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Vor 300 Jahren haben die Villinger Bürger mit dem Bau der Lorettokapelle an der Hammerhalde begonnen. Damit dankten sie Gott für die glücklich überstandene sechstägige Belagerung der Stadt durch die Truppen des Französischen Marschalls Graf Camille de Tallard während des spanischen Erbfolgekrieges. Im Jahre 1705 war die Kapelle fertiggestellt. 299 Jahre nach der Belagerung machte sich in Villingen Dietmar Kempf ans Werk. Im Sommer 2003 begann er mit dem Bau eines detailgenauen Modells der Lorettokapelle im Maßstab 1:25.
Die Belagerung Villingens durch die Armee des französischen Marschalls Tallard im Juli 1704, also vor 300 Jahren, gehörte zu den wichtigsten Ereignissen im Programm des Geschichts- und Heimatvereins Villingen im abgelaufenen Vereinsjahr. Das Thema fand breiten Raum und großes Interesse. In diesem, Ihnen jetzt vorliegenden Jahresheft, war ein größerer Beitrag unseres langjährigen Vorsitzenden und Ehrenmitglieds Werner Huger vorgesehen, der aber aus aktuellen Anlass in einer Sonderveröffentlichung in Form einer Broschüre schon vor dem Jubiläum zum 300. Jahrestag der Belagerung erschienen ist. Das Heft ist allen Mitgliedern zugegangen und es erübrigt sich somit, hier noch einmal diese „Episode im Spanischen Erbfolgekrieg“ wie Werner Huger dieses wichtige Ereignis der Villinger Stadtgeschichte bezeichnete, noch einmal zu veröffentlichen.
Der Geschichts- und Heimatverein Villingen widmete der Tallard’schen Belagerung, dem großen geschichtlichen Ereignis, das sich vor genau 300 Jahren in der Zähringerstadt ereignete, im Jubiläumsjahr 2004 breiten Raum. In mehreren Veranstaltungen beschäftigte sich der GHV mit diesem Thema. Einige Sonderaktionen nahm der GHV-Vorsitzende, Günter Rath, zusätzlich und
kurzfristig in das Jahresprogramm auf und informierte in einem Schreiben die Mitglieder. Ehrenmitglied Werner Huger rekonstruierte am 17. Juli bei einer Ortsbegehung auf dem Hubenloch, also am Ort des Geschehens vom Juli 1704,
sehr anschaulich den Belagerungsvorgang. (Siehe
dazu gesonderter Bericht in diesem Heft).
Menschen und Landschaften
(2005)
Vom 14. Februar bis zum 18. April 2004 wurde im Franziskanermuseum die Ausstellung „Menschen und Landschaften. Kunst aus Villingen“ gezeigt. Höhepunkte des lokalen Kunstgeschehens des 17. bis 20. Jahrhunderts aus Museumsbeständen – darunter eine Reihe von Neuerwerbungen der vergangenen Jahre, die erstmals zu sehen waren –
bildeten den Grundstock der Ausstellung. Doch erst großzügige Leihgaben aus Privatbesitz machten es möglich, bewusst Schwerpunkte zu bilden. Oberstes Kriterium für die Auswahl der Exponate war künstlerische Qualität. Das ist eine sehr ungenaue Größe und in einem kulturgeschichtlich ausgerichteten Museum wird sie nur selten benutzt. Doch je besser ein Bild ist, desto aussagekräftiger ist es auch als Zeichen seiner Zeit und des kulturellen Umfeldes, in dem es entstand, desto mehr
Zeugniswert für die Geschichte vor Ort hat es.
Karl Hirth wurde am 23. März 1869 in Villingen als „ehelicher Sohn des Schusters Fridolin Hirth und der Franziska Konstanzer“ geboren. Er hatte acht Geschwister. Sein Vater hatte seine Werkstatt in der Rietstraße heutige Nummer 21 und war ein begeisterter Krippensammler. Der mündlichen Familienüberlieferung folgend besaß er mehrere Krippen. Mit dem Aufbau seiner Hauskrippe war Fridolin Hirth Wochen vor Weihnachten beschäftigt, wobei er die Hälfte seines Wohnzimmers vom Fenster bis zur Tür für seine Krippe ausgeräumt hat. Die Krippenlandschaft baute er jedes Jahr neu auf. In Wandnischen seiner Wohnung richtete er kleinere Krippen ein. Eine Krippe war im Wandschrank des Wohnzimmers das ganze Jahr über aufgestellt.
Nach seinem Tod 1890 soll seine Witwe Teile dieser Krippensammlung „an Herren aus der Schweiz“ verkauft haben, ein anderer Teil ging später an Karl Kornhaas.
Erinnern sie sich noch?
