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Literatur am Hochrhein
(2000)
„Das alemannische Land hat vielerlei Täler, Ecken und Winkel. Aber jedes alemannische Tal, auch das engste, hat seine Öffnung nach der Welt und alle diese Öffnungen und Ausgänge ziehen nach dem großen Strom, dem Rhein, in den alles alemannische Wasser rinnt. Und durch den Rhein hängt es von alters her mit der großen Welt zusammen“. Niemand anders als der aus Calw im Schwarzwald stammende Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse gab dieses Urteil über die alemannische Literatur im
Allgemeinen ab - doch läßt sich für die Literatur entlang des deutschen Hochrheins dieses günstige Werturteil aufrecht erhalten? Ist es nach den tendenziösen Literaturgeschichtsschreibungen mit naturräumlicher Gliederung von Oeftering und Nadler heute noch möglich, „Literatur“ unter einem geographischen Aspekt darzustellen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jedem von uns ist wohl geläufig, was man die Ziegler-Probe nennen könnte. Das Verfahren besteht ganz einfach darin, den Namen dieses großen philosophischen Einzelgängers zu nennen und - abzuwarten. Das Ergebnis, in der Literatur über Leopold Ziegler fast schon ein Topos, ist praktisch immer das gleiche: Fehlanzeige, Ratlosigkeit, Nachfrage. Das Spiel lässt sich nicht erst anstellen, seit Ziegler tot ist. Mitunter könnte man glauben, sein Werk sei zu einer Antiquarie herabgesunken, verlorenes und aufgegebenes Schwemmgut am Strand nur noch selten begangener philosophischer Küsten, gerade noch für die eine oder andere Dissertation gut, die dann wiederum in eine neue Vergessenheit eingeht, ins Massengrab einer akademischen Reihe, deren Verlagsorte wie zum Hohn München/New York/London/Paris heißen.
Im Vorfeld des Moscherosch-Jahres 2001 wollen wir in mehreren Ausgaben des Gemeindeblattes einen Überblick über wichtige Lebensstationen und die bedeutendsten Schriften Johann Michael Moscheroschs geben. Die Darstellung kann selbstverständlich nur unvollständig sein. Eine vollständigere Darstellung gibt Walter E. Schäfer in der Biografie „Johann
Michael Moscherosch - Staatsmann, Satiriker und Pädagoge im Barockzeitalter“, München 1982 (nicht mehr im Buchhandel, nur in Bibliotheken entleihbar). Am Anfang steht eine Familiensage und stehen Spekulationen um den befremdlichen
Familienname. „Moscherosch“ oder „Mosenros“, „Monscherosch“, u. s. w., wie sich frühere und spätere Familienmitglieder auch schrieben, das könnte aus dem Hebräischen kommen und würde dann auf deutsch etwa Kalbskopf bedeuten. Jedenfalls klingt es fremd, nicht deutsch.
LIEWI HEBELGEMEINDE, LIEWI EMMA, Diesen zweiten Teil der elsässischen Laudatio auf Emma Guntz möchte ich mit dem indianischen Märchen von der fremden Squaw Segun beginnen. Man wird sich jetzt fragen warum, aber Poeten haben oft sonderbare Einfälle, und hat man vor einigen Jahren in der badischen Presse uns Elsässer nicht als die letzten europäischen Indianer hingestellt? Naja.
Liebe Hebelgemeinde,
Dieses Jahr geht im achtjährigen Turnus
der Hebel-Preis wieder ans Elsaß. Zu einem
Zeitpunkt, wo das Engagement für die deutsch-französische „Doppelkultur", eine offene Identität bei uns im Elsaß immer noch, bzw. wieder
neu Verdächtigungen ausgesetzt ist, möchte ich
eingangs die wesentliche kulturpolitische
Bedeutung des Hebel-Preises hervorheben. Die
vorigen elsässischen Hebel-Preisträger haben
diese für ihr Schaffen herausragende überregionale und übernationale Funktion dieses Preises bereits kreativ erleben dürfen: ich denke dabei an Andre Weckmann, Claude Vigee
und Adrien Finck, die Ihnen, liebe Hebelgemeinde, vertraut sind und die in der Verleihung
dieses Preises Förderung, Anerkennung und
Ermutigung erfahren haben.
