Krankenversorgung
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Hunderte von Kindern wurden während der NS-Zeit Opfer verbrecherischer medizinischer Forschung. Am bekanntesten sind in diesem Zusammenhang wohl die Zwillingsversuche Josef Mengeles in Auschwitz. Doch nicht nur in mehr oder weniger abgelegenen Konzentrationslagern wurde an Kindern und Jugendlichen geforscht, sondern auch mitten in der Gesellschaft: Im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Krankenmord an Psychiatriepatientinnen und -patienten und an behinderten Kindern nutzten manche Psychiater und Hirnforscher die „Gunst der Stunde“, um ihren wissenschaftlichen Zielen näher zu kommen. Bekannt in der Öffentlichkeit wurde in den letzten Jahren in diesem Zusammenhang besonders die 1940 eingerichtete Wiener „Jugendfürsorgeanstalt“ „Am Spiegelgrund“: Noch in der Nachkriegszeit hatte der Psychiater Heinrich Grass an den konservierten Gehirnen ermordeter Kinder geforscht, und erst im Jahr 2002 konnten diese bestattet werden. Doch solche Forschung entsprach nicht etwa einem abseitigen Interesse einzelner fehlgeleiteter Wissenschaftler, Vertretern einer vermeintlichen Pseudowissenschaft: Renommierte Forschungsinstitute, namentlich Kaiser-Wilhelm-Institute, Vorgänger heutiger Max-Planck-Institute, arbeiteten damals mit psychiatrischen Einrichtungen bei der Forschung an „Euthanasie“-Opfern zusammen. Neben der Heil- und Pflegeanstalt Görden in Brandenburg gilt dies auch für eine Universitätsklinik, die Heidelberger Psychiatrisch-Neurologische Klinik, die sich zuvor in ihrer bis 1878 zurück reichenden Geschichte wegen ihrer bekannten Lehrstuhlvertreter und ihrer wissenschaftlichen Aktivität vor allem auf psychopathologischem Gebiet einen überregionalen Ruf erworben hatte. Eine weitere Gemeinsamkeit verband die Gördener Anstalt unter dem Kinderpsychiater Hans Heinze mit der Heidelberger Klinik, geleitet von Ordinarius Carl Schneider, der aus der Anstaltspsychiatrie stammte, später den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel ärztlich vorgestanden hatte, und dann in die Elite der NS-Psychiatrie aufgestiegen war: An beiden Institutionen wurden 1942 spezielle Forschungsabteilungen eingerichtet, die der Dienststelle der Kanzlei des Führers in der Berliner Tiergartenstraße 4 („T 4“), die die Krankentötungen seit 1939 zentral koordinierte und organisierte, unterstanden. Die beiden Forschungsabteilungen standen auch untereinander in enger Verbindung.
Vor 75 Jahren, am 8. August 1927, nahm das Krankenhaus Speyerershof als „Mittelstandssanatorium“ seinen Betrieb auf. Initiator der Anstalt war Albert Fraenkel, einer der bedeutendsten Mediziner seiner Zeit. Er setzte sich über Jahre hinweg für den Bau des Krankenhauses ein und leitete es bis zu seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933. Albert Fraenkel war Jude und wurde am 3. Juni 1864 in Mußbach in der Pfalz als Sohn eines Weinhändlers geboren. Er besuchte die Volksschule in Neustadt und anschließend das Gymnasium in Landau. Im Frühjahr 1883 immatrikulierte er sich an der Universität München im Fach Medizin. Nach dem Physikum wechselte er an die Universität Straßburg, wo er 1888 das Staatsexamen ablegte. Die darauf folgende Stelle als Assistenzarzt in München musste Fraenkel nach kurzer Zeit wieder aufgeben, da er an Lungentuberkulose erkrankte. Dieses Erlebnis der eigenen schweren Erkrankung prägte Fraenkels Selbstverständnis als Arzt und seine Haltung gegenüber kranken Menschen grundlegend. Nach einer Reihe von Kuraufenthalten verbesserte sich Fraenkels Gesundheitszustand allmählich wieder. Er zog nach Berlin und arbeitete eine Zeit lang als Assistent in der Tuberkuloseforschung. Diese Tätigkeit sagte ihm jedoch nicht zu. Im Jahr 1891 ließ er sich als praktischer Arzt und Kurarzt in Badenweiler im Südschwarzwald nieder. Hier machte sich Fraenkel bald einen Namen als ärztlicher Leiter zweier Sanatorien, der Villa Hedwig und der Villa Paul.
In der Geschichte der Erbohrung der Bergheimer Thermalquelle und des Baus des Radium-Solbads verbinden sich Überlegungen zur Stadtentwicklung mit einem Grundstücksproblem und mit dem Fortschritt der Geologie. Das Projekt eines Heidelberger Heilbads hatte drei Voraussetzungen: das Interesse der Stadt an Einrichtungen zur Förderung des Fremdenverkehrs, die geologischen Gegebenheiten am Rand des Oberrheingrabens und die Schwierigkeit, das Grundstück des ehemaligen Zementwerks in Bergheim zu verwerten. Die folgenlose Grundsteinlegung von 1924 und die Zahlungsunfähigkeit der „Bad Heidelberg AG“ 1926 haben die wirtschaftliche Depression der zwanziger Jahre zum allgemeinen Hintergrund, sind aber doch eher ein Lehrstück für die Risiken im Grenzbereich zwischen kommunalen und privatwirtschaftlichen Unternehmungen. Nur die Besinnung auf die Tugend der kommunalen Führung brachte das Projekt 1928 zum Erfolg.
