001 Wissen
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Vom Wissen zur Wissenschaft
(2017)
Die Studie verfolgt am Beispiel württembergischer Volkskunde zwischen 1820 und 1950, ob und wie aus Wissen Wissenschaft werden kann. Dem Konzept der historischen Wissensforschung folgend untersucht sie mit kulturwissenschaftlichen Methoden, was als ethnografisches Wissen gilt, wer es mit welchen Mitteln herstellt und wie es medial aufbereitet wird. In den Blick genommen wird dabei ein breites Feld an (historisch-)landeskundlich tätigen Akteuren und Institutionen mit ihren jeweiligen Wissenspraktiken und Austauschbeziehungen. Neben zahlreichen Persönlichkeiten und Vereinen tritt vor allem der württembergische Staat mit seiner Ressortforschung als wichtiger Impuls- und Auftraggeber hervor. Das Buch beginnt im Statistisch-topographischen Bureau mit der Vor-Geschichte ethnografischen Wissens um 1820, untersucht „Volk“ als Konzept und Objekt, folgt den Sammlungs- und Publikationsunternehmungen und ihrer gesellschaftlichen und organisatorischen Verankerung, beobachtet die Formierung neuer landeskundlicher Institutionen und ihre Förderung und klärt so die Gelegenheitsstrukturen regionaler Ethnografie. Der lange Untersuchungszeitraum ermöglicht mit fünf Themenblöcken und Zeitschnitten eine bisher so nicht erfolgte Analyse von spezifischen Ressourcen und Strategien zur Etablierung einer neuen Wissenschaftsdisziplin. PD Dr. Lioba Keller-Drescher habilitierte sich 2015 mit der hier vorliegenden Studie im Fach Empirische Kulturwissenschaft an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Die Heidelberger Hochschulmedizin hat in den zwanziger Jahren trotz schwerer Kriegsfolgen und Wirtschaftskrisen eine unvergleichliche Blütezeit erlebt. Entscheidende Forschungsimpulse in Physiologie, Chirurgie und Innerer Medizin, in Pädiatrie und Psychiatrie und in vielen anderen Fächern gingen von der Neckarstadt aus, zahllose Forscher aus dem In- und Ausland besuchten die wissenschaftlichen Institute und Kliniken der Stadt, ausländische und deutsche Studenten wurden von der Anziehungskraft einer fundierten wissenschaftlichen und patientennahen praktischen Ausbildung nach Heidelberg gezogen. Gegenüber dem gesamten Studentenzuwachs der Universität, der zwischen 1914 und 1933 immerhin bei etwa 38 % lag, wuchs die Zahl der Medizinstudenten im gleichen Zeitraum um fast das Doppelte (67 %). Die Ursachen für diesen überdurchschnittlichen Zuwachs dürften vielfältig sein, dass sich in ihnen aber auch die wissenschaftliche Attraktivität des medizinischen Standorts Heidelberg spiegelte, ist unzweifelhaft.
Das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe betreibt nicht nur eines der ältesten und größten naturkundlichen Schaumuseen in Deutschland, sondern ist auch ein veritables bio- und geowissenschaftliches Forschungsinstitut. Forschungsleistungen werden im forschungspolitischen Raum unter anderem zunehmend an der Höhe eingeworbener Drittmittel gemessen. Drittmittel sind Haushaltsmittel, die das Institut oder Museumsmitarbeiter direkt als zusätzliche
Einnahmen von öffentlichen und privaten Stellen (von „Dritten“) zur Förderung der Forschung und des wissenschaftlichen Nachwuchses, der Sammlungs- oder Öffentlichkeitsarbeit erhalten. Sie ergänzen damit die Gelder, die der Träger jährlich für die Institution bereitstellt (laufender Grundetat), sowie die selber erwirtschafteten Mittel (so genannte Verwaltungseinnahmen wie Eintrittsgelder, Mieten, Gebühren, Einnahmen aus Verkäufen etc.) (siehe auch DFG 2006 für die Definition im Hochschulbereich).
Der Lepidopterologe Günter Ebert, langjähriger Mitarbeiter der Entomologischen Abteilung des Karlsruher Naturkundemuseums, wurde mit dem Ernst-Jünger-Preis für Entomologie 2004 geehrt. Auf einer Feierstunde am 26. Mai 2004 im Schloss des Freiherrn von Stauffenberg in Langenenslingen-Wilflingen, dem ehemaligen Wohnort Ernst Jüngers, überreichte Wissenschafts-Staatssekretär Michael Sieber den mit 5.000 Euro dotierten Preis. Die hohe Auszeichnung
wurde bereits an anderer Stelle ausführlich gewürdigt (Trusch in Entomologische Zeitschrift 114: 182ff. und SEL News 38: 7f., 16f., 26f.; Klausnitzer in Entomologische Nachrichten und Berichte 48: 88.), so dass an dieser Stelle nur einige Punkte nochmals erwähnt werden sollen.
Nie hätten wir es für möglich gehalten, daß diese Rechtfertigung der deutschchristlichen gewalttätigen und verfassungswidrigen Kirchenpolitik Ihre Antwort wäre auf die Bitten treuster und bibelgläubiger Glieder unserer Kirche, die sie aus heißer Besorgnis und innerster Gewissensnot vorzutragen gewagt haben! […] Wir sind fassungslos verwundert, daß Sie an den `Geist brüderlicher Gemeinschaft unter Geistlichen und Gemeindemitgliedern‘ appellieren, als handele es sich bei dem gegenwärtigen kirchlichen Kampf um einen Streit, den man mit christlichen Ermahnungen beenden könne, […]. Wir bezeugen Ihnen hiermit, daß für unsere Erkenntnis schweigen und mit dem DC-Geist Frieden machen gleichbedeutend wäre mit Verleugnen unseres Herrn und seiner ewigen Wahrheit. Kurz nach dem Beitritt der badischen Landeskirche zur
deutsch-christlichen Reichskirche, am 27. Juli 1934, richtete Karl Dürr, der Vorsitzende der Bekennenden Kirche Badens, an seinen Landesbischof Julius Kühlewein diese Zeilen. Der badische Kirchenkampf steuerte damit auf seinen ersten, aber keineswegs letzten Höhepunkt zu, an dessen Ende 1945 eine Landeskirche stehen sollte in der Macht- und Richtungskämpfe sowie persönliche Animositäten tiefe Spuren hinterlassen hatten; beherrscht von den untereinander verfeindeten kirchenpolitischen Gruppierungen der Bekennenden Kirche und der Deutschen Christen, aber auch einer
von nahezu allen Seiten in Ihrer Legitimität angefochten Kirchenleitung geriet sie vor dem Hintergrund der Konflikte, die tief in ihre Identität und ihr Selbstverständnis eingriffen, an den Rand der Spaltung.