628 Sanitär- und Kommunaltechnik; Umwelttechnik
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Eine ganz alltägliche Straßenszene ist scheinbar auf dem Eingangsbild zu sehen. In das Zentrum des anonymen Holzschnitts ist eine Musik-Gruppe platziert, bestehend aus vier bewaffneten Spielmännern und zwei singenden Kindern. Seitlich davon lugt eine Frau parterre aus dem Fenster: Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht wirft sie Unrat auf die Straße. Hier schreit sie uns förmlich an, die Unachtsamkeit und Unsauberkeit des mittelalterlichen Menschen - so hat man sich den 'verwahrlosten' Alltag der mittelalterlichen Stadt vorzustellen! Doch wie alltäglich war das auf dem Holzschnitt Gezeigte wirklich? Dieser Beitrag prüft, ob das heute vorherrschende Bild der „schmutzstarrenden“ Stadt des Mittelalters berechtigt
ist. Oder ob dieser Vorwurf ein Stereotyp bedient, das zumindest in wissenschaftlicher Perspektive differenziert gesehen werden kann. Der Ansicht von der im Mittelalter angeblich geradezu charakteristischen Nachlässigkeit der Städte in der öffentlichen Reinlichkeitspflege sind Belege gegenüberzustellen, die zeigen, dass zumindest offiziell Schmutz unerwünscht und Sauberkeit sehr geschätzt waren. Mit den Untersuchungen von Ulf Dirlmeier, Klaus Grewe und Ernst Schubert sollten Gegenpositionen zu den bekannten Vorurteilen über die hygienisch heruntergekommene Mittelalterstadt dargestellt werden, die es ermöglichen, zu differenzierten Urteilen über die damaligen Verhältnisse zu kommen. Um aber den Themenkomplex „Stadt - Mensch - Abfall“ besser zu verstehen, beginne ich zunächst mit einem Überblick zur Institution der „Mittelalterlichen Stadt“. Kennt man die Verhältnisse und Aufgaben dieses Gemeinwesens, fällt es leichter, sich ein angemessenes Bild über den damaligen Umgang mit Dingen, die als Müll, Abfall oder 'Unlust' galten, zu machen. Anschließend soll die methodische Frage beantwortet werden, welche Quellenmaterialien überhaupt noch zur Verfügung stehen, um den Untersuchungsgegenstand „Entsorgung in der Stadt“ wissenschaftlich aufzuarbeiten. Der Hauptteil befasst sich mit Themen der „Wasserver- und -entsorgung“, „Straßenpflasterung“, „Fäkalienentsorgung“ und „öffentliche Straßenreinigung“. Die
Ergebnisse sollen am Ende die durch das Titelbild aufgeworfene Frage „Wie schmutzig war das Mittelalter?“ klären helfen. Auch wäre zu fragen, ob die gewonnen Erkenntnisse in den Kontexthistorischer Alltagsforschung zu stellen sind, bzw. ob ein 'erweiterter', auf die Entsorgungsproblematik sensibilisierter Ansatz ausreichend Auskunft über das alltägliche Leben mittelalterlicher Städte geben kann.
Neben der inneren und äußeren Friedenssicherung war die Versorgung der Bürger mit den Grundgegebenheiten des täglichen Lebens die Hauptaufgabe der mittelalterlichen und der neuzeitlichen Kommunen. Wasser spielte dabei eine besondere Rolle. Man konnte es aus tief gegrabenen Brunnen gewinnen, aus Flüßen oder Bächen schöpfen, seit dem Spätmittelalter auch durch komplizierte Hebewerke in die Städte leiten. Mit welchem System auch immer eine mittelalterliche Stadt sich mit dem notwendigen Wasser versorgte, die Stadt war ein genossenschaftlicher Personenverband und auf die
aktive und verantwortliche Beteiligung der Bürger am Gemeinwesen angewiesen. In entsprechender Weise waren alle kommunalen Aufgaben geregelt, wobei dem Stadtregiment eine organisatorische und planerische Leitung zukam. Dieses ist in Heidelberg deutlich zu erkennen.
Im Namen Rohrbach ist die Anspielung auf Wasser schon enthalten und in seinem Wappen bereits visualisiert. Fünf blaue Wellenlinien symbolisieren den Bach im geteilten Wappenschild. Darüber stehen auf gelbem Grund die Buchstaben „r o r“. Der Bach oder „Die Bach“ wie die Mundartbezeichnung ist, hat seinen Namen nicht, wie heute oft irrtümlich angenommen, von seinem im Ortsbereich weitgehenden Verlauf in Rohren, sondern vom Schilfrohr, das am Bachufer wuchs. Das Bachwasser floss vom kleinen Odenwald in einen der nacheiszeitlich stark mäandrierenden Schwemmarme von Rhein oder Neckar, die früher bis ins Gebiet des heutigen Rohrbach und Kirchheim reichten. Der „Kerchemer See“ genannte Altarm, der Rohrbach und Kirchheim trennte, war noch bis etwa 1920 mit Wasser gefüllt. Nach seinem vollständigen Verlanden erinnert allein der Verlauf der „Oberen-“ und „Unteren Seegasse“ in Kirchheim an dieses Gewässer.