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Brettener Spuren
(2022)
Die Entstehung von Bretten
(2022)
767 n. Chr. wird Bretten erstmalig urkundlich erwähnt. Zu dieser Zeit ist das Brettener Tal bereits seit vielen Tausenden von Jahren besiedelt. Diese lange vorgeschichtliche Phase soll näher beleuchtet werden, um einen umfassenderen Blick auf die Entstehungsgeschichte von Bretten zu werfen. Die Spurensuche erhebt nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen archäologischen Veröffentlichung. Die hier aufgestellten Hypothesen versuchen vielmehr, mit Hilfe von Indizien eine in sich schlüssige und nachvollziehbare Kette von Entwicklungen zu rekonstruieren, die auf Funden, Literaturquellen, Plänen, topografischen Untersuchungen, Messungen, Berechnungen, Klima-Analysen, militärischen Gesichtspunkten, Technik, Verkehr, aber auch auf logisch-pragmatischen Schlussfolgerungen aufbauen. Zusätzliche Gewissheit wird man erlangen, wenn ergänzende Grabungen an den richtigen Orten vorgenommen werden, um die vielen geschichtlichen Fragmente von Bretten weiter zu verdichten. Damit breitet sich ein weites, viele Jahrtausende überspannendes Feld der Heimatforschung von Bretten aus. Dieser Aufsatz soll zu einer lebendigen Diskussion anregen und zu einer stetigen Weiterentwicklung ermuntern, damit die spannenden Ursprünge von Bretten begreifbarer werden.
Jorg Schwartzerdt der Jüngere, Schuttes vnd Keller zu Bretten, Bruder Philipp Melanchthons, dürfte in der Stadt des Peter-und-Paul-Festes allemal als Verfasser der Chronik über den Landshuter Erbfolgekrieg bekannt sein. Dabei war der um 1500/1501 Geborene im Jahre 1504 noch ein Kleinkind gewesen. Nicht von geringerem Wert (aber unbekannter) sind seine Erinnerungen an den »Bauernkrieg« von 1525, den er als junger Mann erlebte und als Zeit- und Augenzeuge die Ereignisse in seiner Heimatstadt Bretten schilderte - wenn auch in der Rückschau.
Am Freitag, dem 4. November 1921, wurde im Brettener Gasthaus „Zur Krone“ in einer feierlichen Veranstaltung der Grundstein für eine mittlerweile über 100-jährige Vereinsgeschichte gelegt. Es war ein kalter und grauer Tag mit Temperaturen knapp oberhalb des Gefrierpunkts, und im damaligen Deutschland herrschten eine rasende Inflation und Wohnungsnot und eine wachsende Verunsicherung der Bevölkerung. Schon jetzt lässt sich erahnen, dass das Gründungsjahr des heutigen Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten mit seinem 100. Jubiläumsjahr mehr gemein hat, als man auf den ersten Blick vermuten würde: Beiden Jahren, 1921 und 2021, ging eine weltweite Virus-Pandemie voraus, in deren Zusammenhang Millionen von Toten zu beklagen waren; die Rede ist von der sogenannten „Spanischen Grippe“ (Februar
1918 bis April 1920) und von der „Corona-Pandemie“ ([offiziell] März 2020 bis [konstatiert] April 2022). Geschichte wiederholt sich demnach tatsächlich - nicht im Verhältnis 1:1, aber in deutlich erkennbaren Mustern und Wellen, die allerdings gerne ignoriert werden ... bis es zu spät ist.
