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Rede des Direktors des Badischen Landesmuseums zur Eröffnung der Landesausstellung am 16. 6. 2012
(2012)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Generalbundesanwalt, sehr geehrter Prinz Bernhard, sehr geehrte Familie von Baden,
meine Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass das Badische Landesmuseum mit Ihnen heute das 900jährige Jubiläum Badens feiern darf. Das Badische Landesmuseum ist zwar vielleicht – trotz unserer 350 000 Sammlungsobjekten – nicht das größte unter den Museen Baden-Württembergs, wenn auch letztes Jahr wieder das bestbesuchte trotz der damaligen Baumaßnahmen im und vor dem Schloss; es ist aber gewiss das internationalste. Durch unsere
Antikensammlung und das Engagement für die orientalisch-islamischen Kulturen kooperieren wir mit Museen in Frankreich, Italien, Griechenland, Türkei, Tunesien und jetzt insbesondere Algerien und produzieren entsprechende Ausstellungen. Deswegen vernachlässigen wir aber keineswegs die Kernaufgaben im Bereich der badischen bzw. oberrheinischen Geschichte, Kunst und Kultur. Das zeigt der heutige Tag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
eine alte Redensart lautet: "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen!« In diesem Jahr feiern wir nicht nur den 60. Geburtstag Baden- Württembergs, sondern auch 900 Jahre Baden. Ich bin gerne in die alte badische Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe gekommen, um mit Ihnen die Jubiläumsausstellung "Baden! 900 Jahre. Geschichten eines Landes" zu eröffnen. Eine Ausstellung, die uns breit und facettenreich, mit vielen Geschichten und Objekten zeigt, was Baden geprägt hat und ausmacht. Die zentrale Frage lautet: Wie wurden wir, was wir sind?
Sehr geehrter Markgraf von Baden, sehr geehrte Markgräfin von Baden, sehr geehrte Markgräfliche Familie, meine Damen und Herren!
I. "Baden … - … Württemberg" – unser Land trägt zwei große Namen. Der erste ist seit 900 Jahren Ihr Name, Königliche Hoheit, Markgraf Max! Und er ist ein wirklich großer Name. Das sage ich als Vertreter der Ersten Staatsgewalt eines republikanischen Staatswesens. Und ich hoffe, Sie und Ihre Familie empfinden meine Feststellung so, wie sie gemeint ist: als politische Ehrbezeugung!
Die Beziehung eines Autors zu seinem Verleger ist eine empfindsame Angelegenheit und bedarf zu ihrem Gedeihen einer besonderen Pflege. Sie geht weit über den vertraglichen Rahmen hinaus und erstreckt sich bis in die persönlichen Neigungen hinein. Für einen so erfolgreichen Autor wie Heinrich Hansjakob, von dem insgesamt 74 Schrift en erschienen sind, müssen die Beziehungen zu seinen Verlegern einen hohen Stellenwert gehabt haben. Es ist daher eine lohnenswerte Aufgabe, diese Beziehungen einmal in einer Gesamtübersicht darzustellen, zumal zu diesem Thema bisher nur wenige Arbeiten und diese meist nur zu Teilaspekten erschienen sind. Die vorliegende Arbeit versucht, an Hand von Hansjakobs persönlichem Entwicklungsgang die Beziehungen zu seinen Verlegern nachzuzeichnen. Es ergibt sich dabei auf natürliche Weise, dass in jedem Kapitel der Autor
und sein Verleger bzw. dessen Verlag gemeinsam beleuchtet werden. Als Quellen stehen vor allem Hansjakobs Schrift en zur Verfügung, dazu der erreichbare Briefwechsel mit den Verlegern, Selbstdarstellungen der Verlage sowie belegte Aussagen der Sekundärliteratur (z. B. die umfassende Biografie Hansjakobs von Manfred Hildenbrand). Die Arbeit geht über die Lebenszeit Hansjakobs hinaus, denn das Interesse an Hansjakobs
Büchern ist bis heute ungebrochen. Es werden daher abschließend auch die Verlage gewürdigt, die sich um die fortgesetzte Verbreitung seiner Schrift en verdient gemacht haben und sich immer noch in diesem Sinne betätigen.
Es kann überhaupt keinen Zweifel geben, dass der 1812 in Nordstetten geborene Berthold Auerbach ein schwäbischer Dichter ist – auch wenn das 1971 nach Horb eingemeindete Nordstetten seit der Kreisreform 1973 zum Landkreis Freudenstadt gehört und dieser Teil des Regierungsbezirks Karlsruhe ist. Berthold Auerbach lässt sich nicht posthum für Baden vereinnahmen. Gleichwohl weist Auerbachs Biographie einige Bezüge zu Baden
und hier besonders zu Karlsruhe auf, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ihn am Ende seines Jubiläumsjahres in der "Badischen Heimat" zu würdigen. Immerhin ist es dem internationalen Erfolg seiner "Schwarzwälder Dorfgeschichten" zu verdanken, dass der großteils zu Baden gehörende Schwarzwald und das Gäu-Dorf Nordstetten bereits im 19. Jahrhundert weltberühmt wurden.
Die romanischen Wandmalereien im Chor der Klosterkirche zu Lobenfeld haben lange nicht die Beachtung gefunden, die ihrer Bedeutung entspricht. Im Freiburger Diözesan-Archiv, Neue Folge 12, 1911, hat Joseph Sauer, der Landeskonservator, zuerst auf die Malereien hingewiesen. Im Rahmen der beschreibenden Statistik "Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden", – 8. Band, 2. Abteilung, von Adolf von Oechelhaeuser bearbeitet –, ließ Joseph Sauer im Jahr 1913 eine ausführliche Beschreibung und Würdigung der "Malereien in der Klosterkirche zu Lobenfeld" folgen. Welche Bedeutung den Malereien beigemessen wurde, zeigt sich darin, dass den beiden überlebensgroßen Gestalten rechts und links vom Ostfenster des Chores die einzige Farbtafel in einem ansonsten üppig illustrierten Band gewidmet ist. Danach sind über acht Jahrzehnte vergangen bis zur umfassenden und eingehenden Arbeit von Gabriela Nutz "Die mittelalterlichen Wandmalereien der ehemaligen Klosterkirche Lobenfeld. Ikonographie, Programm und stilistische Stellung der romanischen Chorausmalung und der gotischen Wandbilder" (2002). Vorausgegangen war ein kürzerer Beitrag
derselben Verfasserin in dem von Doris Ebert und Klaus Gereon Beuckers herausgegebenen Sammelband "Kloster St. Maria zu Lobenfeld (um 1145–1560). Untersuchungen zu Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie" (2001).