Mit 18 Jahren hat Carl Theodor 1742 als Kurfürst von der Pfalz seine Regierung angetreten, er verschaffte der Pfalz - so die Erinnerung vieler - „ein goldenes Zeitalter“. Sein preußischer Zeitgenosse und „Kollege“ Friedrich 11 disqualifizierte den Pfälzer als „faulen Kerl“, weil er in seiner Politik zwar brauchbare Ideen, aber keinerlei Konsequenz gezeigt habe. Auch in der folgenden Zeit war das Urteil über Carl Theodor eindeutig negativ, vor allem wegen seiner Maitressenwirtschaft und der
„katholischen Klüngelei“.
FRAGE: Herr Traubel, Sie arbeiten als Kunstschmied an vielen Denkmalschutzprojekten mit. Wozu Denkmalschutz? Warum leisten wir uns das? Christian Traubel: Die Frage wird häufig gestellt, und oft mehr als rhetorische Frage. Im Unterton schwingt oft schon mit, daß wir uns diesen Luxus Denkmalschutz nicht leisten könnten. Wenn für die Erhaltung von Baudenkmälern öffentliches Geld ausgegeben wird, ist die Frage ja auch mehr als berechtigt. Zunächst kann man ja mal ganz nüchtern Kosten und Nutzen gegeneinander stellen. Allerdings muß man dabei für längere Zeiträume rechnen, denn es liegt in der Natur der Sache, daß ein Baudenkmal für Jahrzehnte oder Jahrhunderte wiederhergestellt wird. Es ist ja nach der Restaurierung praktisch neu und kann mindestens so lange Bestand haben, wie es schon an Geschichte auf dem Buckel hat. Wenn also für ein historisches Bauwerk ein vernünftiger Verwendungszweck gefunden wird, ist eine Restaurierung bestehender Gebäude oft
sogar wirtschaftlicher als ein Neubau.
Kriegsende in Konstanz
(2000)
Gestützt auf sein Tagebuch, das er als Konstanzer Schüler zumeist auf lateinisch führte und mit Zeitungsausschnitten u. a. von Wehrmachtsberichten versah, sowie auf seine Erfahrungen im 3. Reich und in der Nachkriegszeit, schrieb Manfred Hanloser um 1985 seine Erinnerungen. Im Zusammenhang mit meinem Artikel über seine Fotos von der kampflosen Einnahme seiner Geburtsstadt erklärte er sich bereit, einen Auszug aus seinen persönlichen Notizen erstmals zu veröffentlichen. (Werner Klipfel)
Der Wechsel der Konfession in der Frühen Neuzeit hat bislang vor allem im Phänomen der Fürstenkonversionen des 17. und 18. Jahrhunderts das Interesse der Forschung gefunden. Im Mittelpunkt des Interesses standen einerseits die Beweggründe
der Konvertiten, unterschieden nach religiösen oder politisch-dynastischen Motiven. Zum anderen fanden die Auswirkungen des Konfessionswechsels eines Landesherrn auf seine Untertanen Aufmerksamkeit. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von
1555 galt das Prinzip, daß die Untertanen der Konfession des Landesherrn angehören sollten. Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hatte die Fürstenkonversion somit zumeist den Religionswechsel der Einwohnerschaft eines ganzen Territoriums
zur Folge. Am Oberrhein bietet die Markgrafschaft Baden-Baden ein Paradebeispiel für die erzwungene Konversion der Untertanen nach dem Konfessionswechsel ihres Landesherrn bzw. dem Regierungsantritt eines neuen Landesherrn mit anderer Konfession als sein Vorgänger. Bis 1634 wechselte das Territorium - und damit stets die Mehrheit der Untertanen - sechsmal das Bekenntnis.
