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Wer heute die hell-geräumige Kirche zu Breitnau betritt, erblickt zu seinen
Häupten auf dem Deckengemälde ein Stück Heimatgeschichte: Die bäuerlich-
schlichte Darstellung dreier Kirchengebäude ist Sinnbild der ursprünglichen
Zusammengehörigkeit der Pfarreien Hinterzarten und Breitnau und
der „Filialkirche unter der Steig", St. Oswald im Höllental. Dieses große
Kirchspiel ist nichts anderes als das Gebiet der alten Falkensteinischen, zuletzt
Sickingischen „Herrschaft auf dem Wald", die vom Turner bis auf den
Feldberg reichte. Hinter dem auch im Volke noch durchaus lebendigen Bewußtsein
früherer Zusammengehörigkeit stehen Ereignisse und Persönlichkeiten,
die um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, gerade als diese
Gemeinsamkeit gelöst wurde, unser Gebiet hineinrissen in den Strudel europäischer
Geschichte. Manches ist vergessen, anderes legendär verklärt, und
es verlohnt sich, hier einem Stück Ortsgeschichte nachzugehen, das dank der
besonders günstigen Quellenlage die den Gang der Geschichte tragenden
Strömungen der Zeit in fast einzigartiger Weise widerspiegelt.
Die Stadt Neuenburg am Rhein besaß im 15. Jahrhundert, wiewohl sie nur eine Kleinstadt im südlichen Breisgau war, an ihrer Pfarrkirche, dem Liebfrauenmünster, eine eigene Klerikergemeinschaft. Die einzelnen Inhaber der 1493 schließlich 17 Altarpfründen vorzustellen und hinsichtlich ihrer Pflichterfüllung zu untersuchen, war möglich, weil die moderne Kommune Neuenburg am Rhein seit 1991 das Vorhaben tatkräftig unterstützt und materiell fördert, alle Urkunden, in denen die Stadt oder einzelne ihrer Einwohner zwischen 1185 und 1500 handeln oder erwähnt sind, in Regestenform der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die „Urkunden der Stadt Neuenburg am Rhein“, deren erster von 1185 bis 1350 reichender Band 2014 erschien, sind, weil sie sowohl Geistliche wie Weltliche, sowohl Kleriker wie Laien in Neuenburg oder mit Beziehung zu Neuenburg erfassen, auch für die Kirchengeschichte des Breisgaues aufschlussreich, worauf bereits hingewiesen werden konnte. Hinsichtlich der Neuenburger Kaplansgemeinschaft wird das Regestenwerk aber erst mit seinem dritten Band für die Jahre von 1414 bis 1462 und mit seinem vierten für die Jahre 1463 und 1500 aufschlussreich werden, denn diese werden die Masse der Zeugnisse enthalten, die der genannten Prosopografie der Kapläne zugrunde liegen.
Inhalt: 1. Ein generelles Problem: Abwesenheit und Mehrfachbepfründung?, S. 98. 2. Die Quellenlage, S. 101. 3. Die Gesamtzahl der Kapläne im 15. Jahrhundert, S. 105. 4. Das Ausmaß der eigentlich verbotenen Mehrfachbepfründung, S. 109. 5. Die Art der Mehrfachbepfründung und die Herkunft der Pfründner, S. 112. 6. Die möglichen Gründe und Folgen der Mehrfachbepfründung, S. 119. 7. Die aktenkundigen Streitfälle und Reaktionen, S. 129. 8. Die genehmigten Absenzen vor allem der studierenden Kapläne, S. 138. 9. Die Verfehlungen als Einzelfallprobleme, S. 148. Verzeichnis 1: Die Altaristen und Anwärter auf eine Pfründe an der Liebfrauenkirche in Neuenburg am Rhein während des 15. Jahrhunderts, S. 151. Verzeichnis 2: Die Pfründen der Liebfrauenkirche in Neuenburg am Rhein und ihre Inhaber im 15. Jahrhundert, S. 199. Verzeichnis 3: Die Neuenburger Pfarrherren und -anwärter (alphabetisch) im 14./15. Jahrhundert, S. 206. Verzeichnis 4: Die Neuenburger Pfarrherren und -anwärter (chronologisch) im 14./15. Jahrhundert, S. 215. Verzeichnis 5: Die Neuenburger Pfründen im 16. Jahrhundert und ihre Inhaber, S. 216. Verzeichnis 6: Die Neuenburger Pfarrherren des 16. Jahrhunderts, S. 223.
