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1798 edierte der in Rottweil geborene Bartholomä Herder (1774-1839) sein erstes Buch. Er hatte eine gute Schulzeit abgeschlossen in der Klosterschule St. Blasien, hatte in Dillingen/Donau Philosophie studiert, wollte sich dann aber doch nicht dem geistlichen Stand weihen, beschloss, „gelehrter Buchhändler zu werden und vermittelst des Buchhandels durch Verbreitung guter Schriften in das Leben einzugreifen“. Mit Schulbüchern hatte er in Rottweil seine ersten Erfolge. Karl-Theodor von Dalberg, der Konstanzer Fürstbischof, wurde auf ihn aufmerksam und engagierte ihn 1801 als Hofbuchhändler und Hofbuchdrucker nach Meersburg; dieses Datum gilt als Beginn der Firmengeschichte des Herder-Verlags. Der Konstanzer Generalvikar Wessenberg soll 1808 die Umsiedlung Bartholomä Herders in die Universitätsstadt Freiburg gefördert haben. Von der Universität konnte er hier die Buch- und Kunstdruckerei des inzwischen säkularisierten Klosters St. Blasien pachten; Herder machte rasch gute Umsätze mit Kunstdrucken und kartographischen Neuheiten; vor allem galt Herders zweifarbiger Europa-Atlas bald als Meisterwerk. Für seinen Buchverlag gewann Herder gute Autoren, vor allem Carl von Rotteck (1775-1846). Dessen „Allgemeine Geschichte" war rasch ein politischer, mit über 100 000 verkauften Exemplaren auch ein wirtschaftlicher Erfolg. „Durch Verbreitung guter Bücher in das Leben eingreifen“ bewährte sich offensichtlich.
Im Herbst des Jahres 2001 feierte der Freiburger Verlag Herder mit einem großen Jubiläum sein zweihundertjähriges Bestehen. 200 Jahre Kontinuität bedeuteten auch 200 Jahre Kontinuität im Wandel. Man kann diese Kontinuität im Wandel als Transformation beschreiben. Nachdem Bartholomä Herder als Verlagsgründer den Sitz des Unternehmens von Meersburg nach Freiburg verlegt hatte, entwickelte er das Grundprofil des Verlagshauses mit historischpolitischen, natur- und geisteswissenschaftlichen Werken sowie herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Kartographie. Die 2. und 3. Generation der Verlegerfamilie hat mit einer zweifachen Transformation des Unternehmens den Charakter dieses Freiburger Verlages so geformt, wie man ihn in der ganzen Welt bis heute kennt. Diese Prägung durch Benjamin Herder und Hermann Herder d. Ä. soll im Folgenden dargestellt werden.
Am 3.11.2012 jährt sich der Festakt der Einweihung des Geschäftshauses des Herder-Verlags an der heutigen Habsburgerstraße in Freiburg zum hundertsten Mal. Dabei gilt das Gebäude bei so manchem Autor gemeinhin als ein Werk, das der Freiburger Architekt Carl Anton Meckel noch zusammen mit seinem Vater Max Meckel begonnen habe.
"Halb Kloster, halb Palast"
(2016)
Zwar waren es kaum zwei Jahre, die Bartholomä Herder – der 1774 in Rottweil geboren worden war – erst als Schüler, dann auch als Novize in St. Blasien verbrachte; aber sie haben ihn für immer geprägt. Das weithin bekannte, ja berühmte Kloster verfügte nicht nur über eine große Bibliothek, sondern auch über eine eigene Buchdruckerei und -binderei, deren Erzeugnisse in alle Lande gingen. In diese Welt trat Bartholomä selber ein, als er, nach manchen Umwegen, schon 1801 in Meersburg einen Verlag gründete, den er 1803 nach Freiburg verlegte; und als nach der Aufhebung von St. Blasien dessen Druckerei an die Universität Freiburg überging, hat Herder sie gepachtet, den Vertrieb der Werke übernommen und sich so „pietätvoll auch als Buchhändler noch in den Dienst des Erbes seiner Lehrer gestellt“. (In ähnlicher Weise setzten Joseph Kösel, der letzte Faktor des Klosters Kempten, und Franz Sales Benziger, der letzte Faktor des Klosters Einsiedeln, die Tradition in eigenen Verlagen fort.)