In seinem sparsamen, trotz der Größe und Ausdehnung eher bescheidenen Äußeren stellt das Reformierte Spital in der Heidelberger Voraltstadt eines der markantesten Gebäude dar, nahezu jeder Schmuck fehlt ihm, nur angedeutete Kapitelle über den Lisenen, ein kaum hervortretender Mittelrisalit, schmucklos gestaltete Fenstergewände, gegen alle barocken Gewohnheiten eher ein introvertierter Baukörper, ohne eine einladende und festliche Portalarchitektur, ganz auf die Innerlichkeit der Lebenshaltung der Reformierten verweisend. Freilich war das weniger eine selbst getroffene Wahl, die beschränkten Geldmittel, wohl auch die nachbarschaftliche Nähe zum Katholischen St.-Anna-Spital mit einem schweren barocken Bau, und beides zusammen ein deutlicher Hinweis auf die Unterschiede und die konfessionspolitisch bedingte Entstehungsgeschichte des Reformierten Spitals.
Wenn eine schwangere Frau im Mitteleuropa des 19. Jahrhunderts Wehen verspürte, rief sie im Allgemeinen die Hebamme zu Hilfe. Diese kam zu ihr nach Hause, begleitete die Frau durch die Geburt und war auch für die erste Versorgung der Mutter und des Kindes zuständig. Nicht alle Frauen hatten jedoch die Möglichkeit, in ihren eigenen vier Wänden niederzukommen: Dienstmägden und Hausmädchen geschah es nicht selten, dass ihnen verwehrt wurde, im Haus ihrer Dienstherren zu entbinden. Wenn die Eltern verstorben waren, sich weigerten ihre Tochter aufzunehmen oder schlicht zu weit entfernt lebten, standen einer schwangeren Frau nicht mehr viele Optionen offen. Eine Möglichkeit waren in einigen Gegenden Europas die Entbindungshospitäler, die ab der Mitte des 18. Jahrhunderts in verschiedenen Städten eröffnet wurden. In ihnen konnten schwangere, meist ledige Frauen in der Zeit um die Geburt Unterschlupf finden und unter medizinischer Aufsicht ihr Kind zur Welt bringen.
Das spätmittelalterliche Heidelberger Spital, eine größere Anlage, befand sich auf dem Gelände des heutigen Kornmarkts im Zentrum der Altstadt. Sein Gründungsdatum ist unbekannt, ein Baubeginn der Hospitalhalle in der Mitte des 13. Jahrhunderts anzunehmen. Möglicherweise war dessen Konzeption Folge eines beträchtlichen Bevölkerungswachstums, sicherlich aber ein wichtiger Beitrag zum Ausbau der städtischen Infrastruktur. Ein Zusammenhang mit der Entwicklung Heidelbergs zur kurpfälzischen Residenz ist wahrscheinlich.
Die Psychiatriereform in der Bundesrepublik Deutschland wird gewöhnlich mit den 1970er Jahren, besonders mit dem Bericht der Enquête-Kommission von 1975 in Zusammenhang gebracht, der die Grundlage für entscheidende Veränderungen darstellte. Damit befand sich die BRD, mitbedingt durch die NS-Vergangenheit der deutschen Psychiatrie, im Rückstand gegenüber dem westlichen Ausland. Noch 1973 – im Zwischenbericht der Enquête-Kommission – wurde die Situation der Psychiatrie als „brutale Realität“ gebrandmarkt: Fast ausschließlich große, geschlossene, fern von den bewohnten Zentren gelegene Landeskrankenhäuser waren für die Aufnahmen der psychisch Kranken zuständig. Einige erreichten Bettenzahlen von über 1000. 59% der Patienten lebten hier bereits länger als zwei, 31% länger als 10 Jahre. In den heruntergekommenen Anstalten führten die Patientinnen und Patienten ein von der Gesellschaft kaum beachtetes, wenn nicht vergessenes, zumindest fast vollkommen ausgegrenztes Leben, und dies unter gänzlich unzumutbaren Umständen: 39% von ihnen waren in Räumen mit 11 oder mehr Betten untergebracht.
