7.2002
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„Infolge der räuberischen Ausplünderung, die die derzeitige deutsche Gewalt-Herrschaft - nach meiner verbrecherischen Verschleppung ins entlegendste Frankreich - an mir begangen hat, ist mein gesamtes Vermögen, ja sind sogar alle meine persönlichsten Handschriften, Aufzeichnungen, Briefe, die sich in meiner Wohnung in Heidelberg befanden, für mich verloren. Eine Nachwelt wird dieses schamlos feige Verbrechen an einem deutschen Dichter brandmarken.“ Mit diesen Worten überschrieb der jüdische Schriftsteller Alfred Mombert, geboren am 6. Februar 1872 in Karlsruhe, im Dezember 1941 kurz vor seinem Tod im Schweizer Exil sein Testament. Alfred Mombert lebte mit Unterbrechungen von 1892 an in Heidelberg, bis er am 22. Oktober 1940 zusammen mit seiner Schwester Ella Gutman und weiteren 279 jüdischen Bürgern der Stadt von der Gestapo in das südfranzösische Internierungslager Gurs in den Pyrenäen verschleppt
wurde. Außer 100 RM und zwei Koffern musste er all seinen Besitz in seiner Wohnung im Klingenteich zurücklassen - darunter auch seine Bibliothek. Im April 1941 gelang es seinem Schweizer Freund und Förderer Hans Reinhart, ihn und seine Schwester aus dem Internierungslager freizukaufen. Reinhart nahm die beiden in sein Haus in Winterthur auf und ermöglichte es Mombert, sein letztes Werk „Sphaira der Alte II“ zu vollenden.
Friedrich Mampel wurde am 4.6.1839 in Kirchheim als Sohn des Bürgermeisters, Kreisabgeordneten, Schmiedemeisters und Kirchengemeinderats Johann Georg Mampel und dessen Ehefrau Eva Rosina geb. Kaltschmitt geboren. Am 12.6.1839 wurde er getauft. Wolf schreibt, dass er „auf jeden Fall zwei Brüder" hatte. Nach dem Familienbuch hatte er jedoch drei Brüder und drei Schwestern; er war das älteste Kind. Sein zweiter Vorname war Georg, der aber selten erscheint. Drei seiner Geschwister starben in jungen Jahren. Ein Bruder (Friedrich Jakob) war Pfarrer in Brühl, dann „Diakonus" und Professor am Mannheimer Mädchenrealgymnasium. Als Stammvater der Mannheimer und Baden-Badener Linie schrieb er sich Mampell mit zwei ll am Ende. Eine Schwester (Eva Rosina) war mit dem Apotheker Bronner in Neckargemünd verheiratet. Eine weitere Schwester (Eva Katharina) war verheiratet mit dem Neckargemünder Kaufmann, königlich griechischem Konsul und Reichstagsabgeordneten Karl Philipp Menzer. Neben dem Unterricht in der Kirchheimer Volksschule erhielt Mampel noch Privatunterricht. Konfirmiert wurde er am 13. März 1853 in der evangelischen Kirche in Kirchheim. Weil er noch keine 14 Jahre alt war, wurde ihm vom Evangelischen Oberkirchenrat Dispens erteilt.
Ludwig Uhland (1787-1862), der bedeutendste Dichter der schwäbischen Romantik, war 1831 in Heidelberg literarisch so präsent, dass er persifliert werden konnte. Weniger bekannt ist, dass er sich persönlich oft in Heidelberg aufhielt. Das Tagebuch und der Briefwechsel lassen seit der Reise nach Paris von 1810 fast ein Dutzend Aufenthalte erkennen, ein sicherlich noch erweiterbarer Befund. Uhland war nicht nur als Durchreisender hier; der Dichter besuchte Verleger und Freunde, der Philologe studierte in der Bibliothek mittelalterliche Handschriften, und er genoss Schlossruine und Neckartal.