Der Südweststaat vor Gericht
(2012)
Vor 900 Jahren wurde ein "Markgraf von Baden" erstmals urkundlich erwähnt. Mehr als zwei Jahrhunderte nach der Erbteilung von 1535 fanden die Markgrafschaften Baden-Durlach und Baden-Baden wieder zueinander. Mit der im Zuge der Neuordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erfolgten Erhebung des Markgrafen Karl Friedrich zum Kurfürsten (1803: Reichsdeputationshauptschluss) und, drei Jahre später, bedingt durch das Ende des Reichs, seinem dem Kaiser Napoleon zu verdankenden Avancement zum Großherzog (wennschon nicht König, so doch "Königliche Hoheit") begann Badens große Zeit – unter einer Dynastie, die einst Stuttgart gegründet und mit Markgraf Bernhard II. (1428–1458) auch einen Beinahe-Heiligen hervorgebracht hatte. Der Freistaat Baden war ein Land der Weimarer Republik. Er überdauerte die Zeit des Nationalsozialismus. Nicht das Ende Badens, aber sein Ende als Staat kam 1945 mit der Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und der Bildung der drei südwestdeutschen Länder Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern, aus denen am 25. April 1952 der Südweststaat, das heutige Baden-Württemberg, hervorgegangen ist. Bis in das Jahr 1974 andauernde juristische Nachhutgefechte hielten die "Baden-Frage" vorübergehend
noch am Leben.
Ihr Stil hat mehr als ein Jahrzehnt deutscher Briefmarken geprägt Am 15. August 2012 verstarb im Alter von 99 Jahren die weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene Grafikerin Elisabeth von Janota-Bzowski in Marl (Nordrhein-Westfalen). In Deutschland ist die Künstlerin vor allem für ihre Briefmarkenentwürfe bekannt, doch sie selbst bevorzugte eher die Anonymität. Elisabeth von Janota-Bzowksi, Malerin, Grafikerin und Briefmarkengestalterin: ihre kleinen Perlen auf Papier fanden stets in der Fachwelt der Philatelisten und der Postkunden große Zustimmung. Sie setzte die Themen allgemein verständlich um. "Eine Briefmarke ist ein Mini-Plakat, und ein Plakat ist ein Telegramm". Die Botschaft muss unmittelbar,
schnell und vollständig erfasst werden. Deshalb ist die Aufgabe stets dieselbe: "Jedes Thema so einprägsam wie nur möglich zu gestalten", äußerte sie ich in einem Interview. Elisabeth von Janota-Bzowski erlernte ihr Handwerk an der »Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann« in Berlin. Nach dem Krieg lebte und arbeitete sie in Chile, oft unter Ihrem Künstlernamen "de Laborie".
Alfred Mombert war der abgeklärte Dichter einer eigenwilligen Literaturgattung, visionär spiegeln sich in seinen Werken mythische Gestalten und ferne Gestirnräume wider. Vor 140 Jahren kam er zur Welt, vor 70 Jahren endete sein Leben. Dies soll Anlass sein, mit einem skizzenhaften Bild diesen halbwegs Vergessenen in die Erinnerung zu rufen.
Todesängste erlitt sie
im Dauerstress. Während
ihr Vater Carl
Goerdeler noch auf
der Fahndungsliste
der Gestapo stand,
wurde die Familie in
Sippenhaft genommen.
Fast zehn Monate erlebte sie Gefängnis und
Konzentrationslager. In der Einzelhaft wurden ihr
nachts die Hände gefesselt. Sie musste in eine Glühbirne
schauen, die ihr mit dem grellen Licht den
Schlaf raubte. Ihre Gedanken waren darauf fixiert,
ob sie je wieder das Tageslicht erblicken wird. Die
Ängste, welche weiteren Grausamkeiten auf sie zukommen,
wurden ihr zur mahnenden Erinnerung,
wenn Menschen durch Ängstigung Macht auszuüben
versuchen. Ihre Erfahrungen wurden zu einem pädagogischen
Prinzip: Junge Menschen, die ihr anvertraut
wurden, wollte sie niemals in Angst versetzen.
Ihren Erziehungsauftrag als Lehrerin und Schulleiterin
sah sie darin, den Einzelnen in seiner Individualität
zu fördern, Schülerinnen und Schüler zu
engagierten Bürgern zu erziehen, die verantwortungsvoll
im öffentlichen und persönlichen Bereich
agieren. Bei der Gestaltung unserer demokratischen
Gesellschaft soll man sich mit einem gesunden Misstrauen
gegen Bürokratie und Obrigkeit einmischen.
Für den heranwachsenden Menschen muss dieses
Engagement nicht gleich das Glück auf Erden sein.
Sie kommt zu der Schlussfolgerung, dass man früher
als Kind glücklicher sein konnte, weil man die Autorität
der Älteren als gegeben hinnahm.
Das Augustinerkloster in Beuron, das um 1077 gegründet und 1802 aufgehoben wurde, war „während seines Bestehens ohne
Bedeutung geblieben" : ein so harter wie wahrer Urteilsspruch. Aber für das Benediktinerkloster, das 1863 - also vor nunmehr
150 Jahren - an seiner Stelle, und als erstes deutsches nach der Säkularisation, gegründet wurde, galt er nicht; ganz im Gegenteil. Nun blühte Beuron auf, strahlte aus, brachte eine lange Reihe von Tochterklöstern hervor. Sie bildeten bald eine eigene Kongregation, die mit ihrer Disziplin, ihrer Dynamik, ihrer explosiven Expansion über die Grenzen hinweg als „Leitstern und Schrecken der benediktinischen Welt zugleich" betrachtet wurde. Aber auch das Mutterkloster selber war und blieb ein Ort, der weithin wirkte und ungezählte Menschen, oft ganz gegen ihren Willen, in seinen Bann schlug.
