Ländlicher Siedlungsraum
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Das Dorf im Wandel
(2010)
Jedes Dorf hat sein unverwechselbares Erscheinungsbild, seinen Reiz und seinen individuellen Charakter. Über viele Jahrhunderte waren Land- und Forstwirtschaft, Handel, Handwerk und Gewerbe die Grundlage für den Lebensunterhalt der Dorfbewohner. Die Haus-, Hof- und Siedlungsformen ergaben sich aus der landwirtschaftlich und handwerklich geprägten Wirtschaftsweise und bildeten die Keimzellen unserer sozialen Gemeinschaft. Geprägt war dieses Landschaftsbild von der harten Arbeit des Menschen, die fast ausschließlich in der Bewirtschaftung des Bodens bestand und seit Ausgang des Mittelalters nahezu unverändert geblieben war. Hier hat man seit alters her zusammen gewohnt, gelebt und gearbeitet. Deshalb wurden das Alltagsleben sowie die Lebensformen der Menschen neben der täglichen Arbeit vor allem durch zahlreiche altüberlieferte Sitten und Gebräuche bestimmt. Für alle Lebensereignisse gab es bestimmte und feste Verhaltensregeln. Durch sie waren Alltag und Festtag, Geburt und Begräbnis, Arbeit und Ruhe so geordnet, dass kein Lebensbereich ausgelassen wurde. Alles hatte im dörflichen Alltag seine feste Ordnung. Bis in die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges war diese Überschaubarkeit das Merkmal aller Dörfer sowohl im Ried wie auch im Tal. Alle hatten sie eine kompakte Struktur, eine klare innere Gliederung, wobei die jeweiligen ländlichen Faktoren das Gesicht der Dörfer prägten.
Am Anfang stand sicherlich kein architektonisch ausgereifter Plan, nach dem Ottenheim erbaut wurde. Es war in der vermutlich alemannisch-fränkischen Zeit sicherlich auch kein landschaftlich gesehen besonders hervorgehobener Platz, der den fränkischen Edlen namens Uto oder Oto besonders reizte, sich hier niederzulassen und eine Siedlung zu gründen. Was ihn dennoch an dieser Stelle reizte, war neben einem überschwemmungsfreien Platz sicherlich auch die ehemalige Römerstraße, die bei Hugsweier von der dortigen Heerstraße abzweigte und schnurgerade nach Westen und hier über den Rhein führte. Sie war es wohl auch, die ihm und seinen Gefolgsleuten sozusagen als Vorgabe bei der Anlegung ihrer Höfe diente. Diese erste Häusergruppe mit den dazugehörenden Feldern, Wiesen, Wäldern und Gewässern kann deshalb als die Keimzelle des heutigen Ottenheims angesehen werden. Vermutlich war es so, dass die Bauern hinter ihren Höfen den Wald rodeten und so ihr Ackerland erweiterten. Aber das war damals sicherlich nur der erste Ansatzpunkt zu einer an einem wichtigen Handelsweg gelegenen rasch wachsenden Siedlung. Wo diese Gebäulichkeiten genau standen, darüber gibt es keine Hinweise oder Planunterlagen.
1. Entwicklung ist im Rückblick ja immer "historisch". Hier soll das Wort
historisch einmal zur Abgrenzung gegen das Thema von Wolf-Dieter Siek dienen,
der sich mit der jüngeren Entwicklung und der heutigen Situation befasst.
Dieser Beitrag wird sich auf die Entwicklung etwa bis zum beginnenden 19.
Jahrhundert beschränken, das ja auch für die Siedlungsentwicklung umwälzende
Neuerungen brachte. Andererseits sollen jedoch die siedlungsarchäologischen
Befunde den archäologischen Beiträgen vorbehalten bleiben, so entscheidend
die Ergebnisse der Archäologie für die Frage der Anfänge unserer
Siedlungen auch sind in einer Zeit, aus der es fast keine schriftliche Überlieferung
gibt.
2. soll die Entwicklung der Baar-Dörfer nicht nur allgemein aufgezeigt werden.
Die Dörfer der Baar, die meisten von ihnen ja sogenannte Haufendörfer,
sind keine gestalt- und strukturlosen, ungeordneten "Haufen", sie weisen vielmehr
eine innere, jeweils individuelle Struktur auf, in der die Entwicklung der
Bewohner ihren Niederschlag gefunden hat. In diesem Sinne sollen also auch
Einzelbeispiele vorgestellt werden.
In jeder Familie gibt es Krach. Und zu den Klassikern gehört, dass sich die älteren
Geschwister beschweren, wenn das Nesthäkchen mal wieder eine Vorzugsbehandlung
bekommt. Noch schlimmer womöglich, wenn das Kleinste noch einen anderen Vater
oder eine andere Mutter als die übrigen Kinder hat. So geht es manchmal auch in
einem Gemeinwesen zu. Denn ausgerechnet der namensgebende Ort der Stadt Ludwigsburg ist ja bei weitem der jüngste gegenüber den anderen, eingemeindeten Orten,
die sämtlich viele Jahrhunderte älter sind.
Eglosheim, Neckarweihingen, Hoheneck, Oßweil, Pflugfelden und Poppenweiler
sind gewachsene Siedlungen aus sehr alten Zeiten, ihre Gründer bleiben unbekannt.
Ludwigsburg dagegen kann sich rühmen, in Eberhard Ludwig von Württemberg
einen Stadtvater im wahrsten Sinne des Wortes zu haben, der zu Lebzeiten die
Ortschaft hegte und pflegte und testamentarisch ihren Fortbestand verfügte. Die
heutigen Ortsteile von Ludwigsburg fühlen sich deshalb mitunter zurückgesetzt. Sie
machen diesen Makel durch ihren eigenen Lokalstolz wett. »Wir sind halt mehr als
doppelt so alt wie Ludwigsburg«, das wurde mir als Neuankömmling schon nach
wenigen Wochen beim Friseur in Oßweil bedeutet. Immerhin bemühten sich frühere
Stadtoberhäupter Ludwigsburgs darum, das hohe Alter der Ortsteile zu würdigen. So
bezeichnete Oberbürgermeister Dr. Elmar Doch Eglosheim im Jahre 1951 als »dreimal so alte Tochter«. Aber dennoch: Wer die Auseinandersetzungen um die Eingemeindungen Ludwigsburgs nachverfolgt oder sich gar an diese erinnert, wird sogar
regelrecht feindliche Einstellungen gegenüber der jüngeren Konkurrenz feststellen,
die alle etablierten Orte so dreist überholt hat. Das ist bei Freudenstadt im Schwarzwald nicht anders, das ebenso wie Ludwigsburg, wenn auch noch ein Jahrhundert
früher, vom württembergischen Herzog gegründet wurde. »In Baiersbronn [dem
älteren Nachbarort, K. N.] ist die Luft in dieser Hinsicht sogar heute noch nicht
gereinigt«, schreibt 1937 der Ortschronist von Freudenstadt. Gewisse feindliche Einstellungen halten sich auch über Jahrhunderte.
Schönwald – ein Hochtal, rund 1000 m über dem Meer, zwischen Triberg und Furtwangen gelegen – bestand ursprünglich aus mehr oder weniger weit voneinander entfernten, überwiegend recht stattlichen Hofgütern. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich sogar schon früher, hatte sich hier eine Streusiedlung gebildet. Später formierte sich zunächst auf dem Pfarrwidum (geweihtes oder gewidmetes Land) in Nähe der katholischen Kirche nach und nach ein innerer Dorfkern.