Biografisch-geografische Beziehungen
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Die persönlichen Beziehungen Friedrich Schillers (1759-1805) zu Heidelberg waren marginaler Natur: Nur wenige Male kam er während seiner Mannheimer Jahre zu einem kurzen Besuch herübergereist, ein nennenswerter literarischer Austausch mit hier ansässigen Persönlichkeiten ist über die Quellen nicht dokumentiert. Dennoch ergaben sich wichtige Berührungspunkte, etwa bezüglich Schillers Kontakten zu den Heidelberger Mitgliedern des Illuminaten-Ordens oder einzelnen Vertretern der Studentenschaft. Eine Erweiterung des Betrachtungshorizonts über seine Person hinweg offenbart zudem für die Jahre nach seinem Tod ein durchaus dichtes Beziehungsgefüge zwischen Weimar und Heidelberg, in dessen Mittelpunkt die Familien Schiller und Voss stehen; auch weilten beide Schiller-Söhne in den Jahren um 1810/13 als Studenten an hiesiger Universität. Darüber hinaus hatte mit dem Ableben des Dichters am Neckar und andernorts jene Bewegung an Dynamik gewonnen, die sich bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts nachgerade zu einem Taumel nationaler Selbstidentifizierung steigern sollte und auf deren imaginärem ideengeschichtlichem Banner Schillers Bildnis als Nationaldichter und Identifikationsfigur wie ein Fanal der Hoffnung prangte. So erscheint es lohnenswert, den Hauptaspekten dieses komplexen literatur- und kulturgeschichtlichen Phänomens in seinen wichtigsten Handlungssträngen erstmals mit monographischem Blick auf das geistesgeschichtliche Milieu der Universitätsstadt und seiner Bewohner nachzugehen, nicht zuletzt um die Beiträge einzelner Protagonisten einer kritischen Revision zu unterziehen: Denn viele Namen seiner einstigen hier lebenden Bezugspersonen sind heute der Vergessenheit anheim gefallen, so dass sich eine Neubewertung auf Grundlage der Primärliteratur und unbekannter Quellen anbietet. Dies ist auch insofern überfällig, als die Schillerrezeption für Mannheim und den Oberrhein als hinreichend dokumentiert zu gelten hat, Heidelberg dort jedoch
nur ganz am Rande berührt wird. Keineswegs soll im Folgenden eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem gut erforschten und spannungsreichen System der Heidelberger Romantik und ihrer Rezeption der Schillerschen Dichtung angestrengt werden. Dieser Komplex wird gleichwohl gestreift und auf seine maßgeblichen Tendenzen hin überprüft. Die nachfolgenden Ausführungen bilden den ersten Teil einer längeren Untersuchung, die sich auf die Jahre bis um 1810 konzentriert. Dem Heidelberg-Besuch der Dichter-Witwe Charlotte v. Schiller (1766-1826) vom August/September 1810 und den Studentenjahren der beiden Schiller-Söhne ist ein zweiter Teil gewidmet, der im nächsten Jahrbuch erscheinen wird. Ein dritter Teil beschließt das Panorama mit einer Betrachtung der Vereinnahmung Schillers durch die liberale Bewegung, dies mit Fokus
auf den Heidelberger Gelehrten Gervinus und die beiden großen Schiller-Feiern der Jahre 1859 und 1905.
Goebbels in Heidelberg
(2006)
Es gab eine Reihe an Verbindungen des obersten NS-Propagandisten zu Heidelberg, verschiedentlich wird die Stadt in seinen Aufzeichnungen, den „Tagebüchern“ Joseph Goebbels', erwähnt. Einige Vorbehalte gegenüber dieser Publikation sind jedoch angebracht - so formulierte der Berliner Historiker Bernd Sösemann in einer Zwischenbilanz zur Dokumentation der Niederschriften und Diktate von Joseph Goebbels Kritik an der vorliegenden Edition der täglichen Aufzeichnungen. Er stellt fest, dass sie trotz Einführung einiger editionswissenschaftlicher Standards immer noch Mängel zeige, so - im Hinblick auf den textkritischen Apparat - der Text selbst erscheint geglättet, - bezogen auf die Nichtkenntlichmachung der Heterogenität des verwendeten Textmaterials, - die Aufzeichnungen seien von Goebbels „für seine Schriftstellerei, Reden und für Zeitungsbeiträge“, für Denkschriften etc., geschrieben bzw. diktiert worden, das aus Kopien, Hand- und Maschinenschriften, von Goebbels veranlassten Abschriften, Transkriptionen bestehe und Streichungen, Abänderungen etc. von verschiedener Hand enthalte, - schließlich gebe es Kollationierungsversäumnisse.