Bei den Großdeportationen der südwestdeutschen jüdischen Bevölkerung durch die NS-Gauleiter Adolf Wagner und Josef Bürckel vom 22. Oktober 1940 handelte es sich um terminlich koordinierte, aber separate Abschiebungs-Aktionen. Dies zeigt sich deutlich auch an der unterschiedlichen Durchführung der Transporte. Gemeinsam hatten sie das Ziel Südfrankreich, worüber in Mannheim sogar offiziell und schon am frühen Morgen durch den Gestapo-Chef informiert wurde. Auch der Gestapo-Referent „für Judensachen“ Philipp Haas gab in Karlsruhe diese Auskunft und fügte, vielleicht zur eigenen Beruhigung, hinzu, „die Fahrt gehe nach dem Süden, in ein warmes Land“. Dass die Massenvertreibung rücksichtslos und zynisch auf das jüdische Fest „Sukkot“ gelegt wurde, könnte Anlass geben, dahinter eine besonders bösartige Schikane des Antisemitismus
zu vermuten. Als Erklärung bietet sich aber auch der Umstand an, dass die Kinder schulfrei hatten und nicht aufsehenerregend aus den Schulen abgeholt zu werden brauchten.
Nacht über Bretten
(2022)
In diesem Beitrag geht der Autor der Frage nach, wie sich die politischen Ereignisse im Jahr 1933, dem Jahr der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, in den Beiträgen des Brettener Tagblattes widerspiegeln. Es wird aufgedeckt,
wie die Bevölkerung der Stadt Bretten und ihres Umlandes durch die Nationalsozialisten vereinnahmt wurde und wie sie auf die offensichtliche Beseitigung der Demokratie reagierte. Dabei ist sehr deutlich festzustellen, wie rasch die Nationalsozialisten ihre Ideologie und die damit verbundenen Zwangsmaßnahmen umsetzten.
In den meisten Chroniken und Abhandlungen zur Orts- und Regionalgeschichte Brettens ist über das Schicksal der Stadt und seiner Bürgerinnen und Bürger während des sog. Dreißigjährigen Krieges in der Zeit zwischen 1618 und 1648 nicht viel zu lesen. So heißt es z.B. in G. Ginter's „Chronik von Bretten“ aus dem Jahr 1967 recht lapidar: „Besondere Einzelheiten über Geschehnisse in Bretten während des Krieges sind uns nicht überliefert. Es darf wohl gesagt werden, daß im ganzen gesehen die Stadt erträglich durch die Wirren dieses längsten aller Kriege kam.“ Wenn auch die historische Quellenlage aus
dieser Zeit in Bezug auf Bretten alles andere als befriedigend ist, so weiß man heute doch: Ganz so erträglich war es leider nicht. Es mag stimmen, dass das damals kurpfälzische, protestantisch-reformierte Bretten (bzw. „Breteheim“) in der ersten Hälfte dieses Krieges und im Schnitt deutlich weniger gelitten hat als die meisten anderen Städte und Dörfer der rechtsrheinischen Pfalz und des Kraichgaus, aber insgesamt hat auch die Melanchthonstadt bluten und leiden müssen.
Cristo de Palafox
(2022)
Im Zentrum der Brettener Altstadt befindet sich die Stiftskirche. Deren Baugeschichte ist bisher weitgehend unerforscht. Die bisher gründlichste Untersuchung wurde 1913 in der Reihe „Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden“ von Hans Rott (1876-1942) publiziert, derzufolge das Langhaus der Kirche aus dem 14. Jahrhundert stammt. Da über den Bau der Kirche keine schriftlichen Quellen mehr vorhanden sind, kann diese Datierung nur anhand der sehr wenigen kunsthistorisch datierbaren Elemente am Langhaus nachvollzogen werden. Dies sind vor allem die Maßwerkfenster der zwei Teile der Nordwand, die sich links und rechts des als Kirchturm integrierten ehemaligen Bergfrieds der Brettener Stadtburg befinden. Die Formen des westlichsten Maßwerkfensters stammen tatsächlich aus dem 14. Jahrhundert, möglicherweise sogar aus