Das "Turmbrünnlein"
(2002)
Als Nestor der hiesigen Stadtgeschichtsforschung darf man Ludwig Merz ruhig bezeichnen, ohne dabei seinem langjährigen Freund, dem Archäologen Berndmark Heukemes, wehzutun. 1908 in Heidelberg geboren, wuchs Merz in der Weststadt auf, einem damals noch stark von der Eisenbahn gekennzeichneten Stadtteil, und verbrachte den größten Teil seines Lebens in unserer Stadt. Mehr noch denn als Forscher ist er vielen Menschen als Erzähler bekannt. So hat er immer wieder anschaulich Szenen seiner Kindheit geschildert. Wie er etwa in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg mit seinen Kameraden von der Albert-Mays-Straße, am damaligen Bahnhof vorbei, durch die „Anlage" zur Realschule in der Kettengasse ging. Etwaigen Durst auf dem langen Schulweg konnten die Schüler an den so genannten „Turmbrünnchen" löschen, die am „Neptungarten" und am „Wredeplatz" standen. Die Namen jener Straßen und Plätze sind fast vergessen, heute heißen sie amtlich „Friedrich-Ebert-Anlage“, „Adenauerplatz“ und „Ebertplatz“.
Die Rezeptionsgeschichte Adolph Freiherr Knigges zählt zu den folgenreichsten Missverständnissen der deutschen Literaturgeschichte: Kein anderer Schriftsteller verdankt seinen Nachruhm der Identifikation mit einem einzigen, eine publizistische Gattung begründenden Werk, hinter dessen Popularität seine Person so vollständig verschwand, dass sein Name in der Öffentlichkeit nur noch als Synonym für jene Gattung präsent ist: Denn, was ein „Knigge" ist, weiß auch heute noch nahezu jeder! Und nahezu jeder greift nach dem einen oder anderen „Knigge"! Vielleicht nach dem „neuen Knigge“ Franziskas von Au, der „Klarheit in Fragen von Höflichkeit, Takt und Tischsitten, von duzen oder siezen, von Handy und Email“ verspricht, kurz, „sichere Umgangsformen“ im postmodernen Irgendwie der globalisierten Dörfer? Oder nach dem „Kleinen Knigge des Presserechts“, der Journalisten erklärt „wie weit [sie] zu weit gehen dürfen“? Oder nach dem „Japan-Knigge für Manager", dem „Uni-Knigge für Frauen“, dem „Euro-Knigge“, dem „Zicken-Knigge", dem „Lesben-Knigge“? Oder nach dem „Hunde-Knigge", dem „großen Hunde-Knigge", dem „kleinen Hunde-Knigge", um den „Knigge für Hund und Halter" nicht zu vergessen?
Vor 75 Jahren, am 8. August 1927, nahm das Krankenhaus Speyerershof als „Mittelstandssanatorium“ seinen Betrieb auf. Initiator der Anstalt war Albert Fraenkel, einer der bedeutendsten Mediziner seiner Zeit. Er setzte sich über Jahre hinweg für den Bau des Krankenhauses ein und leitete es bis zu seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933. Albert Fraenkel war Jude und wurde am 3. Juni 1864 in Mußbach in der Pfalz als Sohn eines Weinhändlers geboren. Er besuchte die Volksschule in Neustadt und anschließend das Gymnasium in Landau. Im Frühjahr 1883 immatrikulierte er sich an der Universität München im Fach Medizin. Nach dem Physikum wechselte er an die Universität Straßburg, wo er 1888 das Staatsexamen ablegte. Die darauf folgende Stelle als Assistenzarzt in München musste Fraenkel nach kurzer Zeit wieder aufgeben, da er an Lungentuberkulose erkrankte. Dieses Erlebnis der eigenen schweren Erkrankung prägte Fraenkels Selbstverständnis als Arzt und seine Haltung gegenüber kranken Menschen grundlegend. Nach einer Reihe von Kuraufenthalten verbesserte sich Fraenkels Gesundheitszustand allmählich wieder. Er zog nach Berlin und arbeitete eine Zeit lang als Assistent in der Tuberkuloseforschung. Diese Tätigkeit sagte ihm jedoch nicht zu. Im Jahr 1891 ließ er sich als praktischer Arzt und Kurarzt in Badenweiler im Südschwarzwald nieder. Hier machte sich Fraenkel bald einen Namen als ärztlicher Leiter zweier Sanatorien, der Villa Hedwig und der Villa Paul.
