370 Bildung und Erziehung
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In der frühen Neuzeit gab es eine ausgeprägte geistliche Theaterkultur. In vielen Abteien, Klöstern und geistlichen Schulen kamen jährlich mehrere Dramen zur Aufführung. Sie dienten der Unterweisung der Schüler in der lateinischen Sprache, aber auch der Repräsentation der geistlichen Institutionen, die sie zur Aufführung brachten. Vor allem aber waren sie ausgerichtet auf die Gewinnung der Zuschauer und Mitwirkenden für den katholischen Glauben bzw. auf die Festigung dieses Glaubens. In der Überlieferung der Reichsabtei Marchtal hat sich eine umfangreiche Sammlung derartiger Dramen, Periochen und Libretti erhalten. Die Stücke stammen aus den verschiedensten geistlichen Einrichtungen des süddeutschen Raumes
und der angrenzenden Gebiete. Sie werden hier erstmals umfassend präsentiert und analysiert. Diese Gesamtschau verbindet interdisziplinär geschichtliche, kirchengeschichtliche und literaturgeschichtliche Aspekte und vermittelt damit einen umfassenden Einblick in einen zu Unrecht bislang wenig beachteten Teil der deutschen Kulturgeschichte.
Das humanistische Schulwesen befand sich am Ende des 19. Jahrhunderts in einer schweren, existenzbedrohenden Krise. Inmitten großer
technischer, wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche hatten sich die Erwartungen der Gesellschaft an ihre vornehmsten schulischen Bildungseinrichtungen deutlich verändert. Man fragte sich, ob die Beschäftigung mit Griechisch, Latein und Hebräisch bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Naturwissenschaften und modernen Fremdsprachen der gewandelten Lebenswirklichkeit noch gerecht zu werden vermochte. Von Kaiser Wilhelm II. ist das Diktum überliefert, dass an den höheren Schulen nicht junge Griechen und Römer, sondern nationale junge Deutsche zu erziehen seien. Die Spannungen zwischen den Anforderungen einer sich zunehmend naturwissenschaftlich-technisch modernisierenden Wirtschaft und Gesellschaft einerseits und traditionellen Bildungsidealen andererseits wirkten sich auch auf die vier niederen evangelisch-theologischen Seminare sowie die beiden katholischen Konviktsgymnasien aus, die in Württemberg als herausragende humanistische Lehranstalten ursprünglich für den theologischen Nachwuchs eingerichtet worden waren. Wie deren Schulleiter und Lehrer auf diese Herausforderungen reagierten, inwiefern Anpassungsleistungen an die Moderne erbracht oder verweigert wurden, untersucht der Autor unter konfessionsvergleichender Perspektive mit Blick auf die Bildungs- und Berufsauffassung der Lehrerschaft sowie mit Blick auf das von den Lehrkräften vertretene Staats- und Geschichtsbild zwischen Reichsgründung und dem Ende des Ersten Weltkriegs.
Männer von Welt
(2016)
Um 1600 wurde es an den Universitäten und Ritterakademien in ganz Europa üblich, neben den Vorlesungen auch den Unterricht von Exerzitien- und Sprachmeistern zu besuchen: Beim Reiten, Fechten und Tanzen, beim Ballspiel und im Unterricht des Italienischen und Französischen erlernten zunächst adlige, bald aber auch bürgerliche Studenten Körperbeherrschung, Umgangsformen, Konversation und Weltgewandtheit. Die Exerzitien- und Sprachmeister waren hochqualifizierte Fachkräfte mit einem ganz eigenen Standesbewusstsein. Von den Professoren unterschieden sie sich durch die große Bandbreite ihrer regionalen wie sozialen Herkunft, ihre konfessionelle Vielfalt sowie durch ihre nichtakademische Sozialisation und praktische Vorbildung. Mit ihrer fachlichen und persönlichen Affinität zum romanischen Kulturkreis verkörperten sie nicht nur die Weltläufigkeit, die sie lehrten, sie standen auch für kulturellen Austausch und Wissenstransfer: Sie waren Männer von Welt. Die Studie untersucht die zwischen 1594 und 1819 am Studienstandort Tübingen wirkenden Maîtres und beleuchtet damit ein spannendes und noch weitgehend unbekanntes Kapitel der Sozial- und Kulturgeschichte der Bildung in der Frühen Neuzeit.
