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Seit dem späten Mittelalter spielte die Edelsteinschleiferei in Freiburg i. Br. und in Waldkirch, ab Mitte des 18. Jh. die Granatschleiferei im Kinziggebiet in SW-Deutschland eine wichtige Rolle. Die wichtigsten Rohstoffliefergebiete waren die
Schweizer Alpen, der Schwarzwald, die Idar-Obersteiner Berge und Böhmen.
Keine der zahlreichen Theorien konnte bis heute die Herkunft des Zinns in der Bronzezeit hinreichend erklären. Die Entstehung der prosperierenden Zentren der Bronzeherstellung lässt sich nicht mit langen Handelswegen der Zinnlieferungen erklären. Reiche, lokale Zinnquellen können zwar nicht nachgewiesen werden, doch können bestimmte Regionen als mögliche Rohstofflieferanten in Betracht kommen.
Die Stadt an der Enz – besser als Goldstadt bekannt – erlebte im Jahr 2017 ein erfolgreiches Jubiläumsjahr: Vor 250 Jahren erteilte der Markgraf Karl Friedrich von Baden das Privileg, in Pforzheim eine Taschenuhr- und Silberwaren-Manufaktur zu errichten. Damit setzte er eine Erfolgsgeschichte in Gang, die Pforzheim schließlich zur »Goldstadt« machte und diese Stadt bis zu unserer Zeit prägen sollte. Doch so sehr die »Goldstadt«-Marke bis heute weltweit als Alleinstellungsmerkmal der Stadt dient, so sehr handelt es sich um einen Begriff , der Staub angesetzt hat und von Teilen der Bürgerschaft und insbesondere der Wirtschaft kritisch betrachtet wurde.
Hockenheim war im letzten Jahrhundert für den Tabakanbau und die Tabakverarbeitung eine der bedeutendsten Städte in der Rhein-Neckar-Region. Von Boden und Klima begünstigt, fanden
sich hier beste Bedingungen für den Anbau. Es folgten die notwendigen Tabakscheunen
in den Bauernhöfen, die auch das Ortsbild prägten. Für die Bevölkerung wurde die Arbeit bei
der Herstellung von Zigarren, Zigaretten oder losem Tabak zu einer wichtigen Einkommensquelle
– sei es in Heimarbeit oder in der Zigarrenfabrik. Damit war allerdings auch eine Reihe
sozialer Probleme verbunden, die gelöst werden mussten.
Wer heute Veranstaltungen an einer evangelisch theologischen Fakultät besucht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit viele Frauen antreffen. Immer wieder heißt es, das Pfarramt „verweibliche“. Was heute als Alltag an den theologischen Fakultäten und in unseren Kirchengemeinden betrachtet werden kann, war lange Zeit nicht nur außergewöhnlich, sondern gänzlich unmöglich. Bereits seit mehr als 100 Jahren können zwar Frauen in Deutschland Theologie studieren, aber es ist nicht einmal 50 Jahre her, dass Männer und Frauen in unserer badischen Landeskirche gleichberechtigt als Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten können. Und doch nahm vor 100 Jahren, im August 1917, die erste badische Theologin, Elsbeth Oberbeck, ihren Dienst in der Heidelberger Heiliggeistgemeinde auf.
Im Jahr 2021 feiert die Evangelische Landeskirche in Baden nicht nur das Jubiläum ihrer Union, sondern auch 50 Jahre rechtlicher Gleichstellung im Pfarramt. Denn am 27. April 1971 wurde mit einem simplen, heute fast banal erscheinendem Satz Geschichte geschrieben: Pfarrer im Sinne der Grundordnung ist auch die Pfarrerin. Damit beendete die Landessynode 55 Jahre rechtlich legitimierter Diskriminierung von Theologinnen in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Ein langer und steiniger Weg von der erstmaligen Zulassung einer Frau zu den theologischen Examina im Jahr 1916 bis zur ersten offiziellen badischen Gemeindepfarrerin im Dezember 1971. Der vorliegende Beitrag erläutert zunächst die grundlegenden Voraussetzungen zur Entstehung eines Theologinnenamtes, bevor die ersten Entwicklungsschritte dieses Amtes in Baden in Anlehnung an die Biographien von drei frühen badischen Theologinnen in den Blick genommen werden. Die Diskussion zwischen Landesbischof Julius Bender und Doris Faulhaber als Vertreterin des badischen Theologinnenkonvents im Zuge der Neuordnung der Landeskirche nach dem Zweiten Weltkrieg wird in einem eigenen Abschnitt vertiefend betrachtet. Im weiteren Verlauf werden
die wichtigsten gesetzlichen Regelungen bis 1971 vorgestellt.
Zwangsarbeit in Derdingen
(2020)
Auch 75 Jahre nach der NS-Zeit gibt es im Kraichgau ein höchst unterschiedliches Herangehen an die Aufarbeitung der Naziverbrechen in den örtlichen Heimatbüchern und Ortschroniken. Manche Kommunen haben diese Zeit schonungslos und detailliert aufgearbeitet und die notwendigen Quellen offengelegt, andere beschweigen diese Zeit bis heute, insbesondere was das Thema Zwangsarbeit betrifft. Dazu zählt Derdingen (erst ab 1964 „Oberderdingen“). Im „gültigen“ Heimatbuch des ehemaligen NS-Rektors und NSDAP-Funktionärs Gustav Brandauer zu den „einschneidenden
Veränderungen“: „Sie hier darzustellen ist unnötig, da sie in allen Orten Deutschlands mit geringen Schattierungen dieselben waren. Das nationalsozialistische Regime endgültig zu werten, muß auf den Zeitpunkt verschoben werden, an dem einmal alle Archive geöffnet sind und deren Auswertung durch unvoreingenommene Experten im Ergebnis vorliegen wird.“ Das hindert ihn nicht, wenig später vom „bislang ungeheuerlichsten Opfergang unseres Volkes“ zu schreiben und von den Hunderten von Derdingern, die zu den Fahnen strömten, „um ihr Heldentum in allen Erdteilen unter Beweis zu stellen“ und von den Kriegsfolgen durch die „widerlichen Exzesse“ der „Schwarzen in der französischen Armee“ und durch die „im Ort verbliebenen Fremdarbeiter aus Osteuropa, besonders die Polen“. Doch wer hat diese Menschen nach Derdingen geholt? Wer hat von der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft profitiert, und warum war Derdingen ein lokales Zentrum von Lagern mit Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern, Zuchthausgefangenen und KZ-Häftlingen mit Stacheldraht, Wächtern und einer Anzahl von Toten? Darüber liegt bis heute eine „Omerta“ aller Beteiligten. Es war eben doch kein „normaler Ort“.
In einer von März bis Dezember 2008 durchgeführten freilandbiologischen Untersuchung im NSG Schaichtal (Schönbuch) konnten 56 tagaktive Schmetterlingsarten nachgewiesen werden. Besondere Beachtung verdienen die Nachweise von Zygaena trifolii, Cupido argiades, Argynnis aglaja und Melitaea c.f. athalia. Weitere gefährdete Charakterarten des Schönbuchs
konnten für das NSG Schaichtal bestätigt werden, so z.B. Adscita statices, Hamearis lucina, Maculinea nausithous, Argynnis adippe, Boloria selene, Nymphalis polychloros oder Apatura ilia. Anschließend werden spezielle Schutz- und Pflegemaßnahmen für gefährdete Arten und deren Lebensräume vorgeschlagen.
Die Streuwiesen des württembergischen Allgäus weisen eine artenreiche Tagfalter- und Widderchenfauna
auf. Im Zeitraum von 2013-2017 konnten insgesamt 70
Arten auf 219 Flächen nachgewiesen werden. Hiervon
reproduzieren 53 Arten regCarcharodus focciferus), Goldenem Scheckenfalter (Euphydryas aurinia),
Westlichem Scheckenfalter (Melitaea parthenoides),
Lungenenzian-Ameiseelmäßig in den Streuwiesen oder in deren Randbereichen. 25 Arten sind in
der aktuellen Roten Liste Baden-Württembergs mindestens als gefährdet eingestuft. Darunter befinden
sich mit Heilziest-Dickkopffalter (nbläuling (Maculinea alcon) und
Blaukernauge (Minois dryas) hochgefährdete Arten, für
die die württembergischen Streuwiesen teilweise die
einzigen Lebensräume in Baden-Württemberg darstellen. Nutzungsaufgabe mit anschließender Verschilfung
und Gehölzsukzession, Nährstoffeinträge, mangelnde
Grabenpflege und die Fixierung später Mahdtermine
sind die Hauptgefährdungsfaktoren für diese und zahlreiche weitere Insektenarten der Streuwiesen.
Die Burg zu Bräunlingen
(2009)
Die Burg war vom Lürzelberg durch einen breiten und tiefen Graben getrennt, der
hinter den Häusern 121 und 122 jetzt noch deutlich erkennbar ist. Der Burghügel
ist auf der Grabenseite durchweg mit einer hohen Stützmauer versehen, welche bis
zum Grunde des Grabens hinunterreicht, aber auch auf der Stadtseite fortgeführt
ist und den ganzen Hügel umgürtet. Zum großen Teil ist derselbe allerdings jetzt
verschüttet und kommt nur bei gelegentlichen Erdarbeiten zu Tage. Das frei liegende,
dem Zwingelhof zugewandte Stück dieser Stützmauer wurde im letzten Jahrzehnt
des 19. Jahrhunderts abgebrochen, da es baufällig und eine Gefahr für die
Nachbarschaft war. An seiner Stelle wurde jedoch wieder eine neue Stützmauer aufgeführt,
die von der Richtung der alten nicht wesentlich abweicht. Der obere Rand
der alten Mauer fiel hier jedoch nicht so stark nach Osten zu ab, sondern verlief
mehr horizontal als dies bei der neuen Mauer der Fall ist.
Die Zeit zwischen 1871 und 1918 im Gebiet Elsass-Lothringen1 ist durch einen enormen Ausbau
der militärischen Anlagen, sowohl hinsichtlich ihrer Zahl als auch in Bezug auf die dazu genutzte
Fläche, gekennzeichnet. Das Elsass war als Grenzgebiet in dieser Zeit durch eine beachtliche
Truppenkonzentration geprägt. Es mussten zum einen Unterkünfte für die Truppen bereitgestellt
und zum anderen die strategischen, technologischen und städtischen Entwicklungen berücksichtigt werden.
Im Allgemeinen benötigten diese militärischen Anlagen folgende Infrastruktur: Kasernen, Manövergelände, Befestigungen mit dem entsprechenden Glacis, Verwaltungsgebäude, Munitionsdepots und zahlreiche der Garnison zugewiesene Gebäude (Garnisonsgebäude, Verwaltungseinrichtungen und nicht zuletzt die prunkvollen Wohngebäude der Militärgouverneure in Straßburg). Alle
diese Bauten zeigen die verschiedenen Ausbaustufen der neueren militärischen Befestigungen im
Elsass. Die Anzahl dieser Einrichtungen war beachtlich und das Verhältnis zwischen dem Militär
und der Zivilbevölkerung verlangte oft einiges an Kompromissbereitschaft: Diese Nachbarschaft
erzeugte unvermeidlich Konfliktsituationen, und zwar vor allem in den stadtnahen Gebieten.
Er war ein Ur-Epfenbacher und wollte auch nie woanders sein. Bestimmt war er niemals mehr als drei Tage abwesend von seinem Dorf. Und geachtet war er nicht nur im Verein, sondern in der ganzen Dorfgemeinschaft. Seine hervorstechenden Eigenschaften: still, unauffällig, ausgleichend, nie im Vordergrund stehend, immer zupackend, fleißig. Wenn er Kritik übte, tat er dies ohne verletzend zu sein.
Helmut Ambiel war seit 1968 Mitglied des damaligen Arbeitskreises für Heimatpflege. Und als dieser im Oktober 1975 in den Verein für Heimatpflege überging, war Helmut Ambiel als Gründungsmitglied mit dabei und seitdem – also über 41 Jahre – im Vorstand tätig. Bei der Hauptversammlung 1998 wurde er zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt.
Am 1. April 2001 wäre D. Dr. Otto Beuttenmüller, einer der profiliertesten und bekanntesten Vertreter der deutschen Genealogie und jahrzehntelanger rühriger Mitarbeiter im Landesverein Badische Heimat, 100 Jahre alt geworden. Mit seinen vielfältigen Beiträgen zur Heimat-, Familien- und Melanchthonforschung hat er sich bleibende Verdienste erworben, die
noch lange nachwirken werden. Am 1. April 1901 war er in der damaligen badischen Bezirksamtsstadt Bretten als Sohn
einer Fabrikantenfamilie zur Welt gekommen, die schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Stadtgeschichte immer wieder eine bedeutende Rolle spielte. D. Dr. Beuttenmüllers Urgroßvater Joseph Beuttenmüller war in den unruhigen Revolutionszeiten der Jahre 1848/ 49 Brettener Bürgermeister. Der Großvater Christian Beuttenmüller mußte als junger
Teilnehmer an dieser demokratischen Volksbewegung gar für einige Zeit ins schweizerische Exil gehen. Nach Bretten zurückgekehrt gründete er 1862 die Blechwarenfabrik Beuttenmüller, die als wohl erste Produktionsstätte der damals technisch revolutionären Petroleumlampen in Deutschland gilt. Es war gerade diese, mit der politischen und wirtschaftlichen
Geschichte der Stadt eng verbundene Familientradition, die für Otto Beuttenmüller bereits von Kindheit an einen wichtigen Anreiz darstellte, sich mit der Geschichte seiner Familie zu befassen. Zugleich wirkten auch, wie er in einem Gespräch noch im Oktober 1998 mitteilte, frühe Anregungen von Seiten seines genealogisch gleichfalls hochinteressierten Vaters
wesentlich mit.