Gratilla in Gremmelsbach
(2011)
Auch die Pfarrei Gremmelsbach, heute mit der Pfarrei Nußbach Teil der Seelsorgeeinheit Triberg, kann auf eine lange, bewegte Geschichte zurückblicken. Im Mittelalter gehörte sie zur Pfarrei Schonach, die erstmals 1275 im „Liber decimationis“ erwähnt wird. Zu ihrr zählten auch Triberg und Niederwasser. Quellen, die Genaueres über Gründer und Gründungsjahr aussagen, gibt es bis dato nicht. Triberg wurde 1564 von der Mutterkirche Schonach getrennt. Nußbach und Gremmelsbach bildeten zusammen 1618 eine eigene Pfarrei, Sitz des Pfarrers war Nußbach. Seit 1683 diente die Hohnenkapelle in Nußbach zur Abkürzung des Kirchwegs für die Gremmelsbacher; der Pfarrer kam ihnen ein Stück weit entgegen. Eine Hofverordnung (Wien) erhob 1786 Gremmelsbach zur „Lokalkaplanei“. 1788 wurde Gremmelsbach rechtlich eine eigene Kaplanei, aber erst drei Jahre später zog der Lokalkaplan auf, Michael Albrecht aus Waldshut.
Nach seiner Rückkehr von der letzten Sitzungsperiode des II. Vaticanums rief Erzbischof Hermann Schäufele in der Silvesteransprache des Jahres 1965 den Gläubigen seines Erzbistums Freiburg zu: „Machen Sie sich das Konzil zu eigen!“ Sein Fastenhirtenbrief des Jahres 1966 trägt den Titel: „Der Pfarrei — ein neues Gesicht.“ Spätestens mit Aufrufen dieser Art wurde die Rezeption des Konzils eine Aufgabe, die über die Konzilsaula, bischöflichen Amtsstuben und theologischen Fakultäten hinaus das gesamte kirchliche Leben und damit auch die Kirche vor Ort prägte. Nicht wenige, v. a. von der Liturgischen und der Biblischen Bewegung beeinflusste Laien und Pfarrer, haben bereits vor dem II. Vaticanum versucht, von der Pfarrei ausgehend der Kirche ein neues Gesicht zu verleihen. Durch das Konzil konnten sie sich in ihrem Wirken von der Gesamtkirche bestätigt sehen. So hat Eugen Walter, Pfarrer der Freiburger Dreifaltigkeitsgemeinde, anlässlich des zehnjährigen Weihetags seiner Pfarrkirche im Jahre 1963 im Blick auf die Gesamtkirche ganz ähnlich formuliert wie zwei Jahre später sein Erzbischof im Blick auf die Pfarrei: „Es geht darum, dass die Kirche ihr Leben so lebt, dass sie auch vor der Welt kein verstaubtes, erstarrtes, sondern ein offenes, ausdrucksvolles Gesicht gewinnt.“
„So wie die Kirche Heilsanstalt ist, um der Welt, der Schöpfung, das Heil zu bringen, so auch die Pfarrei für ihren Teil. Ja wir können sogar sagen, dass gerade die Pfarrei der Ort ist, an dem die Kirche mit Vorzug auf die Welt trifft, soweit es sich um das Alltagsleben der Menschen handelt, angefangen vom Eintritt des Menschen in die Welt bis zum letzten Hauch, vom Leben in der Familie, der Unterweisung der Kinder bis zur Durchdringung des großen und kleinen Alltags, von Handel und Wandel mit christlichem Geist.“ Diese Aussage steht als pastorale und theologische Herausforderung im Zentrum eines Büchleins des aus dem Erzbistum Freiburg stammenden Jesuiten Constantin Noppel (1883-1945), der sich ausgehend vom zeitgenössisch populären Leib-Christi-Motiv um eine Vermittlung von Theologie und Pastoral und näherhin um eine ekklesiologische Grundlegung der Pfarrei und des kirchlichen Lebens bemühte.
Das Generallandesarchiv in Karlsruhe verwahrt in seiner Abteilung 64 eine Reihe von Anniversarien und Nekrologien vornehmlich aus dem badischen Raum. Neben Anniversarien bedeutender Kirchen, wie etwa des Konstanzer oder des Basler Münsters, finden sich auch solche kleiner Dorfkirchen. Zu diesen gehört das Seelbuch der Pfarrkirche und Leonhards-Bruderschaft zu Steinmauern bei Rastatt. Interessanterweise wird diese Quelle in der Literatur zur Geschichte der Pfarrei Steinmauern nicht erwähnt. In der ortskundlichen Literatur dagegen wird das Seelbuch abgehandelt. So wird in der 1926 erschienenen Ortsgeschichte von Steinmauern u.a. über die Stiftungsgegenstände, die Stifter und die Flurnamen, die das Seelbuch nennt, berichtet. In ähnlicher Weise, aber ausführlicher, befaßt sich das 1982 erschienene Heimatbuch mit dieser Handschrift.
