Reichsritterschaft
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Im „Grundkurs Theologie“, einer Bildungsinitiative der badischen Landeskirche, wurde ich von einer Kirchengemeinderätin aus Heinsheim a. N. auf einen Katechismus aufmerksam gemacht, von dessen Existenz man wisse, der aber seit Jahren (vielleicht sogar Jahrzehnten) verschollen sei. In einer im „Grundkurs“ vorgelegten kleinen Gemeindegeschichte wurde das zum Katechismus Einschlägige (teilweise) aus Kirchenbüchern und Ortschroniken zusammengetragen, darunter auch der Titel
des besagten Katechismus: Kinderlehr oder: Katechistische Unterweisung für die in dem Hochadligen Flecken Heinsheim sich befindende Jugend. Ein Ergebnis dieser Forschungen war freilich auch der zu vermutende Verlust eines Unikats – schmerzlich
aus gleich mehreren Gründen: So schien von Interesse, als wie originell im Gesamtspektrum der südwestdeutschen katechetischen Tradition ein für den topographischen Mikrokosmos eines reichsritterschaftlichen Dorfes geschaffener Katechismus einzuschätzen sei.
Mit der Entstehung des Großherzogtums Baden entstand auch die Evangelische Landeskirche, die mit der Markgrafschaft Baden-Durlach als Kern weitere lutherische Territorien und mit der Kurpfalz ein reformiertes Kirchenwesen einbezog. Sie alle konnten auf unterschiedliche Traditionen zurückblicken, so dass neben vielen anderen Aufgaben die Schaffung einer gesamten evangelischen Kirchengeschichte unumgänglich war, um der neugeschaffenen Landeskirche eine ihr zukommende Beschreibung und auch Legitimierung zu bieten. Bildete Burkhard Gotthelf Struves Kirchengeschichte der Kurpfalz eine zuverlässige Stütze, sah dies für die meisten anderen Territorien und vor allem für die Reichsritterschaft ungleich schlechter aus. Es währte denn auch mehr als vier Jahrzehnte, bis Karl Friedrich Vierordt (1790–1864), Direktor des Karlsruher Lyzeums,
diese Herausforderung annahm und mit seinem auch heute noch beeindruckenden zweibändigen Werk zum Abschluss brachte.
Seit einiger Zeit hat die fränkische Reichsritterschaft wieder die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, nachdem sie geraume Zeit doch stiefmütterlich behandelt worden war. Dabei standen noch immer die lange höchst kontrovers
diskutierten Fragen nach der Genese des ‚Corpus equester‘ und der Zeitpunkt oder Zeitraum von dessen ‚Geburt‘ sowie der Ausbildung der sechs Orte (Kantone) im Vordergrund. Mit der grundlegenden Darstellung durch Cord Ulrichs können diese Probleme als gelöst gelten. Eine andere Frage harrt dagegen noch immer der Beantwortung. Neben dem Ritterkreis auf Korrespondenztagen und dessen Untergliederungen in Orte (Kantone) auf Orttagen trat das Corpus sowohl nach außen als auch nach innen als handelnde Körperschaft auf. Das einzelne Mitglied dagegen, wenn es nicht gerade den Rang des Ritterhauptmanns bekleidete oder eine sonst wichtige Funktion einnahm, lässt sich nur als gleichsam anonymes ‚zoon politikon‘ fassen. Nicht minder blass blieb bisher das Wissen um die Binnenstruktur eines Kantons, versteht man darunter Faktoren wie Wirtschaftsweise, Bildungsinteresse, Lebensstil, Konnubium, Verhältnis zu den Untertanen und anderes mehr Freilich stößt die Klärung solcher Fragen im Rahmen eines Kantons an ihre Grenzen, da selbst in diesen die landschaftlichen Verhältnisse zu unterschiedlich sind.
Schon zu Beginn der 1520er-Jahre stießen die Ideen der Reformation in einzelnen Gemeinden
des heutigen Neckar-Odenwald-Kreises auf offene Ohren. Begünstigt durch die Möglichkeiten
des Buchdrucks, fanden die Schrift en Martin Luthers unter belesenen Geistlichen, beim
ritterschaftlichen Adel und städtischen Bürgertum ein lebhaftes Interesse. Eine Signalwirkung
war zweifellos der Heidelberger Disputation (1518) zuzuschreiben. Das entschlossene Auftreten
des Wittenberger Reformators, der hier erstmals seine neu entdeckte Rechtfertigungslehre
entfaltete, wurde für eine Reihe junger Theologen, darunter Martin Bucer, Johannes Brenz
und Erhard Schnepf, zum Initialerlebnis.
Seit mehr 30 Jahren beschäftigt sich der Verfasser mit der fränkischen Reichsritterschaft, insbesondere mit ihren im Bauland ansässigen Mitgliedern des Orts – seit der Mitte des 17. Jahrhunderts Kantons – Odenwald. Gelegentlich musste er sich den Hinweis gefallen lassen, es gebe gewichtigere Forschungsgegenstände als gerade die Reichsritter in einer von allen heutigen Zentren fernab gelegenen Landschaft wie dem Bauland. Volker Press, dessen Arbeiten zur Reichsritterschaft
bahnbrechend waren, hat denn auch einmal gesagt, wer sich mit der
Reichsritterschaft befasse, gerate leicht in den Verdacht, sich mit einem gewissermaßen liebenswerten Kuriositätenkabinett zu beschäftigen.