Der Schweizer Hof
(2005)
Als Oberbürgermeister Paul Metzger am 21. Juni 2002 in Anwesenheit zahlreicher
Ehrengäste und unter reger Beteiligung der Bürgerschaft das neue stadt- und regionalgeschichtliche
Museum der Stadt Bretten im Schweizer Hof eröffnete, lag hinter
allen Beteiligten eine mehrjährige arbeitsintensive Vorbereitungszeit. Gut fünf Jahre
vorher, im Frühjahr 1997, hatte der Schweizer Hof noch eher einer Ruine, als einem
in irgendeiner Weise nutzbaren Gebäude geglichen. Enorm waren die Sanierungsanstrengungen,
die in der Zeit seither zu erbringen waren.
Im Jahr 2017 begeht die Stadt Bretten das 1250-jährige Jubiläum ihrer urkundlichen Ersterwähnung im Codex des Klosters Lorsch. Im Laufe der seither belegbaren Stadtgeschichte erlebte Bretten unterschiedliche Landesherrschaft en sowie zahlreiche Höhen und Tiefen bei seiner Entwicklung. Zu den Konstanten der Stadtgeschichte gehörte die Verarbeitung zahlreicher Belagerungen, Eroberungen und Zerstörungen, was mit dazu beitrug, dass die Bevölkerung allem, was von außen kam, lange Zeit mit großer Skepsis gegenüber stand.
Auch Diedelsheim, der größte der heutigen Brettener Stadtteile, kann 2017 das 1250-jährige Jubiläum seiner urkundlichen Ersterwähnung begehen. Unter dem Adelsgeschlecht der Kechler von Schwandorf und später unter kurpfälzischer Landesherrschaft war die Geschichte von Diedelsheim meist eng mit jener der Stadt Bretten verbunden. Seit 1975 nach Bretten eingemeindet hat sich Diedelsheim zu einem attraktiven Wohnstandort entwickelt, der in baulicher Hinsicht längst mit der Kernstadt zusammengewachsen ist.
Religionen im Kraichgau
(2019)
Noch länger als die seit 1250 Jahren urkundlich belegte Geschichte des Kraichgaus reicht die
Geschichte der Glaubensrichtungen in der Region zurück. Ihr Bogen spannt sich von vorchristlichen
Religionen über die Christianisierung, die Reformation und verschiedene christliche
Sondergemeinschaften (Täufer, Waldenser) bis zu den heute im Kraichgau ebenfalls vertretenen
muslimischen Gemeinden. Ursache für diese Vielfalt waren einerseits Bevölkerungswanderungen,
andererseits die jahrhundertelange Zersplitterung des Kraichgaus in kleine und
kleinste Landesherrschaften mit unterschiedlichen religiösen Präferenzen.
Im Jahre 1670 erklärte Papst Clemens X.
als Oberhaupt der katholischen Kirche den 2.
Oktober zum „Tag der heiligen Schutzengel“.
Deshalb war es symbolträchtig, dass ausgerechnet
am 2. Oktober 2007 in Bretten das
„Deutsche Schutzengelmuseum“ eröffnet wurde,
mit dem das museale Angebot der Melanchthonstadt
eine weitere Ergänzung und Profilierung
erfuhr. Allerdings beschränkt sich das
neue Museum, das als Dauerausstellung seine
Heimstatt in den beiden oberen Stockwerk des
300 Jahre alten Schweizer Hofs in der Brettener
Altstadt gefunden hat, ganz bewusst nicht
nur auf die Präsentation von Exponaten aus
der christlichen oder gar nur der katholischen
Glaubenswelt. Im Mittelpunkt der Konzeption
steht vielmehr die wesentlich weiter greifende
Idee eines interkulturellen Vergleichs, der
seinerseits Chancen für die Entwicklung eines
interreligiösen Dialog bieten kann.
Vom 20. Juni bis zum 19. Juli 2013 zeigte die Sparkasse Kraichgau in ihren Brettener
Kundenräumen die Ausstellung ,,' ... war gar kunstlich gemachet', Spuren der
Kunst um 1500". Bemerkenswert aus der Sicht der Heimatforschung im Kraichgau
war die Tatsache, dass die kunsthistorischen Aussagen dieser Schau sich fast durchgängig
auf konkrete Beispiele aus der Region bezogen und damit in gelungener
Weise eine Brücke zwischen Kunst- und Regionalgeschichte schlugen. So gingen
einzelne Aufsätze des umfangreichen und vielfach bebilderten Ausstellungskatalogs
unter anderem auf kunst- und baugeschichtliche Aspekte des Heidelberger
Schlosses, des Firstständerhauses in Zeutern, des Brettener Simmelturms sowie verschiedener
Kraichgauer Klöster und Pfarrkirchen ein.
Melanchthonstraße Nr. 1
(2003)
Die Brettener Altstadt ist nicht eben arm an sehenswerten baulichen Zeugnissen der Geschichte. Der Pfeiferturm und der Simmelturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind hier zu nennen, ferner die aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Burg der Kraichgau-Grafen entstandene Stiftskirche, das aus dem späten 16. Jahrhundert stammende Gerberhaus und die Fachwerkhäuser auf der Marktplatz-Nordseite, die ebenso wie der stattliche „Schweizer Hof" in der Fußgängerzone aus der Wiederaufbauära nach dem Stadtbrand des Jahres 1689 stammen. Demgegenüber nimmt sich das erst zwischen 1897 - dem
400. Geburtstag Philipp Melanchthons - und 1903 in historisierendem Stil errichtete Melanchthon-Gedächtnishaus vergleichsweise jung aus.
In den Beständen des Brettener Stadtarchivs befindet sich unter der Bestandsnummer B 506 ein handgeschriebenes
gebundenes Buch mit dem Titel „Meisterbuch der löblichen Rotgerber-Zunft“. Es ist eines von nur wenigen noch verbliebenen Zeugnissen des Jahrhunderte lang in Bretten stark vertretenen und wirtschaftlich bedeutsamen Gerberhandwerks. Seit Juni 1994, als das in bürgerschaftlicher Selbsthilfe sanierte Gerberhaus in der Gerbergasse 10 der Öffentlichkeit als handwerks- und baugeschichtliches Museum vorgestellt werden konnte, wird dieses Zunftbuch dort in einer Vitrine gezeigt. Seine Bedeutung als wichtige Quelle für die Brettener Sozial- und Personengeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts ist Thema dieses Beitrages.
Der Fanfaren- und Trommlerzug Bretten 1504 e. V. feiert heute das 5O-jährige Jubiläum seiner Nachkriegsgründung. Dies ist, gerade angesichts des äußerst regen Vereinslebens des Fanfarenzuges während dieser ganzen Zeit, zunächst einmal ein stolzes Datum, auch wenn der Fanfarenzug keineswegs der älteste Verein in unserer Stadt ist.
Landsknechte in Bretten
(2003)
Als die Stadt Bretten, das damalige Brettheim, während des Landshuter Erbfolgekrieges im Frühsommer des Jahres 1504 durch das Heer des württembergisehen Herzogs Ulrich belagert wurde, kam neben den bewaffneten Bürgern und den in der Stadt versammelten Angehörigen der Kraichgauer Ritterschaft vor allem den von Kurfürst Philipp, dem kurpfälzischen Landesherren, entsandten Landsknechten eine tragende Rolle bei der Verteidigung zu. In ausführlicher Weise und mit zahlreichen detaillierten
Angaben berichtet darüber die wichtigste noch erhaltene zeitgenössische Quelle zum Verlauf der Belagerung: die von Melanchthons Bruder Georg Schwartzerdt aufgrund der Erinnerung von Augenzeugen verfasste Chronik.
Die Belagerung Brettens (des damaligen „Brettheim“) durch das Heer Herzog Ulrichs von Württemberg im Rahmen
des Landshuter Erbfolgekrieges von 1504 stellt eines der einschneidendsten Ereignisse der Stadtgeschichte dar und wirkt (keineswegs nur in der Erinnerung) auf vielfältige Weise bis heute fort. Allerdings sind die seinerzeitigen lokalen Ereignisse, derer 2004 im Rahmen von verschiedenen Jubiläumsaktivitäten gedacht wird, kaum in ihrer gesamten Dimension und Tragweite zu verstehen, wenn man bei einer rein stadtgeschichtlichen Sichtweise und Interpretation verharrt. Die Belagerung der kurpfälzischen Amtsstadt im Frühsommer 1504 war viel mehr ein Mosaikstein im Muster sehr viel größerer und weiter reichender Konflikte, die sich bereits in den beiden vorangegangenen Jahrhunderten allmählich angebahnt hatten
und die nach Ausbruch des Krieges ihre Entladung auf zahlreichen Schauplätzen im gesamten süd- und südwestdeutschen Raum fanden. Das in vielerlei Hinsicht folgenreiche Brettener Geschehen jener Zeit, das in seinen Einzelvon am ausführlichsten in der Chronik von Melanchthons Bruder Georg Schwartzerdt überliefert ist, lässt sich daher - insbesondere auch hinsichtlich seiner längerfristigen Auswirkungen - nur im Kontext der Gesamtereignisse jener Zeit erklären und bewerten.
Brettens Schicksal war im Laufe der Geschichte immer wieder der Verkehr. Der Erlangung der Stadtrechte - 1254 wird „bretheheim“, das spätere Bretten, erstmals als „oppidum“ erwähnt, für die Jahre danach lassen sich alle Charakteristika einer typischen mittelalterlichen Stadt wie eigenes Stadtsiegel, Ratsverfassung und wehrhafter Mauerring belegen - ging bereits im 12. Jahrhundert das Marktrecht voraus, das ohne eine auch verkehrlich bedingte zentralörtliche Funktion kaum von Dauer gewesen wäre. Ihren spätmittelalterlichen Reichtum verdankte die Stadt der Lage an drei überörtlich bedeutsamen Handelsstrassen, die von Westen nach Osten Paris mit Prag, von Nordwesten nach Südosten die Messestadt Frankfurt mit der Fuggerstadt Augsburg und von Norden nach Süden die rheinischen Handels- und Bischofsstädte mit der Schweiz verbanden und sich auf dem Brettener Marktplatz kreuzten. Nur folgerichtig war es daher, dass Bretten nach der massiven Beeinträchtigung dieser traditionellen Verkehrsverbindungen infolge der Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts (Landshuter Erbfolgekrieg, Dreißigjähriger Krieg und Pfälzer Erbfolgekrieg mit Brand der Stadt) seines früheren Wohlstandes und seiner einstigen Bedeutung verlustig ging und im 18. sowie im frühen 19. Jahrhundert in einem Zustand verharrte, den der Stadthistoriker Alfred Straub als den einer „Landstadt in Stagnation“ beschrieb. Folgerrichtig war es vor diesem Hintergrund
aber auch, dass die Schaffung von neuen Verkehrsverbindungen in Gestalt der Eisenbahn seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Revitalisierung des wirtschaftlichen Lebens in Bretten und zu einem - wenn auch verspäteten - Industrialisierungsschub führte und in Bretten begeistert begrüßt wurde.
Als Dr. Alfons Schäfer zum 1200-jährigen Stadtjubiläum sein Buch „Urkunden, Rechtsquellen und Chroniken zur Geschichte der Stadt Bretten“ vorlegte, lag endlich ein gewichtiges Kompendium vor, in dem die archivalischen Quellen zur Stadtgeschichte in hervorragend editierter Form zusammengefasst waren. Gut vier Jahrzehnte lang war dieses „Brettener Urkundenbuch“ eine wahre Fundgrube für jede weitere Beschäftigung mit der Brettener Stadtgeschichte, enthielt es doch die wesentlichen Bretten betreffenden Quellen aus dem 8. bis zum frühen 19. Jahrhundert. Nach dem Erscheinen von Schäfers umfassender und höchst materialreicher Quellensammlung wurden zunächst nur noch wenige weitere Texte der schriftlichen Überlieferung bekannt, die neue Fakten zur Stadtgeschichte enthielten. Auf einen dieser neu aufgefundenen Texte, den Reisebericht zweier 1667 kurz in Bretten weilender Gothaer Prinzen, wurde 2003 in diesem Jahrbuch eingegangen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Arbeit von Alfons Schäfer auch nach gut vierzig Jahren immer noch ihre Gültigkeit hat. Sie stellt auch weiterhin die zentrale Quellensammlung zur Brettener Stadtgeschichte dar und wird dies sicherlich auch noch über lange Zeit hinweg bleiben. Im Laufe der vier Jahrzehnte, die seit Erscheinen des Brettener Urkundenbuches vergangen sind, ist jedoch die Erschließung von Archivalien, nicht zuletzt auch von solchen aus der Zeit des Mittelalters, weitergegangen.