Im Jahre 1844 wurde nach nur vier Amtsjahren überraschend der hoch angesehene Direktor des Offenburger Gymnasiums,
Professor Franz Weißgerber, durch Erlass des Großherzogs in Karlsruhe entlassen. Er hatte 1840 als dienstältester Professor
die Stelle von seinem Amtsvorgänger Professor Josef Scharpf, dem ersten Direktor des neuen großherzoglich-badischen
Gymnasiums (1832-40), übernommen und sie jahrelang mit innovativer Energie und Weitblick ausgefüllt. Er war auch verantwortlich für die Organisation der großen Offenburger Jubiläumsfeierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der badischen Verfassung im Jahre 1843, einer Art erstem Freiheitsfest in der mittelbadischen Kleinstadt. Die Rede, die Weißgerber damals als Leiter des Festkomitees in der Schulaula des Gymnasiums, dem Bankettsaal des „Salmen", gehalten hat, war den vor Ort mithörenden Spitzeln des Großherzogs offensichtlich zu weit gegangen: Weißgerber war als führender Vertreter der städtischen Liberalen auch entschieden für die verfassungsmäßigen Rechte das Volkes eingetreten, - er wurde an das Lyzeum im residenznahen Rastatt strafversetzt. Ehe er hier an dem festungsgesicherten neuen Schulort seinen Dienst antrat, musste er sich in seiner ersten Amtshandlung schriftlich verpflichten, als Staatsdiener „dem Großherzog getreu, hold und gehorsam" zu sein.
Zu Ostern im letzten Kriegsjahr des Ersten Weltkriegs erreichte 1918 das Städtische Museum in Offenburg eine ungewöhnliche Postsendung. Das Päckchen war abgesendet worden „ von einem alten Offenburger aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts, der seine ersten Unterrichtsjahre an der dortigen Volksschule und Gymnasium erhalten hat, der stets gerne jener Zeiten gedenkt, der heute mit hoher Verehrung das Emporblühen der Stadt Offenburg sympathisch begrüßt". Auf einem ebenfalls beigefügten bräunlichen Foto signiert der Absender als „Gebhard Gagg, Maler und Historiker in Konstanz, Ritter vom Zähringer Löwenorden, aetatis suae 80 J. 1918". Zu sehen ist er auf der Postkarte als eine lesende Gelehrtengestalt vor einer Fensterbank mit wallender Mähne im Gerhard-Hauptmann-Stil.
Das Thema dieses umfangreichen Berichts klingt zwar bescheiden, ist aber ein wichtiger Bestandteil der Ettenheimer Stadtgeschichte, nicht zuletzt durch die vielen Personen, die in Verbindung zu den Gärten genannt werden und von denen
einige eine wichtige Rolle in der Ettenheimer Geschichte spielten. nicht so viel überliefert, wie man es sich wünschen würde. Es handelte sich vor allem um Nutzgärten, die für die ärmeren Familien notwendig waren, die aber auch von den Bessergestellten zum Lebensunterhalt gebraucht wurden. Für einige der Beschäftigten der Landesbehörden und der Stadt war ihre Nutzung Teil ihrer Bezüge (Naturalien). Dies alles schließt aber nicht aus, dass man einige Gärten jeweils im Stil der Zeit im 17. und 18. Jahrhundert anlegte und schmückte. Ein Hauptmerkmal der Gärten jener Zeit waren mit Buchs eingefasste Hauptwege und Gartenbeete. Ein weiterer Zierstrauch, der sich formen ließ, war die Eibe. Zu einem Barockgarten auf dem Land gehörten wenigstens klare Linien und einfache Ornamente. Soweit überliefert, pflanzte man in Ettenheim wie andernorts Gemüse an. Daneben gab es Obstbäume mit Wiesengelände oder angrenzendem Ackerfeld. Über die Blumen ist nur wenig angegeben. Sie spielten bei den Lagebeschreibungen der Gärten auch keine Rolle.
Über die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940 ist bereits vieles gesagt und geschrieben
worden. Und immer noch gibt es da und dort weitere erhellende Quellenfunde zu machen. Warum haben beispielsweise die Offenburger Bürgerinnen und Bürger so wenig Protest eingelegt gegen die Vertreibung ihrer jüdischen Nachbarn? Was
für eine Stimmung herrschte in der Stadt am Vorabend des Geschehens vom 22. Oktober?
Das Rastatter Schloss zählt zu den schönsten Barockbauten in Deutschland. Errichtet zwischen 1700 und 1705 durch den italienischen Architekten Domenico Egidio Rossi aus Fano, ist der prächtige Barockbau ein architektonisches Juwel in Baden.
Zudem ist diese früheste Barockresidenz am Oberrhein in seiner originalen Bausubstanz erhalten geblieben. Kriegsschäden wie an anderen Orten, wie beispielsweise in Karlsruhe, Mannheim oder Bruchsal, gab es nicht. Im Gegenteil. Das Schloss gehört in baulicher Hinsicht zu den authentischsten Baudenkmälern seiner Art, nicht nur in Baden. Auftraggeber für den Schlossbau war kein Geringerer als der legendäre Türkenlouis, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (1655-1707), der bereits 1698 den Auftrag für den Bau eines Jagschlosses erteilte. Architekt und Bauleiter war der bereits genannte Domenico Egidio Rossi, den der Markgraf wenige Jahre zuvor in Wien kennengelernt hatte. Rossi machte sich umgehend an sein Werk und hatte den Bau auch schon fast beendet, als er zur Jahreswende 1699/1700 den Auftrag zum Bau eines Residenzschlosses und einer „ganzen neuen Stadt" erhielt. Damit beginnt die Geschichte eines einzigartigen Gebäudes, dessen Nutzung als Residenz mit dem Aussterben der baden-badischen Markgrafen 1771 jäh endete. Im Folgenden geht es in diesem Beitrag zur badischen Rechtsgeschichte um die Nutzung des Schlosses als Sitz zahlreicher Gerichte.
Manche Behauptungen lassen sich einfach nicht auslöschen. Sie halten sich hartnäckig, trotz wiederholter gegenteiliger Belege und Beweisführung. Eine dieser unhaltbaren Aussagen ist die Erfindung vom „freien Reichstal Harmersbach". Der Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob hat diese Mär in die Welt gesetzt, genauso wie die widersprüchliche Formulierung einer ,,Bauernrepublik", die angeblich bis 1802 das Leben der Harmersbacher Bevölkerung regelte. Nichts von alledem lässt sich bei genauerer Betrachtung halten. Weder war das Reichstal frei noch war es eine Bauernrepublik. Die Anwendung des Rechts verbietet geradezu eine Übertragung dieser Begriffe auf das Reichstal Harmersbach.
Mord verjährt nicht. Deshalb ist die Justiz auch heute noch den letzten NS-Verbrechern auf der Spur. Der Ukrainer John
Demjanjuk wurde 89-jährig vor das Münchner Landgericht gestellt, das ihn 2011 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilte.
