9.2004/2005
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Ach Heidelberg
(2004)
Dieses Rundfunkfeature wurde im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks, Abt. Kultur und Wissenschaft, Redaktion Gerhard Reitschert mit dem SDR und dem SFB aufgenommen und am 23.4.1981 in WDR 3 von 21 bis 22 Uhr gesendet. Der Wiedergabe liegt das Manuskript der Autorin zu Grunde. Bei der Bearbeitung sind die Wechsel der Stimmen gekennzeichnet [Spr.], die Verweise auf Musik, Überblendungen und redaktionelle Hinweise jedoch entfallen, Quellenangaben zu den Zitaten und Originaltoneinblendungen ergänzt. Die Namenskürzel sind wie folgt aufzulösen: MD (Maria Damolin), HB (Helmut P. Brendgens), RPS (Rolf Peter Sieferle), AH (Adolf Holzhüter), AS (Anneliese Seeliger-Zeiß), LM (Ludwig Merz), MB (Michael Buselmeier), HS (Hans-Peter Stichs), KB (Karin Bruns), HL (Hermann Lehmann), CS (Claus Schmidt), CW (Claudia Schmitt).
Wenn ich - weder als Musiker noch als Wissenschaftler - einen spät entdeckten und erkannten Komponisten wachrufe, tue ich dies in erster Linie für meine persönliche Begeisterung vieler seiner Werke; aber auch deswegen, weil sein verhältnismäßig kurzes Leben und seine Zeit nur noch wenigen geläufig ist. Jene, die Max Reger erlebt oder gar gekannt haben, leben nicht mehr. Und so könnte es durchaus aktuell erscheinen, sein Wirken - und gerade in Heidelberg - neu zu beleben und das damalige Musikleben hervorzuheben.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir das ganz offen schreiben würden. Ich garantiere dann für eine schonende Weitergabe“. Hermann Maas, Pfarrer der evangelischen Heilig-Geist-Kirchengemeinde in Heidelberg, bemühte sich im Mai 1946 mit dieser Bitte um Auskunft über den Verbleib eines früheren jüdischen Mitbürgers einmal mehr zu helfen. Er zählte bereits während des Nationalsozialismus zu den wenigen, die tatkräftig versucht hatten, Juden vor der Vernichtung durch das NS-Regime zu bewahren oder ihnen zumindest Unterstützung zu gewähren. So war es sicher nicht zufällig, dass der nach New York emigrierte frühere Direktor der Heidelberger „Herrenmühle“, Moritz Oppenheimer, sein Anliegen nach dem Krieg gerade an Hermann Maas richtete. Ein „besorgter Vater“, so schrieb dieser daraufhin an den Leiter der Anstalt Kork bei Kehl, Pfarrer Adolf Meerwein, habe sich an ihn gewandt. Dem Vater, Moritz Oppenheimer, sei es gelungen, im Anschluss an seine Deportation nach Südfrankreich in die Vereinigten Staaten zu flüchten. Nun gehe es um seinen Sohn B., der jahrelang in Kork untergebracht gewesen sei. Moritz Oppenheimer habe ihn gebeten, in Erfahrung zu bringen, „ob er noch lebt und wenn nicht, wie er gestorben ist“.
"der punker"
(2004)
„Die Punker“ oder „Punks“, wie man sie auch nennt, gehören mittlerweile der Geschichte an und könnten daher durchaus von Interesse sein für einen Geschichtsverein. Man trifft sie noch gelegentlich, vereinzelt auch in Heidelbergs Gassen. Der Stil jedoch ist der gleiche geblieben: Zerrissene, unproportionierte Kleidung, grellbunt gefärbte und gezuckerte Haare, mit Metallketten, Rasierklingen und durch Ohren und Wangen gestochenen Sicherheitsnadeln geschmückt. In ihrer (politischen) Haltung eher indifferent und diffus, mehr links als rechts, auf jeden Fall antibürgerlich. Mit der sogenannten „Punkwelle“, die 1977 in den westlichen Industriegesellschaften als eine Protestbewegung von Jugendlichen gegen Arbeitslosigkeit und Langeweile einsetzte, die ihr Ausdrucksmittel in der oben beschriebenen äußeren Aufmachung und in hektisch aggressiver Rockmusik fand, hat „der punker“ allerdings überhaupt nichts zu tun. Der Ursprung des Vereins „der punker“ liegt in einer Stadtteilzeitung „der punker - Leben in Rohrbach“, die sich als Gegenentwurf zur Rohrbacher Berichterstattung der hiesigen, dominierenden Tageszeitung verstand.
