann um ein Jahr und fünf Monate überlebte und wie dieser auf dem ältesten Teil des jüdischen Friedhofs von Schmieheim begraben liegt.
Tooth mesowear analysis on Hippotherium primigenium from the Vallesian Dinotheriensande (Germany)
(2000)
Ein neuer Ansatz zur Rekonstruktion der Paläodiät von Huftieren, die Mesowearmethode, wurde kürzlich von Fortelius &
Solounias (im Druck) beschrieben. Ein großes diagnostisches Potential für die Ernährungsweise von Huftieren wurde in Merkmalen der Zahnabnutzung auf der Okklusalfläche erkannt. Die vorliegende Untersuchung ist in zweifacher Hinsicht der erste Test der Mesowearmethode. (1) Es wird die Diät des hipparionten Equiden Hippotherium primigenium aus
den vallesischen Dinotheriensanden (Rheinhessen, Deutschland) unter Anwendung der Mesowearmethode rekonstruiert.
(2) Um die Robustheit der Methode zu überprüfen, wird eine Blindteststudie durchgeführt, in der die 5 Autoren dieselbe
Sammlung oberer zweiter Molaren unabhängig voneinander untersuchen. Als Konsensusdiät für Hippotherium primigenium,
wird eine gemischte Nahrungszusammensetzung mit Grasanteil, ähnlich der des Impala (Aepyceros melampus) vorgeschlagen. Die Mesowearmethode hat sich als effektiv und robust erwiesen.
Siegfried Rietschel
(2000)
Hoch über der Elbe in Dresden steht auf der Brühlschen Terrasse ein Denkmal des einst namhaften Bildhauers und Kunstprofessors Ernst RietscheI. Bei genauerem Hinsehen kann der Betrachter erstaunt und zugleich fragend feststellen, daß Ihm diese etwas verschmitzt wirkenden Gesichtszüge und dieses angedeutete Lächeln bekannt zu sein scheinen. Natürlich, geht es ihm durch den Kopf, der Siegfried Rietschel aus Karlsruhe. Da haben offensichtlich die von vielen Soziologen, Psychologen und Ideologen noch heute abgelehnten Gene bewirkt, daß beim Nachfahren noch in der 4. Generation signifikante Merkmale der Physiognomie, möglicherweise aber auch der Wesensart, zumindest andeutungsweise erhalten geblieben sind.
Jedes Jahr am Wochenende nach Maria Himmelfahrt feiert Waldshut mit seiner Chilbi eines der größten Heimatfeste am Hochrhein. Man hat dieses Traditionsfest von berufener Seite als den Mittelpunkt Waldshuter Lebensgefühls beschrieben, als Brauchereignis also, das mehr zum Ausdruck bringt, als es der immer gleiche Festablauf erscheinen läßt. Zwar beginnen sich seit wenigen Jahren Teile des traditionellen Chilbiprogramms neuen Ideen und Bevölkerungsgruppen zu öffnen, doch oder
gerade diese „Reform-Chilbi“ zeigt, daß die Bürger der einstigen Waldstadt mit diesem Fest emotional sehr eng verbunden sind und Veränderungen zugunsten einer noch attraktiveren Festgestaltung zulassen bzw. mittragen.
