592 Evertebrata (Wirbellose)
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Neben Regenwürmern, denen weltweit eine besondere Rolle beim Abbau der organischen Substanz, der Nährstoffrückführung sowie der Bodenbildung und -Strukturierung zukommt, prägen in tropischen Landökosystemen Termiten und Ameisen als soziale Insekten durch ihren Individuen-und Artenreichtum die Bodenfauna. Als sogenannte Ökosystem-Ingenieure formen sie durch ihre Fraß-, Grab- und Nestbauaktivität sichtbar ihren Lebensraum und bestimmen zusammen mit den anderen Makrofauna-Vertretern (Regenwürmer, Asseln und Tausendfüßer) die Dynamik der Nährstoffkreisläufe.
Während eines Zeitraums von 5 Jahren (1981 - 1985) wurden Abundanz, Biomasse, Vertikalverteilung und Altersstadienverteilung der Enchytraeen eines Moderbuchenwalds im nördlichen Schwarzwald (Stadtwald Ettlingen) mittels Aufschlämmung erfasst (= Standardprogramm). Durchschnittlich leben an diesem Standort 46.000 lnd/m2 mit einer Biomasse von 1,31 g Trockengewicht (= 8,80 g Frischgewicht) pro m2. Die Populationsdynamik der Tiere verläuft, insbesondere bei der Biomasse, sehr regelmäßig mit Sommerminima und Wintermaxima und wird im Allgemeinen nur durch extreme klimatische Umstände verändert. Parallel zum Standardprogramm wurden auf unmittelbar benachbarten Flächen im Stadtwald Ettlingen im Rahmen des Chemikalienprogramms zwei Umweltchemikalien (PCP, 2,4,5-T) in jeweils 2 Konzentrationen (1 bzw. 5 g/m2) zweimonatlich für 2 Jahre (1982 - 83) ausgebracht. Während dieser Zeit sowie in der ebenfalls zweijährigen Erholungsphase (1984 - 85) wurden die Auswirkungen der Chemikalien auf die Populationsdynamik der Enchytraeen untersucht. In der Applikationsphase wurde die Zahl der Enchytraeen durch die Chemikalien stark reduziert. Die Wirkung trat dabei konzentrationsabhängig und schichtspezifisch auf. Außerdem beeinflussten die beiden Stoffe die Altersverteilung der Enchytraeen. Gewöhnungseffekte waren mit Ausnahme auf der 2,4,5-T(1)-Fläche nicht feststellbar. Wichtigster Faktor bei der Erklärung der Wirkung der Chemikalien ist ihr geochemisches Verhalten (Löslichkeit, Adsorption, Akkumulation) im Boden. Bis auf die Fläche mit der hohen PCP-Konzentration hatten sich Abundanz und Biomasse zwei Jahre nach Ende der Applikation weitgehend der Kontrolle wieder angeglichen. Dabei traten teilweise erhebliche Überschussreaktionen (mehrere hundert Prozent!) über Kontrollniveau auf, deren Höhe mit der vorhergehenden Wirkung umgekehrt korreliert war. Diese Zunahme ist eine Reaktion der Enchytraeenzönose auf den durch die Chemikalien bedingten Abbaurückstand der Streu, wie sie in ähnlicher Form in anderen Belastungssituationen auch gefunden wurde. Abschätzungen der energetischen Parameter (z.B. Respiration) der Enchytraeenzönose legen nahe, dass die gefundenen Beeinträchtigungen sich auch auf der Ebene ökosystemarer Funktionen (speziell des Streuabbaus) niederschlagen können. Die differenzierte Reaktion der Enchytraeen des Stadtwalds Ettlingen nach Applikation zweier Umweltchemikalien sowie Erfahrungen aus der Literatur belegen ihre Eignung als Monitororganismen in ökotoxikologischen Freilandstudien.