dessen erster Hälfte. Von der vorreformatorischen Innenausstattung dieser spätgotischen Kirche hat sich fast nichts erhalten. Es existieren noch ein paar spärliche Reste des Lettners, der das Langhaus vom ursprünglichen spätgotischen Chor abtrennte, das diesem zugehörige spätgotische vergoldete Eisengitter und einige schlichte Grabplatten. Bis in das 20. Jahrhundert hinein hatten sich im Inneren unter dem Putz noch die spätgotischen Wandmalereien erhalten. Diese wurden bei einer Restaurierung 1935/36 aufgefunden und in das 15. Jahrhundert datiert. Die größten Reste fanden sich an den beiden Nordwänden und dem Turm, geringere Reste an der Südwand. Obwohl die Malereien freigelegt und konserviert wurden, wurden diese anschließend im Sommer 1936 abgeschlagen! Wenn das Gerücht stimmt, hat der damalige reformierte Pfarrer Bilder in der Kirche abgelehnt und diese daraufhin beseitigt oder beseitigen lassen. Lediglich der kleine Rest einer Kreuztragungsszene an der Wand über der Bachkapelle entging diesem Bildersturm. Dieses Bild aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts war jedoch wohl schon beim Durchbrechen der Südwand für die vermutlich 1514 angebaute zweijochige Bachkapelle teilweise beseitigt worden. Von den sicherlich zahlreich vorhandenen spätgotischen
Altären, Skulpturen und sonstigen beweglichen Ausstattungselementen hat sich nichts erhalten, da diese wohl 1574 größtenteils beseitigt wurden, als die Kirche im Inneren erneuert und weiß gestrichen wurde, nachdem einige Jahre zuvor der pfälzische Kurfürst Friedrich III. (1515-1576, regierte ab 1559) vom Luthertum zum Calvinismus wechselte und somit auch die Stiftskirche eine calvinistische beziehungsweise reformierte Kirche wurde. Daher ist es umso erfreulicher, dass sich weit entfernt in Spanien, genauer in Toledo, eine spätgotische Skulptur erhalten hat, die aus Bretten, und zwar höchstwahrscheinlich aus der Stiftskirche, stammt.
"Bücherflut und Lesewuth"
(2022)
Bis in das 18. Jahrhundert war der Umgang mit der Schrift das Privileg des Klerus und des akademischen Gelehrtenstandes. Es waren in erster Linie die Klöster, die zur Überlieferung des abendländischen Wissens beitrugen. Mit den gesellschaftlichen Umbrüchen Mitte des 18. Jahrhunderts haben sich durch die überall im Lande entstandenen Lesegesellschaften neue Formen
gesellschaftlicher Organisierung gebildet und das moderne Bürgertum hat sich zu einer lesenden und gebildeten Gesellschaftsschicht weiterentwickelt.
Mehr als ein dreiviertel Jahrhundert nach der Auflösung des Vereins schlummerte die Bibliothek der Gesellschaft Eintracht Bretten an verschiedenen Standorten; die letzten dreißig Jahre davon im Keller des Amtsgerichts, bis sie schließlich Ende 2019 bei Inventarisierungsarbeiten wiederentdeckt wurde. In einer ehemaligen Arrestzelle standen vier prall gefüllte Bücherschränke mit zum Teil lieblos bis zur Decke gestapelten Büchern, alle mit Schutzumschlag und Signatur versehen, ziemlich verstaubt, doch auf den zweiten Blick in einem überraschend guten Erhaltungszustand. Mit tatkräftiger Unterstützung des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten konnte die Büchersammlung durch das Stadtarchiv und unter Beteiligung des Stadtmuseums im November 2020 schließlich geborgen werden. Am Ende dieser Aktion waren es mehr als 2.000 Bücher, Journale und Zeitschriften, die zur weiteren Bearbeitung und Begutachtung in die „Vogtey“, das
Vereinsgebäude der Vereinigung Alt Brettheim am Kirchplatz, verlagert wurden. Nach einem Pressebericht über den wiederentdeckten „Bücherschatz“ meldete sich die Direktorin der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen, und bekundete ihr Interesse, diesen „hochinteressanten und wichtigen kulturgeschichtlichen Schatz“ zu übernehmen. Bis zu dieser Veröffentlichung war die Brettener Gesellschaft Eintracht und ihre Bibliothek der Fachwelt bislang völlig unbekannt. Weder in der Landesbibliografie noch in der Wikipedia-Liste der badischen Lesegesellschaften ist sie aufgeführt. Auch in der lokalen stadtgeschichtlichen Literatur wurde die Gesellschaft Eintracht Bretten bislang nur am Rande erwähnt.