Valerieweg
(2013)
Seit September 1997 kann der Valerieweg im Stadtteil Schlierbach, der 1974 offiziell eingezogen worden war, wieder begangen werden. Das alphabetische Straßenverzeichnis im früheren Adressbuch der Stadt hatte diesen Spazierweg in der Weise beschrieben, dass er von der Schlierbacher Landstraße aufwärts zum Schloss-Wolfsbrunnenweg führt und dass er nach der mehrfach hier weilenden Erzherzogin Valerie von Österreich benannt worden war.
Das kann doch nicht wahr sein. Endlich lichtet sich die Nebelwand und gibt den Moment frei auf die Gruppe von Graureihern. Aber ehe ich mit meiner Kamera genau fokussieren kann, heben sie mit schwingenden Flügelschlägen ab. Deshalb harre ich nun weit vor Anbruch des Tages in meinem Tarnzelt in der Kälte aus? Das erhoffte fotografische Ergebnis hat sich wieder einmal nicht eingestellt. Und dennoch war der Aufwand nicht umsonst. Der Altrheinarm taucht nun ein in ein grandioses Farbenspiel und setzt die weit ins Wasser ragenden Äste der Silberweiden mystisch in Szene. Mit jeder Minute ändert sich jetzt
die Szenerie und vergessen sind auf einmal auch die Mühen und klammen Finger.
Im Juni diesen Jahres wurde unser Mitglied Dr. jur. Reiner Haehling von Lanzenauer 80 Jahre alt. Dieses Jubiläum soll Anlass für die Betrachtung eines badischen Lebenslaufs geben. Der Vater war gleich nach dem Ersten Weltkrieg Mitglied der Badischen Heimat geworden. Die Publikationen des Vereins stießen auch auf das frühe Interesse des 1928 in Karlsruhe geborenen Sohnes. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1943 führte die Mutter die Mitgliedschaft weiter. 1985 übernahm Dr. Haehling von Lanzenauer diese. Bei seinen zahlreichen historischen Aktivitäten kann er somit auf sein komplettes Archiv unserer Publikationen zurückgreifen.
„Die Geschichte von High-Tech in Kurorten
muss noch geschrieben werden“ stellte
1997 Hans-Erhard Lessing in einem Aufsatz
über Karl Drais fest.1 In der Tat fällt es bis
heute schwer, das „mondäne“ Baden-Baden mit
dem „Zeitalter der Revolutionen“ (Leopold von
Ranke) in Verbindung zu bringen. Das gilt
sowohl für die herausragende Rolle Baden-
Badens in der Revolution 1848/49 als auch auf
technischem Gebiet.
Christoph Wolff
(2010)
Vor 200 Jahren, laut Kirchenbucheintrag am 26. Juni 1810, wurde in Mannheim als Sohn eines »Blecharbeiters« Johann Christoph Wolff geboren. Der Vater Joseph stammte aus Philippsburg und war katholisch, dessen Ehefrau Ursula war eine geborene May. Der Schul- und Studienfreund von Lorenz Brentano und Friedrich Hecker wählte 1836 als Rechtspraktikant beim großherzoglichen Bezirksamt Baden (Baden-Baden) zu seinem Lebensmittelpunkt. Vereidigt wurde er vom Amtmann von Theobald, der seine politische Karriere bis zum Ende begleitete, schlussendlich sogar strafversetzt wurde.
Karl Siegfried Bader hat den ersten, 1957 erschienenen Band seiner insgesamt drei Bände umfassenden „Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes" mit folgender Widmung versehen: SORORIBUS FRATRI. Im Vorwort dieses ersten Bandes seines großen Werkes findet sich dazu die nachfolgende Erläuterung: ,,Ein Buch über das mittelalterliche Dorf sollte, meine ich, nur schreiben, wer dörfliches Dasein aus eigenem Erleben kennt. Obwohl mehr als 30 Jahre mich von meiner in Dörfern der Baar und des Schwarzwaldes verbrachten Jugend trennen, denke ich doch dankbar an die vielen Anregungen zurück, die ich dort, im elterlichen Hause und in der dörflichen Nachbarschaft, je und je empfangen habe. In Gesprächen mit meinen in der Heimat verbliebenen und dorthin zurückgekehrten Geschwistern sind die Erinnerungen immer wieder aufgefrischt und manche Fragen deren Lösung in diesem Buch versucht wurde, erörtert worden. Die Widmung versteht sich daher von selbst."
Die im Titel steckende Frage richtet laut Art. 130 des Stadtrechts von Ravensburg
aus dem Jahre 13651 der Rat an den zuziehenden Neubürger, um ihn vor
Illusionen zu bewahren. [...]
Der Artikel setzt sich, wie man sieht, mit einer Reihe von Tatbeständen auseinander,
die bei der Verleihung des Bürgerrechts an einen Ausmann von Bedeutung
sind. Von ihnen soll uns heute nur einer beschäftigen, nämlich der, bei dem es um den ,unverraiten ammann' geht. Der Grund unseres besonderen
Interesses an der Formel wird im Verlauf der folgenden Darlegungen, wie wir
hoffen, einsichtig werden.
Wie konnte ein Bauernsohn,
gar der Sohn eines leibeigenen Bauern, die ständischen Schranken der alten
Reichsverfassung durchstoßen und zum Prälaten und, wenn Reichsunmittelbarkeit
und Reichsstandschaft mit der Prälatur verbunden waren, zum geistlichen
Fürsten aufsteigen? Diese Problemstellung liegt - neben dem personen-,
familien- und landesgeschichtlichen Interesse, das unser Abt Blasius II. nach
Person, Stellung und Wirken beanspruchen darf - auch den heutigen Betrachtungen
zugrunde .
Die Neuenheimer Bevölkerung wuchs in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts stürmisch, vor allem, weil Heidelberg nach Neuenheim expandierte. Dies beschleunigte sich durch den Bau der zweiten Neckarbrücke 1877 und führte bereits 1891 zur Eingemeindung. Anders als in Handschuhsheim verschwand das dörfliche Erscheinungsbild fast vollständig zu Gunsten von städtischer Architektur des Historismus und Jugendstils. Die Kirchenbauten beider Konfessionen waren ein wichtiger Teil dieser Entwicklung. Für die evangelische Gemeinde, der die alte Johanneskirche zu klein geworden war, wurde 1902 eine neue, neogotische Kirche gebaut. Sie war das erste Werk von Hermann Behagel in Heidelberg, von dem auch die evangelischen Kirchen in der Weststadt, Wieblingen, Schlierbach und Handschuhsheim stammen. Seit 1894 planten auch die Katholiken, die kirchlich noch zu Handschuhsheim gehörten, einen Kirchenbau. Architekt der 1905 geweihten St. Raphaelskirche war der Leiter des Erzbischöflichen
Bauamts Heidelberg Ludwig Maier. Auch er ist Schöpfer einer ganzen Reihe von Heidelberger Kirchen: Neben St. Raphael sind St. Peter in Peterstal, St. Bonifatius in der Weststadt, St. Laurentius in Schlierbach und St. Petri in Kirchheim sein Werk.
Verehrte und geschätzte Festversammlung, lassen Sie uns auf eine Zeitreise zum 100. Geburtstag der Ersten Badischen Verfassung gehen: Wir befinden uns im August des Jahres 1918. Das Großherzogtum Baden feiert in Karlsruhe das Jubiläum. »Feiern« ist für das Jahr 1918 freilich eine unpassende Beschreibung! Das Ende des Ersten Weltkrieges rückt näher. Die Zahl der Toten und Verwundeten geht längst in die Millionen. Das Kaiserreich liegt am Boden. Die
militärische Katastrophe steht bevor. Die wenigsten Teilnehmer der damaligen Jubiläumsfeier konnten sich vorstellen, dass mein Urgroßvater, Prinz Max, zwei Monate später Reichskanzler werden würde. Für nur vier Wochen! Dass drei Monate später das Kaiserreich zusammenbrechen sollte. Dass meine Familie nach gut 800 Jahren Regentschaft ihren Thron verlieren sollte. Und die Erste Badische Verfassung mit der Abschaffung der Monarchie ihre Gültigkeit verlieren sollte. Der hundertste Geburtstag der Verfassung war zugleich ihr Ende!
Im Zeitraum von 1998 bis 2004 wurden stichprobenartig die Aufwuchsalgen (ohne Bacillariophyta) in Uferbereichen von Hoch- und Oberrhein untersucht und zeichnerisch und photographisch dokumentiert. Es wurden insgesamt 163 Taxa registriert. Den höchsten Anteil nahmen die Cyanophyta mit 109 Taxa ein, gefolgt von den Chloropyta mit 40 Taxa. Der Rest verteilte sich auf Rhodo-, Eugleno-, Crypto-, Chryso-, Xantho- und Phaeophyta. Die für die Algenverbreitung besonders
relevanten pH- und Härtewerte des Wassers lagen im langjährigen Mittel im Hoch- und Oberrhein zwischen pH 8-8,3, bezw. 8-9,7° dH (Gesamthärte). Im weitgehend unberührten, sehr sauberen und sehr schnell fließenden Hochrheinabschnitt unterhalb Schaffhausen erreichten Chamaesiphon oncobyrsoides, Ch. polonicus, Stichosiphon pseudopolymorphus, Pleurocapsa fusca, Homoeothrix janthina und Ulothrix zonata höhere Abundanzen und bestimmten dort weitgehend
das Besiedlungsmuster. Eine große Gruppe von Taxa war mit z.T. hohen Abundanzen über die gesamte Strecke von Hoch- und Oberrhein verteilt. Hierzu zählten Hydrococcus cesatii, Siphononema polonicum, Chamaesiphon polymorphus, Chroococcopsis fluviatilis, Pleurocapsa minor, Xenotholos kerneri, Phormidium subfuscum, Ph. retzii, Ph. uncinatum, Ph. subfuscum, Schizothrix calcicola. Eine weitere Gruppe hatte ihren Verbreitungsschwerpunkt nur im Oberrhein, zum Teil
erst im Abschnitt nördlich des Kaiserstuhls. Aspektbildend waren in dieser Gruppe Cladophora glomerata, Gongrosira incrustans, Audouinella chalybea, Hildenbrandia rivularis, Homoeothrix varians, Phormidium corium, Microcoleus subtorulosus. Calothrix parietina, Aphanocapsa parasitica, Chlorogloea rivularis, Schizothrix lardacea und andere Kleinformen bildeten zusätzlich eine dichte ± gallertige Schicht auf den meisten submersen Substraten. Als Besonderheiten
für den Rhein, wenn auch zum Teil nur mit niedrigen Abundanzen präsent, sind hervorzuheben: Gloeocapsa sanguinea, Chroococcus bituminosus, Ammatoidea normannii, Pseudophormidium rhenanum, Schizothrix cf. funiculus, Thorea hispida, Apistonema commutatum, Pleurocladia lacustris, Dilabifilum incrustans, Gongrosira leptotricha. Es sind dies in der Mehrzahl Formen, die insgesamt eine geringe Verbreitung besitzen und deshalb in den Fundlisten von Fließwasseralgen kaum
Erwähnung finden. Andere Taxa, die in früheren Jahren ein stärkeres Vorkommen im Rhein zeigten, wie Rivularia biasolettiana, R. haematites, Tolypothrix lanata wurden nicht mehr gefunden.
buochmeisterinne
(2021)
buochmeisterin, so nannte man im Mittelalter jene Schwester, die im Frauenkloster für Anschaffung, Aufbewahrung und Ausleihe der Bücher zuständig war. Auch in den Dominikanerinnenklöstern Freiburgs, deren vornehmstes der im 13. Jahrhundert gegründete Konvent von Adelhausen war, spielten Bücher eine zentrale Rolle im Leben der Frauengemeinschaften, sei es im Bereich von Erziehung, religiöser Bildung und Liturgie, aber auch im Kontext von Wirtschaft und Verwaltung. Ob von Amts wegen als Bibliothekarin oder Tischleserin, in der Chorgemeinschaft als Sängerinnen oder in der persönlichen Andacht: Die Frauen im mittelalterlichen Kloster waren auf vielfältige Weise alle buochmeisterinne.
Welche Arten von Büchern in Adelhausen und den befreundeten Dominikanerinnenklöstern im Mittelalter vorhanden waren und wer ihre Anschaffung und Benützung im Frauenkonvent organisierte, beleuchtete im Frühjahr 2021 die aus universitären Lehrveranstaltungen hervorgegangene Ausstellung im Wentzingerhaus. Zu sehen waren Exponate aus den Sammlungen der Stadt und der Adelhausenstiftung sowie Leihgaben aus Museen und Bibliotheken in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Gezeigt wurden Handschriften und Drucke aus dem Besitz der Freiburger Dominikanerinnen, deren im Adelhauser Neukloster vereinigte Bibliotheken nach der 1857 erzwungenen Auflösung verstreut worden waren. Für die Dauer der Ausstellung kamen sie zum ersten Mal wieder an einem Ort zusammen.
Das umfangreiche Katalogbuch, das wie die Ausstellung maßgeblich durch die Adelhausenstiftung Freiburg unterstützt wurde, stellt in über 20 Beiträgen die für die Ausstellung ausgewählten Werke ausführlich in Text und Bild vor. Über das Ende der Ausstellung hinaus bietet es somit eine umfassende Dokumentation und Weiterführung des Themas.