Ein französischer Romantiker - was ist das? Einer gängigen Definition zufolge ist das im Bereich der Literatur und des Geisteslebens ein Schriftsteller oder Denker der Zeit seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, der das „sentiment“, das Gefühl, über die „raison“, die Vernunft, stellt und die „imagination“, d. h. die Phantasie, die Einbildungskraft, über die „analyse critique“, das kritisch-analytische Denken. Dieser weitgefassten Definition steht seit einigen Jahrzehnten bei einer Reihe von französischen Literaturhistorikern eine engere gegenüber, die als die eigentliche Romantik nur solche Autoren in Betracht zieht, die sich an der Elle der deutschen Romantik messen lassen können.
In dem folgenden Textauszug geht es um eine Kutschfahrt von Mannheim über Heidelberg nach Neckargemünd, danach wird auf ein Schiff umgestiegen. Der Ich-Erzähler benutzt eine
Dienstreise, um das Neckartal bis Neckarelz und den Odenwald zwischen Erbach und Eberbach zu beschreiben. Es dürfte sich um eine der frühesten Reisebeschreibungen des oberen
Neckars und des südlichen Odenwalds handeln. Der Abschnitt ist folgender Veröffentlichung entnommen: J. G. Rieger: Vaterländische Wanderungen. Einige Kapitelchen für meinen Freund. Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publicität, Januar 1824, Nr. 6 und 7. Du wirst Dich noch erinnern, daß Kutscher Schmitts kleiner Josephel wie der Sonnengott mit uns aus der Stadt flog. O, was das für ein bescheidener sanfter Mensch ist! Du magst ihn fragen, was, so oft und so viel Du immer willst, er - spricht nichts. Warum mußte ich doch bei der letzten Stadtdeputirtenwahl gerade den Schnupfen haben!
Wenn ich - weder als Musiker noch als Wissenschaftler - einen spät entdeckten und erkannten Komponisten wachrufe, tue ich dies in erster Linie für meine persönliche Begeisterung vieler seiner Werke; aber auch deswegen, weil sein verhältnismäßig kurzes Leben und seine Zeit nur noch wenigen geläufig ist. Jene, die Max Reger erlebt oder gar gekannt haben, leben nicht mehr. Und so könnte es durchaus aktuell erscheinen, sein Wirken - und gerade in Heidelberg - neu zu beleben und das damalige Musikleben hervorzuheben.
"Gegessen und gefaulenzt"
(2004)
2005 ist ein Wunderhornjahr, jedenfalls wenn wir die gedruckte Angabe „1806“ im 1. Band von Des Knaben Wunderhorn ignorieren und von der tatsächlichen Ausgabe zur Michaelismesse 1805 ausgehen. 2005 wird auch ein Andersenjahr sein wird, wie dem Kalender zu entnehmen ist. Dass der dänische Dichter und Autor weltbekannter Kunstmärchen aber in Beziehung zu Heidelberg steht, wäre hier niemand aufgefallen, wenn sich nicht der Kopenhagener Fernsehproduzent Chris Kraft-Christensen mit der Bitte um Erläuterungen, weitere Unterlagen und Abbildungen ans Kulturamt gewandt hätte. Das Ergebnis der Recherche stützt sich hauptsächlich auf die Tagebücher, die mir ohne die Übersetzungen von Kirsten Kalow unverständlich geblieben wären, ergänzt um die Angaben in den „Fremdenlisten“ im Heidelberger Journal. Andere Quellen (wie den Briefwechsel) habe ich nicht ausgewertet, sodass wichtige Fragen offen bleiben, insbesondere die nach Heidelbergbezügen in Andersens Werk.
Die Ruine der Burg Fleckenstein liegt im Elsass nur wenige hundert Meter hinter der deutschen Grenze, doch selbst im Zeitalter von Auto und Autobahn immerhin noch gute zwei Fahrstunden von Heidelberg entfernt. Im Mittelalter bedeutete das mindestens eine Zweitagesreise. Die Tatsache dieser Distanz wirft die Frage auf: Wie kam es, dass Töchter der Familie sich ihr Kloster ausgerechnet so weit entfernt von der heimatlichen Burg aussuchten? Martha und Catharina von Fleckenstein waren die einzigen ihrer Familie in Kloster Neuburg. Ihre Namen werden in den Urkundensammlungen zur Klostergeschichte, die Sillib und Schaab herausgaben, nicht erwähnt.