In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, an Hand von umfangreichem Präparatematerial einige Fragen zur Biogeographie, Taxonomie, Phylogenie und Ökologie der Plectiden zu klären. Die Gattung Plectus sensu lato, wie sie hier verstanden wird, umfaßt die Gattungen Plectus, Ceratoplectus und Chiloplectus sensu ANDRASSY 1984 sowie die Familie Wilsonematidae sensu GANGULY & KHAN, 1986. Letztere wird in dieser Arbeit aus Platzgründen nicht detailliert abgehandelt, so daß der Schwerpunkt der Arbeit auf den Gattungen Plectus, Ceratoplectus und Chiloplectus sensu ANDRASSY liegt. Hierzu wurden Tiere aus Neuaufsammlungen aus aller Welt sowie aus Sammlungen verschiedener Museen und Institute untersucht, die aus mehr als 70 Ländern bzw. größeren Inseln stammten. Die Arten der Gattung Plectus sensu lato (ohne Wilsonematidae sensu GANGULY & KHAN) sind weltweit anzutreffen. Es zeigt sich jedoch, daß sie in den Tropen nur spärlich vertreten sind, ihre Artenzahl in Richtung der gemäßigten und nördlichen Breiten zunimmt, wo sie in der Regel auch in höheren Individuendichten auftreten. Marine Arten sind unbekannt, es werden nur Land und Süßwasserbiotope besiedelt (abgesehen von einem einzigen Individuum, das im Brackwasserboden gefunden wurde). Bei terrestrischen Habitaten werden "natürliche Biotope" wie Wälder gegenüber Kulturboden wie Wiesen und Feldern bevorzugt. Es werden im folgenden Perioplectus labiosus (Sanwal, 1968) sowie 56 Arten der Gattung Plectus sensu lato beschrieben. Von diesen 56 Arten sind 15 neu. Mit einer einzigen Ausnahme ( Plectus (Ceratoplectus) lenis (ANDRASSY, 1985)) lagen mir von allen anderen Arten Präparate vor, so daß diese alle nach einheitlichem Standard dokumentiert und beschrieben werden konnten, was auch eine Vergleichbarkeit der Arten ermöglicht. Bei jeder Art wird zudem die Anzahl der untersuchten Tiere, die Anzahl der Fundorte sowie, falls verfügbar, auch weitere Information zu den Fundorten angegeben, bei größerer Anzahl von Fundorten in Form von Tabellen. Die Arten können mit Hilfe eines Schlüssels voneinander getrennt werden. Dieser Schlüssel ist den Artbeschreibungen vorangestellt. Um Mißverständnisse auszuräumen, werden einige wichtige, auch bei der Bestimmmung relevante Merkmale, in einem besonderen Abschnitt definiert. Eine Untersuchung der Verwandtschaftsverhältnisse ergibt, daß ein Großteil der bisherigen Gattungen und Familien nicht aufrecht erhalten werden kann, da ihre Definition jeder phylogenetischen Grundlage entbehrt. Auf Grund der natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse ergibt sich folgendes: Die Plectoidea enthalten zwei Familien, einerseits die Anaplectidae n. fam. mit den beiden Gattungen Perioplectus Sanwal in GERLACH & RIEMANN, 1973 und Anaplectus DE CONINCK & SCHUURMANS-STEKHOVEN, 1933, andererseits die Plectidae ÖRLEY, 1880 mit den beiden Gattungen Chiloplectus ANDRASSY, 1984 und Plectus BASTIAN, 1865. Innerhalb der Gattung Plectus lassen sich verschiedene Artengruppen unterscheiden, eine davon umfaßt die bisherige Gattung Ceratoplectus ein schließlich der Wilsonematidae. Für diese läßt sich somit der Gattungs- bzw. der Familienrang nicht aufrechterhalten, sondern sie müssen in die Gattung Plectus eingegliedert werden. Dies wird ausführlich an Hand der Verteilung holapomorpher Merkmale auf die Gruppen begründet und die daraus folgen den nomenklatorisch notwendigen Änderungen werden dargestellt.