1954
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Beiträge zur Weiler-Frage
(1954)
Die Erkenntnis, daß der Sinn- und Formgehalt einer Ortsbezeichnung aus
dem Bewußtsein des Volkes verschwindet, sobald sie zum Ortnamen erstarrt
ist, erlaubt uns eine neue Stellungnahme zu einem wesentlichen Punkte der
freilich schon etwas älteren -weiler-Theorien von HANS WITTE und OTTO
BEHAGHEL, die aber, soweit ich sehe, bis heute noch beibehalten und nur
von einem Teil der Forscher aufgegeben worden sind. Beide meinen nämlich,
daß es zu der Zeit, da die -weiler-Ortsnamen in den Urkunden erscheinen,
noch kein deutsches Appellativum „Weiler" gegeben habe, dieses vielmehr
erst in späterer Zeit aus dem Ortsnamen abstrahiert, abgeleitet worden sei.
Beide begründen damit ihre Auffassung von der keltoromanischen oder
römischen Herkunft der -weiler-Ortsnamen; von den Deutschen könnten sie
nicht gebildet sein, weil es ein deutsches Lehnwort „Weiler" damals noch
nicht gab.
Die wichtigste Grundlage für das Verständnis der Sonderstellung unseres
kleinen aber traditionsreichen Landes im fernen Westen Österreichs ist ohne
Zweifel die Besiedlungsgeschichte. Sie wirft Licht auf die Eigenheiten aller
Lebensgebiete, angefangen vom Volkscharakter über die geistige Kultur zur
Wirtschaft und sogar bis zur selbständigen politischen Entwicklung. Dem
mittelalterlichen Landesausbau kommt im Werdegang Vorarlbergs ganz besondere
Bedeutung zu, wobei gewiß die älteren, in Jahrtausenden herangereiften
Anlagen nicht vernachlässigt werden dürfen. Diesen Ausbau darzustellen
ist freilich angesichts der bei weitem noch nicht lückenlosen wissenschaftlichen
Bearbeitung nicht einfach, und es ist auch vom Verfasser im
Folgenden nicht mehr zu erwarten als ein kurzer, orientierender Überblick
auf die wichtigsten Phasen, Räume und Probleme der Besiedlung.