100 Jahre alt geworden ist sie am 1. Oktober 2001, die „Majolika“, wie die Karlsruher ihre Manufaktur ebenso liebevoll wie ungenau nennen, handelt es sich bei „Majolika“ doch nicht um ein Gebäude oder eine Produktionsstätte sondern um eine keramische Technik. Die einzige kunstkeramische Manufaktur Deutschlands kann auf eine ebenso glanzvolle wie wechselhafte Geschichte zurückblicken. In ihrer vielfältigen und farbenprächtigen Produktion spiegelt sich der künstlerische Wandel
eines ganzen Jahrhunderts, angefangen bei der Hochblüte des Jugendstils über den Expressionismus, die Stiltendenzen des Bauhauses und die Neue Sachlichkeit bis hin zu den charakteristischen Formen der fünfziger Jahre und den aktuellen Kunstströmungen der Gegenwart.
Ecclesia und synagoga!
(2016)
Im Jahr 2013 habe ich mich in einem Aufsatz für so etwas wie eine Rückkehr zu einer älteren
Interpretationslinie der Geburtsszene im Vorhallen-Tympanon des Freiburger Münsters (zweite
Hälfte des 13. Jahrhunderts) stark gemacht (Abb. 1).[1] Und entsprechend argumentierte ich da
auch hinsichtlich des Pauluspfeilers (ca. 1310) im Hauptschiff dieses Kirchengebäudes (Abb. 2).
Diesen, richtiger: die Konsolfigur unter dem Apostel, erklärte noch der 1906 von Friedrich
Kempf und Karl Schuster publizierte Münsterführer als „kauernde Figur […] mit Judenhut“.[2]
Und bei der Geburtsszene deutete etwa Gustav Münzel die neben dem Bett Marias stehende Gestalt
als „die Christenheit oder, besser gesagt, die organisierte Christenheit, die Kirche“.3 Sofern
auf der gegenüberliegenden Seite der mit einem Judenhut ausgestattete Joseph seinen Platz hat
und sofern der Apostel Paulus natürlich als Christ zu begreifen ist, wäre bei solchen Interpretationen
also hier wie dort an die Motivik „Kirche und Synagoge“ zu denken.
Die Autorin befasst sich mit der Herangehensweise an das Thema Heimattage Baden-Württemberg 2015 und ihrer Umsetzung in Bruchsal. Wie wurde die Bürgerschaft eingebunden, welche Projekte wurden entwickelt, wie hoch ist der Stellenwert von »Heimat« in der Gesellschaft ? Welche Möglichkeiten ergeben sich für eine Stadt?
Der Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung wurde am 19.
Oktober 1868 in Friedrichshafen gegründet. Seitdem fanden jährlich - Ausnahmen bildeten nur Kriegs- und Nachkriegsjahre - in verschiedenen Städten des
Bodenseeraumes die Hauptversammlungen statt. In den ersten Jahrzehnten wurden den Teilnehmern dieser Jahresversammlungen zur Erinnerung Festgaben
überreicht.
Die folgende Aufstellung versucht die von 1869 an überreichten Gaben möglichst komplett aufzulisten. Leider sind durch die Kriegseinwirkungen im 20. Jahrhundert in der ehemaligen Vereinsbibliothek, der heutigen Bodenseebibliothek
Friedrichshafen, nicht mehr alle Festgaben vorhanden. Die Auflistung erfolgt an
Hand der in den Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner
Umgebung (in den Berichten über die Jahresversammlungen) aufgeführten Geschenke und der durch bibliographische Recherchen ermittelten Titel.
Fritz Schenk (1906–1985) brachte aufgrund seiner Biographie eine enge Vertrautheit mit Deutschland und Frankreich mit. Als Sohn deutscher Eltern im Grenzort Nouvel-Avricourt in Lothringen geboren, ging er zusammen mit jungen Franzosen zur Schule. Am Ende des Ersten Weltkriegs zog die Familie 1919 nach Kirchheim unter Teck, woher seine Mutter stammte. Dort legte Schenk 1925 das Abitur ab. Es folgten Studienaufenthalte in Tübingen, Berlin, Nancy (zwei Monate) und Paris (ein Semester). Nach dem Studium der Romanistik und Geschichte promovierte er 1932 in Tübingen zu einem zeithistorischen
Thema.
Die theologischen Thesen, die Martin Luther 1518 in Heidelberg vortrug und mit Theologieprofessoren der Universität diskutierte, fanden seit 1520 durch den Druck weite Verbreitung im gesamten Reich und werden bis heute vielfältig als ein Schlüsseltext für seine frühe Theologie rezipiert. Auch der genaue Ablauf der Heidelberger Disputation ist ereignisgeschichtlich in der Forschung bereits mehrfach detailliert untersucht worden. Weniger im Blickpunkt stand dagegen bisher die persönliche Interaktion Luthers mit seinem Heidelberger Publikum und die Wirkung, die er, vermittelt durch diese Zuhörer, im südwestdeutschen Raum entfalten sollte. Luthers Charisma ist vielfältig belegt. Es ist daher anzunehmen, dass er im persönlichen Kontakt stärkere Überzeugungskraft entfalten konnte, als dies durch eine rein schriftliche Vermittlung seiner Theologie möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit zur persönlichen Überzeugung eines südwestdeutschen Publikums sollte sich – abgesehen von dem Verhör Luthers in Worms 1521, bei dem auch zahlreiche Adlige aus dem Südwesten anwesend waren, das aber eine vollkommen andersartige Ausrichtung hatte – später nicht noch einmal bieten: Das Wormser Edikt beschränkte ab 1521 Luthers persönlichen Wirkungskreis auf Kursachsen. Die Heidelberger Disputation war insofern eine einmalige Gelegenheit, um Personen, die später zu Schlüsselfiguren der südwestdeutschen Reformation avancierten, persönlich zu beeindrucken und für seine Ideen zu gewinnen. Neben der Disputation bot der Aufenthalt in Heidelberg zudem Gelegenheit, bei persönlichen Treffen und Abendessen Bekanntschaften zu schließen und Sympathien zu gewinnen: ein Netzwerk, das vermutlich dazu beitrug, Luther eine verlässliche Basis für künftige Kooperationen zu schaffen, die dann über schriftlichen Austausch und durch die Vermittlung Dritter fortgeführt werden konnten.
Das spätmittelalterliche Scheibenkreuz-Flurdenkmal von Rudenberg bei Neustadt im Schwarzwald.
(1984)
Als Nimbus ist das Scheibenkreuz, der viergeteilte Kreis, ein Christussymbol
und in Anlehnung an das Christus-Wort im Johannesevangelium 8,12 „ich
bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern wird das Licht des Lebens haben" damit zugleich ein Zeichen
für das von Christus ausgehende Licht und Leben. Einen Überblick zur Verbreitung
des in Stein gehauenen und in der Art einer Stele aufrecht stehenden
Scheibenkreuzes (französisch: stele discoidale, englisch: disk-headed cross)
vermittelt ein kürzlich erschienenes erstes Inventar. Im deutschsprachigen
Raum muß man die zahlreichen mittelalterlichen Scheibenkreuz-Flurdenkmale
in Südniedersachsen sowie die wenigen gleichartigen Male in Westfalen, Thüringen und Sachsens von den Scheibenkreuz-Grabsteinen in Hessen aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktion voneinander trennen.
Im Rahmen der Ikonographie des Handwerks dienen als dessen Zeichen in der Regel charakteristische Werkzeuge der verschiedenen Berufe, gelegentlich auch Erzeugnisse. Zu den eher seltenen Handwerkern zählen die Glaser. Meist gab es in kleineren Städten nur eine Familie, die das Glaserhandwerk betrieb, und demnach auch nur eine Glaserwerkstatt. Nur große Städte boten mehreren Glaserfamilien mit ihren Werkstätten ausreichende Arbeit und Existenz. Sie
waren in Glaserzünften zusammengeschlossen. In Freiburg im Breisgau bildeten sie eine eigene Meisterschaft unter dem Dach der Malerzunft. Das Freiburger Stadtarchiv verwahrt
noch heute das Siegel die er Bruderschaft der Glasermeister. Die Umschrift des Freiburger Glasersiegels beginnt oben rechts und lautet im Uhrzeigersinn gelesen (Abb. 1): SIGILL DER GLASER HANT(WERKER) IN FRIB(VRG) IM BRISGAV
Die Kunst Bruchsal zu sein
(2017)
Der Autor stellt einige Überlegungen dazu an, was Stadtentwicklung als Entwicklung menschlicher Lebensräume heute bedeutet, welche Akteure dabei eine Rolle spielen, und was wesentliche Kriterien einer insbesondere nachhaltigen Stadtentwicklung sein könnten. Zum Schluss gibt er einen Ausblick auf die Ausstellung »Die Kunst Bruchsal zu sein«, die begleitend zum gesamtstädtischen Entwicklungskonzept Bruchsal 2025 gezeigt wird.
Im umfangreichen Nachlass des Konstanzer Generalvikars und Bistumsverwesers Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860) befinden sich mehrere Ordensinsignien, darunter zwei ordensähnliche Kreuze, deren Identität erst vor Kurzem erforscht und aufgedeckt werden konnte. Aufgrund detaillierter ikonografischer Untersuchungen kann inzwischen belegt werden, dass es sich hierbei um Kreuze der Domherren des Bistums Konstanz handelt, über deren Existenz bisher nichts bekannt war. Domkapitel sind aus mehreren Geistlichen bestehende Körperschaften, die die feierliche Liturgie an der Kathedralkirche einer Diözese gestalten sowie den Bischof bei der Administration des Bistums unterstützen. Ihre Entstehung reicht bis ins Frankenreich des neunten Jahrhunderts zurück. Schon bald wurden die Kapitel mit besonderen Privilegien ausgestattet, wozu seit dem 12. Jahrhundert eine besondere Chortracht gehörte.
Freiburg, den 15. Juni 1495: Der zuständige Schreiber notiert in der städtischen Rats Erkanntnus folgende Anweisung:
"Man sol den Höltzli annemen, in Sant Martins turn furen, von stund an inn fragen, im trówen vf den diebsturn.
Seit er nit, inn in diebsturn furen, in der ordnung zu im gon. Nach sinr sag haben bürgermeister vnd
obristmeister gwalt witer ze handeln." Fälle wie dieser tauchen in der städtischen Überlieferung immer wieder auf. Personen sollten gefangen genommen und im städtischen Gefängnis, im Martinsturm, verhört werden. Waren sie nicht geständig, drohte man ihnen an, sie in den Diebsturm - und damit in die Folterkammer - zu überführen. Nach der "Aussage" des Delinquenten sollten dann der Bürger- und der Obristmeister über das weitere Vorgehen entscheiden. Neu sind hingegen die Anweisungen am Rand. Blättert man die Rats Erkanntnus der Jahre 1495/1496 durch, bleibt das Auge des Lesers zuweilen an Marginalien, wie der genannten oder wie: ins vrgicht buch, ins freuelbuch oder ins vrfech buch schriben hängen. Die Rats Erkanntnus,
eine Form der Ratsprotokolle, genügte demnach nicht als Aufzeichnungsort, die Vorkommnisse sollten nochmals gesondert niedergeschrieben werden.
Familiengeheimnisse
(2021)
Fastnacht ist kein Brauchtum, sondern eine
Lebenseinstellung: So würde wohl mancher
überzeugte Fastnachter beschreiben, was ihm die
„fünfte Jahreszeit“ bedeutet. Tatsächlich besitzt
die Fastnacht im schwäbisch-alemannischen
Raum eine weit über die Brauchtumspflege
hinausgehende soziale und teils auch politische
Bedeutung, die ihr einen herausragenden Stellenwert im regionalen Selbstverständnis verleiht.
Dies ist bekannt und wird teilweise augenzwinkernd, teilweise mit Unverständnis zur Kenntnis
genommen. Was jedoch vielen Menschen nicht
bewusst ist, ist die Tatsache, dass nicht wenige
Objekte der Alltagskultur auch eine fastnächtlichen Bedeutungsebene aufweisen.
Wenn alte Villinger von ihrer Schulzeit erzählen,
kann es sein, sie erinnern sich an ein museumspädagogisches
Erlebnis besonderer Art: dass sie
nämlich beim Besuch des Alten Rathauses zur
Veranschaulichung früherer („peinlicher”) Befragungsmethoden
auf der Streckbank festgebunden
wurden 1. Diese Streckbank stand in der als „Folterkammer”
eingerichteten Arrestzelle von 1731
im 2. Obergeschoss des Alten Rathauses. Sie war
Teil eines Arrangements von Folterwerkzeugen, die
allesamt Georg Fidel Hirt (1821 – 1889) gesammelt
und an die Stadt Villingen verkauft hatte. Er tat
dies bereits vor dem offiziellen Gründungsdatum
der Städtischen Altertümersammlung, 1876. Seine
Sammeltätigkeit war die Urzelle des Villinger
Museums.
Moden
(2015)
Im Jahre 2012 gingen die TU Dortmund und das Franziskanermuseum Villingen-Schwenningen eine Kooperation ein, um die volkskundliche Sammlung des Lenzkircher Uhrenfabrikanten Oskar Spiegelhalder, die sich seit 1929 im Franziskanermuseum befindet, genauer zu erforschen. Im Rahmen dieses von der Volkswagenstiftung geförderten Projekts sollte der Nachlass des Sammlers ausgewertet und die Objekte der Sammlung neu inventarisiert werden. Der Projekttitel „Das Unsichtbare und das Sichtbare. Zur musealen Herstellung von Region am Beispiel der Schwarzwaldsammlung Oskar Spiegelhalders“ wirft
zunächst Fragen auf.