Berufenere Stimmen als die des Verfassers haben sich in der Badischen Heimat bereits mehrfach für den Erhalt der Heimatstuben eingesetzt. Hier sind beispielsweise Brigitte Matt-Willmatt, Eugen Rombach, Karl Friedrich Wernet, Otto
Ernst Sutter und Dr. E. Müller-Ettikon zu nennen. Diesen soll - in aller Bescheidenheit - ein persönlicher Beitrag zur
Seite gestellt werden, welcher der uneingeschränkten Begeisterung für diese speziellen Einrichtungen der Kulturpflege entspringt. Die Heimatstuben im Kreis Waldshut bzw. die „überlebenden" der ehemals 30 Stuben haben beim Verfasser eine
wahre Leidenschaft ausgelöst und liegen dieser Betrachtung zugrunde. Dem Charme der 1960er Jahre, den eine Heimatstube versprühen kann, begegnete ich zum ersten mal anläßlich eines Besuches alter Familienstätten. Mein Vater machte mich damals auf ein „interessantes Büchle“ aufmerksam, das er in einem der hiesigen Traditionsgasthäuser entdeckt hatte. Ich besorgte mir das Büchlein - es ließ häufige Nutzung erkennen - und war fasziniert von der Collage: Mischung aus Zettelkasten, (Haus)Chronik, Geschichts-/ Gästebuch und ungewöhnlichen Bildern und Illustrationen. Diese erste Begeisterung für die Heimatstuben hat nicht nachgelassen. Die offensichtliehe Gefahr eines weiteren Aussterbens ist Grund genug in der Regionalgruppe einen der Schwerpunkte auf Erhalt und Pflege dieser Stuben, die einmal Aushängeschild der Badischen Heimat waren, zu legen. Eine Bestandsaufnahme soll Überblick der aktuellen Verhältnisse und zu Vollzähligkeit/Zustand der Exponate und Ehrenbücher geben sowie als Grundlage für aufbauende Maßnahmen dienen. Dabei wurde die Überzeugung gefestigt, daß die Bewahrung diese Kulturgutes in der Gesamtarbeit unseres Landesvereins wieder einen gewissen Stellenwert einnehmen sollte. Leider ist von vielen Stuben bereits nicht mehr die geringste Spur vorhanden. Teils weil Gasthäuser geschlossen wurden, teils wegen Inhaber- oder Pächterwechsel. Manchmal wurden Exponate und die Ehrenbücher den Gemeinden überlassen. Vieles wird verschollen bleiben.
Der Markenhof in Burg am Wald bei Kirchzarten liegt idyllisch am Hang des Wagensteigbachs ganz in der Nähe der von den Anthroposophen geführten Klinik „Wiesneck“ und fast unterhalb der gleichnamigen mittelalterlichen Burgruine. Er wird in einer Urkunde (Berain) von 1505 bereits aufgeführt, eine Familie „Markh“ führt den Hof ab 1650 über Generationen und gibt ihm den Namen. Das heute in Privatbesitz befindliche Anwesen „Markenhof“ wird seit 1962 von der Familie des bekannten
Kirchzartener Kunstmalers Dr. med. Rolf Miedtke bewohnt.
Als Präsident des Landtags von Baden-Württemberg und als Wahlkreisabgeordneter von Waldshut liegt mir die nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit der Schweiz, insbesondere am Hochrhein, aber auch am Oberrhein und am Bodensee, natürlich sehr am Herzen. Ich habe mich schon immer politisch und persönlich dafür engagiert, weil die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im südwestlichen Grenzraum unseres Landes nach meiner Überzeugung von beispielhafter Bedeutung für
das Zusammenwachsen Europas ist. Nur wenn Europa im Kleinen, gerade an den Grenzen, vorankommt, kann es auch im Großen wachsen.
Bruno Epples Spiegelbilder
(2000)
Ich habe ihn gesehen, dort in seinem Atelier, manches Mal, und er hat auch davon erzählt. Er arbeitet diszipliniert, Stunde um
Stunde. Das Atelier hat ein großes Fenster, hinaus in den Garten. Dennoch ist er ganz bei sich selbst, schöpfend aus seinen inneren Bildern. Musik ist sein Vorhang, literarische Texte aus Kassetten. Das schirmt ihn ab, birgt ihn bei sich selbst.
Liebe Hebelgemeinde,
Dieses Jahr geht im achtjährigen Turnus
der Hebel-Preis wieder ans Elsaß. Zu einem
Zeitpunkt, wo das Engagement für die deutsch-französische „Doppelkultur", eine offene Identität bei uns im Elsaß immer noch, bzw. wieder
neu Verdächtigungen ausgesetzt ist, möchte ich
eingangs die wesentliche kulturpolitische
Bedeutung des Hebel-Preises hervorheben. Die
vorigen elsässischen Hebel-Preisträger haben
diese für ihr Schaffen herausragende überregionale und übernationale Funktion dieses Preises bereits kreativ erleben dürfen: ich denke dabei an Andre Weckmann, Claude Vigee
und Adrien Finck, die Ihnen, liebe Hebelgemeinde, vertraut sind und die in der Verleihung
dieses Preises Förderung, Anerkennung und
Ermutigung erfahren haben.