(2005)
1903 als Sohn des Weinhändlers Nepomuk Roth geboren, wuchs er am Oberen Tor auf. Schon früh zeigte er malerisches Talent. Es wird erzählt, ein Malkasten, den er zu Weihnachten erhielt, war ihm wichtiger als alle anderen Geschenke. Später sammelte er Kunstpostkarten. Seine ganze Liebe galt den Impressionisten. Dem Wunsch der Eltern entsprechend, in das
elterliche Geschäft einzutreten, machte er eine Banklehre und arbeitete auch kurz in der Weinhandlung. Aber Fernweh und der Wunsch zu malen trieben ihn bis Südamerika. Dort sah er in den zwanziger Jahren Ausstellungen mit Werken der Impressionisten. Zurückgekehrt stand sein Entschluss fest, Maler zu werden. 1934 ging er für zwei Jahre auf die Akademie nach Karlsruhe um sich das technische Können anzueignen. Der zweite Weltkrieg verhinderte vorerst seine Pläne.
Volker Ellwanger gehört seit vielen Jahrzehnten zu den führenden deutschen Kunstkeramikern.
Fast 30 Jahre lang war er Lehrer an der Schule für Gestaltung in Bern und später Professor
an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Seit seiner Emeritierung im Jahr
2000 ist er freischaffend in Lenzkirch tätig. Kathleen Mönicke, Sprecherin der Regionalgruppe
Hochschwarzwald, hat sich mit ihm über sein künstlerisches Schaffen und seine Beziehung zu
Baden und dem Hochschwarzwald unterhalten.
Die Badische Verfassungsurkunde von 1818 galt 100 Jahre. Nach dem Ersten Weltkrieg kam
es in Baden sehr schnell zu einer neuen Verfassung, der Badischen Verfassung vom 21. März
1919, die in einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit gebilligt wurde. Diese demokratische
Verfassung löste die monarchisch geprägte Verfassung von 1818 ab. Die damaligen Grundrechte
erschienen in der Verfassung von 1919, sie wurden aber weiter ausgebaut, z. B. durch
den Gleichheitsgrundsatz: Männer und Frauen sind vor dem Gesetz gleich. Durch die nationalsozialistische
Herrschaft wurde die Badische Verfassung von 1919 nach fast 14 Jahren »aus
dem Verkehr gezogen«. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand im südlichen Baden ein neuer
Staat mit Namen Baden, der sich eine neue Verfassung, die Verfassung des Landes Baden vom
19. Mai 1947 gab. Dieses Land Baden bestand nur fünf Jahre, weil seit 1953 das Land Baden-
Württemberg aus den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern
mit der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 19. November 1953 entstanden ist.
Seither gibt es kein eigenständiges Land Baden mehr.
Landpartien Nordschwarzwald
(2019)
Das Weltbad Baden-Baden, Rastatt mit dem Murgtal, Ettlingen als Ausgangspunkt für das
Albtal und Karlsruhe-Durlach mit dem Turmberg: Seit dem 19. Jahrhundert zogen diese Orte
Reisende und Ausflügler an. Unter dem Thema »Landpartien Nordschwarzwald« widmen sich
vier Stadtmuseen in vier Ausstellungen der Geschichte des Tourismus in ihrer Region.
Die Wiedereröffnung der Schlettstädter Humanistenbibliothek (Bibliothèque Humaniste de
Sélestat) im Juni 2018 nach vierjähriger Schließung war ein Ereignis, das weit über das Elsass
hinaus Beachtung fand. In der vom französischen Architekten Rudy Ricciotti (Schöpfer des
Musée des Civilisations de l’Europe et de la Méditerranée 2013) einfühlsam umgestalteten
Architektur wird die Büchersammlung des Humanisten Beatus Rhenanus, eines Freundes von
Erasmus von Rotterdam, zu neuem Leben erweckt. Die von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes
aufgenommene Sammlung ist jetzt dank einer innovativen Museographie
einem breiten Publikum zugänglich. Die Schlettstädter Humanistenbibliothek, die gleichzeitig
Museum ist, bezeugt die außergewöhnliche intellektuelle Fruchtbarkeit des oberrheinischen
Humanismus im 15. und 16. Jahrhundert, für den das kleine Schlettstadt zu einem Brennpunkt
mit enormer Ausstrahlungskraft wurde.
Es dauerte rund 150 Jahre, bis das gesamte, heute auf fünf Großkreise und zwei Regierungsbezirke
verteilte Hügelland zwischen Odenwald und Schwarzwald nach dem Ende des Ritterkantons
Kraichgau wieder unter diesem Namen verstanden wurde. Vor allem der aus dem
(vergeblichen) Widerstand gegen die Aufteilung des Kreises Sinsheim geborene Heimatverein
Kraichgau fördert das Bewusstsein seiner geographischen und historischen Einheit. Mit der
»Marke« Kraichgau werben heute u. a. Banken, Brauereien, der Tourismus und Weingüter.
Endgültige Bekanntheit brachte die in Bundesliga und Champions League spielende TSG 1899
Hoffenheim.
