52.2010
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An der prächtigen Außentreppe des „Alten Rathauses“ in Lahr findet sich zweimal die Jahreszahl „1608“ (Abb. 1 und 2). Diese Inschriften wurden vielfach als Baudatum des gesamten Rathauses angesehen. Schriftliche Nachrichten über den Bau des Rathauses fehlen ebenso wie weiterführende Untersuchungen des Gebäudes. Lediglich das Dachwerk konnte in die Zeit nach dem Stadtbrand von 1677 datiert werden. Das Mauerwerk könnte aber wie das der nahe gelegen Stiftsschaffnei aus älterer Zeit stammen. Die Sanierung des Rathauses in den Jahren 2007 und 2008 gab die Chance, diese Fragen durch eine bauhistorische Untersuchung zu klären. Tatsächlich konnten wir dabei neue Erkenntnisse zur Geschichte des Gebäudes gewinnen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.
In der im Jahr 2006 von mir veröffentlichten Geschichte des Ettenheimer Freihofs des Klosters Ettenheimmünster schrieb ich, dass das barocke Hauptgebäude entsprechend der Jahreszahl 1722 im Torbogen im Jahr 1722 oder kurz zuvor errichtet worden sein muss. Ich vermutete außerdem, dass der vorherige Freihof, ebenfalls auf diesem Platz, im Dreißigjährigen Krieg wie fast die ganze Stadt verbrannte. Eine neu aufgefundene Akte im Generallandesarchiv Karlsruhe (Bestand 404 Nr. 54) schafft nun Klarheit. Wie schon früher berichtet, führte vor allem die Anbringung des Steins mit dem Wort „Freyhof“ beim Wiederaufbau zu einem großen Streit zwischen dem Kloster Ettenheimmünster und der fürstbischöflichen Regierung in Elsass-Zabern.
Kurt Bildstein
(2010)
Der Werdegang des Kunstmalers Kurt Bildstein aus Ettenheim zu einem freischaffenden Künstler verlief keineswegs problemlos. Erst im Alter, nachdem er den kunstgewerblichen Malerbetrieb in jüngere Hände gelegt hatte, konnte er seine künstlerische Begabung zu einer ungeahnten Entfaltung bringen. Von den Sorgen um den täglichen Existenzkampf eines handwerklichen Betriebes befreit brach aus dem fast Sechzigjährigen der unbändige Drang zum schöpferischen Gestalten wieder hervor. Nun konnte er das verwirklichen, was er Jahrzehnte zu- vor als junger Student an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Freiburg angestrebt hatte.
Johannes Metzger war ein Tausendsassa; und die Tage des gebürtigen Lahrers zählten wohl mehr als vierundzwanzig Stunden... Dieser ephemere Verdacht drängt sich schon beim flüchtigen Blick auf seine endlos lang erscheinende Liste an Lebensleistungen auf. Zu nennen wären: Die erste und bleibende Profession des Lahrers war das Gärtnereihandwerk, das er in seiner Kindheit durch den elterlichen Betrieb vor Ort kennen gelernt hatte. Davon ausgehend und auf seine Lehrzeit beim badischen Hofgärtner Friedrich Schweickardt in Karlsruhe aufbauend wurde er zum badischen Gartendirektor und Träger des Ritterkreuzes des Ordens vom Zähringer Löwen und der badischen Großen Zivilverdienst-Medaille in Gold, der höchsten zivilen Auszeichnung, die im Großherzogtum vergeben wurde. Er war Landschaftsarchitekt, Botaniker, Pomologe, Önologe, Gestalter des Heidelberger Schlossgartens, des bekannten Hortus Palatinus, Schöpfer und Verwalter des landwirtschaftlichen Versuchsgartens des Landwirtschaftlichen Vereins in Heidelberg, Gestalter mehrerer Gärten in der linksrheinischen Pfalz und in Mannheim, Planer von Friedhofsanlagen, Obst- und Plantageninspektor, wurde „Bauernvater“ genannt, war Abgeordneter der Zweiten Kammer der badischen Ständeversammlung, Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher und berufsständischer Gesellschaften, Präsident der Obstbau-Sektion für die Versammlungen der deutschen Wein- und Obst-Produzenten, Mitglied der Gesellschaft für Naturwissenschaft und Heilkunde, Mitglied der Universität Heidelberg, Mitglied der landwirtschaftlichen Kreisstelle Weinheim, ordentliches und korrespondierendes Mitglied der königlich Hannoverschen Landwirtschaftsgesellschaft zu Celle, Ehrenmitglied des königlich Preußischen Gartenvereins, korrespondierendes Mitglied der Wetterauischen Gesellschaft für die gesamte Naturkunde, korrespondierendes Mitglied des Großherzoglich Badischen Landwirtschaftlichen Vereins, Ehemann, Familienvater, wissenschaftlich anerkannter Nicht-Akademiker, wissenschaftlicher und popularwissenschaftlicher Autor, Volkspädagoge für land- und gärtnereiwirtschaftliches Wissen und vieles andere mehr.
Einen glücklichen Zufall möchte ich es nennen, dass mir vor Jahren bei einer Wohnungsauflösung aus einem Müllcontainer ein Bücherpaket in die Hände geriet. Der sorgsam verpackte Inhalt entpuppte sich als wahre Sensation: aus dem Packpapierbündel kamen eine prächtige 5 kg schwere, in Leder gebundene Bibel von 1748 und zwei theologische Lehrbücher, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, hervor. In einem der Bücher - es schien mir ein Studienbuch zu sein - fand ich folgenden handschriftlichen Namenseintrag. Dieser Eintrag machte mich neugierig, und ich machte mich auf die Suche, wer denn wohl F. A. Morstadt gewesen sein mag. In der heimatkundlichen Literatur stieß ich bald auf erste Hinweise, die mich schließlich ins Brogginger Pfarrhaus führten. Über die Ergebnisse meiner jahrelangen Recherchen zur Pfarrersfamilie Morstadt und im Besonderen zu Friedrich August Morstadt, dem Besitzer der Bücher, möchte ich nachfolgend berichten.