„Der Angeklagte war Teil der Vernichtungsmaschinerie", heißt es im Urteil. Was in den Lagern geschah, das sei allen Helfern
zu jedem Zeitpunkt klar gewesen. Jeder, der an der planmäßigen Ermordung mitwirkte, habe sich schuldig gemacht - auch
wenn ihm, wie Demjanjuk, keine konkrete Tat nachgewiesen werden könne. Die Richter begnügten sich mit dem Wissen,
dass in Sobibor, einem reinen Vernichtungslager, jeder Aufseher am Morden beteiligt war. So wird der Prozess womöglich
doch nicht das „letzte große NS-Verfahren" bleiben, als das ihn Beobachter vorschnell tituliert hatten. Strafverfolger werden
sich wohl noch einmal verstärkt auf die Suche nach weiteren Tätern machen - nach ausländischen und nach deutschen. Ein
91-Jähriger wurde ebenfalls in München wegen Mordes verurteilt, in Aachen ein 89-Jähriger. Im Dezember 2011 durchsuchten Dortmunder Ermittler die Wohnungen von sechs ehemaligen Wehrmachtssoldaten im Alter von 85 und 86 Jahren, die sich an dem Massaker im französischen Oradour-sur-Glane bei Limoges beteiligt haben sollen. Dort hatten am 10. Juni 1944 etwa 200 Mitglieder einer SS-Division mindestens 642 Zivilisten grausam ermordet. Die SS-Männer pferchten die Männer des Dorfes in einer Scheune ein und erschossen sie mit Maschinengewehren. Frauen und Kinder wurden in der Dorfkirche eingesperrt, die dann angezündet wurde. Man ist den letzten Mördern immer noch auf der Spur.
Flurnamen sollen überleben, weil sie dazu beitragen, an die Geschichte eines Ortes zu erinnern. Viele Flurnamen geben Hinweise auf mittelalterliche und frühneuzeitliche Wirtschaftsgeschichte, häufig verbunden auch mit lange aufgegebenen und heute befremdlich anmutenden Rechtsbräuchen. Flurnamen können vielfach auf alte Tätigkeiten und Berufe zurückgeführt werden, die ihrerseits, zum Teil als Übernamen, zu Personennamen geführt haben und heute oft nicht mehr verstanden werden. Bekannt ist die ersprießliche Zusammenarbeit der Namenforschung mit archäologischen Erkenntnissen. Bei den meisten Flurnamen lässt sich bei uns seit Jahrhunderten trotz sich ändernder Schreibweisen eine sprachliche Kontinuität nachweisen. Dabei sei davon abgesehen, dass für ein und dieselbe Örtlichkeit auch zwei (oder selten mehr) Namen überliefert sein können.
Ein Literaturbericht
(2012)
Es wäre sicherlich bedauerlich, wenn im diesjährigen Jahrbuch, das schwerpunktmäßig der Justitia in Mittelbaden gewidmet ist, die südliche Ortenau mit ihrer ereignis- und spannungsreichen Geschichte unberücksichtigt bliebe. Zahlreich sind die Auseinandersetzungen der Äbte von Ettenheimmünster mit den Bischöfen der Diözese Straßburg um die Gerichtsbarkeit und Landeshoheit im klösterlichen Gebiet, das sich vom Bannsteinbuck, einem Grenzpunkt zwischen Ettenheim und Münchweier, bis zum östlich gelegenen Streitberg erstreckte, und zu dem auch die nördlich gelegenen Klosterdörfer Schweighausen, Dörlinbach und Wittelbach gehörten. Für die rechtliche Unabhängigkeit von den Fürstbischöfen kämpfte insbesondere Abt Johannes Baptist Eck (1710-1740). Er beanspruchte sogar die Hohe Gerichtsbarkeit und ließ 1737 die Kindsmörderin Ursula Tränkle aus Münchweier hinrichten. Da ja die Straßburger Fürstbischöfe für den rechtsrheinischen Teil des Hochstifts
Straßburg mit den Ämtern Ettenheim und Oberkirch deutsche Reichsfürsten waren, führte dies dazu, dass die diplomatischen
Verwicklungen vor dem Kaiserlichen Reichshofrat in Wien ausgetragen wurden.
Eine Krippe (lat. Presepium) ist zunächst eine
im Fels gehauene Rinne oder eine aus Holz gezimmerte Vorrichtung zur Fütterung von Stalltieren.
Sprechen wir von einer „Weihnachtskrippe“,
dann wird der Satz lebendig aus dem Lukasevangelium: „Und sie gebar ihren Sohn, den
Erstgeborenen, wickelte ihn in Windeln und legte
ihn in eine Krippe, weil für sie kein Platz in der
Herberge war“. Von dieser originalen Krippe ist
verständlicherweise nichts erhalten geblieben. Die
Herkunft der seit dem frühen 5. Jahrhundert in
Maria Maggiore in Rom verehrten Holzkrippe ist
nicht verlässlich bekannt, obwohl ein paar
Brettchen davon sogar in die Reliquiensammlung
des Reichskleinodienschatzes aufgenommen worden waren.
Ob Jesus nach seiner Geburt tatsächlich in einer
Krippe lag und wenn ja in welcher, ist nicht
bekannt. Der Brauch aber, sich die Menschwerdung von Gottes Sohn so vorzustellen und en
miniature zu inszenieren, ist seit der frühen
Christenheit lebendig. „Das Heilsgeschehen wird
handgreiflich fassbar“, sagte Alt-Dekan Kurt Müller
zur Eröffnung der Krippen-Ausstellung im Alten
Rathaus. Die Vernissage war aus Platzgründen ins
Franziskaner-Refektorium verlegt worden, das voll
besetzt war.
Gemodeltes Gebäck verbinden wir gemeinhin
mit der Weihnachtszeit. Landläufig wird das
Weihnachtsgebäck mit Ausstechformen aus Metall
oder Kunststoff hergestellt. Im 17. und 18. Jahrhundert war das anders. Bei zahlreichen weltlichen
und religiösen Anlässen wie Hochzeiten, Taufen,
Jubiläen, Nikolaus, Neujahr, Ostern usw. wurde
vielfältiges Gebäck hergestellt und gegessen.
