12.2008
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An das Grab der Mutter konnte sich Hilde Dom nie anlehnen - die Urne mit der Asche der 1951 in Karlsruhe verstorbenen Mutter hat Hilde Domins Bruder John (nachdem er die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, wurde aus Hans Löwenstein John Lorden) im Central Park in New York unter demselben Baum begraben, unter dem auch die Urne des Vater liegt - doch die Wurzeln der jungen Studentin Hilde Löwenstein blieben in Heidelberg. Hier begann sie 1929 ihr Studium. Ihr Vater, Eugen Siegfried Löwenstein, Rechtsanwalt in Köln, hatte die Universität Heidelberg für seine Tochter ausgesucht („ich wurde von meinem Vater hierher geschickt“) und Hilde Löwenstein hatte„ Jura, aus Begeisterung für meinen Vater“ studiert. Bewusst hatte der Vater Heidelberg als Studienort gewählt: Die Heidelberger Universität galt schon im 19. Jahrhundert als „Adelsuniversität“. 1807 kam z.B. auch der junge Joseph von Eichendorff mit seinem Bruder Wilhelm hierher, um Jura zu studieren - so wie viele junge Adelige, für die das Jurastudium als Teil ihrer politischen Bildung vorausgesetzt wurde. In den 20er-Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts galt Heidelberg als „akademische Hochburg des neuen Deutschland“, als Musteruniversität der jungen Republik. Auf der ersten Tagung der Hochschullehrer im „Weimarerkreis“, einer offenen Gruppe republiktreuer Professoren um den Historiker Friedrich Meinecke, stellte Heidelberg nach Berlin das größte Kontingent an Professoren, unter ihnen besonders zu nennen: Gustav Radbruch, Gerhard Anschütz und Max Weber.
Heinrich Zimmer (1890-1943)
(2007)
Heinrich Zimmer war von 1922 bis 1938 Professor für indische Philologie und Mythologie an der Heidelberger Universität. 1938 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen, und Zimmer emigrierte über England nach Amerika. Dort verwandelte er sich in Henry R. Zimmer und lehrte und publizierte unter diesem Namen bis zu seinem Tod 1943. Der redegewandte und gesellige Heinrich Zimmer schuf sich in Deutschland wie in Amerika nicht nur Bewunderer. Doch seine zahlreichen Freunde sprachen meist nur in Superlativen von ihm. So zählte er für Kurt Rossmann zu den „eigenwilligsten,
freiesten und reichsten Geistern unserer Universität“. Carl Gustav Jung nannte ihn einen „genialischen Menschen von ungewöhnlichem Temperament“. Der Kunsthistoriker Ananda K. Coomaraswamy hielt ihn für „einen idealen Gelehrten“, der Wissenschaft und Kreativität miteinander verband.
Vor neunzig Jahren verstarb Anna Blum „rosenpflückend in ihrem Vorgarten“ in der Theaterstraße 10, dem heutigen Anna Blum Haus. Dies war am 3. Juli 1917. Erst vier Jahre zuvor war ihr zum siebzigsten Geburtstag die höchste Auszeichnung ihrer „Vaterstadt“ überreicht worden - die Ehrenbürgerwürde. Mit der Auszeichnung hatte sich der Heidelberger Stadtrat entschlossen, Neuland im kulturellen Gedächtnis der Kommune zu betreten: Nach viermonatiger Debatte waren die Gemeinderäte übereingekommen, dass sie dieser Frau erstmals eine Auszeichnung überreichen wollten, die bislang ausschließlich Menschen männlichen Geschlechts von den Stadtvätern erhalten hatten. Damit eröffneten sie ein neues Kapitel in der Stadtgeschichtsschreibung, denn fortan konnten nun auch Frauen offiziell in diese Annalen der lokalen Historie aufgenommen und eingeschrieben werden.
„Wir haben auch commedianten hir, den Hans Ernst mit seiner bande; sie haben gestern 'pfuidian hinaus hinaus mit dir, pfui pfui o pfuidian hinaus und [all, die] solche seyn' gespillet“, meldet am 5. Dezember 1667 ein Brief der 15-jährigen Liselotte von der Pfalz, bestimmt für „Madame de Harling E Luneburg“. Fünf Jahre zuvor war die Kurprinzessin aus der Obhut ihrer hannoverschen Tante Sophie nach Heidelberg zurückgekehrt und verrät inzwischen im launigen Schriftverkehr mit „ma Tante“ und ihrer ehemaligen Erzieherin Anna Katharina von Harling schon viel von dem geistvollen Plaudertalent, das sie für die Nachwelt berühmt gemacht hat.
