Die Anrufung des Abtes von Amorbach durch evangelische Untertanen des Hans Rüdt von Bödigheim und Collenberg im Jahre 1593
- Im späten 16. Jahrhundert beobachteten kurpfälzische Visitatoren und Pfarrer mit höchstem Befremden die Durchsetzung der calvinistischen Landesreligion mit „Praktiken“, die sie nicht anders denn als paganen Ursprungs bewerteten und die sie längst ausgerottet geglaubt hatten. Dazu hat Bernard Vogler das Folgende bemerkt: „Diese Praktiken einer mündlichen Gesellschaft hinterlassen nur schriftliche Zeugnisse, wenn die Obrigkeit zufällige Vorkommen auch registriert [….]. Es ist wahrscheinlich aufgrund dieser Situation, daß die verurteilten Praktiken eine gewisse Wichtigkeit bewahren und daß die überlieferten Quellen nur einen kleinen Teil des Eisbergs erfassen. Deshalb steht die Arbeit des Historikers in diesem Bereich auf wackligen Füßen, denn das Problem bleibt offen, inwieweit unsere historischen Zeugnisse zentrale oder marginale Begebenheiten beschreiben“. Vogler spricht hier Erscheinungen an, die sowohl in der Erforschung des Untertanenwiderstands nach dem Bauernkrieg als auch in der Reformationsforschung nur wenig Beachtung gefunden haben. Zurecht hat er dies mit der Zufälligkeit und damit Seltenheit der Überlieferung solcher „Praktiken“ erklärt. Um es vorauszuschicken: Die vorliegende Studie thematisiert die Auflehnung von Untertanen des Dorfes Eberstadt (Stadt Buchen, Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg) im Jahre 1593 gegen den Ortsherrn Hans Rüdt von Bödigheim und Collenberg. Anders jedoch als die ‚klassischen‘ Ursachen wie Konflikte um die Fronen – solche hatte die Herrschaft der Rüdt in den Siebzigerjahren erlebt – , die Erhebung der Schatzung u. ä. speiste sich hier die Widersetzlichkeit von Untertanen nicht zuletzt aus dem Verbot von Vorstellungen und Bräuchen, die sich in den Augen des Dorfherrn und seines Pfarrers als paganes und vermeintlich altkirchliches Erbe nicht mit dem Luthertum vereinbaren ließen und die eine frappierende Ähnlichkeit mit den von Vogler beschriebenen pfälzischen „Praktiken“ aufweisen.
Verfasserangaben: | Helmut NeumaierGND |
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DOI: | https://doi.org/10.57962/regionalia-21117 |
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch): | Jahrbuch für badische Kirchen- und Religionsgeschichte |
Untertitel (Deutsch): | zur Deutung eines außergewöhnlichen Vorgangs im konfessionellen Zeitalter |
Dokumentart: | Wissenschaftlicher Artikel |
Sprache: | Deutsch |
Jahr der Erstveröffentlichung: | 2015 |
GND-Schlagwort: | Rüdt von Collenberg-Bödigheim, Hans 〈-1601〉; Buchen-Eberstadt; Konfessionalisierung; Reformation; Religion; Politik |
Jahrgang: | 8/9 |
Erste Seite: | 363 |
Letzte Seite: | 375 |
DDC-Sachgruppen: | 200 Religion / 270 Geschichte des Christentums / 270 Geschichte des Christentums, Kirchengeschichte |
900 Geschichte und Geografie / 920 Biografie, Genealogie, Heraldik / 920 Biografien, Genealogie, Insignien | |
Systematik der Landesbibliographie: | Allgemeine Landeskunde / Biografie |
Landesgeschichte / Geschichte bis zum Ende des Alten Reiches 1806 / Reformation und Gegenreformation | |
Zeitschriften: | Jahrbuch für badische Kirchen- und Religionsgeschichte / 8/9.2014/2015 |
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