Die Ausstellung „Moden. Schwarzwälder und andere Hüte”, welche die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts einer breiten Öffentlichkeit vermittelte, wurde 2015 vier Monate lang, von April bis August, im Franziskanermuseum
Villingen gezeigt. Insgesamt haben 3334 Besucherinnen und Besucher die Ausstellung gesehen. Ein breit gefächertes Begleitprogramm beleuchtete zusätzliche Aspekte. Besonders gelobt wurden die anhaltende Präsenz des Themas in den Medien, die professionelle, ästhetisch ansprechende Gestaltung der Ausstellung und der Werbemedien, das gute Marketing und die interessante und vergnügliche Umsetzung der Inhalte. Der Riesenbollenhut auf dem Osianderplatz war ein Anziehungspunkt
für Einheimische und Touristen und wurde gern als Fotokulisse genutzt.
Im Jahr 1935 wandte sich der Kinobetreiber Robert König aus Lörrach mit dem Vorhaben an die Stadt Villingen, gegenüber dem Riettor ein neues Kino zu bauen. Er besaß bereits sechs Kinos, zwei davon in Villingen, letztere aber nicht mehr in zeitgemäßem und der aufstrebenden Stadt angemessenem Zustand. Es handelte sich um die „Hinterhofkinos“ Kammer-Lichtspiele und Union-Tonfilm-Theater.
Apropos Tracht
(2015)
Es geschieht nicht häufig, dass ein historisches
Kostüm abgegeben wird und dazu ein Foto, das
die einstige Besitzerin in demselben zeigt. Diesen
Glücksfall von erhaltenem Originalobjek
und fotografischer Evidenz des getragenen
Kleides ist nun der Trachtengruppe der Bürgerwehr
mit der Schenkung einer Altvillingerinnen-
Tracht zuteil geworden. Auch Name und Herkunft
der Trägerin, Emilie Thalweiser, geborene Kloz,
aus Villingen, sind bekannt. Sie war Mitglied in
der Trachtengruppe. Das Foto ist 1930 entstanden.
Das eigentliche Kostüm besteht aus drei Teilen,
einem Leibchen mit langen Ärmeln, einem gesonderten
Schößchen, das mit einer Art Gürtel um die
Taille befestigt wird und die Rückseite betont, und
dem Rock, alles aus orangenem Baumwollstoff
und in einfacher Schnittweise. Die Kanten sind
mit schwarzen Posamenten betont. Am Dekolleté
ist eine kurze Stehspitze angenäht.
Das Franziskanermuseum zeigt zum Jahresbeginn 2020 in Zusammenarbeit mit der Historischen Narrozunft e.V. die Ausstellung "Familiengeheimnisse. De Narro un si ganz Bagasch." In Daniel Kehlmanns Bestseller „Tyll“ heißt es: "Doch dann hätten sie begriffen, dass jeder Gaukler ein wenig Teufel sei und ein wenig Tier und ein wenig harmlos auch….". Diese fast
nebensächliche Bemerkung des Romanerzählers eröffnet das Bedeutungsspektrum der Gaukler- oder Narrenfigur, das auch die Ausstellung ausloten möchte. Tatsächlich werden in der Ausstellung als „Ur-Typen“ (Archetypen) nicht nur Teufel und Tier vorgestellt, sondern auch der Bauer (und weitere), der sich hier vielleicht hinter dem Adjektiv „harmlos“ versteckt, das nichts
Anderes meint als „von einfachem Gemüt“.
1998 wurde mit dem neuen gläsernen Foyer im Franziskaner die Abteilung „Mensch, Arbeit, Technik” eröffnet. Sie befindet sich im Verbindungsgang zwischen Franziskaner-Klostergebäude und dem sogenannten Waisenhaus. Diese interaktiv konzipierte Ausstellung zeigt Werkzeuge, bzw. Produkte von Arbeit von der Steinzeit bis heute. Zeitgenössische literarische Quellen – als Texte auf die Fenster gedruckt – geben Kommentare und eine weitere Einordnung des Gezeigten. Endpunkt dieser Entwicklung ist das elektro-mechanische Objekt „Jüngling von New York” des Künstlers Wolfhart Hähnel (geboren 1944). Von Anfang an rief es Entzücken hervor. Es produzierte aber auch Missverständnisse: Besucher hängten und hängen ihre Mäntel und Jacken an den „Kleiderständer”, der Teil des Kunstwerks ist.
„Gullerfiguren“
(2002)
Gullerfiguren stellen ein Villinger Spezifikum dar.
Der Lenzkircher Uhrenfabrikant Oskar Spiegelhalder (1864-1925) sammelte beispielsweise bemalte
Tonfiguren aus Villingen in seiner Schwarzwaldsammlung und somit als Zeugnis des Brauchtums
dieser Region. Eine ähnliche Intention verfolgte
der Kunsthafner Carl Kornhas (1857-1931), der
Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe
war. Er besaß eine große Sammlung von Villinger
Krippenfiguren, von denen er 296 an die Städtischen Sammlungen verkaufte.
Renaissance im Alten Rathaus
(2008)
Das Alte Rathaus in Villingen wird 2008
Schauplatz einer Ausstellung mit hochwertigen
Glasmalereien und Prunkwaffen aus einer einzigartigen Privatsammlung. Ausgehend vom historischen Ratssaal von 1537 wird die Zeitepoche der
Renaissance mithilfe von Kabinettscheiben, flämischen Rundscheiben, den zugehörigen Scheibenrissen und Waffen wie Bidenhänder, Radschlosspuffer und Teschinke verlebendigt. Schon in den
Aktionen des Schülerprojektes „Intermezzo“ (2005
–2007) wurde mit großer Resonanz diese
Zeitebene gewählt, um das Publikum für das eindrucksvolle Gebäude und seine besondere
Ausstattung zu sensibilisieren. Parallel zum
Geschichtsspektakel „Bürgertrutz und Pulverdampf“ des Werbekreises Villingen am 31. Mai
und 1. Juni 2008 sind Tage der offenen Tür im
Alten Rathaus und in der Ausstellung geplant.
Holzmodelausstellung 2012
(2012)
Der Geschichts- und Heimatverein und die Städtischen Museen planen zu Weihnachten 2012, parallel zum Weihnachtsmarkt auf dem Münsterplatz, eine Ausstellung mit historischen Backmodeln im Alten Rathaus. Gebäck mit figürlichen Darstellungen wurde traditionell zu Weihnachten hergestellt. Aber auch zu anderen besonderen Anlässen im Lebenslauf, wie Geburt, Hochzeit oder Tod, wurden eigens Model hergestellt. Ein Beispiel aus Villingen ist das Kuchenbackmodel der Apollonia Moser, Äbtissin bei den
Klarissen, die 1613 starb. Das Model ist im Besitz des Klosters St. Ursula, eine Kopie ist in der Dauerausstellung des Franziskanermuseums zu sehen. Auf diesem Model ist im Zentrum das Familienwappen dargestellt, und in einer Umschrift das Leben der Nonne nacherzählt.
„Zwei gemütliche Alte aus Schwenningen,
Württemberg“, so bezeichnete der Berliner Foto -
graf Hans Retzlaff seine Aufnahme von 19341. Das
Foto hängt heute im Heimat- und Uhrenmuseum
in Schwenningen in der Trachtenabteilung im 1.
Obergeschoss (Abb. 1) und war bereits mehrfach
Thema im „Heimatblättle“, wo man die Identität
der abgebildeten „Hippen“ diskutierte.
Das Alte Rathaus wieder zu beleben, neue Nutzungsmöglichkeiten auszuprobieren, ist Ziel des Projektes „Intermezzo“. „Intermezzo“ ist eine Kooperation des Gymnasiums am Romäusring mit dem Franziskanermuseum, die finanziell getragen
wird vom Europäischen Sozialfonds, der Robert-Bosch-Stiftung und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport. Vor Ort wird das Projekt durch den Förderverein Kulturzentrum Franziskaner unterstützt. Bei einem landesweiten Wettbewerb
unter dem Titel „LernStadtMuseum“ wurde dieses Tandem mit 9 weiteren ausgezeichnet. Das Projekt läuft über drei Jahre, 2005–2007, und wurde mit 25.000,– € dotiert. Es soll ehrenamtliches Engagement von Schülern (und Erwachsenen) im Museum fördern und die Schüler mit Berufsbildern im Umfeld des Museums vertraut machen.
Im Chor der ehemaligen Franziskanerkirche ist eines der größten Exponate des Franziskanermuseums ausgestellt: die Verkleidung eines Heiligen Grabes aus dem Münster. Bei Konzerten bilden ihre scherenschnittartigen Umrisslinien einen außergewöhnlichen Hintergrund. Sie ist aber auch häufig durch eine Schalwand verdeckt. So führt dieses Kunstwerk ein relativ bescheidenes und unauffälliges Dasein, nur dem aufmerksamen Museums- und Konzertbesucher gibt es Rätsel auf: Um was handelt es sich bei diesem merkwürdigen Exponat? Gehört es zur ursprünglichen Ausstattung der Franziskanerkirche? Wurde es das ganze Jahr in einer Kirche präsentiert? Wie genau wurde es genutzt? Was ist dargestellt? Alle diese Fragen werden im Altertümerrepertorium, also dem ersten Verzeichnis der Altertümersammlung der Stadt Villingen (um 1876), beantwortet.
Schwarzwälder Geigen sind bei weitem nicht so
berühmt wie Schwarzwälder Uhren, Schinken oder
Kirschtorte. Dass der Schwarzwald einst auch ein
Zentrum des Geigenbaus war, ist nur den wenigsten bekannt. Umso interessanter sind die
Zeugnisse, die diesen Handwerkszweig belegen
oder illustrieren helfen.
Das Schild einer Musikuhr aus der Sammlung des
Franziskanermuseums bietet einen ungewöhnlichen Einstieg in das Thema. Das Schild ist mit
44 x 64 cm sehr groß, was sich aus der Größe des
Uhr- und Musikwerks ergibt, dem es vorgesetzt ist.
Denn der Sinn des Uhrschildes bestand - neben
dem Hauptzweck, Träger des Zifferblattes zu sein -
darin, Werk und Glocke zu verbergen. Dem quadratischen Schild wurde daher ein Halbkreis aufgesetzt, der im Durchmesser etwas kleiner war und
die Glocke verdeckte. Während die Zwickel, welche das Zifferblatt freilässt, häufig mit ornamentalen Blumen (,,Apfelrosen") verziert sind, bietet dieser Halbkreis Raum für figürliche Darstellungen.
Im vorliegenden Fall ist hier eine Genreszene, eine
typische Situation aus dem Alltag der damaligen
Zeit, dargestellt.
Spurensuche im Museum
(2014)
Das Franziskanermuseum in Villingen-Schwenningen
gehört zu jenen Museen, die in einer ehemaligen
Klosteranlage untergebracht sind. Das
kulturgeschichtliche Regionalmuseum stellt zwar
keine Mönche aus, doch hat es dieses Jahr ein
Thema gewählt, das die eigene institutionelle Vergangenheit
betrifft: Beim Umbau eines Villinger
Bürgerhauses wurden 175 beidseitig bemalte
Bretter in einer Balkendecke entdeckt, die sich als
zersägte Kulissen eines klösterlichen Schultheaters
entpuppten. Dieser europaweit einzigartige Fund,
seine Restaurierung, Einordnung und Deutung
wird vom 30. November 2013 bis 23. Februar 2014
als Museumskrimi in einer Sonderausstellung präsentiert.
Der Vergleich mit einer Detektivgeschichte
liegt deshalb nahe, weil die Vorarbeiten zur Ausstellung
dem Alltagsgeschäft eines Kriminalkommissars
ähneln, der einen Fall lösen möchte.
Die erstmals 2017 gefeierte urkundliche Ersterwähnung von Schwenningen, Villingen und
Tannheim (so nicht die alphabetische, sondern
Reihenfolge im Urkundentext) stellte nicht nur
manchen Bürger und manche Bürgerin, sondern
auch das Franziskanermuseum vor eine Herausforderung: Was feiern wir da eigentlich und
warum?
Im Jahr 1934 geboren, gehöre ich
noch nicht zu den ganz Alten, aber zu
der älteren Generation. Ich glaube daher, dass es interessant ist, über einige
Erlebnisse in meiner Kindheit und Jugendzeit zu berichten, um die heutige
und die nachfolgende Generation daran
zu erinnern, wie es damals war. Ich kann mich noch gut an meine
Kindheit und Jugendzeit und an die Zeit
während des Zweiten Weltkriegs und
unmittelbar danach erinnern. Es war
selbstverständlich, dass man damals als Junge zur Hitlerjugend ging. Wir
mussten sonntagvormittags auf dem
Marktplatz antreten. Ich stand da immer
im Konflikt, weil ich auch Ministrant war
und gleichzeitig am Altar dienen sollte.
Meine zwei älteren Brüder waren bereits im Krieg, und die schenkten mir
eine Koppel, auf dessen Verschluss
„Gott mit uns“ stand. Das hatte keiner
außer mir. Dieser Spruch stand nur auf
einer Wehrmachtskoppel. Darauf war
ich natürlich stolz. Was auf der Koppel
der Hitlerjugend stand, weiß ich nicht
mehr genau. Ich glaube „Blut und Ehre“.