„Glück gibt es nur in Erfüllung eines Kinderwunsches“, schrieb Sigmund Freud 1899 an Wilhelm Fließ. Er sprach von Schliemann, der den Schatz des Priamos finden wollte und fand. So manchen Schatz, wenn auch keinen derart spektakulären, fand Dr. Berndmark Heukemes. Kaum ein Archäologe oder Historiker im Rhein-Neckar-Raum dürfte so populär sein wie der Mann mit Baskenmütze und Pfeife, der am 26. Februar 1924 in Aachen geboren wurde, in Ostbelgien aufwuchs und seit langem in Ladenburg wohnt. Heimatforscher wollte er eigentlich nie werden. Schon als Kind zog es ihn in die Ferne. Ein Buch des Großvaters hatte es ihm angetan: das versunkene Pompeji war darin beschrieben. Lesen war ihm nicht genug, er mußte es mit eigenen Augen sehen. Als 15-Jähriger fuhren er und ein Freund mit dem Rad über die Alpen nach Unteritalien. Ohne Geld, mit wenig Proviant, alle Hindernisse überwindend, schauten sie sich in der verschütteten und wieder freigelegten Stadt um, in der sich der junge Heukemes durch Bücherstudium bereits bestens auskannte. Dass er nach der Heimkehr wegen Überschreiten der Ferienzeit fast von der Schule geflogen wäre, konnte er verschmerzen. Er hatte einen Traum wahrgemacht. Es sollte nicht der letzte bleiben: „Was ich mir vornehme, das führe ich auch durch!“
„Grabe wo du stehst!“ So nannte der Schwede Sven Linqvist sein „Handbuch zur Erforschung der eigenen Geschichte“, und er meinte damit, dass alle Orte voller Geschichten sind über ihre Geschichte, nicht nur die Metropolen und Machtzentren. Weil sie aber flüchtig sind wie die Erinnerung, muss man sie wieder erzählen und festhalten. Solche Geschichten werden in der Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt erzählt. Wozu sie gut sind? Die Handschuhsheimer Geschichtswerker meinen: Wer die Geschichte seines Wohnortes, seiner Region nicht kennt, kann dort vielleicht wohnhaft sein, schwerlich aber wird er heimisch. „Grabe, wo du stehst!“ ist die Aufforderung, sich mit der nächsten Umgebung auseinander zu setzen, Fragen zu stellen. Dabei wachsen neue Wurzeln, die für das Zusammenleben wichtig sind.
Wenn das Musizieren von Frauen noch im 16. Jahrhundert als „unschicklich“, „unsittlich“ gilt, so nehmen doch vereinzelt Damen an Bildungsbestrebungen schon seit dem Hochmittelalter Anteil. Zu ihnen gehört die Augsburger Bürgerstochter Clara Dett. Dieser Sängerin und hochgebildeten Frau begegnet 1459 Kurfürst Friedrich I. (1425-1476) am bayerischen Hof in München. Von ihrem Gesang ist er derart fasziniert, dass er sie mit nach Heidelberg nimmt und später mit ihr eine morganatische Ehe eingeht. Die musikalisch gebildete Clara Dett steht dem Kurfürsten beratend zur Seite, als er sich eine leistungsfähige Hofkantorei schafft und den als Sänger berühmten Johann Soest als „sengermeister“ beruft. 1911 widmet ihr Hermann Glaser das Theaterstück „Klara Dett, dramatische Dichtung“.
Das Modell der Heidelberga
(2004)
Die Heidelberger Stadthalle ist im vorigen Jahr 100 Jahre alt geworden. Ohne Beachtung dieses Jubiläums hat sich Hergen Götz aus Oldenburg mit einer Bitte um Aufklärung an das Heidelberger Kulturamt gewandt: Er erinnere sich, als Kind an die Stadthalle geführt worden zu sein, weil über deren Haupteingang ein Portrait seiner Großmutter zu sehen war, anonym allerdings und nur als Modell für die Phantasiefigur „Heidelberga“: „Sie können sich vorstellen, dass zum Besichtigungsprogramm von Heidelberg mit Gästen unserer Familie auch immer die Besichtigung der ,schönen‘ Großmutter an der Stadthalle gehörte - davon habe ich ein schriftliches Zeugnis von 1930. - Wer jedoch das Urteil von der ,schönsten Frau Heidelbergs‘ gefällt hat und wann diese Aussage entstanden ist, habe ich bisher nicht ergründen können. Vielleicht war und ist es den Familienmitgliedern immer etwas ,unangenehm und peinlich‘ gewesen - weil Schönheit in unserer Gesellschaft nicht als Wert gesehen wird, auf die Familien stolz sein könnten - wohl eher das Gegenteil. Was ich aus Erzählungen immer rausgehört habe, ist, dass meine ,Modellgroßmutter‘ eine sehr ungewöhnliche Frau gewesen sein muss.“
"Gegessen und gefaulenzt"
(2004)
2005 ist ein Wunderhornjahr, jedenfalls wenn wir die gedruckte Angabe „1806“ im 1. Band von Des Knaben Wunderhorn ignorieren und von der tatsächlichen Ausgabe zur Michaelismesse 1805 ausgehen. 2005 wird auch ein Andersenjahr sein wird, wie dem Kalender zu entnehmen ist. Dass der dänische Dichter und Autor weltbekannter Kunstmärchen aber in Beziehung zu Heidelberg steht, wäre hier niemand aufgefallen, wenn sich nicht der Kopenhagener Fernsehproduzent Chris Kraft-Christensen mit der Bitte um Erläuterungen, weitere Unterlagen und Abbildungen ans Kulturamt gewandt hätte. Das Ergebnis der Recherche stützt sich hauptsächlich auf die Tagebücher, die mir ohne die Übersetzungen von Kirsten Kalow unverständlich geblieben wären, ergänzt um die Angaben in den „Fremdenlisten“ im Heidelberger Journal. Andere Quellen (wie den Briefwechsel) habe ich nicht ausgewertet, sodass wichtige Fragen offen bleiben, insbesondere die nach Heidelbergbezügen in Andersens Werk.