Jerusalem im Schwarzwald
(2001)
Menschen des Mittelalters hätten eine solche Überschrift gewiss als symbolisch angesehen, nicht — wie wir Heutigen leich — als Gag, der Aufmerksamkeit erregen soll. Sonst nichts. Es gibt aus jener Zeit bis in die Gegenwart weiterwirkende, doch meist kaum noch verstandene Zeugnisse, dass viele Generationen einst bleibend verbunden sein wollten mit zeitlich und räumlich fernen Ursprungsgegebenheiten des Glaubens — eben dort, wo sie lebten: in ihrer Heimat. Viele große Kirchen des Mittelalters sind genau so breit, wie der Tempel in Jerusalem war: zwanzig Ellen. Lasen doch jene gläubigen Kirchenerbauer in der Heiligen Schrift (1 Kön 6,2): „Das Haus, das König Salomo für den Herrn baute, war sechzig Ellen lang, zwanzig Ellen breit und dreißig Ellen hoch." Das Konstanzer Münster hat einen Chor und ein Mittelschiff von zwanzig hebräischen Ellen Breite, gleich etwa 9 m. Dieser nach 1052 begonnene romanische Bau war die Bischofskirche des Bistums Konstanz, das vom St. Gotthard bis ins Murg- und Remstal sich erstreckt hat und 1821 — nach zwölfhundertjährigem Bestehen — mit der Errichtung des Erzbistums Freiburg aufgehoben worden ist.
Stollhofen gehörte zu den Mutterpfarreien wie Steinbach, Sasbach und Scherzheim. Steine aus dem Fundament der 1632 zerstörten Pfarrkirche von Stollhofen (St. Cyriak) zeigen in die Zeit um 800. Noch in der Zeit der Gründung der Benediktinerabtei Arnulfsau bzw. Schwarzach, dürfte die Mutterpfarrei entstanden sein. Die Kirche stand im heutigen Friedhof und war mit einer Wehrmauer umgeben. Nach den Urkunden der Baupflichten war sie eine sog. Chorturmkirche. Nur eine Grabplatte aus dem Jahre 1348 ist von der Kirche erhalten geblieben. 1154 erscheint der erste schriftliche Hinweis von dem Herrenhof mit Kirche in Stollhofen. Sehr früh 1218 wurde die Michaelskapelle in Schwarzach genannt, die zur Pfarrei Stollhofen gehörte. 1250 wurde sie dem Kloster Schwarzach zugeschlagen und diente dann lange Zeit als Pfarrkirche und später als Friedhofskirche für Schwarzach.
St. Jodokus Immenstaad
(2011)
»Immenstaad ist keine gewöhnliche Landpfarrei.« Das weiß jeder Einheimische selbst,
und es bedarf für diese Feststellung keineswegs des Freiburger Bistumsarchivars. Dass
Immenstaad keine gewöhnliche Pfarrei ist wird beim Blick zurück von Anfang an offensichtlich: Welche Pfarrei kann schon von sich sagen, sie verdanke ihre Existenz einem
Papst, der in der »offiziellen« Kirchengeschichte gar nicht vorkommt?
Dass die Pfarrei Immenstaad im Jahr 2010 auf 600 Jahre ihres Bestehens zurückblicken kann, ist natürlich zunächst das Verdienst ihrer damaligen Bürger. Diese wollten
einen eigenen Seelsorger im Ort haben und nicht mehr auf den bis dahin zuständigen
Pfarrer im zweieinhalb Stunden entfernten Bermatingen angewiesen sein. Sie wandten sich also im Jahr 1410 an Papst Johannes XXIII. und baten ihn um Hilfe - die ihnen
prompt gewährt wurde. Dieser Papst wurde übrigens wenige Jahre danach vom Konstanzer Konzil abgesetzt und später aus der Reihe der »gültigen« Päpste getilgt. Daher konnte
es fünfeinhalb Jahrhunderte später, als der Name Johannes für Päpste wieder salonfähig
geworden war, noch einmal einen dreiundzwanzigsten Johannes geben. Die Pfarrei Immenstaad aber existiert bis heute, und zwar genau ein Mal - dass Immenstaad von Uneingeweihten immer wieder mit Immenstadt verwechselt wird, ist ein anderes Thema.