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Das Stift Oberstenfeld
(2000)
Das Oberstenfelder Ortsbild ist bis zum heutigen Tag geprägt durch zwei unmittelbar nebeneinander stehende Kirchen. Die kleinere ist die Dorf- oder Fleckenkirche zu St. Gallus, die im Wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert stammt; die
größere ist die Stiftskirche, die Johannes dem Täufer geweiht ist, eine der bedeutenderen romanischen Kirchen unseres Landes. Ihr heutiges Erscheinungsbild
verdankt die Stiftskirche einer durchgreifenden Renovierung am Ende des
19. Jahrhunderts. Hinsichtlich ihrer Entstehung unterscheidet man zwei Bauphasen. Es wird angenommen, dass die Krypta als ältester Bauteil im 11. Jahrhundert
entstanden ist, während die Kirche insgesamt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut wurde und vermutlich das Werk einer Maulbronner Bauhütte ist. Zur
Stiftskirche gehört das Stiftsgebäude, ein barocker zweiflügeliger Bau auf der Südseite der Kirche, der mit deren Westchor verbunden ist. Weitere baugeschichtliche
Erkenntnisse wurden 1990 bei den Ausschachtungsarbeiten beim Bau eines Pflegeheims im angrenzenden Stiftsgarten erwartet, doch hat die Fundamentierung
offenbar keine archäologisch verwertbaren Aufschlüsse ergeben. Schon früher
sind jedoch in diesem Bereich Reste eines Kreuzgangs gefunden worden.
»Ich bin zwischen die Zeiten gefallen«, so schildert der schwäbische Literat Hermann Kurz (1813-1873) seine Situation zwischen Revolution und Realismus.[1] Und
so könnte man auch die Umstände beschreiben, in denen die evangelischen Hofprediger zur Zeit Herzog Eberhard Ludwigs - zuerst in Stuttgart, dann später in
Ludwigsburg- ihren Dienst taten: zwischen dem Gebot Gottes und den Gesetzen
des Gebieters, zwischen Thron und Altar, Kirche und Staat, zwischen dem
Lebensgefühl des Barock und der Lebenseinstellung des Protestantismus, zwischen Leben und Tod in der Hof- und Gruftkirche, zwischen der alten Residenz
Stuttgart und der neuen Residenz Ludwigsburg.
Eberhard Ludwig (1676-1733) war neun Monate alt, als sein Vater Herzog Wilhelm
Ludwig (1647-1677) starb. Die Vormundschaft für ihn übernahm sein Onkel Friedrich
Carl (1652-1698) aus der Linie Württemberg-Winnental als Herzog-Administrator,
die Herzoginmutter Magdalena Sibylla geb. von Hessen-Darmstadt (1652-1712) fungierte als Mitvormund. Die Erziehung Herzog Eberhard Ludwigs lag von 1684 bis
1693 in den Händen des Hofmeisters Johann Friedrich von Staffhorst, und Informator von 1687 bis 1693 war der Durlacher Rat Johann Rudolf Seubert.
Zur Erziehung eines jungen Prinzen gehörten insbesondere Schreiben, Lesen,
Rechnen, Gottesfurcht, Ethik, Geographie, Geschichte, französische, lateinische und
italienische Sprache, Kriegskunst, Staats- und Lehensrecht, Reiten, Fechten, Ballspiele. Friedrich Carl und Magdalena Sibylla waren den schönen Künsten sehr zugetan und Eberhard Ludwig genoss auch Unterricht in Musik und Tanz.