Lassen Sie mich zunächst mit hoffentlich hörbarer Freude
unterstreichen: Die Protokolle der Badischen Ständeversammlung und des Badischen Landtags sind immer noch
häufig genutzte Erkenntnisquellen! Wir erweitern das virtuelle Universum also nicht um ein Prestigeobjekt – wir tragen
einem echten Bedarf Rechnung!
Das heißt auch: Das Digitalisieren der Badischen Parlamentsprotokolle als Beitrag der Badischen Landesbiliothek
zu unserem 60-jährigen Landesjubiläum ist schon deshalb
eine nette Idee, weil sie exemplarisch zeigt: Badener und
Schwaben sind – anders als bisweilen kolportiert – eher
Verwandte als Antipoden: Beide freuen sich gleichermaßen
besonders, wenn sie zum Geburtstag „ebbes Rechts“ bekommen, etwas praktisch Brauchbares – etwas, das nicht
bloß rumsteht.
Aus 60 Bodenfallen, die im Naturschutzgebietes „Alter Flugplatz Karlsruhe“ in wöchentlichem Rhythmus vom 9.4. bis 12.10.2010 zur Erfassung der Spinnenfauna an 10 Standorten ausgebracht waren, wurden 2.545 adulte Wanzen (Insecta, Heteroptera) untersucht. Insgesamt liegen aus den Bodenfallen 59 Arten vor, von denen 11, überwiegend Irrläufer, die bisherige Artenliste erweitern. Die häufgsten Arten sind Acalypta gracilis, A. marginata, A. parvula, Chlamydatus pullus,
Ischnocoris hemipterus, Kalama tricornis, Microporus nigrita und Plinthisus brevipennis. Alle 59 Arten werden
hinsichtlich ihrer Vorkommen in den Biotopen Sandrasen, Nardetum und Ruderal kurz beschrieben. Ausführlich wird auf die drei Acalypta-Arten eingegangen. Ihre taxonomische Unterscheidung, ihre Phänologie und Präferenz für die genannten Biotope, das Häufigkeitsspektrum von Männchen/Weibchen und von brachypterer/semibrachypterer/makropterer Form werden dargestellt und diskutiert.
Die im Jahr 2012 abgeschlossene Ausweisung von
drei neuen Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk
Karlsruhe in Baden-Württemberg ist Gegenstand des
Beitrags. Flora und Fauna der Gebiete sowie deren
enge Verzahnung mit der historischen bzw. noch gegebenen Nutzung werden beschrieben, die wesentlichen
Inhalte der Verordnungen werden vorgestellt. Abschließend wird für die Beibehaltung eines dialogorientierten
und bürgernahen Unterschutzstellungsverfahrens plädiert. Das Ergebnis ist ein maßgeschneiderter und umfassender Schutz, der vor Ort während des Verfahrens
Akzeptanz gefunden hat.
Er war der populärste deutsche Dichter des 19. Jahrhunderts, in Paris fast so
berühmt wie in Berlin. Sein Bild hing in Bismarcks Schlafzimmer und in Arbeiterstuben. Sein Werk, sein Ruhm – ein Stück Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts, so Walter Jens 1987 zum 200. Geburtstag von Ludwig Uhland. [1]
An
anderer Stelle allerdings nennt Jens unsern Uhland einen vergessenen Klassiker. Uhland war aber nicht nur Dichter, meist ist von dem Dreiklang Dichter,
Politiker, Gelehrter die Rede. Mit dem Wirken des studierten Juristen Uhland
als Politiker verbindet sich sein Eintreten für das gute alte Recht im württembergischen Verfassungsstreit von 1815: Wo je bei altem guten Wein / Der
Württemberger zecht, / Da soll der erste Trinkspruch sein. / Das alte, gute
Recht. [2]
Der aus Hessen [1]
stammende Johann Bidenbach [2]
, der 1534 bis 1540 als Untervogt in Brackenheim amtierte, war nicht nur der Stammvater einer bedeutenden Gelehrtenfamilie [3]
sondern als Nachkomme eines württembergischen Grafen ein begehrter Ahnherr. Umso erstaunlicher ist es, dass sich bisher, soweit
ich dies übersehen kann, noch niemand die Mühe gemacht hat, die zahlreich
vorhandenen Quellen zusammenzutragen, um ein zutreffendes Bild von
Bidenbach und seiner Familie zu zeichnen.
Als Ruhestandsbeschäftigung habe ich mich der Erforschung meiner Familie
zugewandt. Zu meinen Vorfahren gehört auch die Familie Erlenmeyer. Meine
Großmutter Therese Friederike (Frieda) Kißling, * 15. 3. 1866 (Ulm-) Söflingen, † 5. 9. 1934 (Stuttgart-) Sillenbuch, war eine geborene Erlenmeyer. Dabei
habe ich meine Erlenmeyerischen Ahnen erfasst, ebenso wie alle Nachkommen meines zunächst frühesten bekannten Vorfahren Johann Georg Erlenmeyer.
Die archivalische Überlieferung im Stadtarchiv Esslingen ist für die zahlreichen mittelalterlichen Urkunden und die bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts
zurückreichenden Steuerbücher bekannt. Nur wenige Gemeinden können
einen so dichten und weit zurückgehenden Archivbestand aufweisen wie die
Stadt Esslingen. Unter diesen spätmittelalterlichen Quellen finden sich auch
die so genannten Missivenbücher (Stadtarchiv Esslingen, Bestand MB), welche
von 1434– 1440 und 1448–1533 vorhanden sind. Bei diesen Missivenbüchern
(Missive = Sendschreiben) handelt es sich um eine Art Vorgängerakten der
späteren Ratsprotokolle. In den Büchern wurden alle vom städtischen Rat ausgehenden Schreiben protokolliert. Außerdem wurden Rechtsstreite und vereinzelt auch eingehende Schreiben niedergeschrieben.
Nicht nur im württembergischen Oberschwaben gab es einen politischen Flickenteppich, sondern auch im entgegengesetzten Teil unseres Landes im badischen Norden. Dort gaben die Dörfer Ober- und Unterschüpf der kleinen
Herrschaft Schüpf, die heute im Gebiet der erweiterten Stadt Boxberg im
Main-Tauber-Kreis liegt, ihren Namen.
Wie aber kommt ausgerechnet in diese entlegene Gegend ein Name aus der
Mitte des Landes, aus Altwürttemberg, der zudem in seiner Titulatur noch den
Namen eines Ortes im schweizerischen Thurgau trägt?