Tore, Türme, Tiere, Tafeln
(2007)
1460 war das einzige Exemplar der Zunftordnung der pfälzischen Holzschuhbruderschaft bei der Belagerung von Mainz verloren gegangen. In der 1478 erneuerten Fassung steht neben anderen die Bestimmung: „ltem die bruderschafft solle alle jare zu Heydelberg uff Montag nach sant Michelstag begangen werden mit messen für die dotten und lebendigen.“ Die Zunft der Holzschuhmacher war nicht örtlich verfasst, sondern territorial. Die jährlichen Versammlungen hatten außer der Abhaltung von Gottesdiensten die Aufgabe, die Zunftordnung vorlesen zu lassen. Der Montag nach St. Michael ( 29. September) bot im übrigen Gelegenheit zu Beratungen und Geselligkeit. Ein Quellenbefund wie dieser eignet sich in höchst unterschiedlicher Weise als Gegenstand von Deutungen. Organisationsgeschichtlich wäre zu fragen nach dem Verhältnis der städtischen zu den territorialen Zunftverfassungen; die Tarifbestimmung, „ein knecht der knechtlone nympt, solle sinem meister hauwen siebenhundert par
holtzschue für ein Gulden“, wäre sozialgeschichtlich auszuwerten; mediengeschichtlich wäre der Zwang zur persönlichen Anwesenheit bei der Tradierung von Gesetzestexten zu betonen; ritualgeschichtlich ließe sich die Bedeutung solcher Zunfttage für das Leben im späten Mittelalter herausarbeiten. Mir ist diese Quelle wieder eingefallen, als ich im Zusammenhang eines rezenten ,Event-Marketings' immer wieder auf den Terminus ,Ereignisse schaffen‘ gestoßen bin, zumal der Montag nach St. Michael sehr nahe am heutigen Heidelberger Herbst liegt.
Im Stadtmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf wird der großflächige Architektenplan einer monumentalen Schlossanlage der Barockzeit aufbewahrt (Abb. 1). Johann Wilhelm aus der Pfalz-Neuburger Linie der Wittelsbacher war von 1690 bis 1716 Herzog von Jülich und Berg und Kurfürst der Pfalz. Er residierte vornehmlich in Düsseldorf, wo er als Jan Weilern bis heute verehrt wird. Nach 1693 betrieb er den Wiederaufbau von Schloss und Stadt Heidelberg, bezog aber diese hochrangigere Residenz nicht, sondern hielt sich zumeist in Weinheim auf, wenn er überhaupt in der Pfalz war.
Nur zögernd nähere ich mich diesem Abschnitt meiner ,Lebensbeschreibung‘, hat doch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus mein Leben seit dem 30. April 1945 ganz wesentlich bestimmt, als ich im Lazarett in Bad Langensalza als amerikanischer Kriegsgefangener vom Ende Adolf Hitlers erfuhr. Schon in meiner Dissertation habe ich versucht herauszufinden, wie es diesem Mann und seinen Gefolgsleuten gelingen konnte, die Deutschen für seine mörderischen Ideen und Taten zu gewinnen und die ganze Welt an den Rand des Untergangs zu bringen. Seitdem weiß man ziemlich lückenlos und von vielen Seiten her beleuchtet, was sich einschließlich der Vorgeschichte in der Weimarer Republik im Dritten Reich abgespielt hat. Erst jüngst haben die Affäre Günter Grass und im Kontrast dazu die Erinnerungen von Joachim Fest das Thema „Hitler und die Deutschen“ beziehungsweise
„die Hitlerjungen Grass und Fest im 3- Reich“ wieder in die Diskussion gebracht. Wie soll ich vor diesem Hintergrund mit der gebotenen Distanz und Aufrichtigkeit meine eigene Verstrickung in das Geschehen zwischen 1933 und 1945 darstellen? Kann es mir gelingen, die Mechanismen der Verdrängung und sogar der Verklärung zu überlisten, um der „Wahrheit“ des Erlebten möglichst nahe zu kommen?
Wenn heute noch etwas über Helmina von Chezy ( 1783 -1856) zu lesen ist, dann ist das oft geschrieben aus der Sicht eines eher mitleidig Urteilenden: Sie gilt als eine in ihrer Zeit überschätzte, zu Recht vergessene Autorin, der oft auch noch persönliche Mängel wie Gefühlsüberschwang oder chaotisches Wesen, - typische Weiblichkeitsattribute - nachgesagt werden. Bei einer genaueren Betrachtung verliert sich jedoch vieles davon. In der folgenden Recherche sollen nicht die literarischen Fähigkeiten Helminas von Chezy im Mittelpunkt stehen, sondern ihre damalige Lebensführung in Heidelberg. Möglicherweise lässt sich einiges von dem, was ihr nachgesagt wird, auf (männliches) Ressentiment zurückführen.