792 Theater, Tanz
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In der frühen Neuzeit gab es eine ausgeprägte geistliche Theaterkultur. In vielen Abteien, Klöstern und geistlichen Schulen kamen jährlich mehrere Dramen zur Aufführung. Sie dienten der Unterweisung der Schüler in der lateinischen Sprache, aber auch der Repräsentation der geistlichen Institutionen, die sie zur Aufführung brachten. Vor allem aber waren sie ausgerichtet auf die Gewinnung der Zuschauer und Mitwirkenden für den katholischen Glauben bzw. auf die Festigung dieses Glaubens. In der Überlieferung der Reichsabtei Marchtal hat sich eine umfangreiche Sammlung derartiger Dramen, Periochen und Libretti erhalten. Die Stücke stammen aus den verschiedensten geistlichen Einrichtungen des süddeutschen Raumes
und der angrenzenden Gebiete. Sie werden hier erstmals umfassend präsentiert und analysiert. Diese Gesamtschau verbindet interdisziplinär geschichtliche, kirchengeschichtliche und literaturgeschichtliche Aspekte und vermittelt damit einen umfassenden Einblick in einen zu Unrecht bislang wenig beachteten Teil der deutschen Kulturgeschichte.
„Wir haben auch commedianten hir, den Hans Ernst mit seiner bande; sie haben gestern 'pfuidian hinaus hinaus mit dir, pfui pfui o pfuidian hinaus und [all, die] solche seyn' gespillet“, meldet am 5. Dezember 1667 ein Brief der 15-jährigen Liselotte von der Pfalz, bestimmt für „Madame de Harling E Luneburg“. Fünf Jahre zuvor war die Kurprinzessin aus der Obhut ihrer hannoverschen Tante Sophie nach Heidelberg zurückgekehrt und verrät inzwischen im launigen Schriftverkehr mit „ma Tante“ und ihrer ehemaligen Erzieherin Anna Katharina von Harling schon viel von dem geistvollen Plaudertalent, das sie für die Nachwelt berühmt gemacht hat.
Die Stadt steht zur Zeit im Mittelpunkt des Interesses. In Berlin befasst sich die Weltkonferenz der Städte - Urban 21 - mit den Problemen der Stadtentwicklung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Die Lokale Agenda 21 verlangt von uns Bürgern Engagement für eine nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung. Ich zitiere aus dem Vorwort der Oberbürgermeisterin Beate Weber im Veranstaltungskalender Das Bild der Stadt (Heidelberg 2000): „Diese Rückbesinnung auf die Civitas unterstützt die Stadt Heidelberg, indem Sie eine Stadtentwicklung anstrebt, die Kommunikations- und Begegnungsmöglichkeiten schafft. Sie bilden den optimalen Hintergrund für kulturelle Aktivitäten, die aus einer engen Beziehung zwischen Bürgern und ihrer Stadt entstehen.“ Es lohnt sich, in diesem Rahmen einmal zurückzuschauen, wie sich wenige Monate nach Kriegsende das kulturelle Leben in der nahezu unzerstörten Stadt Heidelberg und ganz besonders hier in Handschuhsheim mit dem Bachlenztheater, später Volkstheater, entwickelt hat.
Heidelberg ist eine Musikstadt mit reicher Tradition. Wer bei Musik aber an Musiktheater denkt, wird, das darf man behaupten, sicher zuletzt an Heidelberg denken. Heidelberg als Musikstadt, das waren Hofkapelle und Hofkantorei Friedrichs I. und seiner Nachfolger im 15. und 16. Jahrhundert, das war und ist seit 1885 der Heidelberger Bachverein, das ist ein nach wie vor faszinierendes Musikleben, das sich aus einer Fülle von Einzelinitiativen vor allem im Chor- und Kammermusikbereich speist. Heidelberg als Theaterstadt, um nur ein paar Rahmendaten zu benennen, das ist das Hoftheater seit der Zeit des prachtliebenden Kurfürsten Friedrich IV. an der Wende zum 17. Jahrhundert, das ist Heinrich George auf dem Schloss, das sind aber auch Aufführungen wie Faust I und II im Goethejahr 1999 am Taeter-Theater. Heidelbergs Musiktheater hingegen war schon immer und über alle lntendantenwechsel hinweg Provinz. Provinztheater - das kann man durchaus verstehen auch ohne pejorativen Beiklang: Hinterland zwar, aber nicht
hinterwäldlerisch, vielmehr, fern des Glanzes des Einmaligen, für das Kulturleben repräsentativ. Auf das Repräsentative ist also hinzuweisen, im
Rundblick auf das Stadttheater der Jahre zwischen um 1830 und um 1930. Und in einzelnen Schlaglichtern soll Individuelles beleuchtet werden.
