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Im „Grundkurs Theologie“, einer Bildungsinitiative der badischen Landeskirche, wurde ich von einer Kirchengemeinderätin aus Heinsheim a. N. auf einen Katechismus aufmerksam gemacht, von dessen Existenz man wisse, der aber seit Jahren (vielleicht sogar Jahrzehnten) verschollen sei. In einer im „Grundkurs“ vorgelegten kleinen Gemeindegeschichte wurde das zum Katechismus Einschlägige (teilweise) aus Kirchenbüchern und Ortschroniken zusammengetragen, darunter auch der Titel
des besagten Katechismus: Kinderlehr oder: Katechistische Unterweisung für die in dem Hochadligen Flecken Heinsheim sich befindende Jugend. Ein Ergebnis dieser Forschungen war freilich auch der zu vermutende Verlust eines Unikats – schmerzlich
aus gleich mehreren Gründen: So schien von Interesse, als wie originell im Gesamtspektrum der südwestdeutschen katechetischen Tradition ein für den topographischen Mikrokosmos eines reichsritterschaftlichen Dorfes geschaffener Katechismus einzuschätzen sei.
Die geschichtliche Bedeutung des Augsburger Religionsfriedens „als die auf das Reich […] bezogene Lösung jenes universellen Problems, das eine gute Generation zuvor mit der Reformation aufgebrochen war“, ist unstrittig. Sein berühmter
Grundsatz ‚Cuius regio, eius religio‘ – wenn so auch erst 1612 von dem Greifswalder Juristen Joachim Stephani formuliert – prägte über ein Jahrhundert die konfessionelle Landkarte des Reiches. Der Religionsfrieden sprach den Reichsständen die
Entscheidung über das in ihrem Herrschaftsgebiet geltende Bekenntnis zu und dehnte damit den Landfrieden dauerhaft auf den religiös-kirchlichen Bereich aus. Der Blick der Forschung fokussierte sich denn auch auf geschlossene Territorien wie Sachsen, Württemberg u. a. m., was nicht zuletzt der günstigen Quellenlage geschuldet war. Hierzu hat Axel Gotthard zurecht angemerkt, dass der Religionsfrieden zwar den Religionsbann der Reichsstände komplettierte, für die „Schütterzonen“ des Reiches aber genug Fragen offenließ. Man darf hinzufügen, hätten seine Schöpfer auch nur den Versuch unternommen, all die offenen Fragen zu lösen, er wäre schwerlich auf den Weg gebracht worden. Zu diesen „Schütterzonen“ zählte nicht zuletzt Franken mit der Präsenz zahlreicher reichsritterschaftlicher Herrschaften. Für solche Räume findet sich im Zedlerschen Universallexikon den Begriff „Territorium non clausum“.
Proteste gegen Protestanten
(2018)
Mit dem 31. Oktober 2017, der einmalig in ganz Deutschland ein Feiertag war, ist ein besonderes Jahr zu Ende gegangen. Zahlreiche Veranstaltungen erinnerten daran, dass vor 500 Jahren in Wittenberg eine Kirchenreformation angestoßen wurde, als Martin Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche schlug. Reformationsjahr oder Lutherjahr – es hat gewaltig „geluthert“, und kaum jemand konnte sich den vielfältigen, zuweilen auch originellen Gedenkformen entziehen. Schon in früheren Jahrhunderten wurde der Reformation mit großen Gottesdiensten und Umzügen gedacht. Luther als Person kollektiver Erinnerung war im 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert der Reformator der Kirche, der das Evangelium wiederentdeckt und den Gottesdienst gereinigt hatte. Seit dem 18. Jahrhundert sah man in ihm den Aufklärer, dem man Gewissensfreiheit und Bildung verdankte. Daneben schob sich im Verlauf des 19. und frühen 20. Jahrhunderts der „deutsche“ Luther als Inbegriff der Deutschen, der alle ihre guten und auch schlechten Wesenszüge repräsentierte – bis ihn die „Deutschen Christen“ für den Nationalsozialismus reklamierten.