Liebesgaben und Transport
(2014)
An der Front verletzte Soldaten wurden entweder im Feldlazarett behandelt, oder aber zu Krankensammelstellen gebracht, die hinter der Front eingerichtet wurden, wobei die Sammelstellen an einem provisorischen Bahnhof liegen sollten. Nach einer ersten und oft flüchtigen ärztlichen Untersuchung wurde entschieden, wo die Soldaten weiter behandelt werden sollten. Die Verwundeten, die in die heimatlichen Lazarette verbracht wurden, wurden von den Bahnhöfen mit z.T. für den Krankentransport umgebauten Zügen in die Heimat transportiert. Die Züge fuhren mit Versorgungsmaterial und neuen Truppen in die Nähe der Front, wurden entladen und dann mit den Verwundeten beladen. Die Transportabteilung musste gelegentlich sehr vehement auftreten, damit man ihr die benötigten Züge und Hilfsgüter zu Verfügung stellte. In Heidelberg existierte ein Straßenbahnnetz, mit dem viele Lazarette erreichbar waren. Die Lazarettzüge kamen am Heidelberger Güterbahnhof an. Dort wurden sie vom Roten Kreuz erwartet, das am Bahnhof eine Verbands- und Erfrischungsstelle eingerichtet hatte. Zunächst wurden die verletzten Soldaten in Fuhrwerken zu den Lazaretten transportiert, was problematisch und für die Soldaten schmerzhaft war. Daher wurde vom Güterbahnhof über die Czernybrücke und Bergheimer Straße ein provisorisches Gleis gelegt, über das die Soldaten dann direkt vom Bahnhof mit der elektrischen Straßenbahn zu den für sie vorgesehenen Lazaretten gebracht wurden.
Einhundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist die Auseinandersetzung über seine Verursacher mit Vehemenz neu entbrannt. Vor fünfzig Jahren wurde kontrovers über die These des Hamburger Historikers Fritz Fischer diskutiert, der von einer Hauptkriegsschuld der deutschen Staats- und Militärführung ausging. Seine Sicht setzte sich in den folgenden Jahren der deutschsen Zweistaatlichkeit durch, bis zu diesem aktuellen 100jährigen Jubiläum Darstellungen bekannter Historiker populär wurden, welche die Rolle der deutschen Außenpolitik relativieren. Die europäischen
Staaten seien nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo wie Schlafwandler aus der Dynamik der Julikrise in das Inferno getaumelt. Historiker, die auf die aggressiven Kriegsvorbereitungen in Deutschland verweisen, werden zunehmend schroff kritisiert; sie würden die Quellen der ‚Kriegsgegner‘ nicht kennen. Dem Deutschen Reich habe, eingezwängt zwischen den Bündnissen der Entente, nur der Weg in die Konfrontation offen gestanden. Es ist der Stand der Geschichtsschreibung der 1950er Jahre, der die öffentliche Meinung über den Kriegsausbruch 1914 allmählich zurückerobert. Vor allem sozialhistorische Aspekte treten in der aktuellen Debatte in den Hintergrund. Dieser Beitrag stützt sich auf ausgewählte Archivalien aus dem Heidelberger Stadtarchiv und aus dem Universitätsarchiv sowie auf zeitgenössische Zeitungsberichte. Aus gedruckten Quellen ergibt sich ein nur lückenhaftes Bild vom Heidelberger Alltag in der Zeit des Krieges.
Die folgenden drei Texte sind mit Bedacht so zusammengestellt. Wir begegnen im ersten Beitrag der Korrespondenz der Schwestern Etta und Ruth Veit Simon im Sommer 1940 mit den Eltern Heinrich und Irmgard Veit Simon. Nach Aufenthalten in Bad Neuenahr und Nordrach im Schwarzwald wurde die tuberkulosekranke Ruth im Juli 1940 in Heidelberg-Rohrbach operiert. Bei Recherchen zur Berliner Familie Veit Simon erhielten die Historikerinnen Anna Hájková und Maria von der Heydt Zugang zu dieser Korrespondenz. Unverblümt und lebendig schildern die Geschwister
die Klinik und das örtliche Umfeld in seinen dramatischen und komischen Aspekten. Der Name Veit Simon steht für eine seit 1872 bestehende Mentorenschaft der wohlhabenden Berliner Juristenfamilie für die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Über drei Generationen sicherten die Veit Simons den Bestand dieser Hochschule als Mitglieder und Vorsitzende des Kuratoriums, bis sie 1942 ihre Tore schließen musste, kurz nachdem Ruths und Ettas Vater, Heinrich Veit Simon, in Gestapohaft ermordet worden war. Die in Heidelberg ansässige Hochschule für jüdische Studien steht in unmittelbarer Tradition zu dieser Lehranstalt. Im zweiten Beitrag stellt Maria von der Heydt den familiären und biografischen
Kontext von Ruth und Etta Veit Simon dar, gestützt auf Material aus dem Nachlass von Etta (Japha) und dem Archiv von Irene Japha in Seattle.
Michael Ehmann untersucht im dritten Beitrag die Kliniksituation in Rohrbach um 1940, stellt die Behandlungsverfahren dar und beschreibt den bemerkenswerten Umgang von Ärzten und Klinikpersonal mit der jungen, lebensfrohen jüdischen Patientin. Seine weiteren Recherchen gelten der nachfolgenden Krankheits- und Verfolgungsgeschichte der Veit Simons, die beide Schwestern in das Ghetto Theresienstadt führte, wo Ruth trotz kompetenter medizinischer Behandlung im Juli 1943 starb. Etta überlebt. Vielleicht ein Anlass, die Briefe noch einmal und mit anderen Augen zu lesen.