1934 wurde ich in der Leiergasse geboren und habe dort auch meine Kindheit, Jugendzeit und mein ganzes bisheriges Leben verbracht. Nach mehrmaligem Umbau des Elternhauses und
Ausbau der Scheune wohne ich noch
immer in der Leiergasse und fühle mich
dort „sauwohl“. Ich denke daher gerne
an frühere Zeiten zurück. In diesen Erinnerungen werden Erlebnisse mit den
alten, in der Zwischenzeit längst verstorbenen Anwohnern wieder wach. Einige davon möchte ich niederschreiben.
In meiner Kindheit und Jugendzeit
war die Leiergasse mit Steinen und
sonstigem Material wie ein Feldweg befestigt. Man musste jeden Samstag die
Straße säubern. Was heißt schon säubern? Man kehrte bzw. verteilte den
Dreck und setzte ihn haufenweise zusammen, sodass man einigermaßen
gehen konnte und bei Regen nicht
durch eine Pfütze waten musste. Bei
Trockenheit wirbelte der Wind den Staub durch die Gegend.
Das Land am Oberrhein im ausgehenden Mittelalter: Bettlerscharen vor den
Kirchen, Blinde, Lahme, Verstümmelte, Schwangere; Geistesgestörte, die man
vom Teufel besessen glaubt. [...]
Wer hat dieses, pandämonische Bild einer aufgewühlten Gesellschaft am Vorabend
der Reformation überliefert, jene Beschreibung, wie geschaffen als
Motivsammlung zu einem Film von Russel, Pasolini, Fellini und uns heutigen
wieder merkwürdig interessant? Sie findet sich in einem der eigenartigsten
Texte, den die Literaturgeschichtsschreibung zu verzeichnen hat: in dem um
1510 anonym gedruckten „Liber Vagatorum / Der Betler orden", der zur Gattung der „Gaunerbüchlein" rechnet und in der Enthüllung von Betrugspraktiken,
die den Gläubigen und Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen
sollten, das oben gezeichnete Bild zwar in karikierender Überzeichnung entwirft,
doch auch in der Darstellung des Scheins noch das zugrunde liegende
Sein mitabbildet, wo dieses nicht vergleichend direkt zur Sprache kommt.
»Der Zugang zu Kultur soll in Karlsruhe als ein Grundrecht gelten.« Diese Setzung findet sich in der »Kulturerklärung
für Karlsruhe«, auf die sich im Sommer 2013 die Karlsruher Kulturschaff enden geeinigt hatten. Im Mai 2014 verabschiedete dann der Karlsruher Gemeinderat einstimmig das Kulturkonzept 2025 der Stadt Karlsruhe, dem die »Kulturerklärung
für Karlsruhe« vorangestellt ist. Darin verpflichten sich die Kommunalpolitik wie die Karlsruher Kulturschaffenden, ihre »Arbeit als die Gewährleistungen eines Rechts auf Kultur« zu begreifen.
Der Salmen in Offenburg
(2004)
„Wir leben in einer Zeit, in der nicht nur die jungen Menschen, sondern auch wir Älteren diese Demokratie hinnehmen, als sei sie eine Selbstverständlichkeit. Erst wenn wir uns vergewissern, dass Menschen dafür ihr Leben gegeben haben, erst dann wird uns deutlich, was auf dem Spiel steht, wenn die Demokratie gefährdet ist, und darum meine ich, ein solcher Ort wie der Salmen kann uns das deutlich machen." Diese Sätze entstammen dem Grußwort, das Bundespräsident Johannes Rau am 20. September 2002 anlässlich der Eröffnung des „Salmen" als Kultur- und Veranstaltungszentrum in Offenburg sprach. Schon im Januar 2002 hatte der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien den Salmen zum ,,Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung" erklärt. Das sind Denkmäler, die „Zeugnis ablegen über kulturelle, politische, geschichtliche, architektonische, städtebauliche oder wissenschaftliche Leistungen, die zur Entwicklung oder Darstellung des Gesamtstaates als Kulturnation maßgeblich beigetragen haben oder die für die kulturelle oder historische Entwicklung einer Kulturlandschaft von herausragender Bedeutung sind."
Aus aller Herren Länder
(2003)
Liselotte von der Pfalz, Schwägerin Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs, erinnert sich in ihren berühmten Briefen vom französischen Hof in die Heimat gern an ihre pfälzische Kinderzeit. Immer wieder erwähnt sie dabei Menschen, denen sie damals begegnet ist. So erkundigt sie sich nach einem Stadtdirektor Clignet oder nach einem Jacob van Deyl, der aus den Niederlanden stammte. In Erinnerung geblieben ist ihr auch ein einfacher Messerschmied, dem sie häufig bei der Arbeit zugeschaut hat und von dem sie weiß, dass er ,,Anabaptist" (Täufer) ist. Vergessen hat sie weder den blinden französischen Pfarrer Jacques Couet du Vivier noch die „Polnisch, so die Socinianer hießen", oder die „Juden von Avignon". Alle diese Menschen lebten um 1665 innerhalb der Mauern derselben Stadt, und diese Stadt war Mannheim.
200 Jahre „Harmonie"
(2003)
In diesem Jahr feiert die Harmonie-Gesellschaft, eine der traditionsreichsten Vereinigungen Mannheims, ihr 200jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen eine Sonderausstellung, die mit Exponaten des Museums, der Universitätsbibliothek Mannheim und privaten Leihgebern die Entstehungsgeschichte dieser „ältesten kulturellen Gesellschaft der Kurpfalz"behandelt und eine Auswahl von Werken ihrer bedeutenden Bibliothek präsentiert.
In den Rheinischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit, einer in Mannheim verlegten wissenschaftlichen Zeitschrift, erschienen 1781 unter der Überschrift „Briefwechsel eines pfälzischen Blinden“ in mehreren Folgen Schreiben eines blinden Mannheimers. Von diesen Briefen wurde versichert, sie seien eigenhändig niedergeschrieben und nicht etwa diktiert worden, was mehr als vier Jahrzehnte vor Entwicklung der Braille-Blindenschrift verständlicherweise für Aufsehen und Bewunderung sorgte: „Wie!
ein Brief … von Ihrer eigenen Hand? noch dazu … mit aller orthographischen Genauigkeit? Wer sollte das von einem Blinden
glauben?“
Der Lectotypus von Canephora sieboldii Reutti, 1853, wird festgelegt. Es wird darüber hinaus gezeigt, dass der Holotypus von Psychidea balcanica Wehrli, 1933, vom Autor selbst festgelegt wurde und dass somit die Lectotypusfestlegung durch Meier, 1966, ungültig ist. Das von Sieder 1971 als Holotypus des unbeschriebenen Taxons Reisseronia achaja etikettierte Exemplar
ist Heliopsychidea graecella (Millière, 1866).
Von 2015 bis 2018 wurden die Sackträger (Psychidae)
aus allen einzelnen Schmetterlings-Sammlungen des
SMNK in die Hauptsammlung integriert, konservatorisch neu aufgestellt und wissenschaftlich bearbeitet.
Die Trockenpräparate (Männchen und Larvalgehäuse,
sog. „Säcke“) wurden EDV-erfasst. Es handelt sich um
eine der größten Psychidae-Spezialsammlungen in europäischen Museen.
Johnny 1949
(2016)
Ich, Johnny, war acht Jahre alt, als meine Mutter (Mutti) mich kurzerhand von jener fürchterlichen Privatschule – der Belmont School, Wood Lane, Falmouth – nahm und entschied, dass ich sie nach Deutschland begleiten sollte, wo sie sich auf die Suche nach ihrer (und meiner) Familie machen und die Stadt sehen wollte, in der sie geboren war: Heidelberg, in das sie, wegen des Kriegs und ihres halbjüdischen Bluts, nicht hatte zurückkehren können. Ich wusste von diesen Dingen natürlich nichts, jung wie ich war; ich hatte nur eine vage Vorstellung davon, dass wir den Krieg gewonnen und die verhassten Deutschen ihn verloren hatten. Ich habe blasse Erinnerungen von Gefechten auf dem Spielplatz, bei denen ich bestimmte, Andy Dell solle Hitler spielen, während ich der strahlende Held war, der ihn erschoss. Andy brach in Tränen aus, da ich darauf bestand, als der niederträchtige Bösewicht müsse er sterben.
Seit den Arbeiten von Wilhelm Pressel und Heinrich Missalla auf deutscher Seite, und von Laurent Gambarotto auf französischer Seite, ist die Predigt des Ersten Weltkrieges nicht mehr Objekt einer gründlichen Untersuchung gewesen. Dies gilt auch für Elsass-Lothringen, auch wenn ich diesem Thema einige begrenzte Aufsätze gewidmet habe. So behandelt das Standardwerk von Jean-Noël und Francis Grandhomme, Les Alsaciens-Lorrains dans la Grande Guerre (Straßburg 2013) nicht die Predigt. Diese Lücke ist umso bedauerlicher als die Bibliothèque Nationale Universitaire von Straßburg ca. 60 gedruckte Predigten des Ersten Weltkrieges besitzt, darunter 40, die vor kurzem dank des Programms „Europeana“ digitalisiert worden sind. Diese Predigten – sowie manche andere, die man an der „Médiathèque protestante“ (Thomasstift) finden kann – sind von Pressel nicht berücksichtigt worden. Diese Predigten sind vorwiegend deutsche Predigten, was sich aus zwei Gründen leicht erklären lässt: erstens war die deutsche Sprache schon vor 1870 die religiöse Sprache der meisten Protestanten in Elsass-Lothringen, auch wenn in einigen Gemeinden – z.B. bei den Reformierten in Mulhouse (Mühlhausen) – die französische Sprache immer gepflegt wurde; zweitens durfte man mit Beginn des Krieges die französische Sprache in der Öffentlichkeit nicht mehr gebrauchen; aus diesem Grund wurde der Pfarrer Karl-Theodor Gerold, Kollege von Albert Schweitzer, der sein Vikar war, seines Amtes in Straßburg-Sankt-Nikolaus enthoben. Auch der Präsident der lutherischen Kirche, der Altdeutsche Friedrich Curtius, legte – vergebens – dagegen bei den Behörden Protest ein.
In seinem sehr sachlichen und detaillierten Rechenschaftsbericht zu Beginn des Jahres 1933 sah Georg Würth, der im April 1932 für weitere zehn Jahre wiedergewählte Ortsvorsteher von Korntal, der zukünftigen Entwicklung seiner Gemeinde mit Optimismus entgegen. Dieser Bericht führte eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – der »größten Not des Jahres 1932« – an. Im letzten Teil seiner Rede beklagte er dann allerdings eine durch fortgesetzte Wahlen entstandene »dauernde Unruhe« und stellte in diesem Zusammenhang fest: »Eine Wahl löst die andere ab. So hatten wir im abgelaufenen Jahre in der Gemeinde Korntal nicht weniger als neun Wahlen, und zwar am 24. Januar 1932 die
Landwirtschaftskammer-Wahl, am 13. März und 10. April Reichspräsidenten-Wahl, am 20. April Gesellschaftsrats-Wahl, am 23. April Ortsvorsteher-Wahl, am 24. April Landtags-Wahl, am 19. Juli Pfarr-Wahl, am 31. Juli und 6. November Reichstags-Wahl.«
Die Neckar-Enz-Stellung
(2003)
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entfaltete sich an den ostwärtigen Ufern von
Neckar und Enz, zwischen Eberbach und Besigheim und von dort weiter bis Hochdorf südlich von Enzweihingen, unter großem Einsatz von Menschen, Maschinen,
Material und Fahrzeugen sowie unter strenger Geheimhaltung eine rege Bautätigkeit.
Große Erdmassen wurden bewegt, Mengen von Beton und Stahl verarbeitet und über
viele Kilometer Fernsprechkabel verlegt.
Als 1946 die große Freiburger Fronleichnamsprozession erstmals Station an einem prächtigen Altar vor dem Haupteingang der Universität machen konnte und sich vor den Statuen von Homer und Aristoteles die Monstranz erhob, war das für Joseph Sauer Anlass, auf fünfzig Jahre Katholizismus und Universität zurückzublicken.
Anhand von Kotproben wurde die Nahrungszusammensetzung der in Nistkastengebieten des Heidelberger Stadtwaldes sympatrisch auftretenden Zwillingsarten Zwerg- und Mückenfledermaus (Pipistrellus pipistrellus und P. pygmaeus) ermittelt. Die Nahrung wies auf dem Niveau der lnsekten(unter)ordnungen keine signifikanten Unterschiede auf. Kleine bis sehr kleine Zweiflügler (Diptera, Fliegen und Mückenartige) stellten jeweils mit Abstand die Hauptbeute dar. Darauf folgten als weitere wichtige Taxa Hymenoptera (Schlupfwespen), Homoptera (Blattläuse und Zikaden) und Planipennia (Blattlauslöwen).
Entsprechend hoch liegt der Wert für die Nischenüberlappung bezüglich der Ressource “Nahrung” Die Breite des Nahrungsspektrums, in dem häufig verfügbare silvicole und zu einem geringen Anteil auch aquatische Kleininsekten vertreten waren, sprechen eher für eine weitgehend opportunistische Form des Beuteerwerbs an einer Vielzahl von Habitatstellen. Nahrungswahl und Habitatpräferenzen der Zwillingsarten werden unter Einbeziehung anderer Ergebnisse diskutiert.