Historia ecclesiae badensis
(2017)
Die hier vorgestellte Skizze und der folgende Aufbau einer geplanten Darstellung einer badisch-evangelischen Kirchengeschichte beleuchten ein Projekt, das – so Gott will und wir leben – meine akademische Lehrtätigkeit begleiten und bestimmen soll. Ein Teil davon ist bereits in Vorlesungen an der Universität Heidelberg oder auch auch in der Oberrheinischen Sozietät an der Theologischen Fakultät vorgestellt worden. In diesem ersten Überblick, der vor allem methodische Grundentscheidungen veranschaulichen soll, sind alle Hinweise auf Literatur weggelassen worden. Gerne und dankbar nehme ich evtl. Hinweise auf bisher vernachlässigte Aspekte und Perspektiven zur Kenntnis.
Symbol und Konfession
(2017)
Symbol und Konfession. Es legt sich nahe, den Wörtern auf den Grund zu gehen – ad fontes. Die Maxime der Humanisten ist kein Mythologem auf Vergangenheit. Sie zielt auf Gegenwart. Sie nimmt das Gegebene als Gewordenes wahr. Wer es unternimmt, das Gegebene auf seine Quellen zu befragen, hat ihm das Prädikat der Unhinterfragbarkeit schon entzogen. Die Reformation hat hinterfragt: den Zustand der Kirche, die herrschende Lehre, die kirchliche Hierarchie, die gegebenen Machtverhältnisse. Das nahm vor 500 Jahren seinen Anfang. Ad fontes.
Sehr herzlich möchte ich Sie am heutigen Abend zur dieser Veranstaltung begrüßen, die für manche unter Ihnen hinsichtlich ihrer Zielsetzung vielleicht noch etwas kryptisch geblieben ist. Doch immerhin so konkret waren ein Bild, ein Gemälde und vor allem ein Name auf unserer Einladung, dass Sie heute Abend da sind und vielleicht doch gespannt, was sich hier in der nächsten Stunde ereignen mag. Im Folgenden möchte ich Ihnen in der notwendigen Kürze, aber auch klar genug
vorstellen, was heute Abend und in Zukunft unter einer Oberrheinischen Sozietät verstanden werden soll und – gerne gebe ich es zu – für diese Ihr Interesse wecken. Nach einem weiteren Musikstück möchte ich – gleichsam als erste Aktion dieser
dann eröffneten Oberrheinischen Sozietät – eine Veröffentlichung, nämlich die neueste Veröffentlichung von Professor Eike Wolgast vorstellen, eine Aufsatzsammlung, die vom Verein für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden verantwortet wird. Ich freue mich, dass dazu auch ein Vertreter des Kohlhammer-Verlages, Herr Dr. Sebastian Weigert, unter uns ist und das Wort ergreifen wird. Ich begrüße Sie sehr herzlich.
Die finanziellen Leistungen des Staates an die Kirchen stehen immer wieder in der Kritik der Öffentlichkeit, weil die Ursachen und Voraussetzungen für die Zuweisung sog. Staatsleistungen an die Kirchen häufig nicht bekannt sind. Zu unterscheiden sind dabei einerseits „Staatsleistungen“, die der Staat der Kirche für bestimmte vertraglich vereinbarte Leistungen zugesteht, die andernfalls vom Staat erbracht werden müssten, die aber die Kirchen übernommen haben, etwa im Bereich der Schulen, der Diakonie etc. Andererseits beziehen sich „Staatsleistungen“ auf Ansprüche der Kirchen, die sich aufgrund der Inkamerierung oder Säkularisation von Kirchengut seit der Reformation ergeben haben, die also gewissermaßen als Entschädigungsleistung für vom Staat entfremdetes Kirchengut zu verstehen sind. Über diese historisch begründeten Staatsleistungen kursieren in der evangelischen Kirche auch in Fachkreisen zum Teil unrichtige Vorstellungen, so etwa wenn diese Leistungen einseitig aus der „Säkularisation“ der Jahre 1802/03 hergeleitet werden, die die evangelische Kirche vermögensrechtlich nur in geringem Maße betraf. Für die evangelischen Kirchen muss man hierbei vielmehr vor allem auf die Säkularisationen der Reformationszeit zurückblicken und auch die „verdeckten“ Säkularisationen durch politische Entscheidungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit berücksichtigen.