"Endlich judenfrei!"
(2010)
„Das war an meinem 13. Geburtstag, 22. Oktober 1940, gegen Abend. Da hat meine Mutter gesagt: da ist jemand reingegangen zu Hammels (Zellerstr.). Und ich hab aus dem Fenster geschaut, längere Zeit. Schließlich kamen sie heraus mit Beamten in Zivil. Die Kinder waren nicht dabei, nur die Großmutter und die zwei Eltern. Herr Hammel hatte einen Rucksack mit ein paar Arbeitsstiefeln darauf festgeschnallt, gute feste Stiefel. Er hat sich sicher gedacht, es geht zum Arbeiten. Die Frau hatte dann raufgeguckt, meine Mutter ist auch gekommen, hat ihnen zugenickt, und dann hat sie anfangen zu weinen, die Frau Hammel, wie sie unten durchgegangen ist. Die alte Frau Hammel hatte alle Kleider übereinander angezogen, alle Mäntel, die sie hatte. Die konnte kaum stehen, sie war uralt. Das sah ich von oben aus. Sie sind bis zum Cafe Lang zur Kurve am Schillerplatz, dann habe ich sie nicht mehr gesehen. Später habe ich gehört, dass sie in die Schillerschule sind, aber meine Mutter bat nichts gesagt, sonst wäre ich runter gerannt und hätte geguckt. Dann habe ich sie nie mehr gesehen.“ Ähnliche Szenen, wie sie der junge Hubert Litterst aus Offenburg vom Fenster seines Zimmers aus beobachtet, haben sich zur gleichen Zeit an vielen Orten des Landes zugetragen. Am 22. Oktober 1940 wurden in einer zentralen, staatlieh gelenkten Aktion alle jüdischen Bewohner der Länder Baden, der Rheinpfalz und des Saargebietes vom frühen Morgen ab von der Polizei und SA-Hilfskräften festgenommen. Unmissverständlich bedeutete man ihnen, dass sie in aller Eile die für eine größere Reise und einen längeren Aufenthalt außerhalb ihrer Wohnung notwendigen Vorbereitungen zu treffen hätten. Ein Ziel wurde nicht genannt.
Kalter Krieg im Schuttertal?
(2010)
Es sind 46 Jahre her, fast ein halbes Jahrhundert, dass in Seelbach und in Schuttertal von einem militärischen Projekt die Rede war, das, wäre es verwirklicht worden, die Landschaft und die Struktur der Dörfer Seelbach und Schuttertal, wohl auch Ettenheimmünsters tiefgreifend verändert hätte. Glücklicherweise nur „hätte", denn nach einigen Monaten gab es Entwarnung, die Sache geriet in Vergessenheit. Aber was war damals geplant? Wer wusste Bescheid? Schwer zu sagen, denn es gibt nichts schwarz auf weiß - oder fast nichts. Aber der Reihe nach: Bei der Durchsicht der Tagebücher meines Vater Julius Krämer fand ich unter dem 31. Januar und dem 1., 2. und 3. Februar 1963 knappe Eintragungen, die mich sofort an das damalige Geschehen erinnerten.
Gerhard Finkbeiner wurde am 29. Juni 1940 in Lörrach geboren. Seine Vorfahren stammen aus der Gegend um Freudenstadt. 1964 kam er mit seiner
Frau Marlies nach Schuttertal. Dort unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 an der Grund- und Hauptschule. Anfang der 70er Jahre ernannte ihn das Landesdenkmalamt zum „ehrenamtlichen Beauftragten für die Denkmalpflege im Bereich der Gemeinden Schuttertal und Seelbach“, ein Amt, dem er sich bis zu seinem Tod mit Leidenschaft widmete. Der Mitgliedergruppe Seelbach-Schuttertal des Historischen Vereins für Mittelbaden gehörte Finkbeiner seit der Gründung an, seit 1988 war er deren Vorsitzender. Für sein vielfältiges Wirken für seine Schuttertäler Heimat erhielt er 1996 von Kultusministerin Annette Schavan die Medaille für Verdienste um die Heimat Baden-Württemberg. 2005 ehrte ihn seine Heimatgemeinde mit der neu geschaffenen Bürgermedaille. Am 9. April 2009 starb Gerhard Finkbeiner ohne Vorwarnung im Schuttertal.
Ich habe die Aufgabe, Sie hier und heute zu einem Anlass zu begrüßen, den ich bis heute nicht wirklich wahrhaben will. Am Donnerstag, dem 9. April ist Gerhard Finkbeiner verstorben, mit dieser Gedenkfeier, wollen wir daran und an ihn erinnern. In diesen Tagen und sicherlich noch einige Zeit wird nun die Trauer seiner Familie im Vordergrund stehen. Ihre Trauer und die von denen, die ihn gut und persönlich kannten. Gerhard Finkbeiner war aber auch ein Mensch, der in der Öffentlichkeit stand. Und es ist mir ein großes Anliegen und sicherlich auch das von vielen Menschen, dass wir heute die Gelegenheit haben, dem Bürger unserer Gemeinde und Menschen Gerhard Finkbeiner diese Ehre zu erweisen, ihm ein ganz großes Dankeschön und Lebewohl zu sagen. Herrn Finkbeiner wurde die erste Bürgermedaille der Gemeinde Schuttertal verliehen. Diese besondere Auszeichnung zeigt auch seine besondere Position, die er hier einnimmt.