Über einen Zeitraum von drei Jahren wurde in einem Gebiet in den nordbadischen Rheinauen eine Untersuchung durchgeführt mit dem Ziel, den möglichen Einfluss der biologischen Stechmückenbekämpfung auf lokale Fledermauspopulationen zu erfassen. Neben anderen Projekten wurden Analysen von Kotpellets von Wasser- (Myotis daubentonii Kuhl, 1817) und Rauhhautfledermäusen (Pipistrellus nathusii Keyserling & Blasius, 1839) durchgeführt, um den relativen Anteil von Stechmücken (Culicidae) innerhalb des Nahrungsspektrums der Fledermäuse zu erfassen. Die Ergebnisse zeigten, dass sich beide Fledermausarten überwiegend von Gliedertieren kleiner und mittlerer Größe ernährten, insbesondere von Zweiflüglern (Diptera). Bei der Wasserfledermaus konnte eine saisonale Umstellung des Nahrungsspektrums ermittelt werden. Während sich ihre Nahrung im Frühjahr hauptsächlich aus Zuckmücken (Chironomidae) zusammensetzte, lag der Anteil von Insekten, die nicht dem Wasser entstammen, im Sommer deutlich höher,
was darauf schließen lässt, dass die Wasserfledermaus in dieser Jahreszeit ihre Nahrung vermehrt in terrestrischen
Jagdgebieten sucht. Die ausgeprägten saisonale Schwankungen in der Nahrungszusammensetzung können für beide untersuchten Fledermausarten als Indiz für ein ausgesprochen opportunistisch geprägtes Verhalten bei der Nahrungsaufnahme gewertet werden. Dabei werden besonders in Schwärmen auftretende Insektengruppen bejagt.
Obwohl während des gesamten Untersuchungszeitraumes Stechmücken in hohen Dichten in den Auwäldern auftraten,
konnte diese Insektengruppe nur in wenigen Fällen sicher in der Nahrung nachgewiesen werden. Auf die Verwechslungsmöglichkeiten mit Büschelmücken (Chaoboridae) wird eingegangen. Die Studie hat gezeigt, dass die Fledermauspopulationen im Untersuchungsgebiet durch eine Stechmückenbekämpfung mit Präparaten auf Basis von Bacillus thuringiensis israelensis nicht beeinträchtigt wurden. Im Umkehrschluss ist festzuhalten, dass Fledermäuse nicht dazu geeignet sind, als Prädatoren in einem integrierten Programm zur Stechmückenbekämpfung eingesetzt zu werden.
Die Johanniter von Heimbach
(2016)
Völlig vom Erdboden verschwunden – dieses Schicksal widerfuhr mancher
geistlichen Einrichtung am Oberrhein, trotz jahrhundertelangen Wirkens, trotz nicht geringer Bedeutung innerhalb ihres Ordens, auch über die Region hinaus. Einer dieser extremen Fälle ist das Johanniterhaus Heimbach in der Südpfalz. Wer sich an eine moderne Pfalzkarte oder ein Ortsverzeichnis setzt, wird den Namen Heimbach (und seine Variante Haimbach) vergeblich suchen. Der Platz am Rande der Gemarkung von Zeiskam, an der Grenze der Kreise Germersheim und Südliche Weinstraße, liegt heute im wahrsten Wortsinn auf der grünen Wiese. Manche Fehlzuweisung, manches Missverständnis ist dadurch entstanden.
Völkerschauen in Freiburg
(2012)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Völkerschauen in Freiburg, die zwischen 1875 und
1914 auf der Frühjahrs- und Herbstmesse sowie im Rahmen von drei Gastspielen des Zirkus
Sarrasani 1908, 1912 und 1930 stattfanden. Völkerschauen sind inszenierte Zurschaustellungen
von Menschengruppen ,fremder ' Kulturen in Europa und Nordamerika, ,,die unter kommerziellen
Gesichtspunkten zusammengestellt und als bürgerlich akzeptables Genre vermarktet wurden".
[1] 1874 veranstaltete der Hamburger Tierhändler Carl Hagenbeck (1844-1913) mit der
Zurschaustellung einer ,Lappländer-Familie' die erste Völkerschau. Die Idee ging auf. Das
Publikum war begeistert und kam in Scharen. Der große Erfolg bildete den Auftakt für über 400
Völkerschaugruppen, die in den folgenden Jahrzehnten auf Gastspielreise waren.[2] Die größten
und besucherstärksten Völkerschauen Deutschlands fanden in Hamburg und Berlin sowie in
den zoologischen Gärten der Großstädte statt. Sie waren Massenveranstaltungen, die bis zu
mehreren Zehntausend Besucher an einem einzigen Tag anlocken konnten. Doch die Zurschaustellung
,exotischer' Völkergruppen fand nicht nur dort statt.[3]
Das Regierungspräsidium Karlsruhe führt aktuell die
Ausweisung des ersten Entwicklungs-Naturschutzgebietes in Baden-Württemberg durch – der „Brühlwegdüne“. Die Besonderheit eines solchen Naturschutzgebietes liegt darin begründet, dass die Fläche zum
Zeitpunkt der Ausweisung die Kriterien Schutzbedürftigkeit, Vielfalt, Einzigartigkeit und Repräsentanz noch
nicht erfüllt. Die Schutzwürdigkeit ist aber gegeben,
weil die Düne die standörtlichen Voraussetzungen für
das Vorkommen von hochwertigen und schutzwürdigen Lebensraumtypen mit bedrohten und gefährdeten Arten bietet und mit hoher Wahrscheinlichkeit
mit deren Entwicklung zu rechnen ist.
Auf einer Gesamtfläche von 32 ha bei Sandhausen
stellt die Naturschutzverwaltung in den nächsten Jahrzehnten jeweils 15 ha große Flächen mit Sandrasen
sowie mit Wintergrün-Kiefern-Wäldern und Weißmoos-Kiefern-Wäldern her. Hierzu wird der dichte Kiefernwald
hektarweise aufgelichtet und die freigestellten Flächen
anschließend zu den hochwertigen Lebensräumen
entwickelt (u.a. mit Beweidung). Die Entwicklung erfolgt
phasenweise, damit Erkenntnisse aus der Umsetzung
bei der nächsten Phase Berücksichtigung finden können. Die Ausweisung des Naturschutzgebietes und die
anschließende Entwicklung sind Teil eines Alternativkonzeptes, das anstelle des ursprünglich planfestgestellten Rückbaus der Landesstraße L 600 durchgeführt wird und vertraglich zwischen der Gemeinde
Sandhausen und dem Land Baden-Württemberg fixiert
wurde. Die Kosten für die Umsetzung des Konzeptes
werden aus Mitteln der Straßenbauverwaltung, der Gemeinde Sandhausen und des Landes getragen.
Nach mehreren vergeblichen Anläufen war es endlich soweit. Am 30. September 1896 kam aus Karlsruhe die erlösende Nachricht, dass Offenburg Garnisonstadt werde. Der preußische Kriegsminister hatte nach mehreren abschlägigen Bescheiden
auf die Anträge des Stadtrats jetzt der Stationierung von Soldaten zugestimmt. Allerdings musste die Stadt das Gelände zur
Verfügung stellen und entgegen ursprünglichen Abmachungen auch die Baukosten selbst tragen. Das kostete die Stadt über
zwei Millionen Mark. Aber das war ihr die Sache wert. Nach nur fünfzehnmonatiger Bauzeit war die Kaserne bezugsfertig,
und schon am 30. September 1898 konnte der festliche Einzug der Soldaten erfolgen. Was aber hatte Offenburg mit dem preußischen Kriegsministerium zu tun? Gemäß der mit Preußen geschlossenen Militärkonvention vom 25. November 1870 verzichtete das Großherzogtum auf seine Militärhoheit. Aus badischen Regimentern wurden nun königlich-preußische.
Der aufmerksame Wanderer kann im Rheinauewald Überreste
von Bunkern entdecken, die meistens völlig unter Gestrüpp und
Ranken versteckt und kaum noch zu erkennen sind. Es sind die
letzten Zeugen des Westwalls, eines Verteidigungssystems, das in
den Jahren von 1936 bis 1940 erbaut, zum größten Teil nach
1945 gesprengt wurde, aus über 11000 Bunkern sowie weiteren
Anlagen wie Stollen, Panzergräben, Panzerhöckern und Flakstellungen bestand und sich von Kleve bis vor die Tore Basels 630 km
lang erstreckte. Schon 1936, vor der Besetzung der durch den
Versailler Vertrag entmilitarisierten Rheinlande, erkundeten
deutsche Offiziere in Zivil unter strengster Geheimhaltung den
künftigen Verlauf der im Westen geplanten Befestigungsanlagen.
Und nur fünf Tage nach dem Einmarsch deutscher Truppen in
diese Zone erhielt die „Inspektion der Westbefestigungen vom
Oberkommando des Heeres (OKH)" den Befehl, mit dem Bau von
Sperrbefestigungen an den Saarübergängen im Saarland und dem
Bau von Befestigungen am Oberrhein zu beginnen.
Jeder muß wissen, worauf er bei einer Reise zu sehen hat und
was seine Sache ist“, schrieb Goethe, der ein eifriger Wanderer
und Reisender war. Worauf einer zu sehen hat: darauf wiesen
seit dem 19. Jahrhundert Reiseführer hin. Der älteste in deutscher Sprache ist der Baedeker von 1842. [1] Es ist reizvoll, sich
mit solch alten Begleitern auf die Reise in die Ortenau und
Umgebung zu machen. Der Bau der Rheintalbahn begann
1838, erreichte Offenburg 1844 und Freiburg 1845. Dennoch
war das Hauptreisemittel zu jener Zeit noch die Postkutsche.
Der „Eilwagen“ bediente täglich die Strecke Frankfurt–Basel. [2]
„Die große Strasse von Frankfurt nach Basel theilt sich in Rastadt; ein Zweig, die Rheinstrasse, geht rechts nach Kehl und
Strassburg; der andere, dem wir jetzt folgen wollen, zieht sich
links am Fuss der Hügel hin und wird die Bergstrasse (nicht zu
verwechseln mit jener nördlich von Heidelberg) genannt. Der
Eilwagen zwischen Frankfurt und Basel wechselt mit beiden
Wegen ein um den anderen Tag; sie vereinigen sich wieder in
Dinglingen.“ Ein „Eilwagen“ verband Kehl über Offenburg, das
schöne Landschaften darbiete, die allerdings denen des Höllentals nachstünden, durch das Kinzigtal und Donaueschingen
mit Schaffhausen, insgesamt 22 Meilen [3]
. Von Hausach wird
berichtet: Eine Straße führe von hier nach dem Badeorte Rippoldsau. … „Die Häuser mit breiten Dächern, die Volkstracht,
auch selbst die häuf g vorkommenden Cretins erinnern an
ähnliche Erscheinungen in der Schweiz.“ [4] Eine weitere Verbindung ging von Strassburg nach Süden über den Kniebis und die
Bäder von Griesbach und Rippoldsau. „Dieses ist der nächste
Weg von Strassburg nach Stuttgart und die Entfernung ungefähr um 1/3 geringer, als über Karlsruhe; der erste Theil des
Weges ist jedoch nicht im besten Zustande und wird daher
wenig befahren. Unser Weg durchschneidet 2 Stunden von
Kehl die grosse Frankfurt-Baseler Strasse.“
Am 26. Februar 2013 jährte sich der Geburtstag von Eugen Falk-Breitenbach, den seine Freunde und Verehrer auch gerne ,,'s Hansjaköble von Huuse" nannten, zum 110. Mal. In Offenburg kam er als Sohn eines Lokführers auf die Welt. Als er acht Jahre alt war, wurde der Vater nach Hausach versetzt. Die Vorfahren der Falks stammen aus Haslach; einer von ihnen ist der von Hansjakob geschilderte „Jägermurer", der so genannt wurde, weil er im Sommer Maurer und im Winter Jäger war. Früh zeigte
sich, dass der junge Eugen künstlerisch begabt war. ,,Ich sah jeden Maler für einen Heiligen an, und es wurde in
mir der Wunsch wach, auch einmal ein Maler zu werden," sagte er einmal im Rückblick.
Nicht nur Burgen, Schlösser, Dörfer und Städte haben eine meist weit in die Vergangenheit zurückliegende Geschichte. Nein, auch Bauernhöfe können häufig eine lange Existenz vorweisen. Bei uns in der Umgebung gibt es einige solcher Höfe. Mich hat besonders der zwischen Hausach und Fischerbach liegende Martinshof interessiert. Denn er ist schon lange im Besitz meiner Familie. Als Kind war ich öfters zum „Osterhas jagen", zu Familienfeiern oder zu Besuch meiner Urgroßeltern auf dem Martinshof. Damals gefielen mir einfach nur die vielen Tiere oder das Spielen im Heu. Doch heute reizt mich vor allem die lange und interessante Geschichte dieses Hofes. Deshalb habe ich mich darüber informiert und viele, für mich neue, wichtige Dinge erfahren.