Die Lebensgeschichte von Heinrich Schliemann, dem berühmten Ausgräber von Troia, Mykenai, Tiryns und Orchomenos, ist in ihren verschiedensten Facetten Thema ungezählter Monografien und Aufsätze. 1822 in eine arme Pastorenfamilie in Neubuckow/ Mecklenburg hineingeboren, soll das Weihnachtsgeschenk seines Vaters - ein Buch mit dem Titel „Jerrers Weltgeschichte für Kinder“ - in dem siebenjährigen Jungen den Wunsch geweckt haben, Troia zu finden, dessen Lage im 19. Jahrhundert in der Forschung umstritten war: Während die Mehrzahl der Wissenschaftler den Hügel Bunarbaschi für das homerische Troia hielten, trat Schliemann für die Identifizierung Troias mit dem Hügel Hissarlik ein, worauf eine - gerade auch auf Seiten Schliemanns - hitzig geführte Kontroverse entbrannte. Überzeugt von der Unvergänglichkeit architektonischer Überreste, die Jerrer auf einer fiktiven Abbildung von Troia zeigte, will für den jungen Heinrich festgestanden haben, dass mittels einer Ausgrabung der Schauplatz von Homers llias festzustellen sein müsste. Dieses Ziel vor Augen erlangte Schliemann als Kaufmann das Vermögen, welches er zur Finanzierung seines Planes, der Verwirklichung des „Traumes von Troia“, einzusetzen gedachte. Soweit Schliemanns eigene Darstellung, die mittlerweile in vielen Punkten revidiert werden musste. Festzuhalten bleibt, dass parallel zum noch jungen Forschungszweig der Archäologie mit Schliemann ein Autodidakt heranwuchs, der nach Liquidierung seines Handelshauses 1866 durchaus archäologische Veranstaltungen an der Pariser Sorbonne besucht hatte und an der Universität zu Rostock 1869 für sein erstes archäologisches Werk - „lthaka, der Peloponnes und Troja“ - zum Dr. phil. promoviert worden war. Dennoch galt Schliemann auch aufgrund seiner unkonventionellen Methoden in der Wissenschaft stets als Außenseiter.
Im Jahre 2009 jährt sich das Erscheinen des weit über die Jugendbewegung hinaus bekannt gewordenen Wandervogel-Liederbuches Zupfgeigenhansl zum 100sten Mal. Kaum konnte Heidelberg das 100-jährige Jubiläum der Herausgabe von Brentanos Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ feiern, wurde mit dem beliebten schlanken Büchlein im Leineneinband, auf dessen Titelseite der Zupfgeigenhansl im Schattenriss prangt, 1909 eine weitere Volksliedersammlung in die Welt entlassen und sollte wider Erwarten den deutschen Sprachraum im Sturm erobern und zur „Lehre“ des Wandervogel avancieren (Abb. 1). Die Auflagen wuchsen von zuerst nur 500 Stück im Jahre 1909 bis 1933 auf über eine Million an; damit wurde der Zupfgeigenhansl, bezogen auf den Zeitraum von 25 Jahren, zu einem der verbreitetsten deutschen Bücher überhaupt.
Im "Waldgebirgschoss"
(2008)
Während der 1840er Jahre ließ sich die Schriftstellerin Helmina von Chezy, Enkelin der Dichterin Anna Louisa Karsch und Tochter einer ebenfalls schreibenden Mutter, für fünf Jahre in Heidelberg nieder. Das war eine der längsten Ruhephasen ihres mobilen Lebens. Diese Heidelberger Zeit ist nicht leicht zu beschreiben, denn die beiden letzten Lebensjahrzehnte der Autorin sind wenig dokumentiert. In ihren letzten Genfer Lebensjahren hat die schon kranke Autorin ihrer Großnichte die Schlussfassung der Memoiren „Unvergessenes“ diktiert. Sie enden ungefähr 1832 und streifen die Heidelberger Zeit nur in zwei oder drei Vorblicken. So bleiben als Quellen die recht parteiische Autobiografie ihres Sohnes Wilhelm und Briefe. Für den vorliegenden Aufsatz konnte allerdings der in Krakau liegende Teil des Briefwechsels, der im Varnhagen-Nachlass überliefert ist, nicht benutzt werden.