610 Medizin und Gesundheit
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Die Malaria begleitet die Menschen seit Urzeiten. Schon der antike Arzt Hippokrates hatte beobachtet, dass die Seuche Malaria überwiegend in feuchten Gegenden auftritt und empfahl deshalb, sich nicht in Sumpfgebieten anzusiedeln und wenn es dennoch notwendig wäre, die Sümpfe zu entwässern. Trotzdem sah das Gros der Menschheit (einschließlich der Heilkundigen) in der Krankheit jahrtausendelang einen Gewaltakt übernatürlicher Mächte. Auch nachdem der bedeutende altrömische Universalgelehrte Marcus Terentius Varro durch Beobachtungen zum Schluss gekommen war, dass „bestiolae“, allerkleinste Tierchen, die in sumpfigen Regionen heimisch sind, die Schuld für die gefürchteten Fieberanfälle trügen, hielten Ärzte und Naturforscher bis weit in die Neuzeit hinein schwärende Dämpfe und giftige Ausdünstungen über Moorgebieten als alleinverantwortlich für die Ursache der Krankheit. Nach dieser Boden-Luft-Theorie wurde Malaria durch ein so genanntes Miasma, das in Sumpfgegenden aus dem Boden entweicht, ausgelöst. Nicht umsonst bezeichnete im Jahre 1573 ein italienischer Mediziner namens Torti die Krankheit als „male aria“, was nichts anderes bedeutet als „böse Luft“. So blieb es dem 19. Jahrhundert vorbehalten, den komplexen Lebenszyklus des Malariaerregers aufzuklären und Moskitos der Gattung Anopheles als Vektoren zu identifizieren und so den Zusammenhang zwischen Krankheitserregern und Infektionen aufzudecken.
Die Bedeutung Karl Jaspers' für die Psychiatrie des 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Psychopathologie, ist unbestritten. Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn man Jaspers' Einfluß auf die Psychiatrie wesentlich höher veranschlagt als auf die Philosophie der Gegenwart. Aber auch seine Auseinandersetzung mit Grundfragen der Psychotherapie aus der Sicht des Psychiaters und Philosophen ist bedeutsam und hatte erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und Stellung der Psychotherapie in Deutschland nach dem Ende des 2. Weltkriegs.
Vor 75 Jahren, am 8. August 1927, nahm das Krankenhaus Speyerershof als „Mittelstandssanatorium“ seinen Betrieb auf. Initiator der Anstalt war Albert Fraenkel, einer der bedeutendsten Mediziner seiner Zeit. Er setzte sich über Jahre hinweg für den Bau des Krankenhauses ein und leitete es bis zu seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933. Albert Fraenkel war Jude und wurde am 3. Juni 1864 in Mußbach in der Pfalz als Sohn eines Weinhändlers geboren. Er besuchte die Volksschule in Neustadt und anschließend das Gymnasium in Landau. Im Frühjahr 1883 immatrikulierte er sich an der Universität München im Fach Medizin. Nach dem Physikum wechselte er an die Universität Straßburg, wo er 1888 das Staatsexamen ablegte. Die darauf folgende Stelle als Assistenzarzt in München musste Fraenkel nach kurzer Zeit wieder aufgeben, da er an Lungentuberkulose erkrankte. Dieses Erlebnis der eigenen schweren Erkrankung prägte Fraenkels Selbstverständnis als Arzt und seine Haltung gegenüber kranken Menschen grundlegend. Nach einer Reihe von Kuraufenthalten verbesserte sich Fraenkels Gesundheitszustand allmählich wieder. Er zog nach Berlin und arbeitete eine Zeit lang als Assistent in der Tuberkuloseforschung. Diese Tätigkeit sagte ihm jedoch nicht zu. Im Jahr 1891 ließ er sich als praktischer Arzt und Kurarzt in Badenweiler im Südschwarzwald nieder. Hier machte sich Fraenkel bald einen Namen als ärztlicher Leiter zweier Sanatorien, der Villa Hedwig und der Villa Paul.
Die Geschichte der Heidelberger Universitätsmedizin des 20. Jahrhunderts ist nicht arm an klingenden Namen: Wilhelm Erb, Ludolf von Krehl, Viktor von Weizsäcker, Eugen Enderlen, die Reihe ließe sich durchaus noch verlängern. Gelegentlich werden bei solchen Aufzählungen der ,Helden‘ jedoch die ,Großen‘ Heidelberger Kliniker (und nicht nur sie) vergessen, die von den Nationalsozialisten drangsaliert, vertrieben, ermordet oder auch ,nur‘ aus ihren Ämtern gedrängt wurden, weil sie nicht in den braunen Gleichschritt auch der Heidelberger Universität zwischen 1933 und 1945 zu bringen oder aus so genannten rassischen oder aus politischen Gründen nicht in den beengten völkischpolitischen Denkhorizont der Machthaber einzuordnen waren. Zu diesen Nonkonformen zählte auch der Kinderarzt Ernst Moro, der als Ordinarius seines Faches die Heidelberger Pädiatrie zwischen 1911 und 1936 zu einer Blüte gebracht hat, die weit über die Grenzen der Neckarstadt hinaus strahlte. Mit seinem Namen verbinden sich zweifellos goldene Jahre der Heidelberger Pädiatrie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
In der Geschichte der Erbohrung der Bergheimer Thermalquelle und des Baus des Radium-Solbads verbinden sich Überlegungen zur Stadtentwicklung mit einem Grundstücksproblem und mit dem Fortschritt der Geologie. Das Projekt eines Heidelberger Heilbads hatte drei Voraussetzungen: das Interesse der Stadt an Einrichtungen zur Förderung des Fremdenverkehrs, die geologischen Gegebenheiten am Rand des Oberrheingrabens und die Schwierigkeit, das Grundstück des ehemaligen Zementwerks in Bergheim zu verwerten. Die folgenlose Grundsteinlegung von 1924 und die Zahlungsunfähigkeit der „Bad Heidelberg AG“ 1926 haben die wirtschaftliche Depression der zwanziger Jahre zum allgemeinen Hintergrund, sind aber doch eher ein Lehrstück für die Risiken im Grenzbereich zwischen kommunalen und privatwirtschaftlichen Unternehmungen. Nur die Besinnung auf die Tugend der kommunalen Führung brachte das Projekt 1928 zum Erfolg.