Im Frühjahr 1421 musste die Pfarrgemeinde im oberschwäbischen Neuburg, Dekanat Munderkingen, für geraume Zeit ohne Seelsorger auskommen, da ihr bisheriger Pfarrer nicht mehr zur Verfügung stand. Ob dieser an einen anderen Ort gezogen oder gestorben war, ist heute unbekannt. Nachdem die Pfarrei also vakant zu werden drohte, stand fest, dass umgehend ein neuer Geistlicher nach Neuburg kommten musste. Bis Mitte Mai waren offenbar bereits Verhandlungen geführt worden, denn am 16. des Monats erschien der Kleriker Wilhelm Gabler vor dem Konstanzer Bischof mit einem Schreiben, in welchem ihn Herzog Friedrich von Österreich auf die Neuburger Pfarrkirche präsentierte. Das bischöfliche Generalvikariat nahm die Präsentationsurkunde entgegen und ordnete an, dass der Kandidat der Neuburger Gemeinde ordnungsgemäß bekannt gegeben werden solle, damit eventuelle Einsprüche gegen seine Kandidatur vorgebracht werden könnten. Am 18. Juni, dem Ende der Einredefrist, erschienen sowohl Wilhelm Gabler als auch der Vertreter des Priesters Eberhard von Hörnlingen vor dem Konstanzer Generalvikar. Eberhard konnte nämlich ebenfalls eine Präsentation auf die Neuburger Pfarrkirche vorweisen, die von Anna von Braunschweig, der Gemahlin Herzog Friedrichs von Österreich, ausgestellt worden war. Nachdem nun zwei Kleriker Anwartschaften auf dieselbe Pfründe besaßen, musste an der Konstanzer Kurie geprüft werden, wer von beiden der rechtmäßige Kandidat war und welcher von ihnen die Pfründe erhalten sollte.
Luthers neue Lehre stellte die Voraussetzung für das Aufkommen von evangelischen Kirchenordnungen dar. Das neue Lehrverständnis der Protestanten blieb nicht auf den persönlichen Glauben oder das kirchliche Leben beschränkt, sondern brachte zahlreiche Veränderungen der Rechtsverhältnisse in Kirche und Gesellschaft mit sich. Die Territorien und Städte, die die Reformation einführten, erkannten das seit Jahrhunderten geltende römische Kirchenrecht nicht mehr an. Dieses regelte nicht nur das kirchliche Leben im engeren Sinne, sondern auch weite Teile des gesellschaftlichen Lebens (Ehe, Schule). Hinzu kam, dass die Reformation eine Eigendynamik entfaltete, die nicht nur die bestehende kirchliche, sondern auch die staatliche Ordnung gefährdete, wie es etwa im Bauernkrieg deutlich wurde. Den in vielen Bereichen entstandenen Rechtsunsicherheiten begegneten die evangelischen Obrigkeiten mit Neuregelungen, die unter dem Begriff „Kirchenordnung“ zusammengefasst wurden.
Liebe Gäste, wir feiern heute ein wichtiges historisches Ereignis – mit etwas Verspätung. Das Jubiläum 200 Jahre badische Landesverfassung fiel aber auch mitten in die parlamentarische Sommerpause. Großherzog Carl kann man dafür keinen Vorwurf machen. Als er am 22. August 1818 die Verfassung unterzeichnete, hatte es im heutigen Baden-Württemberg
schließlich noch keine Parlamente gegeben. Die badische Verfassung war die erste, die eine solche Vertretung schuf. Der
22. August dieses Jahres ist daher auch der Startpunkt für ein Projekt des Staatsministeriums mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Unter dem Stichwort »des Volkes Stimme« finden Sie Kalendereinträge aus 200 Jahren
Partizipation. Das Projekt präsentiert die badische Verfassung als Ausgangspunkt. Als Wurzel, aus der alles Weitere gewachsen ist, was es seitdem in diesem Land an Reformen, Umbrüchen, Bürgerbewegungen gegeben hat
Ernst Leube
(2018)
Betritt man Ludwigsburgs »Alten Friedhof« vom Eingang an der Schorndorfer Straße aus, stößt man 20 Schritte hinter der alten neogotischen Friedhofskapelle – heute Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs – auf eine Familiengruft. Drei Grabsteine stehen in Nord-Süd-Ausrichtung nebeneinander, deren Zusammengehörigkeit durch eine gemeinsame, mit Efeu überwucherte Umfriedung erkennbar ist. Im »Verzeichnis der Begräbnis-Plätze für Erwachsene auf dem Friedhof in Ludwigsburg vom 19.11.1870 an« ist die Lage der Gruft mit »Feld A, Reihe III« bezeichnet. Links auf der Gruft sieht man die von einem antikisierenden Henkelpokal gekrönte Grabstele von Luise Leube, welche die Inschrift »Luise Leube/geb. Dieterich/Witwe des/Oberst Max von Leube/*6. Oct. 1816/† 3. März 1905/in Ulm« trägt. Rechts auf der Gruft steht ein schlichtes, hohes Kreuz auf einem quaderförmigen Unterbau. Auf einer hellen Platte am Sockel liest man: »Marie Leube/geb. den 28. September 1840/gestorben den 12. Juli 1861«. Neben dem Grab Marie Leubes sieht man eine kleine, etwa 50 cm hohe, auf dem Boden liegende, mit Moos überwucherte Steinplatte. Kratzt man das Moos behutsam ab, liest man auf dem Stein den Namen »Adolph« ohne weitere Angaben zum Geburts- oder Todestag.
In der südöstlichen Ecke des »Alten Friedhofs« von Ludwigsburg befindet sich das
vom ehemaligen Sanitätsverein gestiftete Denkmal für jene deutschen Soldaten bzw.
in der damaligen Diktion »Krieger«, die den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg
von 1870/71 mit ihrem Leben bezahlten und in der württembergischen Garnisonsstadt unterhalb des Monuments bestattet wurden. Das Denkmal, seine Entstehungsgeschichte, Ikonographie sowie seine Einordnung in den Kontext patriotischer
Erinnerungskultur wurden jüngst in einem Beitrag für die Ludwigsburger Geschichtsblätter ausführlich beschrieben. Darin konnte bereits kurz auf das Schicksal der
auf dem deutschen Denkmal genannten 34 Soldaten eingegangen werden. Aus den
hierfür ausgewerteten preußischen, bayerischen und württembergischen Verlustlisten
ließen sich jedoch nur lückenhafte Informationen gewinnen. Weitere Quellenfunde
im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und im Stadtarchiv Ludwigsburg sowie die Auswertung des »Sanitäts-Berichts über die Deutschen Heere 1870/71«, der Berichte der
behandelnden Ärzte, zahlreicher zeitgenössischer Regimentsgeschichten, des gedruckten »Kirchen-Registers« der Stadt Ludwigsburg für die Jahre 1870 und 1871 und der
Kriegsausgaben des »Ludwigsburger Tagblatts« erlauben jetzt genauere Angaben zu
den deutschen Soldaten, die in Ludwigsburger Spitälern verstorben, auf dem »Alten
Friedhof« begraben und auf dem dortigen Denkmal verzeichnet worden sind.
In der südöstlichen Ecke des Alten Friedhofs von Ludwigsburg befindet sich das vom
ehemaligen Sanitätsverein gestiftete Denkmal für jene deutschen Soldaten, zeitgenössisch als »Krieger« bezeichnet, die den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg von
1870/71 mit ihrem Leben bezahlten und in der württembergischen Garnisonsstadt
bestattet wurden. Man erreicht das Denkmal in wenigen Schritten, wenn man sich,
vom Eingang in der Schorndorfer Straße kommend, nach rechts wendet. Dabei passiert man die neugotische Friedhofskapelle mit dem Mahnmal für die Toten des Zweiten Weltkriegs, die Gräber deutscher Gefallener des Ersten Weltkriegs und das dazugehörige Denkmal. Zwanzig Schritte südlich des Kriegerdenkmals befindet sich ein
Denkmal zur Erinnerung an die in Ludwigsburg verstorbenen französischen Soldaten
der Jahre 1870 und 1871. Ebenfalls in der Nähe des Denkmals, an der Nordseite der
alten Friedhofskapelle, ist eine 1876 von der Stadt gestiftete Erinnerungstafel für sieben in Frankreich gefallene Ludwigsburger zu sehen.
So wie in Ludwigsburg gibt es wohl in fast jeder deutschen Stadt Straßennamen
oder Denkmäler, die an den deutschen Sieg von 1870/71 erinnern. Dennoch ist der
Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 heute, wie die beiden anderen deutschen
Einigungskriege der Jahre 1864 und 1866, im allgemeinen Bewusstsein kaum noch
präsent. Dass uns dieser Krieg heute sehr weit entfernt vorkommt, liegt sicher an der
Fülle an Ereignissen, die ihm folgten und die von noch größerer Bedeutung für
Deutschland und die Welt waren: Der Erste Weltkrieg und der Zweite Weltkrieg haben
den Krieg von 1870/71 weitgehend vergessen machen lassen, wie sich auch am Beispiel der Denkmalgruppe auf dem Alten Friedhof von Ludwigsburg anschaulich zeigen lässt. Neben den beiden Gedenkstätten zu den Weltkriegen wirkt das Denkmal
für die deutschen Toten von 1870/71 trotz seiner Größe an den Rand gedrängt und
in seiner historistischen Stilmischung aus antikisierenden Formen und vaterländischer Symbolik aus der Zeit gefallen. Das französische Denkmal ist sogar hinter Bäumen halb versteckt und nur zu finden, wenn man es gezielt sucht.
War der Fund des Placodus gigas 1915 Zufall oder Glück? Wenn die Vermutung zutrifft, Glück würde sofort ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und beim Zufall sich dieses erst später einstellen, dann dürfte vor etwas mehr als einhundert Jahren bei Hermann König wohl beides eingetreten sein. Naturwissenschaftler argumentieren nämlich, dass bei berechenbaren und vorhersagbaren Ereignissen nicht von Zufall gesprochen werden kann. Berechenbar war jedenfalls Königs Fahrt nach Steinsfurt und seine Absicht, im dortigen Steinbruch bei der Suche nach aussagekräftigen, uralten Fossilien fündig zu werden. Kriegsbedingt besaß der Heidelberger Journalist dafür sehr günstige Bedingungen. Er wusste von einem seiner
vorherigen erfolgreichen Besuche dort, dass er hier im Muschelkalk fündig werden könnte. Zudem gesellte sich das Glück in Form des positiven Ausgangs dazu. Das gefundene, von den Arbeitern bereits in hunderte Stücke zerschlagene Fossil, ermöglichte ihm und den Naturwissenschaftlern in der Folgezeit vor allem das große Glück, mit dem Steinsfurter Fossilfund
bedeutende wissenschaftliche Schritte in der Paläontologie nachvollziehen zu können. Es war nämlich das erste und bis heute einzige fast komplette Skelett eines Placodus gigas weltweit. Vom ans Tageslicht-Befördern bis hin zur Aufstellung im Frankfurter Senckenberg-Museum ereigneten sich um das älteste bekannte Lebewesen Sinsheims und unserer Region jedoch erst noch eine Kette seltener, überraschender und zufälliger Geschehnisse.
Freiburg ist die Hauptstadt der Caritas in Deutschland. Gleich vier Caritasverbände haben hier ihren Sitz: Der Deutsche Caritasverband mit der Katholischen Hochschule in der Karlstraße. Der Caritasverband Freiburg – Stadt in der Herrenstraße mit seinen über die ganze Stadt verstreuten Einrichtungen. Der Caritasverband für den Landkreis Breisgau – Hochschwarzwald und der Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg (Diözesan-Caritasverband) haben ihren Sitz im Weihbischof-Gnädinger-Haus am Ortseingang von Lehen. Monsignore Bernhard Appel war von 1992 bis 1997 Stellvertreter des Diözesan-Caritasdirektors und von 1997 bis 2017 Diözesan-Caritasdirektor. Er lebt im Ruhestand in Freiburg-Littenweiler. In diesem Beitrag soll von der Arbeit des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg in den zurückliegenden 30 Jahren berichtet werden. Dazu will ich zuerst die Arbeit der badischen Caritas in die Geschichte der katholischen Kirche und Entwicklungen in der Erzdiözese Freiburg einordnen und sodann einige Arbeitsfelder und Entwicklungen beschreiben.
In den Jahren 1952-1955 wurde die seit mehr als fünf Jahrzehnten geplante und baulich vorbereitete Verlegung des Hauptbahnhofs von 1840 an seine heutige Position durch einen Neubau abgeschlossen. Der Architekt des Gebäudes war Helmuth Conradi (1903-1973). Unterstützt wurde er in Heidelberg von Heinz Dutschmann, dem damaligen Bundesbahn-Rat der Bundesbahn-Direktion Karlsruhe. Der Bahnhof besteht aus drei Gebäudeteilen, welche in verschiedenen Winkeln zueinander liegen. Diese sind das Gebäude mit der ehemaligen Gepäckabfertigung, der Gastronomie und der Sperrenhalle, bestehend aus einem Baukörper, welcher parallel zu den Schienen liegt, der Schalterhalle, die in einem Winkel von ca. 45° aus diesem Baukörper herausgestellt ist und mit einem Kopfbau nach Norden hin abgeschlossen wird, sowie der überdachten und verglasten Brückenkonstruktion über den Bahngleisen. Der zu den Schienen parallele Baukörper, in der Folge Dienstgebäude genannt, liegt dabei in Südwest-Nordost-Richtung, die Schalterhalle in Süd-Nord-Richtung und die Brückenkonstruktion im rechten Winkel zum Dienstgebäude, also in Südost-Nordwest-Richtung.