Die nationalsozialistische Reichsuniversität Straßburg existierte nur drei Jahre von 1941 bis 1944. Sie besitzt aber trotzdem eine herausragende Bedeutung innerhalb der deutschen Universitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts: Zum einen ist sie die einzige Neugründung einer Volluniversität in der NS-Zeit, bei der keinerlei Rücksicht auf Traditionen und personelle Kontinuitäten genommen werden musste und mit der nationalsozialistische Hochschulpolitiker ihre „Musteruniversität“ mit fachlich ausgewiesenen und politisch zuverlässigen Professoren und Dozenten verwirklichen konnten. Zum anderen ist sie wegen der „wissenschaftlichen“ Mordtaten ihrer Mediziner Bickenbach, Haagen und Hirt ein universales Symbol für die potentiell verbrecherische Dimension einer von ethischen Werten losgelösten Wissenschaft. Die Reichsuniversität Straßburg sollte mithelfen, das eroberte „deutsche Elsass“ in das nationalsozialistische Großdeutsche Reich zu integrieren; zugleich wurde die ins Zentralmassiv evakuierte französische Université de Strasbourg vehement bekämpft. Die meisten nach Straßburg berufenen Professoren konnten ihre akademischen Karrieren in der Bundesrepublik fortsetzen, während die Geschichte der Reichsuniversität Straßburg und ihrer Opfer nach 1945 nahezu in Vergessenheit geriet.
Sühne für die Schuld Europas
(2011)
„Die Heidelberger Universität war die erste, auf welche ein Jude (Spinoza) als Professor der Philosophie berufen worden; sie war die erste, auf welcher ein Lehrstuhl für Natur- und Völkerrecht (für Pufendorf) errichtet wurde; möge ihre hochwürdige theologische Fakultät die Erste seyn, welche durch Ertheilung der Doctorwürde an einen, dem in Nordamerika mishandelten und verachteten Menschenstamm Angehörigen, dazu beiträgt, eine, wider Natur- und Völkerrecht an diesem Stamm von Europa verwirkte Schuld zu sühnen!“ Diese Bitte richtete Friedrich Wilhelm Carove, ein freisinniger katholischer Schriftsteller, am 17. November 1849 für James William Charles Pennington an die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg.
Erich von Baeyer (1909-1990)
(2011)
Am Anfang war ein Bild: Das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (ZKJM), richtete 2010 ein Symposium mit einem Begleitbuch zu seinem 150. Geburtstag aus. Dafür war im Universitätsarchiv Heidelberg (UAH) ein Bild des damals 36-jährigen ersten Direktors Dr. Theodor von Dusch aus mehreren Fotografien ausgesucht worden. Beim Herausgehen aus den hinteren Räumen stießen wir auf die dort aufgehängte Karikatur Ernst Moros (1874-1951), des ersten Ordinarius für Kinderheilkunde in Heidelberg, signiert „v. B. 1932“. Welche Person und Geschichte sich hinter den Initialen verbergen, war im ZKJM, aber nicht im UAH bekannt.
Bittbrief an Conze
(2010)
Eine der bemerkenswerten Erscheinungen der 68er Protestbewegung waren die Flugblätter. Schnell geschrieben, mit einfachen technischen Mitteln billig hergestellt und sofort verteilt waren sie ein immer zahlreicher genutztes Medium für eine neue, von den bis dahin wirksamen Instanzen unabhängige Öffentlichkeit. An manchen Tagen wurden an der Mensa gut mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Texte verteilt: Berichte, Kritiken, Polemiken, manchmal Satiren, und sie wurden gelesen. Dabei meldeten sich nicht nur die politischen Gruppen zu Wort. Auch Einzelne nutzten die Chance, gelesen zu werden, wurden zu Autoren von politisch, manchmal auch literarisch auffälligen Texten und verteilten sie eigenhändig.