Unter den nicht sehr zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten in der Geschichte des Schwarzwaldortes Lenzkirch hat allein ein einziger die Ehre einer eigenen Straßenbenennung erhalten: der fürstlich fürstenbergische Jäger Kolumban Kaiser, dessen Verdienst sich auf die Tat eines einzigen Tages konzentrierte. Am 4. April 1799 stellte er sich im 2. Koalitionskrieg aus eigenem Entschluß und Antrieb den österreichischen Soldaten als wegekundiger Führer zur Verfügung, welche gegen die am
südlichen Hochfirsthang bei Lenzkirch und Kappel lagernden französischen Truppen vorgingen. Er nahm auch an den sich dabei entwickelnden Kämpfen in österreichischer Soldatenmontur teil und führte schließlich eine aus 4 Offizieren und 135 Mann bestehende Infanterieabteilung der Österreicher ohne Verluste aus der entstandenen französischen Einschließung heraus und wieder vor die Front der Franzosen.
Berufenere Stimmen als die des Verfassers haben sich in der Badischen Heimat bereits mehrfach für den Erhalt der Heimatstuben eingesetzt. Hier sind beispielsweise Brigitte Matt-Willmatt, Eugen Rombach, Karl Friedrich Wernet, Otto
Ernst Sutter und Dr. E. Müller-Ettikon zu nennen. Diesen soll - in aller Bescheidenheit - ein persönlicher Beitrag zur
Seite gestellt werden, welcher der uneingeschränkten Begeisterung für diese speziellen Einrichtungen der Kulturpflege entspringt. Die Heimatstuben im Kreis Waldshut bzw. die „überlebenden" der ehemals 30 Stuben haben beim Verfasser eine
wahre Leidenschaft ausgelöst und liegen dieser Betrachtung zugrunde. Dem Charme der 1960er Jahre, den eine Heimatstube versprühen kann, begegnete ich zum ersten mal anläßlich eines Besuches alter Familienstätten. Mein Vater machte mich damals auf ein „interessantes Büchle“ aufmerksam, das er in einem der hiesigen Traditionsgasthäuser entdeckt hatte. Ich besorgte mir das Büchlein - es ließ häufige Nutzung erkennen - und war fasziniert von der Collage: Mischung aus Zettelkasten, (Haus)Chronik, Geschichts-/ Gästebuch und ungewöhnlichen Bildern und Illustrationen. Diese erste Begeisterung für die Heimatstuben hat nicht nachgelassen. Die offensichtliehe Gefahr eines weiteren Aussterbens ist Grund genug in der Regionalgruppe einen der Schwerpunkte auf Erhalt und Pflege dieser Stuben, die einmal Aushängeschild der Badischen Heimat waren, zu legen. Eine Bestandsaufnahme soll Überblick der aktuellen Verhältnisse und zu Vollzähligkeit/Zustand der Exponate und Ehrenbücher geben sowie als Grundlage für aufbauende Maßnahmen dienen. Dabei wurde die Überzeugung gefestigt, daß die Bewahrung diese Kulturgutes in der Gesamtarbeit unseres Landesvereins wieder einen gewissen Stellenwert einnehmen sollte. Leider ist von vielen Stuben bereits nicht mehr die geringste Spur vorhanden. Teils weil Gasthäuser geschlossen wurden, teils wegen Inhaber- oder Pächterwechsel. Manchmal wurden Exponate und die Ehrenbücher den Gemeinden überlassen. Vieles wird verschollen bleiben.
Als 1946 die große Freiburger Fronleichnamsprozession erstmals Station an einem prächtigen Altar vor dem Haupteingang der Universität machen konnte und sich vor den Statuen von Homer und Aristoteles die Monstranz erhob, war das für Joseph Sauer Anlass, auf fünfzig Jahre Katholizismus und Universität zurückzublicken.