Der inzwischen pensionierte, Anfang der S0er Jahre zum Studium aus der BRD in die USA ausgewanderte Soziologieprofessor Guenther Roth ist einer der weltweit besten Kenner Max Webers. Und Roth war schon immer ein Weber-Freak, den auch entlegene Verästelungen der Weberschen Familie interessierten, der jahrzehntelang zahllose Archive aufgesucht und die Memoiren- und Sekundärliteratur nach Spuren der verzweigten Weber-Baumgarten-Fallenstein-Souchay-Familie durchgekämmt hat. Roth hat in den letzten Jahrzehnten seine Thesen und Ergebnisse - nicht zuletzt in Heidelberg - vielfach vorgetragen und kann äußerst lebendig, voller Empathie, aber auch immer mit gutem Gespür für Lebenslügen und biografische Selbststilisierungen darüber erzählen. Vor bald zwanzig Jahren hat er, in seiner Einleitung zur Neuausgabe der nach wie vor einzigen Max-Weber-Biografie (Marianne Weber: Max Weber. Ein Lebensbild, Tübingen 1926), damit begonnen, die Heroisierung Webers durch seine Witwe zu konterkarieren und zugleich durch den Verweis auf die tiefe Enttäuschung und Verunsicherung des liberal-nationalistischen deutschen Bürgertums nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg zu kontextualisieren. Seine seitdem verstreut publizierten familiengeschichtlichen Aufsätze sind alle in sein Opus magnum „Max Webers deutsch-englische Familiengeschichte“ eingegangen.
Zwangsarbeit in Heidelberg
(2002)
Als Projektgruppe an der Integrierten Gesamtschule Mannheim-Herzogenried befassen wir uns seit über zwei Jahren mit einem Transport, in dem 1944 über 400 Männer aus der Vogesenstadt Raon l'Etape zur Zwangsarbeit nach Heidelberg verschleppt wurden. Im Stadtarchiv Heidelberg versuchten wir, die Liste dieses Transports zu rekonstruieren, der am 11. November 1944 in Heidelberg eintraf. Bisher konnten wir 429 Namen feststellen, teilweise auch die Firmen und die dazugehörigen Lager. Wir nehmen jedoch an, dass mit dem Zug über 500 Männer verschleppt wurden, so viele, wie zur gleichen Zeit jeweils in Deportationszügen aus Saint-Dié, Gérardmer oder La Bresse nach Mannheim, Karlsruhe und Pforzheim gebracht wurden. Eine solche Liste war in Raon bisher unbekannt; für die ehemaligen Deportierten wurde sie bei der Entscheidung wichtig, ob sie Entschädigungsanträge stellen sollten.
Ein schweres Stück Heidelberger Stadtgeschichte hängt an eisernen Ketten über dem Eingang der Buchhandlung „Ex libris“ in der Plöck 32. Das aus Eisen gegossene Schild scheint einem aus zwei Holzbrettern bestehenden, mit Leder bezogenen Bibliothekseinband aus dem 15./16. Jahrhundert nachempfunden zu sein. Dieser Eindruck wird durch die dunkelbraune Bemalung, die Buchschließen und die Blüten ähnelnden Blindstempelungen noch verstärkt. Auf den Beschlägen der Buchdeckelecken ist jeweils der Doppeladler des Reichswappens nachgebildet. Die Enden der drei abgerundeten Bünde auf dem Buchrücken sind mit den Buchdeckeln verbunden, die mit zwei Ketten an einer Eisenstange befestigt sind.