Filtern
Dokumenttyp
Sprache
- Deutsch (3)
Gehört zur Bibliographie
- nein (3) (entfernen)
Schlagworte
- Appenweier (1)
- Bezirksamt (1)
- Forstrecht (1)
- Wolff, Leo 〈1874-1942〉 (1)
- Zimmern 〈Appenweier〉 (1)
Das Bezirksamt Appenweier
(2003)
„Im Merzen wurden wir badisch", stellte Pfarrer Walter von Appenweier 1806 in seiner Pfarrchronik lakonisch fest und ließ dabei nicht erkennen, ob er sich der großen politischen Bedeutung der staatlichen Neuordnung im Südwesten bewusst war. Allerdings hatte er die Fragwürdigkeit althergebrachter wie neugeschaffener dynastischer Bindungen erfahren, als während der knapp fünfzig Jahre seines Lebens der Besitzer der Landvogtei Ortenau fünfmal gewechselt und er selbst sein Kloster Allerheiligen durch Säkularisation verloren hatte. Der neue Herrscher jedoch, der Großherzog von Baden, gedachte, der
Unbeständigkeit ein Ende zu bereiten und begann aus seinen alten Ländern und den durch den Reichsdeputationshauptschluss neu dazu gewonnenen Gebieten einen festen auf Dauer angelegten Staat aufzubauen, er schaffte überkommene Institutionen ab und plante, für alle Landesteile geltende moderne Strukturen einzuführen. Weil das Dorf Appenweier bei diesem Prozess seinen bisherigen Sitz eines Landesgerichtes verlor, aber seine bevorrechtigte Stellung nicht aufgeben wollte, schalteten sich die Gemeindeoberen rechtzeitig in die Reformdiskussion ein, indem sie zwei Deputierte, den Adlerwirt Ignaz Werner und den Kronenwirt Franz Michael Knapp -er wird acht Jahre später als Landtagsabgeordneter die Verfassungsurkunde mitunterzeichnen - nach Karlsruhe schickten, um dort eine Art Petition zu
übergeben.
Dr. Leo Wolff aus Appenweier
(2006)
In Appenweier lag wie in anderen Landorten ähnlicher Größe die Betreuung der Kranken durch ausgebildete Helfer bis ins 19. Jahrhundert hinein im Wesentlichen in den Händen der Chirurgen, Wundärzte oder Barbiere, die wie die Hebammen einer gewissen staatlichen Aufsicht unterstanden. Für einen Arzt, der an einer Universität studiert hatte, besaß das Dorf offensichtlich noch wenig Anreiz. Als 1810 das zweite Landamt Offenburg in Appenweier eingerichtet wurde, war damit auch ein Physikat, die Stelle eines Bezirksarztes, verbunden. Dr. Jessele aus Offenburg übernahm diese Aufgabe, er war aber nicht bereit, seinen Wohnsitz aufs Land zu verlegen, auch nicht, als ihm das Ministerium mit einer Gehaltskürzung gedroht
hatte. Die Gemeindeverwaltung jedoch bemühte sich sehr, ihre Einwohner ordentlich medizinisch zu versorgen, und bot jedem qualifizierten Manne, wenn er sich im Ort niederließ, freie Wohnung im Rathaus mit Keller, Nebengebäude, Garten und Holzlieferung; er musste dafür allerdings die Ortsarmen ohne Entgelt behandeln. Erst 1829 hatten die Gemeindeväter
Erfolg. Wie sehr der Gemeinderat die ärztliche Arbeit schätzte, zeigt, dass er später die Leistungen um ein Wartegeld von 500 M erhöhte.
Am 16. Dezember 1389 - es war ein Donnerstag - ,,um die erste Stunde oder nahe bey" bat eine Gruppe Bauern aus dem Kirchspiel Zimmern in der Ortenau den kaiserlich und kirchlich anerkannten Notar am bischöflichen Gerichtshof in Straßburg Johannes Scherer um eine Beratung. Das Kirchspiel Zimmern setzte sich damals zusammen aus den Orten Urloffen,
Riechelnheim und Zimmern - hier stand auch das Gotteshaus, das St. Martin gewidmet war. Der Begriff Kirchspiel hatte zu jener Zeit nicht nur eine religiöse Bedeutung, sondern umfasste auch die rechtliche und politische Gemeinschaft. So erscheinen die drei genannten Dörfer immer wieder unter dieser Bezeichnung als eine Prozesspartei mit einer gemeinsamen Vertretung. Über die Konsultation am 16. Dezember ließ der Straßburger Notar eine Niederschrift aufsetzen, dessen lateinisches Original und deutsche Übersetzungen unter dem Namen „Zimmerer Waldbrief" in die regionale Geschichtsschreibung eingeführt wurden. Erfunden hat ihn, soweit wir sehen, der Dekan und bedeutende Lokalhistoriker Wilhelm Weiß aus Urloffen. Einmal wählt er auch „Urloffer Waldbrief" wie übrigens auch hundert Jahre nach ihm Kurrus und Kauß.