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Der Beitrag befaßt sich mit einem Teilaspekt der aktuellen Debatte um die zukünftige
Form der Energiegewinnung. Es wird erläutert, welche Einstellung die
Bevölkerung in der Regio , dem Grenzgebiet zwischen Deutschland, Frankreich
und der Schweiz, zur Nutzung der Kernenergie besitzt und wie sich das Meinungsbild
unter dem Eindruck des Unfalls von Tschernobyl verändert hat. Der
grenzüberschreitende Kulturraum am Südlichen Oberrhein erweist sich dabei als
eine Hintergrundkulisse für generelle Denkmuster und Verhaltensweisen, die insbesondere
das Umweltbewußtsein betreffen.
Das Städtenetz im Elsaß
(1991)
Mit 8 280 Quadratkilometern, d.h. 1,5 % der gesamten nationalen Fläche, ist das
Elsaß die räumlich kleinste Region Frankreichs; mit seiner Bevölkerungsdichte
von 189 Einwohnern je Quadratkilometer bei einem nationalen Durchschnitt
von 100 steht es jedoch an dritter Stelle des Landes nach der Ile-de-France und
dem Nord-Pas-de-Calais. Die Grenzlage hat die innerstädtischen Entwicklungen
und das gesamte Stadtleben sowie die interurbanen Beziehungen stark beeinflußt.
Durch seine Lage am Oberrhein nahm das Elsaß am ausgeprägten Wirtschafts-
und Kulturleben dieser wichtigen europäischen Verkehrsachse teil.
Durch seine Lage am Rande Frankreichs ist das Elsaß in besonderem Maße dem
grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt. Diese internationale
Konkurrenzsituation spielt bei den Verkehrsproblemen eine wichtige Rolle,
obwohl solche Zusammenhänge in den Entwürfen der Verkehrsplaner oft nur
spät oder ohne hinreichend gründliche Voruntersuchungen ihren Niederschlag
finden. Aber auch innerhalb der gesamtstaatlichen Grenzen wirft diese Ostprovinz
Frankreichs aufgrund ihrer Randlage wichtige Fragen auf, die im Spannungsfeld
stehen zwischen den Erfordernissen einer weltweit verflochtenen Nationalökonomie
und den Bedürfnissen der regionalen Wirtschaft und Kultur.
Das Elsaß ist ein Beispiel dafür, daß Raumordnung auch auf der regionalen Ebene
stets aus einer möglichst weitgreifenden Perspektive zu konzipieren ist, d.h.
hier aus der Sicht der kontinentalen und sogar der interkontinentalen Abhängigkeiten
und Verknüpfungen. Aus einer solchen übergreifenden Sichtweise läßt
sich dann deutlicher herausarbeiten, welchen Schwierigkeiten sich das Oberrheingebiet
stellen muß, wenn es seine Position als eine der sogenannten „Grundachsen" des mitteleuropäischen Verkehrs behaupten will, zumal in einer Zeit,
in der neue Technologien, geänderte Verkehrsformen und gewandelte Strategien
multinationaler Großfirmen zu grundlegenden Umstrukturierungen der Verkehrsnetze
führen.
Der Weinbau im Elsaß
(1991)
Von der einstigen Bedeutung des Weinbaus und Weinhandels zeugen heute noch
die dichte Kette der ehemaligen Ackerbürgerstädtchen am Vogesenrand sowie
deren Reichtum an reizvollen alten Fachwerk- oder Steinhäusern und anderen
Baudenkmälern. Zu den mittelbaren Folgen gehören auch die starke Bevölkerungsverdichtung
sowie die Zersplitterung des Grundbesitzes.[...]Der Rebbau nimmt im Elsaß in bezug auf Tradition, wirtschaftliche Bedeutung
und kulturlandschaftliche Prägekraft seit Jahrhunderten eine herausragende
Stellung ein. Zwar liegt sein Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche nur
bei 5 %, darauf wird jedoch rund ein Viertel des gesamten agrarischen Produktionswertes
des Elsaß erwirtschaftet (bzw. 35 % der pflanzlichen Erzeugung).
Im Jahr 1523 versammelten sich etwa 3 000 Menschen unter der Kanzel des
Straßburger Münsterpfarrers Mathis Zell, der im Sinne Luthers predigte. Am 1.
Dezember desselben Jahres erließ der Magistrat ein Mandat, in dem er befahl,
daß auf allen Kanzeln nur das heilige Evangelium und die Lehre Gottes gepredigt
und alles, was zum Unfrieden diene, vermieden werden solle. Nur die Lehre
Gottes sollte verkündet werden und was die Liebe zu Gott und dem Nächsten
förderte. Einige Jahre später, im Januar des Jahres 1529, versammelte der Magistrat
300 Schöffen, d.h. die Vertreter der Zünfte und ließ abstimmen, ob die
letzten Messen, die in Straßburg noch gefeiert wurden, eingestellt werden sollten
und zu welchem Zeitpunkt. Eine Zweidrittelmehrheit sprach sich für die sofortige
Einstellung aus. Damit war Straßburg eine evangelische Stadt geworden.
Als im 6. Jh. an Stelle der keltisch-romanisierten Bezeichnung von Argentorate
der Name Strateburgum auftaucht, ist dies gleichsam ein Symbol der Europäischen
Mission Straßburgs. Strateburgum, soviel wie die Burg an der Straße gelegen,
weist schon genügend auf das Schicksal und die Geschichte der Stadt hin.