Theater auf Aktien
(2001)
Zuletzt wurde 1953 in Heidelberg ein Theaterjubiläum begangen: 100 Jahre städtische Bühne. 2003 ist mit einem Anschlussfest zu rechnen. Aber ist die bauliche Fertigstellung eines Theaters ein geeigneter Erinnerungstermin? Organisationsgeschichtlich bieten sich zwei andere Daten an: Ab 1837 fanden im Prinz Max in der Marstallstraße regelmäßige Theateraufführungen statt, die seit 1843 unter dem Namen „Heidelberger Stadttheater“ dargeboten wurden. Diese Vorgeschichte war freilich allen früheren Theaterjubiläen bekannt, auch schon 1878. Das Heidelberger Bürgertum hat immer
an dem Baujubiläum festgehalten, weil es sich am Bau so intensiv wie bisher sonst nicht am Theater beteiligt hatte. So wird es 2003 wieder ein
großes Fest geben, an dem das Heidelberger Bürgertum sein Theater und sich selbst feiert. Für den Stadthistoriker bleibt es dagegen eine gute Erfahrung, ein Thema ohne Jubiläumsdruck bearbeiten zu können.
Die im Titel gestellte Frage, ob die Heidelberger Schlossfestspiele ein Salzburg des deutschen Südwestens seien, mag mit Blick auf die gegenwärtig
jeden Sommer stattfindende Veranstaltungsreihe zunächst einmal überraschen. Nichts gegen das abwechslungsreiche Programm vor attraktiver
Schlosskulisse und auch gar nichts gegen den alljährlich dort aufgeführten „Student Prince“, der eigentlich weitaus besser ist als sein schlechter Ruf.
Aber was soll das mit dem hohen künstlerischen Anspruch der Festspielinszenierungen in der Österreichischen Mozartstadt zu tun haben, was mit
deren Aufgebot an Stars aus der internationalen Theater- und Musikbranche? Und selbst die Champagner schlürfende Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur - offenbar ebenfalls unverzichtbare Begleiterscheinung hoher Festspielkultur - wird hier nicht in teuren Limousinen vorgefahren, um für die Boulevard-Presse zu posieren. Anders formuliert: Zwischen dem „Castle-Festival“ Heidelberg, das sich eines großen Zuspruchs nicht zuletzt seitens der Touristen erfreut, und den „Salzburger Festspielen“, die zur Pflichtstation hehrer Kunstpilgerschaft gehören, liegen Welten. Die traditionsreichen Festspiele im Salzkammergut als Vergleichsmaßstab für Heidelberg? Eigentlich ein abwegiger Gedanke.
Zimmertheater vor 500 Jahren
(2001)
Fünfzig Jahre sind keine geringe Zeit, auch nicht für ein Haus wie das Heidelberger Zimmertheater. Es ist gerühmt und gewürdigt worden; alle Glückwünsche und Hoffnungen ruhen auf ihm. Das Thema dieses Beitrags möchte Sie über eine zehnfache Zeitspanne, über 500 Jahre also, in die Zeit um 1500, genauer vor 1500, eigentlich nur zu zwei Tagen in den Jahren 1480 und 1497 geleiten, an denen im Wormser Hof in unmittelbarer Nähe des heutigen Zimmertheaters Theater gespielt worden ist.