Bei dem Träger handelt es sich um Johann Jacob Freiherr v. Bernhausen zu
Hagenwil, später zu Schüpf, dessen genealogische Daten im Folgenden
zunächst vorgestellt werden sollen.
Die nachfolgenden Nekrologe der Jahre 2006 bis 2010 sind jahrgangsweise in alphabetischer Reihenfolge angelegt. Aufgenommen sind auch Priester, beispielsweise Ordensmänner oder Hochschullehrer, die, ohne der Erzdiözese anzugehören, hier gelebt und gewirkt haben. Zur besseren Erschließung dient das Namensregister am Schluss des Nekrologteils.
Die mykologischen Forschungsaktivitäten am ehemaligen Lehrstuhl „Spezielle Botanik und Mykologie“ der Universität Tübingen von 1974 bis 2011 und ihre internationale Ausstrahlung werden beschrieben. Leitschiene des gemeinsamen mykologischen Forschungskonzeptes war die Verknüpfung von Gelände- mit Laborarbeiten sowie von Forschung mit Lehre. Dieses Konzept spiegelte sich in einem weit gefächerten Lehrangebot, das insbesondere den Pflanzen als dem Hauptsubstrat der Pilze breiten Raum gab. Lichtmikroskopische Untersuchungen der zellulären Baupläne von Pilzen bildeten
das Fundament für unsere Arbeiten: Identifikationen, Ontogeniestudien, Vergleiche von Mikromorphologien, Überprüfen von Kulturen, Präparateauswahl für Elektronenmikroskopie, etc. Bereits an diesen Beispielen wird die Methodenvernetzung erkennbar. In dem zu besprechenden Zeitraum wurden Ultrastrukturuntersuchungen und Nukleinsäuresequenzierungen
als revolutionierende Methoden für den täglichen Laborbetrieb verfügbar. Flankiert wurden diese Neuerungen durch ständig verbesserte Datenaufbereitungen und Auswertungsprogramme für Computer. Zusammen mit den traditionellen Anwendungen der Lichtmikroskopie und der Kultivierung von Pilzen stand somit ein effizientes Methodenspektrum zur Verfügung, das für systematische, phylogenetische und ökologische Fragestellungen gleichermaßen eingesetzt werden
konnte, insbesondere in der Antibiotikaforschung, beim Studium zellulärer Interaktionen von Parasiten und Wirten, bei der Analyse mykorrhizierter Wurzeln und von Algen-Pilz-Assoziationen sowie bei den Insekt-Pilz-Vergesellschaftungen.
Systematisch-phylogenetische Untersuchungen haben wir an nahezu allen Großgruppen der Basidiomyceten durchgeführt. Ursprünglich konzentrierten sich diese Arbeiten auf die damals „Heterobasidiomyceten“ genannten Taxa der Rost- und Brandpilze, der Zitter- und Tränenpilze und ihrer nächsten Verwandten. Sie wurden dann ausgeweitet auf die Nichtblätterpilze und schließlich auch auf Blätter- und Bauchpilze angewendet. Neben Basidiomyceten wurden von uns auch Ascomyceten studiert, einschließlich der nur in asexuellen Stadien bekannten Gruppen. Schließlich haben wir uns saproben und besonders den parasitischen Oophyten gewidmet. Diese „Falschen Mehltaupilze“ wurden mikromorphologisch und molekularphylogenetisch bearbeitet und, wenn möglich, nach ihren koevolutiven Trends interpretiert. Mit unseren Studien haben wir wesentlich zum verbesserten Verständnis der Phylogenie und der Evolutionstendenzen der Pilze beigetragen. Zahlreiche Arten, Gattungen, aber auch Familien und Ordnungen wurden von uns als neue Sippen beschrieben. Mit unserer Beteiligung an der Untersuchung „neuartiger Waldschäden“ begannen die Studien an Pilz-Wurzel-Vergesellschaftungen. In unseren Wäldern sind Arten der Kieferngewächse sowie der Buchen- und Birkengewächse dominant. Diese Wälder sind Ektomykorrhiza-Vegetationen. Ektomykorrhizen wurden von uns über Jahrzehnte hinweg in heimischen Wäldern, dann
aber auch in Taiwan und Südecuador beprobt und im Labor als Kulturen in ihrer Ontogenie und strukturellen Differenzierung licht- und elektronenmikroskopisch untersucht sowie physiologisch und molekularphylogenetisch analysiert. Dies zeigt erneut den hohen methodischen Vernetzungsgrad an unserem Lehrstuhl. Nach Ausweiten unserer Untersuchungen von Pilz-Wurzel-Assoziationen auf unterschiedliche Landpflanzengruppen haben wir auch arbuskuläre, ericoide und arbutoide Mykorrhizen sowie Orchideen-Pilzvergesellschaftungen studiert. Schließlich kamen noch die Mykothalli von Lebermoosen als Untersuchungsobjekte hinzu. Mit diesen Arbeiten einher gingen Untersuchungen an pilzlichen Endophyten von Waldbäumen und an Mikropilzen der Rhizosphären und der Böden. Basidiolichenen wurden von uns mehrfach hinsichtlich
der zellulären Baupläne und der Pilz-Algen-Interaktionen licht- und elektronenmikroskopisch untersucht sowie in Übersichten vergleichend dargestellt.
Dies ist ein Nachtrag zu den fünf Bänden „Die Großpilze Baden-Württembergs“. 76 Arten und 10 Gattungen von
Großpilzen werden als neu für Baden-Württemberg gemeldet. 28 Arten sind auch Erstnachweise für ganz Deutschland. Angaben zur Morphologie (einschließlich Bestimmungsschlüsseln), Ökologie und Verbreitung werden ergänzt. Eine Neukombination wird vorgeschlagen: Hemimycena mauretanica var. megaspora (Kühner) Saar & Gminder comb. nov. Die Gesamtzahl der Agaricomycotina in Baden-Württemberg beläuft sich auf 3.150 Arten (3.112 Agaricomycetes, 18 Dacrymycetes, 20 Tremellomycetes).