Karlsruhe - Baden - Europa
(2000)
Am 7. Oktober 1825, also vor gerade 175 Jahren, wurde in Karlsruhe eine „polytechnische Schule“ errichtet, die älteste TH Deutschlands, durch Großherzog Ludwig gegründet. Es war die Geburtsstunde einer erstaunlichen Entwicklung, eines erfolgreichen und großartigen Beispiels menschlicher Leistungskraft auf technisch-naturwissenschaftlichem Feld, zu der wir
nur herzlich gratulieren können. Wir freuen uns, daß wir gerade heute an diesem stolzen badischen Jubiläumstag in Karlsruhe sind. In unserem Baden-Kalender war dieses historische Datum schon lange angestrichen.
Im Jahre 1909 wurde Josef Sauer vom badischen Großherzog zum Konservator der kirchlichen Denkmäler ernannt. Damit trat er nach einer achtjährigen Vakanz das Amt an, das schon sein Lehrer Franz Xaver Kraus unter dem Titel „Konservator der kirchlichen Altertümer“ von 1882 bis zu seinem Tode 1901 bekleidet hatte. Wie bei Kraus war es ein Nebenamt neben der ab 1905 außerordentlichen, ab 1916 dann ordentlichen Professur in Freiburg. Es war ein staatliches Amt, kein kirchliches, nicht etwa eine Art Diözesankonservator, und es bezog sich auf die Kirchen beider christlichen Konfessionen. Es gab allerdings kein Denkmalamt im heutigen Sinne.
Am 30. August 2001 wäre der langjährige Freiburger Pastoraltheologe Josef Müller (1931-1998) 70 Jahre alt geworden. Viele haben in Josef Müller, der als Seelsorger und Professor gleichermaßen anerkannt war, einen stets gesprächsbereiten Partner und Lehrer gefunden. Es zeichnete ihn aus, dass er zur Treue im Kleinen stets neu bereit war — ohne dabei die Durchblicke und Perspektiven für den größeren Zusammenhang zu verlieren. Pastoraltheologen und Religionspädagogen im wissenschaftlichen Diskurs, besorgte Eltern, geplagte Pfarrer und Dekane, in den Medien und der Öffentlichkeitsarbeit Tätige, bischöfliche Kommissionen und Ordinariate — sie alle haben in Josef Müller einen kundigen und verbindlichen Gesprächspartner gefunden.
Johannes Kaiser
(2000)
Am 15. Mai 1976 im Kolpingsaal in Freiburg lernte ich Johannes Kaiser kennen. Er trug neben seinem allerersten Gedicht „Z’Obe an de Wiese“ dieses „Abschid“ vor, mit dem er den 1. Preis beim Wettbewerb „Jungi Mundart“ in der Sparte Lyrik errungen hatte. Ich war hin- und hergerissen. Hingerissen von diesem Gedicht, das Gefühle genauso zum Ausdruck bringen konnte, wie ich sie gerne ausgedrückt hätte, es aber nicht konnte. Diese ersten beiden Strophen: hinreißend. Und dann
dieses Jüngelchen da vorne, sanft wie ein Engel, lang gewelltes Haar, genauso wie ich es auch in meiner schon lange zurückliegenden Jugend getragen hatte. Ich war ja schon 21 geworden, und er war ganze vier Jahre jünger, ein absoluter Jungspund also, und dann so ein reifes Gedicht! Gerade deswegen war ich auch so hergerissen, neidisch auf dieses gelungene Gedicht, wo doch alle meine Versuche bisher im bloßen Benennen großer Gefühle stecken geblieben waren. Neidisch auch auf das Alter und den Erfolg des soviel Jüngeren und auf was weiß ich noch alles mehr. Das setzte sich
eine ganze Weile so fort. Er war der Igel, immer schon da, wohin ich mich gerade erst aufmachte. Er las vor mir in Hausen, kam im Radio, im Fernsehen, veröffentlichte seinen ersten Gedichtband: „Singe vo dir und Abraxas“, 1980, in einem richtigen Verlag, im Verlag Moritz Schauenburg, Lahr. Ich wollte, wenn ich schon nicht schneller sein konnte, wenigstens schnellstens nachziehen, schrieb ich inzwischen doch auch gute Gedichte, und zwar in einer ganz anderen Art. Aber mein Vater bremste mich wohlweislich. Du hast Zeit. Hast du überhaupt schon genug Gedichte, zu denen du voll stehen kannst?