Im Schnittbereiche der beiden großen Kulturkreise des Abendlandes, der im Mittelmeergebiet
entsprungenen römisch-keltischen und der im mittleren Europa
beheimateten germanischen Kultur, gelegen, wurde Straßburg zu einem Ort
materiellen und geistigen Austausches zwischen Westen und Osten. Deshalb
kannte es während seiner wechselvollen 2000-jährigen Geschichte wenig echte
Friedensperioden. Denn hier am Oberrhein führten die Wege der Vermittlung
und Verständigung vorbei, aber auch die Kampfstraßen der Heere.
Der Vogesensandstein
(1991)
Das heutige Landschaftsbild der Vogesen ist das Ergebnis einer langen erdgeschichtlichen
Entwicklung. Über dem im Erdaltertum gebildeten und wieder
großenteils abgetragenen Sockel, dem Grundgebirge, lagerte sich im Mittelalter
der Erdgeschichte, dem Mesozoikum, eine mächtige Abfolge von Sedimenten ab.
Sie nahmen zwischen dem damaligen skandinavisch-russischen Nordkontinent
und einem im Süden liegenden Meer, der sog. Thetys, einen breiten Raum ein,
das sog. germanische Becken. In einem Zeitraum von etwa 40 Millionen Jahren
(ca. 240-200 Mill. v.Z.) entstanden hier folgende Schichten:
zuerst die klastischen, d.h. aus Trümmern älterer Gesteine bestehenden Ablagerungen
des Buntsandsteins unter festländischen und flach-marinen Bedingungen,
dann die karbonatreichen marinen Sedimente des Muschelkalks,
zuletzt die festländisch (terrestrisch) beeinflußten Bildungen des Keupers.
Dieser Dreiteilung der Gesteine entspricht die germanische Trias, eine Einheit
der geologischen Gliederung, die vor rund 150 Jahren benannt wurde (v. Alberti
1834). Diese Schichten wurden später zum Teil noch durch die des Jura
überdeckt. Erst seit dem Übergang zur Neuzeit der Erde (Tertiär) wurden alle
diese Sedimente durch eine infolge der Alpenfaltung ausgelöste Ausgleichsbewegung
gehoben und verbogen. Zwischen den so gehobenen Randgebirgen der
Vogesen und des Schwarzwalds sank gleichzeitig der Oberrheingraben ein. In
der Folgezeit wurden die Deckschichten des Erdmittelalters (Trias und Jura)
infolge der exponierten Lage auf den Randgebirgen großenteils wieder abgetragen.
Im südbadischen Grenzgebiet zur Schweiz werden seit einiger Zeit Autoaufkleber
angeboten, auf denen folgendes zu lesen steht: ,,Wir wollen keine EG
mehr! Die Landbevölkerung wünscht Schweizer Staatsbürger zu werden."
Bei einer agrarpolitischen Debatte in Stühlingen, Landkreis Waldshut, äußerte
der Ortsvorsitzende einer Partei, daß den Bauern bald nichts anderes mehr
übrigbleibe, als an die benachbarte Schweiz mit der Bitte um Eingemeindung
heranzutreten.
Solche mehr oder minder ernstgemeinten Wünsche spiegeln die weitverbreitete
Resignation wider, welche die Landwirte im deutschen Hochrheingebiet
erfaßt hat. Existenzangst und Unsicherheit verbinden sich hier mit der Kenntnis
über die „paradiesischen" Verhältnisse bei den Berufskollegen jenseits der
Grenze; mit diesen steht man seit langem in Kontakt, denn zahlreiche Eidgenossen
bewirtschaften traditionell Felder auf deutschem Boden.
Im Elsaß nimmt der Rebbau in bezug auf Tradition, wirtschaftliche Bedeutung
und kulturlandschaftliche Prägekraft seit Jahrhunderten eine herausragende
Stellung ein. Das Produktionsvolumen beläuft sich gegenwärtig auf rund 1 Mio.
hl Wein pro Jahr (ca. 125 Mio. Flaschen), dies entspricht einem Umsatz von etwa
1,8 Mrd. FF. Auf einer Fläche, die 1,3 % der französischen Rebfläche umfaßt,
erzeugt das Elsaß 7 % der französischen Qualitätsweine. Von den im französischen
Weinrecht unterschiedenen Qualitätsstufen spielen nur die „Qualitätsweine
mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung" (Vins a appellation d'origine controlee
- V AOC) im Elsaß eine Rolle. Es ist das größte französische Weißweingebiet
(20 % der nationalen Qualitätsweißweinproduktion), denn Weißweine haben an
der regionalen Erzeugung einen Anteil von 93 %. Weiterhin unterscheidet sich
das Elsaß von allen anderen französischen Weinbaugebieten (außer der Champagne)
darin , daß seit 1972 der Wein das Anbaugebiet nur in Flaschen, nicht
aber als Halbfertigware (in Fässern) verlassen darf.
Im Jahr 1674 betont der Zisterziensermönch Konrad Burger in der „Vorredt" zu
seinem „Raisbüechlin", er habe „vil Elendt ausgestanden; wie dann auch im
Kriegswesen vil Leib- und Lebensgfahren, in Schlachten, Parteyen, Hunger,
Durst, Hiz und Kälten"; die alle zu beschreiben, sei ihm „zue verdrüßlich".
Daher wolle er Gott loben und danken, der ihn seit seiner Jugend bis bald in das
62. Jahr „allezeit ohn einigen Schaden Leib und Lebens gnädiglich behüetet"
habe. Dem entspricht sein - in Anlehnung an Psalm 13 selbstgeprägtes? -
Motto: ,,Misericordias Domini in aeternum cantabo".