In seinem sparsamen, trotz der Größe und Ausdehnung eher bescheidenen Äußeren stellt das Reformierte Spital in der Heidelberger Voraltstadt eines der markantesten Gebäude dar, nahezu jeder Schmuck fehlt ihm, nur angedeutete Kapitelle über den Lisenen, ein kaum hervortretender Mittelrisalit, schmucklos gestaltete Fenstergewände, gegen alle barocken Gewohnheiten eher ein introvertierter Baukörper, ohne eine einladende und festliche Portalarchitektur, ganz auf die Innerlichkeit der Lebenshaltung der Reformierten verweisend. Freilich war das weniger eine selbst getroffene Wahl, die beschränkten Geldmittel, wohl auch die nachbarschaftliche Nähe zum Katholischen St.-Anna-Spital mit einem schweren barocken Bau, und beides zusammen ein deutlicher Hinweis auf die Unterschiede und die konfessionspolitisch bedingte Entstehungsgeschichte des Reformierten Spitals.
Die Heidelberger Hochschulmedizin hat in den zwanziger Jahren trotz schwerer Kriegsfolgen und Wirtschaftskrisen eine unvergleichliche Blütezeit erlebt. Entscheidende Forschungsimpulse in Physiologie, Chirurgie und Innerer Medizin, in Pädiatrie und Psychiatrie und in vielen anderen Fächern gingen von der Neckarstadt aus, zahllose Forscher aus dem In- und Ausland besuchten die wissenschaftlichen Institute und Kliniken der Stadt, ausländische und deutsche Studenten wurden von der Anziehungskraft einer fundierten wissenschaftlichen und patientennahen praktischen Ausbildung nach Heidelberg gezogen. Gegenüber dem gesamten Studentenzuwachs der Universität, der zwischen 1914 und 1933 immerhin bei etwa 38 % lag, wuchs die Zahl der Medizinstudenten im gleichen Zeitraum um fast das Doppelte (67 %). Die Ursachen für diesen überdurchschnittlichen Zuwachs dürften vielfältig sein, dass sich in ihnen aber auch die wissenschaftliche Attraktivität des medizinischen Standorts Heidelberg spiegelte, ist unzweifelhaft.
"IN SCIENTIA SALUS"
(2013)
Im Jahre 1877 nahm der Billroth-Schüler Vinzenz Czerny (1842-1916) den Ruf auf den Lehrstuhl für Chirurgie in Heidelberg an. Aufgrund seines überragenden Könnens erwarb er sich großes Ansehen als kühner Operateur, der sich „gerne an der Grenze des Erreichbaren bewegt" hat, und als charismatischer Lehrer. In dieser Zeit begegneten ihm viele Patienten mit schwersten, oft inoperablen Krebsleiden. Nach Besuchen des Morosovschen Krebsspitals in Moskau und des Krebsforschungsinstituts in Buffalo, plante er die Gründung einer ähnlichen Einrichtung in Heidelberg.
Wie im Jahr 1951 der Kinderarzt Ernst Mora (1874-1951), so wurde nur drei Jahre später auch sein Kollege Johann Duken (1889-1954) auf dem Handschuhsheimer Friedhof beerdigt, beide nach Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung unter lebhafter Anteilnahme der Bevölkerung. Beide hatten die Heidelberger Kinderklinik geleitet, beide zuletzt in der Mozartstraße gelebt. Doch Ansprachen von Vertretern der Universität wurden nur an Moros Grab gehalten. Das lag in einem wesentlichen Unterschied begründet: Moro, der erste Heidelberger Ordinarius für Kinderheilkunde, hatte sich im Dritten
Reich zurückgezogen. Duken dagegen war als überzeugter Nationalsozialist auf den vakanten Lehrstuhl berufen worden. Aufgrund seiner Verstrickungen durfte er nach dem Krieg nicht in sein Amt zurückkehren.
Ernst Kürz in Heidelberg
(2021)
Sein Name ist weitestgehend vergessen. Und doch ist er erst kürzlich in einer englischsprachigen Gesamtdarstellung der Spanischen Grippe erwähnt worden. Um diesen Zusammenhang einordnen zu können, muss man sich ein Bild der gravierendsten Pandemie des 20. Jahrhunderts und deren Rezeption machen. Dieses Bild ähnelte sich 1918 –1920 in ganz Deutschland. Zu berücksichtigen ist, dass die Geschichte der Grippe insgesamt dadurch gekennzeichnet ist, dass Influenza alltäglich sein kann, aber auch desaströs – für einzelne, aber auch für große Gruppen von Menschen. Die erste Welle der Spanischen Grippe im Deutschen Reich, die sich im Frühjahr 1918 ereignete, stand für die Grippe als eher harmlose Erkrankung, die viele befiel, aber relativ wenige tötete. Die zweite Welle, diejenige des Herbstes 1918, entpuppte sich als die eigentliche tödliche Welle. Die dritte Welle, im Frühjahr 1920, wurde von vielen gar nicht mehr als solche wahrgenommen, oder man datierte sie, wie es heute noch viele tun, fälschlicherweise bereits in das Jahr 1919.