Am Ende des Dreißigjährigen Krieges standen sich die Konfessionen „als klar und hart geprägte Typen gegenüber. Als Ergebnis des langen Streites, aber auch der erzieherischen Tätigkeit der Obrigkeiten, hatte sich ein geschärftes konfessionelles Bewusstsein entwickelt, ein von Abwehrbereitschaft, Hass, Misstrauen, Verbitterung und Verkennung diktiertes Verhältnis der verschiedenen Kirchengruppen zueinander.“ Der pfälzische Kurfürst Karl Ludwig passt nicht in dieses Bild. Er war der zweite Sohn des Kurfürsten Friedrich V., des „Winterkönigs“, und seiner Gattin Elisabeth von England und erhielt erst 1648 die Pfalz und „führte in kurzer Zeit das verwaiste Erbe zu neuer Blüte.“ In das entvölkerte Land rief er Einwanderer. „Alle drei christlichen Konfessionen erhielten volle Freiheit, ja, in der Kirche zur ,Heiligen Einheit‘ wurden abwechselnd katholische, calvinistische und lutherische Gottesdienste abgehalten. Auch die wiedereröffnete Universität Heidelberg sollte im Geist der Toleranz arbeiten.“ Hier wurde bei der Restitution der Universität 1652 der jüdische Stadtarzt von Heidelberg Jacob Israel
zum Professor für Physiologie, Anatomie und Chirurgie berufen, jedoch anfangs unter Verzicht auf eine Besoldung. Er fungierte zwischen 1658 und 1673 viermal als Rektor der Universität, bevor er 1674 starb. Im Feb. 1673, Israels letztem Rektorat, erhielt der Heidelberger Theologieprofessor Hans Ludwig Fabritius „von Kurfürsten Karl Ludwig den Auftrag, den niederländischen Philosophen Baruch Spinoza (1632-1677) zur Annahme des Rufes auf den Heidelberger Lehrstuhl für Philosophie zu bewegen.“ Allerdings lehnte Spinoza ab, und als 1685 mit dem Tod des Kurfürsten Karl, Karl Ludwigs Sohn, die Linie Pfalz-Simmern erlosch, versank die Pfalz in den Zerstörungen des Orleanschen Erbfolgekriegs. Sie wurde noch schlimmer verwüstet als im Dreißigjährigen Krieg, und mit den neuen Herren setzte bald auch die Gegenreformation ein. Es dauerte bis 1799, bis durch die Religionsdeklaration des Ministers Montgelas die Toleranz wenigstens für die christlichen Kirchen in der Pfalz wieder eingeführt wurde.
Zwangsarbeit in Heidelberg
(2002)
Als Projektgruppe an der Integrierten Gesamtschule Mannheim-Herzogenried befassen wir uns seit über zwei Jahren mit einem Transport, in dem 1944 über 400 Männer aus der Vogesenstadt Raon l'Etape zur Zwangsarbeit nach Heidelberg verschleppt wurden. Im Stadtarchiv Heidelberg versuchten wir, die Liste dieses Transports zu rekonstruieren, der am 11. November 1944 in Heidelberg eintraf. Bisher konnten wir 429 Namen feststellen, teilweise auch die Firmen und die dazugehörigen Lager. Wir nehmen jedoch an, dass mit dem Zug über 500 Männer verschleppt wurden, so viele, wie zur gleichen Zeit jeweils in Deportationszügen aus Saint-Dié, Gérardmer oder La Bresse nach Mannheim, Karlsruhe und Pforzheim gebracht wurden. Eine solche Liste war in Raon bisher unbekannt; für die ehemaligen Deportierten wurde sie bei der Entscheidung wichtig, ob sie Entschädigungsanträge stellen sollten.
„Wir sind jung; auf kein Parteigeleise und keine Weltanschauungschaussee verpflichtet. Wir machen die lustigsten Extratouren und laufen den verschwiegendsten Waldwegen nach, wie es uns gerade passt. Im übrigen sind wir für Locamo, den dezentralisierten Einheitsstaat, Körperkultur, Ausbau der Universität, billige Mensa und bessere Studentenbuden. Wir sind gegen Berlin, gegen den Fremdenverkehr und die Polizei.“ (Komplizissimus, S. 38) Studentische Publizistik erscheint überwiegend kurzlebig und auf den ersten Blick nicht wirklich geeignet für tiefere Einblicke in akademische Kultur und Universitätsgeschichte. Das mag gelten und gegolten haben für die zahllosen, oft anlassbestimmten Broschüren, die häufig auf dem Niveau spaßiger Bier- und Abi-Zeitschriften einen Milieueindruck mit kurzer Verfallszeit vermitteln. Aussagekräftiger sind dagegen die Zeitschriften der studentischen Verbände, jene der Korporationen, die ins späte 19. Jahrhundert zurückreichen und die Verbandsorgane politischer Hochschulgruppen, die nach 1918 ins Leben gerufen wurden und heute z.T. schwer auffindbar sind. Neben den Verbindungszeitschriften entstanden aber schon um die Jahrhundertwende zahlreiche, von der Jugendbewegung inspirierte Organe der so genannten „Freistudentenschaft“.