261 Soziallehre
Filtern
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (2)
Gehört zur Bibliographie
- nein (2)
Schlagworte
- Caritas (1)
- Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg (1)
- Elsass-Lothringen (1)
- Erster Weltkrieg (1)
- Geschichte (1)
- Kriegspredigt (1)
"Beati pauperes"
(2003)
Ich bewahre eine prägende Erinnerung an Prälat Alois Eckert, der von 1916 bis 1952 den Aufbau, die Ausgestaltung und die Schwerpunktbildung des Freiburger Diözesancaritasverbandes maßgeblich getragen hat. Mit diesem Andenken will ich beginnen: Im Frühsommer 1947, in einer Zeit wahrhaftigen Umbruchs nach der schlimmen Katastrophe des 2. Weltkriegs, in äußerster materieller Not, im Elend der Vertreibung, der Heimatlosigkeit vieler Menschen, die nach neuer Bleibe suchten, in einer Zeit des Neuanfangs, erlebte ich den damaligen Vorsitzenden des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg, ohne freilich die geringste Ahnung von seiner Funktion zu haben oder gar von der Existenz dieser Caritas-Organisation zu besitzen: Im Juni 1947 feierte der Rektor des erzbischöflichen Gymnasialkonvikts in Tauberbischofsheim, dessen Alumne ich war, das silberne Priester-Jubiläum. Aus diesem Anlass war sein Pülfringer Landsmann Alois Eckert, ehemaliger Absolvent des Tauberbischofsheimer Gymnasiums und ebenfalls Alumne des Gymnasialkonvikts, aus dem für uns so fernen und durch die Zoneneinteilung noch mehr entlegenen Freiburg gekommen, um die Festpredigt zu halten — plenis in coloribus als Domkapitular hatte er sein Thema unter Gertrud von Le Forts „Hymnen an die Kirche“ gestellt — eine mich, damals fünfzehnjährig, zutiefst ergreifende Predigt.
Seit den Arbeiten von Wilhelm Pressel und Heinrich Missalla auf deutscher Seite, und von Laurent Gambarotto auf französischer Seite, ist die Predigt des Ersten Weltkrieges nicht mehr Objekt einer gründlichen Untersuchung gewesen. Dies gilt auch für Elsass-Lothringen, auch wenn ich diesem Thema einige begrenzte Aufsätze gewidmet habe. So behandelt das Standardwerk von Jean-Noël und Francis Grandhomme, Les Alsaciens-Lorrains dans la Grande Guerre (Straßburg 2013) nicht die Predigt. Diese Lücke ist umso bedauerlicher als die Bibliothèque Nationale Universitaire von Straßburg ca. 60 gedruckte Predigten des Ersten Weltkrieges besitzt, darunter 40, die vor kurzem dank des Programms „Europeana“ digitalisiert worden sind. Diese Predigten – sowie manche andere, die man an der „Médiathèque protestante“ (Thomasstift) finden kann – sind von Pressel nicht berücksichtigt worden. Diese Predigten sind vorwiegend deutsche Predigten, was sich aus zwei Gründen leicht erklären lässt: erstens war die deutsche Sprache schon vor 1870 die religiöse Sprache der meisten Protestanten in Elsass-Lothringen, auch wenn in einigen Gemeinden – z.B. bei den Reformierten in Mulhouse (Mühlhausen) – die französische Sprache immer gepflegt wurde; zweitens durfte man mit Beginn des Krieges die französische Sprache in der Öffentlichkeit nicht mehr gebrauchen; aus diesem Grund wurde der Pfarrer Karl-Theodor Gerold, Kollege von Albert Schweitzer, der sein Vikar war, seines Amtes in Straßburg-Sankt-Nikolaus enthoben. Auch der Präsident der lutherischen Kirche, der Altdeutsche Friedrich Curtius, legte – vergebens – dagegen bei den Behörden Protest ein.