Jakobswege im Schwarzwald
(2000)
Der „Jakobsweg“ zum Grab des Apostels in Santiago de Compostela in der Region Galizien im Nordwesten Spaniens war ein Jahrtausend lang eine der großen Kulturachsen und Verbindungsstraßen quer durch Europa. Aber nicht jeder pilgerte tatsächlich unter dem Zeichen der Jakobsmuschel bis zum Apostelgrab oder zum „Finis Terrae“ des Mittelalters, bis ans
„Ende der Welt“. Diese alten Pilgerwege - von Riga/ Lettland bis zum Fernziel an der spanischen Ozeangrenze - durchqueren ganz Europa, natürlich auch den deutschen Südwesten. Und viele noch heute bekannte Wallfahrtsstätten, Jakobskapellen und Pilgerherbergen haben ihre Ursprünge und ihre Geschichte in den „Zubringern“ zu den großen Routen, die schließlich am Fuße der Pyrenäen nur noch zwei Möglichkeiten offen ließen: den Paß über Roncesvalles/ Navarra oder über den Somport/Aragonien, beide Routen vereinen sich wieder bei Puente Ja Reina/ Navarra - mit der berühmten Brücke über den Agra, von wo aus dann „nur“ noch etwa 30 Tageswanderungen bis ans Ziel zu schaffen sind.
Bad. Heimat: Ihr Verein, der zweitälteste dieser Art in Deutschland, nennt sich BADISCHER KUNSTVEREIN. Was unterscheidet ihn damit von anderen Kunstvereinen? Alle Kunstvereine haben einen Standort und eine Geschichte mit denen sich ihr Anspruch verbindet. Es gibt Kunstvereine, die künstlerische Anliegen in kleinen Orten mit wenig Mitgliedern vertreten und solche, die sich durch Mitgliederzahl und Ausstattung in Niveau und Wirkungsbreite im Kunstbetrieb unterscheiden. Insofern wirkt der Badische Kunstverein was Mitgliedschaft wie Ausstrahlung angeht in ganz Baden und darüber hinaus.
„Nur jener erfaßt wirklich ein Kunstwerk in seiner Aussagekraft, der darob entzückt und hingerissen wird.“ Gewiß wollte der überragende Theologe Hans Urs von Balthasar das Staunen ungezählter Münster-Turm-Besichtiger nicht abwerten durch dieses Weisheitswort. Schaut jemand, selber einsachtzig klein, erstaunt auf zu dem steil aufragenden Turm-Gebirge — Stein auf Stein, Stein auf Stein aufgetürmt —, kann nachdenkliches Fragen sich regen: Warum haben jene fernen Geschlechter so etwas gemacht, und für wen? Bewundernd erblicken viele von allen Seiten dieses Wunderwerk gotischer Baukunst; sie preisen die vollendet-schöne Gestalt — und manche fangen wohl an, den darin aufscheinenden Sinn-Gehalt zu entdecken. Andere jedoch finden an dem, was sie in bloßer Ästhetik trunkenen Auges sehen, ihr Genügen: diesen einzigartigen Körper betrachten sie, verborgen aber bleibt ihnen der darin einwohnende Geist. Wieder andere, Experten, meinen, das ganze Bauobjekt weit erforscht zu haben: alles, bis zu den Einzelheiten, ist exakt vermessen, die Maßverhältnisse sind verstanden, Vergleiche über Vergleiche mit anderen Kunstwerken werden gezogen, Geschichtliches wird wissenschaftlich noch und noch aufgehäuft. Solchem Analysieren und auch additiven Syntheseversuchen hat schon Goethe entgegengehalten: „Ihr habt die Teile in der Hand; fehlt leider das geistige Band.“