LEADER ist ein Förderprogramm zur Entwicklung des ländlichen Raumes der Europäischen
Union. Seit 2015 gibt es das Fördergebiet Kraichgau mit 17 Kommunen. LEADER setzt auf aktive
und gezielte Beteiligung der Menschen vor Ort. Gemeinsam sind Ideenreichtum, Zusammenarbeit
und die Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner, der Unternehmen, Vereine,
Verbände und Initiativen gefragt, um das Leben auf dem Lande weiterhin attraktiv zu gestalten.
Slow Wine
(2019)
Lange hat es gedauert, bis dem Kraichgauer Wein die verdiente Aufmerksamkeit zuteil wurde.
Buchautor Johannes Hucke schildert die Möglichkeiten des Weinbaus in der Mischkultur,
stellt innovative und traditionelle Betriebe vor und verortet die Chancen, aus den Ressourcen
eine Genusslandschaft zu entwickeln. Zentrale Rolle spielen Lagenpotenzial, Winzergenossenschaften und Gastronomie. Fünf Jahre lang hat der Verfasser vor Ort recherchiert, bis er
das »Kraichgau Stromberg Weinlesebuch« vorlegte und für den SWR durch das »Unentdeckte
Weinland Kraichgau« führte.
Ein umfangreiches Kulturerbe, handverlesener Genuss und abwechslungsreiche Wander- und
Radtouren: die Landschaft lieblich, geprägt vom Wein- und Ackerbau, von Streuobstwiesen,
vom Wald und vielen kleinen Fachwerkdörfern. Hier ist das Radfahren, erst recht mit E-Motor,
und das Wandern ein Genuss. An den vielen Besenwirtschaften kommt keiner vorbei. Authentisch
einkehren, mittendrin sein und gelebte Gastfreundschaft genießen. Das ist das Land der
1000 Hügel.
Die gebaute Umwelt prägt die menschliche Lebenswelt auf Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte.
Eine bewusste Auseinandersetzung mit ihr ist wesentlich für ein gelungenes zukünftiges
Miteinander. Wie gehen wir mit unserer Baukultur um? Das 2018 neu initiierte Auszeichnungsverfahren
»Baukultur Kraichgau« hat beispielgebende Architektur im Kraichgau aufgespürt,
um sie der Öffentlichkeit vorzustellen.
Im 19. Jahrhundert entstanden quer durch den Kraichgau ganze Gruppen von Bauwerken,
die moderne Anforderungen erfüllen und zugleich zur Identität ihres Ortes, der Region und
des Landes Baden beitragen sollten. An ausgewählten Beispielen, insbesondere Kirchenbauten,
lassen sich dabei zwei unterschiedliche Wege, aber auch »Verwandtschaftsbeziehungen«
untereinander erkennen, was diesen Baudenkmalen einen festen Platz in der überregionalen
Kulturgeschichte zuweist. Der Artikel stellt hierfür einige der aussagekräftigsten Objekte vor
und lädt zu eigenen Entdeckungen ein.
Im Rhein-Neckar-Kreis gibt es 210 evangelische und katholische Kirchengebäude, ein beträchtlicher
Teil findet sich in den Städten und Gemeinden des Kraichgaus. Sie waren und sind über
viele Jahrhunderte hinweg ein prägendes Element, ein Ausdruck der Heimat, und sie bewahren
ein reiches historisch-künstlerisches Erbe aus allen Kunstepochen. Die folgenden Beispiele
sollen anregen, sich intensiver mit dem Zusammenwirken von Kunst und Kirche vom Mittelalter
bis heute auseinanderzusetzen und natürlich die Gotteshäuser zu besuchen.
Etwa 1050 Jahre nach der Erstnennung des Kraichgaus wandelt ein edler Fund die gesamten
Lebensbedingungen des im Osten gelegenen Ortes Rappenau. In 180 Metern Tiefe wird ein
mächtiges Salzlager entdeckt. Fortan profitiert die östliche Hochfläche von diesem Ereignis.
Vom Leintal herkommend markiert der abrupte Abbruch zum Neckartal, festgemacht an vier
Höhenmerkmalen, das östliche Ende des Kraichgaus.
Sinsheim profitierte in der Geschichte häufig von der guten Lage zwischen Heidelberg und
Heilbronn und war Teil bedeutender Wege und Straßennetze durch den Kraichgau. Lange vor
der Ersterwähnung sind Besiedlungsspuren und bedeutende Grabfunde aus der Keltenzeit zu
datieren. Die Stadt bot den Menschen immer wieder eine Heimat. Auch mehrere Schicksalsschläge,
zuletzt die Brandstiftung durch General Ezéchiel Mélac 1689, hinderte die Bewohner
des »heiteren Landstädtchens« nicht daran, ihre Heimat emsig immer wieder aufzubauen und
sich neu zu erfnden. Im Jahr 2020 feiert Sinsheim 1250 Jahre Ersterwähnung.