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Während der Restaurierungen der letzten Jahre wurden immer wieder Fußböden
geöffnet und darunter fand sich eingefülltes Fundgut. Merkwürdiges tauchte in den
Gewölbezwickeln über der Kuppel des Spielpavillons auf: Briefe an Corpora! Harve
Grossman, Verpackungen von Süßriegeln wie Milky Way oder Marshmallows und
Luftschutzschilder. Diese Funde sind der Anlass für den Blick in eine Zeit, die man
so gar nicht mit der Geschichte eines Barockschlosses verbindet: Die Ereignisse im
Ludwigsburger Schloss während des Dritten Reiches, des Zweiten Weltkrieges und
der amerikanischen Besatzungszeit in den Nachkriegsjahren.
Zwangsehe statt Liebesheirat
(2015)
Am 19. Dezember 1975 schrieb Oberregierungsrat Oskar Behr, der langjährige Leiter
des Kommunalamts im Landratsamt Ludwigsburg, auf das Deckblatt einer dicken
Akte: »Mit der Wahl von Bürgermeister Fetzer am 7. Dezember 1975 in Eberdingen
ist im Landkreis Ludwigsburg die Gemeindereform abgeschlossen.« Und vermutlich
mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung fügte er noch dazu: »Der ganze Vorgang
kann nun – endlich – zur Ablage in die Registratur.«
Im Gebiet des heutigen Landkreises Ludwigsburg wurde durch die Gemeindereform die Zahl der selbständigen Kommunen von 78 auf 39 halbiert. Die Eingemeindungen und Gemeindezusammenschlüsse erfolgten in der Regel auf freiwilliger Basis,
d.h. nach entsprechendem Beschluss durch die Gemeinderäte der betroffenen Kommunen. Lediglich in zwei Fällen hat der Landtag den Vollzug der Gemeindereform
gesetzlich bestimmt: Dies betraf zum einen den Zusammenschluss von Korntal und
Münchingen zur neuen Stadt Korntal-Münchingen und zum anderen den Zusammenschluss von Eberdingen, Hochdorf an der Enz und Nussdorf zur neuen Gemeinde Eberdingen.
Die Gemeindereform löste seinerzeit heftige Emotionen querbeet durch Orte und
Parteien aus. Diese Emotionen sind auch heute noch nachvollziehbar. Schließlich
ging es nicht nur um den Austausch von Ortsschildern, sondern zur Entscheidung
stand nichts weniger als die Frage, ob die Gemeinde ihre Aufgaben auch in Zukunft
eigenständig und aus eigener Kraft erfüllen soll und erfüllen kann oder ob dies nur
in Zusammenarbeit und in der Konsequenz im Zusammenschluss mit einer anderen
Gemeinde gelingen konnte.
Mühlen sind selten geworden, auch in unserer Gegend. Wo vor wenigen Jahrzehnten noch Müller ihrem Handwerk nachgingen, ist inzwischen in den meisten Fällen der Betrieb längst eingestellt, sind Mühlbäche und Mühlweiher zugeschüttet,
dienen die Mühlengebäude als normale Wohnhäuser. Und nicht selten ist sogar das
Mühlengebäude selbst verschwunden, erinnern nur noch Straßen- oder Flurnamen an die ehemalige Ortsmühle. Mit dem Verschwinden der Mühlen gerät
zugleich mehr und mehr in Vergessenheit, welch elementare Bedeutung sie einst
im Wirtschaftsleben unserer Orte, für die Menschen und ihr tägliches Brot hatten.
Die Erinnerung an Mühlen wird häufig reduziert auf romantisch geprägte Vorstellungen von klappernden Mühlen am rauschenden Bach, wie sie in zahllosen
Gemälden bekannter oder auch weniger bekannter Künstler festgehalten sind oder
auch in alten Volksliedern besungen werden.[1] Doch solche Vorstellungen werden
der historischen Wirklichkeit kaum gerecht. Der Blick auf die Fakten lässt nur
wenig Platz für Nostalgie, zeigt vielmehr, dass der Alltag auf den Mühlen geprägt
war von harter Arbeit und in vielen Fällen auch von einem harten Kampf um ein
wenigstens bescheidenes Auskommen.
Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 200 Jahren gewaltig verändert. Dies gilt allgemein, trifft in besonderer Weise aber auch auf Ludwigsburg und Umgebung zu. Bestimmte die Landwirtschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts das wirtschaftliche Geschehen weitgehend, so findet sie heutzutage eher am Rande, teilweise sogar im Verborgenen statt. Für viele, vor allem jüngere Menschen hat sich die Landwirtschaft aus dem Tagesgeschehen so sehr zurückgezogen, dass es in Umfragen heißt, die vorherrschende Farbe von Kühen sei lila und die Milch komme vom Discounter und nicht von den Bauernhöfen. Solche vor allem in städtischen Regionen anzutreffenden Einschätzungen verdecken, dass die Landwirtschaft im Laufe der vergangenen 200 Jahre um ein Vielfaches leistungsfähiger und effektiver geworden ist. Mussten um 1815 drei Bauern das ganze Jahr über hart arbeiten, um einen einzigen Städter zusätzlich mit Nahrungsmitteln zu versorgen, so ist – statistisch gesehen – heutzutage ein einziger Vollerwerbslandwirt in der Lage, 143 Städter zusätzlich satt zu machen. War vor 200 Jahren der Hunger für die Menschen auch an Neckar und Rhein eine allgegenwärtige Bedrohung, so braucht heutzutage in Mitteleuropa kein Mensch mehr Hunger zu leiden.
Geschichte vor dem 20. Jahrhundert ist in den Lehrplänen sämtlicher Schularten arg ausgedünnt. Das gilt insbesondere für die frühe Neuzeit, also das 16. bis 18. Jahrhundert, wo die Reformation Luthers im 16. Jahrhundert und der Dreißigjährige Krieg im 17. Jahrhundert kaum noch vorkommen. Das vom Gymnasium mitgebrachte Vorwissen von Studienanfängern im Fach Geschichte zu diesen Themen liegt jedenfalls bei null. Zum Dreißigjährigen Krieg lernt man allenfalls dessen Grobgliederung und erfährt dann theoretisch – in der Praxis leider meist nicht einmal das –, dass der Konflikt, den wir heute als den Dreißigjährigen Krieg bezeichnen, aus fünf Phasen bestand: 1) dem böhmischen Krieg 1618–1620; 2) dem spanisch-niederländischen Krieg 1621–1625, dessen Auswirkungen aber bereits heftig auch ins eigentliche Deutschland hinein ausstrahlten; 3) dem dänischen Krieg 1625–1629, der im sogenannten Restitutionsedikt von 1629 gipfelte; 4) dem schwedischen Krieg 1630–1635, der eigentlich mit dem Frieden von Prag 1635 hätte beendet sein sollen; 5) dem französischen Krieg, der 1635 begann und sich qualvolle 13 Jahre bis 1648 hinzog.
Louis Bührer hat viel in seinem Leben bewirkt, aber nur wenig Greifbares zu seinem
Leben hinterlassen. Ein persönlicher Nachlass existiert nicht. Erhalten sind lediglich
die amtlichen Nachlassakten von ihm und seiner Frau, Protokolle und amtliche
Schriftstücke aus seiner Tätigkeit als Stadtrat sowie unzählige größere und kleinere
Artikel und Notizen in der Lokalpresse, die mit ihm in direktem oder indirektem
Zusammenhang stehen. Als Silberarbeiter schaltete er keine regelmäßigen Geschäftsanzeigen in der örtlichen Presse, die wenigen Privatanzeigen beschränkten sich hauptsächlich auf die Vermietung von Wohnungen in seinem Haus. Bleibt Louis Bührer
als Mensch weitgehend im Hintergrund, so tritt er umso deutlicher als vielseitig
engagierter Bürger von Ludwigsburg vor unsere Augen.