In dieser Publikation werden wissenschaftliche Ergebnisse und Projekte, die an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) durchgeführt wurden, vorgestellt. Fünf Themengebiete, den Einfluss von Pilzen auf die Holzqualität betreffend, wurden bearbeitet: 1. Bei der Epidemiologie des Buchenkrebses (Erreger: Neonectria ditissima) spielt der Gesundheitszustand der Überschirmung eine wesentliche Rolle. Buchennaturverjüngungen mit Kontakt zu infiziertem Altholz wiesen einen dreifach höheren Befallsgrad auf als bei gesunder Überschirmung. In einem Buchenprovenienzversuch konnte keine Abhängigkeit des Befallsgrads von der Provenienz nachgewiesen werden. Jedoch waren Parzellen im Umkreis von 20 m um infizierte Überschirmung signifikant am stärksten infiziert. Es zeigte sich auch ein Zusammenhang zwischen Befallsgrad und dem Abstand der Parzellen auf der Lee-Seite von infizierten Altbuchen. 2. Die Grünästung der Fichte wird sowohl in weitständigen Reinbeständen als auch in stufigen Mischbeständen zur Erziehung von Wertholz empfohlen. Sechs
Jahre nach einer sorgfältig durchgeführten Grünästung waren Fäulen und holzzerstörende Pilze kaum nachweisbar. Geringe Verfärbungen traten ausschließlich im asthaltigen Reifholz von wenigen Bäumen auf. Neo nectria fuckeliana wurde aus den Aststummeln von geästeten Bäumen, insbesondere nach Ästung im Herbst, am häufigsten isoliert. 3. Fichten-Erstaufforstungen auf der Schwäbischen Alb wurden auf Stockfäulen untersucht, die von Heterobasidion annosum s.l. verursacht wurden. Sieben Bestände, deren Stubben aus der Erstdurchforstung etwa zwölf Jahre zuvor mit Natriumnitrit behandelt worden waren, zeigten einen um 71 % niedrigeren Befall als unbehandelt gebliebene Bestände. Wenngleich
auch mittlerweile andere Mittel verwendet werden, zeigt dieses Ergebnis doch, dass die Übertragung des Pilzes von den frischen Stubben zu den Wurzeln der Nachbarbäume vermindert werden kann. 4. Trotz fachgerechter Beregnung war es in Nasslagern mit berindetem Fichten/Tannen-Stammholz zu umfangreichen Mantelfäulen gekommen. Es konnte gezeigt werden, dass Hallimasch-Arten (Armillaria spp.) in der Lage sind, in wassergesättigtem Holz Luftkanäle zu erzeugen, welche die Sauerstoffversorgung für den Abbau von Lignin (Weißfäule) ermöglichen. Basierend auf diesen Untersuchungen wurden Maßnahmen entwickelt, welche diese Art von Fäulnis weitgehend ausschließen. 5. Im Rahmen eines Versuchs zur Lagerung von berindetem Fichtenrundholz unter sauerstoffarmer Atmosphäre wurde die Pilzentwicklung im Holz untersucht. Die Holzzersetzung durch Pilze war bei etwa 1 % Sauerstoff weitgehend ausgeschlossen. Dagegen dominierten potentiell antagonistisch wirkende Pilze: Clonostachys solani an der Oberfläche, Ascocoryne sarcoides und Acremomum butyri (jetzt eine von mehreren Arten in Cosmospora) im Inneren des Holzes. In Poltern mit einem höheren Restsauerstoffgehalt von
ca. 10 % kam es zu einer schwachen Entwicklung von Stereum sanguinolentum und von Amylostereum areolatum. Über den gleichen Zeitraum im Freien gelagertes Holz war stark von Holzzerstörern durchsetzt, während Frischholz fast vollkommen frei von Pilzen war.
Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte die Gründung des populären gesamtdeutschen Vereins „Verein der Pilzfreunde e.V.“ Dies war auch der Auslöser für die Gründung zahlreicher unabhängiger lokaler Pilzvereine. Später (1930) ging aus diesem Verein der „Verein der Pilzfreunde Stuttgart e.V.“ hervor, der heute der mitgliederstärkste lokale Pilzverein Deutschlands ist und eine
eigene pilzkundliche Zeitschrift herausgibt. Die interessante Geschichte des Vereins wird kurz beschrieben. Einige Dokumente aus dem Archiv des Vereins werden erstmals veröffentlicht.
Pilze sind Eukarionten, gleich Mensch und Tier. Es gibt deshalb nur wenige geeignete pilz-spezifische Angriffsorte für Antimykotika. Im Gegensatz zur Therapie der bakteriellen Infektionen, für welche eine Vielzahl von Antibiotika zur Verfügung steht, ist die Zahl der Antimykotika für die Therapie von Pilzinfektionen gering. Die wichtigsten Gruppen sind die Polyene,
die Azole und neuerdings die Echinocandine. Die selektive Wirkung der Polyene und der Azole beruht auf der Tatsache, dass (fast alle) Pilze Ergosterin anstelle von Cholesterin als wichtigsten Lipidbaustein in ihrer zytoplasmatischen Membran verwenden. Die Echinocandine hemmen die Synthese von Glucan, das in die Zellwand der Pilze eingebaut wird. Die menschlichen Zellen werden dadurch nicht attackiert, weil sie keine Zellwand haben. Das Spektrum der Polyene ist ganz
breit (nur wenige resistente Pilze existieren) und sie wirken fungizid auf Schimmel- und Sprosspilze. Sekundäre Resistenzen sind extrem selten. Die Azole haben ebenfalls ein breites Wirkspektrum, wobei sie auf die Schimmelpilze fungizid und auf die Sprosspilze fungistatisch wirken. Sekundäre Resistenzen durch Mutationen im Genom und durch Ausprägung von Effluxpumpen kommen hier jedoch vor. Umgekehrt haben die Echinocandine ihre Stärke bei der Therapie von Sprosspilzinfektionen, wo sie fungizid wirken, während sie auf Schimmelpilze nur fungistatischen Effekt haben. Resistenzen durch Genmutationen sind im Prinzip möglich, spielen aber praktisch noch keine Rolle. Die Resistenzen von Bakterien sind oft auf genetischen Elementen kodiert, die sich horizontal und vertikal ausbreiten können, so dass Resistenzprobleme schnell zunehmen. Die Resistenzen von Pilzen sitzen nicht auf mobilen Genstrukturen; folglich ist eine ähnliche Entwicklung nicht zu erwarten.
Eine gesetzliche Aufgabe des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) ist die Überwachung von Pflanzenbeständen in Baden-Württemberg hinsichtlich des Auftretens von Schadorganismen. Dazu gehören neben Unkräutern, Schädlingen, Viren, Bakterien und Phytoplasmen auch die Schadpilze. Eine exakte Ermittlung der Schadursache ist Voraussetzung für eine effziente Pflanzenschutzberatung. Nur die eindeutige Bestimmung des Schaderregers und die Kenntnis seiner Biologie erlauben den Einsatz zielgerichteter Abwehrmaßnahmen. Dazu gehören im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes pflanzenbauliche, biologische, physikalische und chemische Verfahren sowie gegebenenfalls administrative Maßnahmen.