Kirchlicherseits war die „Neue Ära“ (1860-1871) von zwei Dynamiken gekennzeichnet: 1) dem Willen des Staates, das Staatskirchentum abzubauen – dem entsprach das Kirchengesetz vom 9. Oktober 1860; 2) dem Willen der Kirche, den neu gewonnenen Spielraum mittels der badischen Kirchenverfassung (KV) vom 5. September 1861 zu nutzen und zu gestalten. Die Rechte der Gemeinde wurden gestärkt, eine engere Verbindung zum gesamtdeutschen Protestantismus gesucht; das landesherrliche Kirchenregiment blieb gleichwohl erhalten. Gemischte Angelegenheiten (res mixtae) blieben die Vermögensverhältnisse der Kirchen und die Schule. Gerade die Schulfrage hatte sich in den 50er-Jahren in Auseinandersetzungen mit der Erzdiözese Freiburg als außerordentlich konfliktträchtig erwiesen. Schon um diesen Konfliktherd (aus liberaler Sicht und Staatsraison) einzudämmen zielte die staatliche Kirchenpolitik der „Neuen Ära“ auf eine relative Entflechtung von Staat und Kirche, die in der Schulpolitik auf die Emanzipation der staatlichen Schule (als Simultanschule) von der Konfessionsschule hinauslief. Die Frage aber der politischen und pädagogischen Verantwortung des Schulwesens durch den Staat musste auch den Katechismusunterricht betreffen, der sich ja primär im RU und nicht im KU vollzog. Der Katechismus wurde zum Politikum.
Die erste protestantische Generalsynode im Großherzogtum Baden fand 15 Jahre nach dessen Etablierung statt. Sie tagte vom 2. bis zum 26. Juli 1821 in Karlsruhe unter der Präsidentschaft des Staatsministers Carl Christian Freiherr von Berckheim, der in Lörrach ein Schüler des jungen Theologen Johann Peter Hebel gewesen war. Großherzog Ludwig (I.) hatte sie einberufen lassen mit dem erklärten Ziel, die beiden – im neuen Großherzogtum vorfindlichen – sogenannten protestantischen Religionsparteien – die „lutherische“ und die „reformierte“: jene mit ihren Schwerpunkten vor allem im markgräflichen Alt-Baden(-Durlach), in den Ritterschaften des Kraichgaus und in der Grafschaft Wertheim; diese mit ihrem Schwerpunkt in der Kurpfalz – zu vereinigen zu einer „Union“: zu einer „Vereinigten evangelisch-protestantischen Kirche im Großherzogtum Baden“. Deshalb sprechen wir von der „Unionssynode 1821“. Diese Generalsynode hatte sich viel vorgenommen – und sie hat viel erreicht; sehr viel – in gut drei Wochen. Was sie vor allem erreicht hat, war eben die „Union“ als solche: die wirkliche Vereinigung der beiden evangelischen Kirchen im Land, und das nicht zuletzt in einer Frage, über die alle Menschen zu allen Zeiten gerne streiten: übers Geld!
Johann Peter Hebel war schon im Jahre 1801 mit einem größeren katechetischen Projekt befaßt, nachdem er von Geheimrat Nikolaus Friedrich Brauer den Auftrag erhalten hatte, den Katechismus Johann Gottfried Herders für den Schulgebrauch in
Baden zu bearbeiten. Zu einer Publikation dieser Bearbeitung, die in Hebels Nachlass bedauerlicherweise nicht überliefert ist, kam es allerdings nicht. Dass sich Hebel der ihm übertragenen Aufgabe nur widerwillig stellte und er der Herderschen Vorlage
sehr kritisch gegenüberstand, ist ersichtlich aus einem Brief an seinen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig vom 14. April 1801