Vorsprechen
(2001)
Das Theater, immer schon da gewesen, von Anfang an in meinem Leben wirksam, wie der Wind hier, Westwind, Regenwind meistens, der am Laden
rüttelt, immer schon da war, der aufstöhnende Nussbaum oder der fette Brummer, der gegen das gleißende Fensterviereck anrennt; im Treppenhaus täglich das Schnarren des Milchmanns, Heilhitler! Diese Ruhe auf den leeren Straßen und vom Garten her, der mit seinem Grün hereinschwappt, doch im Flureck knackt es bereits am späten Nachmittag, das sind die Geister, die Gespenster, die unbeerdigten Toten, die im Kleiderschrank hausen, anhängliche Tiere. Wie sie ihre Stimme verstellen und zierlich machen, wie sie die Köpfe durch den Türspalt zwängen, durch die Vorhangöffnung, einer über dem anderen, welche Fratzen. Immer gegenwärtig das Märchen vom toten Kind, das nicht richtig tot sein kann, weil es ein paar Münzen
gestohlen und in den Ritzen des Holzbodens vergraben hat, und nun scharrt es jede Nacht mit den gekrümmten Fingernägeln nach den Geldstücken, ich höre es deutlich. Ich soll, heißt es, von früh auf nur mit Puppen gespielt haben, nicht mit Eisenbahn, Panzern, Märklin-Baukasten, sondern nur mit Puppen, meinen Gesprächsfreunden im Kinderheim, im Krankenhaus und später auch zu Hause. Anfangs waren es Püppchen, die ich aus der Wolle formte, welche ich den Bettdecken, die stets auf mir lagen, ausriss. Später waren die Puppen aus Stoff, mit Sägemehl gefüllt oder mit Sand, der bald stetig hervorrieselte, auch mit Lumpen, Puppen aus Gips, Zelluloid, Porzellan (die feinen kühlen Gesichter; der auf dem Steinfußboden der Küche zerbrechende Puppenkopf, ein entsetzliches Geräusch, ein Unglück), besonders Puppen aus Holz, flachem bemaltem Holz.
Schon immer war ich interessiert an der Geschichte unserer Region; dies wurde mir wohl von meinem Vater in die Wiege gelegt, der schon viele Jahre seines Lebens sich diesem Thema widmet. Und mit den „Geschichten“ hat alles einmal begonnen: Ich erinnere mich auch noch gut an einen Nachmittag bei meinen Großeltern, die für meine kindlichen Begriffe „ewig weit“ von uns entfernt im kurpfälzischen Nußloch bei Heidelberg wohnten. Eben damals, ich muss höchstens zehn Jahre alt gewesen sein, holte meine Oma, warum auch immer, einen geheimnisvollen Schuhkarton aus der Eckbank,
randvoll gefüllt mit Schwarzweiß-Fotografien. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an dem, was für eine Welt sich da vor mir auftat. Bilder meiner Großeltern aus jungen Jahren, meine Mutter als Kommunionkind mit langen Zöpfen, viele große Familienfeste an langen Tischen voller lachender, aber mir unbekannter Leute. Vieles gruselte mich auch irgendwie, besonders das Foto einer jungen Frau im offenen Sarg ließ mich schlucken. Meine Oma hingegen hatte da überhaupt nichts zu schlucken, sie erklärte frei heraus und scheinbar ohne jegliche Regung, welche Verwandte das gewesen und dass sie im Kindsbett gestorben sei. Jedoch der Hauptteil ihrer Erzählung bestand daraus, woher der „Asparagus“ stammte, mit dem der Sarg geschmückt war. Nun, und auch meinen Opa als Soldat zu sehen, in Russland, wie er mir dann verriet – ich war völlig verdattert. Wahrscheinlich begriff ich als kleiner Junge zum ersten Mal, dass meiner Zeit, die mir als die einzig existente vorkam, viele andere Zeiten und Epochen vorausgingen und dass die Gegenwart auch einmal zur Vergangenheit wird.
Man kann eine solche große Dauerausstellung nicht planen und realisieren, wenn keine sicheren historischen Grundlagen vorhanden sind. Es gibt Zufälle, oder wenn man will, Fügungen, welche diese unverzichtbaren Grundlagen liefern. In diesem Falle ist es die Sinsheimer Chronik, die erstmals gedruckt in der Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte von Friedrich Josef Mone (Bd. 1, Karlsruhe 1848) zu finden ist. Und dabei kam dem Direktor des Badischen Generallandesarchivs tatsächlich der Zufall zur Hilfe. Mone berichtet, daß er im Jahre 1824 seinen alten Lehrer Huberti in Bruchsal besucht und bei diesem die Handschrift der Chronik gefunden hat. Die ersten beiden Bücher schrieb Mone vollständig ab, das dritte nur insoweit, wie er es für seine Landesforschung benötigte. Als später Mone die Quellensammlung vorantrieb, wollte er die Handschrift zur Ergänzung seiner Abschrift des dritten Bandes wieder haben. Sie fand sich nicht mehr.