Dieses Jahr (2012) feiert die „Schwarzwälder Pilzlehrschau“, eine populärmykologische Ausbildungsstätte in Hornberg im Schwarzwald, ihr 50jähriges Bestehen. Sie ist die älteste Bildungsstätte ihrer Art in Deutschland und hat ein Besucheraufkommen von 800 bis 1.000 Pilzfreunden pro Jahr. Es wird ein kurzer Überblick über die Geschichte und die Bildungsangebote gegeben.
www.pilzepilze.de
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Carolinea. – 70 (2012)
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Der Volksschullehrer Julius Hauck (1875-1966) hielt es während des 1. Weltkriegs für seine vaterländische Pflicht, der hungernden Bevölkerung eine neue, bisher meist misstrauisch betrachtete Nahrungsquelle zu erschließen, nämlich die Pilze. Dazu war er bereit, sein ganzes pilzkundliches Wissen einzubringen. Diese Aktivitäten wurden recherchiert und dokumentiert. Er veranstaltete in Eberbach am Neckar eine Aufklärungskampagne mit Vorträgen, Ausstellungen, Wanderungen und Beratungen. Um den Teilnehmern die Vertiefung der erworbenen Kenntnisse zu ermöglichen, schrieb er in den Jahren 1916-1917 mehrere populärwissenschaftliche Büchlein. Seine Schriften enthalten wenig Eigenständiges; er exzerpierte im Wesentlichen verbreitete populärwissenschaftliche Werke seiner Zeit. So verfiel auch er, wie einige der von ihm zitierten Autoren, dem Irrtum, dass der Pantherpilz ein guter Speisepilz sei. Diese falsche Angabe geht vermutlich auf die fehlerhafte Abbildung des Pilzes durch J. Ch. Schaeffer zurück. Hierauf wird im Detail eingegangen.
Vor allem in der populären pilzkundlichen Literatur wird das in Leviticus 14 als „Zara’at“ (deutsch meist übersetzt mit „Aussatz“) an Hauswänden beschriebene Phänomen häufig als biblischer Beleg für das Vorkommen des holzzersetzenden Hausschwamms Serpula lacrymans in Israel und Palästina verstanden. Diese Auffassung wird zurückgewiesen. Eine Exegese des Bibeltextes und ein Abgleich mit der Morphologie des Pilzes zeigen, dass diese Erscheinung auf nicht näher bestimmbare Kolonien von Algen, Schimmelpilzen oder Bakterien von rötlicher, grünlicher oder gelblicher Farbe zurückgeführt werden muss,
vorausgesetzt, es handelte sich überhaupt um Organismen.
Leben nach dem Tod
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2003 wurde mit der Einstellung eines Kustoden für Pilze auch mit dem Aufbau einer Pilzsammlung (nichtlichenisierte Pilze) am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe begonnen. Die Sammlung umfasst derzeit 45.600 Belege, davon gut 27.000 in einer Datenbank erfasst (Stand 2011). Schwerpunkt der Sammlungen sind Baden-Württemberg (alle taxonomischen Gruppen) und Rostpilze (Nordhemisphäre). Die Bedeutung der Sammlungen wird durch eine recht hohe Ausleihfrequenz und zahlreiche Forschungsprojekte (klassische Morphologie und Taxonomie, molekulare Taxonomie und Phylogenie, Ökologie), die an diese
Sammlung geknüpft sind, dokumentiert. Günstig ist, dass ein Großteil der Belege noch „jung“ ist und sich deshalb für DNS-Sequenzanalysen eignet.
Die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg (VIZ) berät die allgemeine Öffentlichkeit und medizinisches Fachpersonal bei tatsächlichen oder vermuteten Vergiftungen. Die VIZ ist das für Baden-Württemberg zuständige Giftnotrufzentrum. Pilzvergiftungen spielen wegen ihrer potenziell schwerwiegenden Folgen eine wichtige Rolle, ihr Anteil an allen Anfragen an die VIZ beträgt 1-2 %. Die Häufigkeit der jährlichen Anfragen schwankt von Jahr zu Jahr stark. Von den insgesamt 1.200 Patienten mit potenzieller Pilzvergiftung entwickelten 654 Patienten Symptome, davon 521 leicht, 122 mittelschwer und 11 schwer. In dem untersuchten Zeitraum 2006 bis 2010 verstarb eine Patientin. In vielen Fällen (knapp 30 %) handelt es sich um die versehentliche Einnahme kleiner Pilzmengen durch Kleinkinder; hierbei wurden in den Jahren 2006-2010 keine mittelschweren oder schweren Vergiftungen berichtet. Nach Einnahme von Pilzen, um einen Rausch zu erzeugen, oder nach Verwechslung giftiger Pilze mit Speisepilzen, wurden der VIZ jedoch mittelschwere und schwere Vergiftungen berichtet. Besonders gefürchtet ist die Vergiftung mit amatoxinhaltigen Pilzen, wie dem Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides), der die Leber vollständig zerstören kann, dessen Aufnahme aber erst nach mehreren Stunden Beschwerden verursacht. Noch später treten die schweren Nierenschäden durch Haarschleierlinge auf. Das Muskarinsyndrom, ausgelöst durch Clitocybe- und Inocybe-Arten, ist charakterisiert durch Schweißausbruch, Schwitzen, wässrige Durchfälle, Herzfrequenz- und Blutdruckabfall. Fliegenpilz (A. muscaria). Pantherpilz (A. pantherina), Risspilze (Inocybe) und psilocybinhaltige Pilze können ebenfalls mittelschwere und schwere Vergiftungen verursachen. Diese heilen aber unter Therapie im Allgemeinen folgenlos aus. Die der VIZ von 2006 bis 2010 berichteten schweren Pilzvergiftungen wurden v.a. durch diese Pilzarten ausgelöst, auch wenn im Einzelnen die genaue Pilzart nicht immer sicher zu identifizieren war. Die VIZ hilft bei Pilzunfällen, indem sie Sachverständige vermittelt, die eventuell vorhandene Pilzreste bestimmen, über die zu erwartenden Beschwerden aufklärt und im Bedarfsfall Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung gibt.