Wilhelm Ludwig Bührer wurde am 22. Dezember 1803 als zehntes von zwölf
Kindern des Nagelschmieds und Zunft-Obermeisters Christian Friedrich Bührer sr.
in Ludwigsburg geboren. Er besuchte zur selben Zeit wie Eduard Mörike die örtliche
Lateinschule, wurde 1817 konfirmiert und erlernte danach in Esslingen den Beruf
eines Silberarbeiters. Die Neigung zu künstlerischen Berufen lag in der Familie. Sein
älterer, am 1. Dezember 1800 geborener Bruder Christian Friedrich jr. wurde Kupferschmied und gründete 1829 in Ludwigsburg eine Werkstätte für Kupferwaren, die später
in der Firma Hünersdorff aufging. Wilhelm Ludwig Bührer arbeitete nach seiner
Ausbildung als Silberarbeiter in Tuttlingen, München und Paris, wo er vermutlich
auch seinen Rufnamen Ludwig in Louis änderte. Am 22. Juli 1829 heiratete er die
am 20. November 1805 in Paris geborene Léonide Antoinette Mortieau und ließ sich
danach beruflich in Brüssel nieder. Die Ehe blieb kinderlos.
Wilhelm Keil
(2003)
Wer heute über die »Wilhelm-Keil-Straße« in Ludwigsburg geht und Passanten nach
deren Namensgeber fragt, erhält in der Regel nur ein verständnisloses Schulterzucken
zur Antwort. Selbst in historischen Fachkreisen ist Wilhelm Keil zumeist nur ausgewiesenen Experten zur Geschichte der Arbeiterbewegung noch ein Begriff.
Finden sich auch unter den deutschen Abgeordneten nicht wenige zu Unrecht in der
Erinnerung verblasste Parlamentarier, so sticht das Vergessen im Falle Keils
insbesondere hervor, da seine politische Karriere eine Ausnahmeerscheinung in der
deutschen Parlamentarismusgeschichte bildet. Unter den gewählten deutschen
Abgeordneten des 20. Jahrhunderts gibt es wohl kaum einen Parlamentarier, der
gleichermaßen lange und einflussreich wie Wilhelm Keil sein Mandat ausübte und
zugleich der Nachwelt dermaßen unbekannt ist.
Für die Darstellung der Biographie von Wilhelm Holzwarth kann nicht nur auf die überlieferte Spruchkammerakte zurückgegriffen werden, sondern auch auf persönliche Dokumente, die sowohl das Privatleben als auch die Parteifunktionen
widerspiegeln. Diese Dokumente gelangten bei Kriegsende im Zuge einer Hausdurchsuchung vor der Verhaftung von Wilhelm Holzwarth am 8. September 1945 an die amerikanische Besatzungsmacht und wurden später an die zuständige Spruchkammer Ludwigsburg übergeben. Nach der Aufösung der Spruchkammer wurden die Unterlagen dem Staatsarchiv Ludwigsburg
abgeliefert und stehen dort heute der Forschung zur Verfügung. Wilhelm Holzwarth wurde am 27. März 1889 in Oberderdingen geboren, wuchs dort unter »kleinbäuerlichen Verhältnissen« auf und besuchte die Volksschule. Das eigene Elternhaus beschrieb er als »pflichtgetreu« und »vaterländisch gesinnt«.
Das eigene Schloss ist ein alter Traum des Menschen. So fand das »Schloss« als Ausdruck repräsentativer Lebensform seine Konkretisierung im Laufe der Jahrhunderte in unterschiedlichster Form, und dies nicht nur auf fürstlicher Ebene. Zeugnis davon legen die in ganz Europa anzutreffenden Stadtvillen, Herrenhäuser, aber auch Klosteranlagen in ihrer ganzen architektonischen Vielfalt ab. Die Ausgestaltung dieser nicht zuletzt der Selbstdarstellung des Bauherrn dienenden Gebäude hing natürlich zunächst einmal von dessen Geldbeutel ab. Darüber hinaus war aber auch die Vorbildwirkung naher Fürstenresidenzen von Bedeutung, womit der mögliche Zugriff auf hochspezialisierte Bauhandwerker einhergeht. Mein Beitrag beleuchtet eingangs anhand eines Beispiels aus Markgröningen die Formen bürgerlicher Repräsentation in unserem Raum zu Anfang des 18. Jahrhunderts, also noch vor Entfaltung der barocken Pracht des Ludwigsburger Schlosses. Daran schließt sich ein kurzer Blick auf den Architekten und die Baugeschichte des Schlosses an. Besondere Aufmerksamkeit wird den Stuckdecken gewidmet, ohne hierbei allerdings auf kunsthistorische Details einzugehen. Parallel dazu werden Gebäude mit dem vom Schloss entlehnten barocken Schmuck aus Markgröningen und Löchgau vorgestellt.