Dreiklang Bodensee
(2000)
Wie einem Fremden den Bodensee erklären, seine Vielgestalt überschaubar, seine Besonderheit merkbar machen? Also daß einer, wo immer er stehen mag, einen ersten Überblick über seine Komposition hat, um sich desto eindringlicher vom Reichtum seiner Melodien verzaubern zu lassen. Der Bodensee ist ein wundersamer Dreiklang, eine Einheit von drei Seen, jeder von besonderer Art: der Obersee, der Überlinger See und der Untersee. Und jeder hat seine Insel: der Obersee die Insel Lindau, ganz Stadt - für den heimkehrenden Hölderlin, der „am wellenumrauschten Tor“ steht, ist’s ein „glückseliges Lindau“ und eine „geweihte Pforte“; den Überlinger See schmückt die blütenverträumte Mainau - „Mainau bedeutet Glück und Lust“ (Josef Victor von Scheffel), den Untersee die gemüsebeladene Reichenau mit ihren drei berühmtem Klosterkirchen - Walahfrid Strabo, der hier im frühen 9. Jahrhundert sein Gartenbuch „Hortulus“ geschrieben hat, nennt sie insula felix, „selige Insel“. Dreifaches Inselglück also.
Besuch im Atelier
(2000)
Da sitze ich, unbekümmert und selbstvergessen, im Atelier, pinsle vor mich hin, der hohe Sommer brandet durchs Land, durchflimmerte Stille rundum, mir behagt’s in meinem Gehäuse, nichts bedrängt, nichts verlangt, ich kann in Hingabe verweilen, nicht neide ich den Urlaubern ihr Badeglück. Da kann es vorkommen, daß ein Auto gewichtig den Rebberg herauffährt, ein fremdes, wie ich am Brummen höre, das wie suchend den Weg zum Haus heranpirscht, einbiegt und mit einem Ruck hält: Hallo, wir sind da, so gebärdet es sich, wir haben dich gefunden! Ich lege den Pinsel aus der Hand, wechsle
die Brille, schaue durch die offenstehende Tür hinaus, derweil drei, vier Leute dem schweren Wagen entsteigen.
Die Reichenau
(2000)
Die Insel Reichenau ist weithin bekannt durch die Kirchen und Gebäude aus der Klosterzeit sowie den Salat- und Gemüseanbau. Die Zufahrt zur Insel oder besser die bekannte Pappelallee wurde erst im Mai diesen Jahres in die
Karte der Deutschen Alleenstraße aufgenommen. Die Insel-Feiertage Markusfest, Heilig-Blut-Fest und Maria Himmelfahrt sind wichtige Termine für Pilger und Gäste. Viele Besucher, zum Großteil aus Baden-Württemberg und Bayern kommen auf die
Augia Felix mit Fahrrädern und Inlinern. Aber auch der Tagestourist per Bus und der Urlauber ohnehin prägen ab Ostern bis in den Herbst hinein den Alltag der Inselbewohner mit.
Familiennamen am Bodensee
(2000)
1. Unsere Familiennamen sind vor etwa 700-800 Jahren entstanden, unter anderem deswegen, weil die Menschen, die bisher nur einen Namen trugen, vor allem in den damals stark anwachsenden Städten begannen, sich durch zusätzliche Benennungen genauer zu unterscheiden, um Verwechslungen zu vermeiden. Man nutzte dazu fünf Möglichkeiten, aus
denen all unsere Familiennamen hervorgegangen sind: (1) Unterscheidung nach dem Vater, sog. Patronymika: Hans [der Sohn des] Hartmann; (2) nach der Herkunft, sog. Herkunftsnamen: Hans [der] Allgaier „aus dem Allgäu“; (3) nach der Wohnstätte, sog. Wohnstättennamen: Hans [am] Löhle „am Wäldchen“; (4) nach dem Beruf, sog. Berufsnamen: Hans [der]
Riester(er) „der (Flick-)Schuster“; (5) nach körperlichen, charakterlichen oder biographischen Merkmalen, sog. Übernamen: Hans [der] Sterk „der Starke“, Hans [der] Thumb „der Unerfahrene, Junge“, Hans [der am] Sonntag [geboren ist]. Durch die elektronische Speicherung von Telefonanschlüssen ist nun in jüngster Zeit eine äußerst ergiebige Grundlage auch zur Erforschung der Familiennamen gelegt worden. Entsprechende Untersuchungen wurden erstmals von Konrad Kunze für Gesamtdeutschland vorgelegt. Im Folgenden soll am Beispiel des Bodenseeraums gezeigt werden, welche Möglichkeiten sich auch für die regionale Namenkunde bieten. Leider sind die schweizerischen und die österreichischen Telefonanschlüsse
noch nicht in meine Datenbank eingearbeitet, so daß sich die Beispiele auf die deutsche Seeseite beschränken müssen.