Im Jahre 1681 wurde im Landtag Klage darüber geführt, dass die Prinzessinnen
und der junge Herzog von einer französischen Dame als Landhofmeisterin in der
französischen Sprache und von einem französischen Tanzmeister unterrichtet werden. Diese Leute, die der papistischen (katholischen) Religion zugetan seien, würden
die fürstlichen Kinder »gar ernstlich in ihrer zarten Jugend verführen und corumpieren« (verderben). Der Prälat von Blaubeuren wird beauftragt, bei Hofe vorstellig
zu werden, »dass ihr künftiger Regent, dieser ihr junger Landesfürst, wie auch die gesamte fürstliche Familie in wahrer Gottesfurcht und einer Lehre des heil. Evangeliums als recht christlich und fürstlich und nicht eben allamodisch [nach der Mode]
und französisch auferzogen werde«. Man möge doch diese papistischen Leute entfernen, an ihrer Stelle sollen andere, der evangelischen Religion mit Mund und Herzen zugetane Leute angenommen werden. Der Landtag konnte sich nicht durchsetzen. Der Tanzmeister Courtel blieb bei Hofe.
Noch heute kann man wohl kaum das weitläufige Barockschloss Ludwigsburg und
seinen Park besuchen, ohne sich vorzustellen, wie es wohl ausgesehen haben mag,
als hier noch der württembergische Landesherr seine Residenz unterhielt. Überblickt
man die gesamte Geschichte des Schlosses bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918,
so geht man allgemein von drei wichtigen Phasen seiner Residenzfunktion aus. Gleich
nach der Erbauung des Schlosses unterhielt Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg einen glänzenden Hof, der wesentlich durch seine Mätresse Christiane Wilhelmine von Grävenitz mit geprägt wurde. Bislang ist über das Hofleben während
der Regierungszeit des Schlossgründers wenig bekannt. Falls es einschlägige Q!uellen
gibt, sind diese noch nicht ausgewertet worden.
Fast noch prachtvoller ging es zu, als der junge Herzog Carl Eugen nach 1744 einen
der glänzendsten Höfe in Europa unterhielt, was ihm zeitweise unter Einsatz großer
finanzieller Mittel gelang. Dazu gibt es eindrückliche Beschreibungen, beispielsweise die panegyrischen Berichte des Hofdichters Joseph Uriot. Die im Archiv des Hauses Württemberg erhaltenen Hofdiarien setzen in der Zeit nach 1750 ein, bleiben
aber freilich für das 18. Jahrhundert lückenhaft. Trotzdem könnte man bei Hinzuziehung aller Quellen wahrscheinlich ein relativ dichtes Bild des Hoflebens gewinnen.
„Nun sind wir hier angelangt. Baden ist ein
wahres Paradies der Schönheit. Die gestrige
Eisenbahnfahrt war allerdings furchtbar; die
Hitze war schon des Morgens, als wir abfuhren,
sehr groß, steigerte sich aber noch …. In
Karlsruhe wurde für eine Stunde Aufenthalt
gemacht, und die Königin besuchte die Großherzogin
Mutter. Das Schloss, in dem sie
wohnt, ist sehr schön und wundervoll eingerichtet
… Um 8 Uhr ging es weiter nach
Baden, wo wir nach 9 Uhr anlangten und wo
auf dem Bahnhof großer Empfang war. Dann
fuhren wir nach dem Haus Messmer, in dem
die Königin immer wohnt. Dicht vor demselben
liegt das Konversationshaus und die
Promenade; der Blick aus den Fenstern auf die
Berge ist bezaubernd.“ Das schrieb 1862 Adele
Gräfin zu Dohna[1] in Briefen an ihre Mutter,
gesammelt in einem umfänglichen Band, den
das Generallandesarchiv Karlsruhe 1995 mit
anderen Akten, den sogenannten Augusta-
Koffern, aus markgräflichem Besitz erworben
hat.[2]
Kein Glück war ihm beschieden, dem Erbauer des neuromantischen Schlösschens
Remseck. Die nach ihm kamen, stammten aus einem friesischen Grafengeschlecht
und luden gern sich Gäste ein. Bleistiftskizzen und Aquarelle, Gedichte und eher zufällige Bemerkungen schildern das gastfreundliche Treiben hoch über der Remsmündung als ein Idyll, auf weite Strecken ungetrübt vom Lauf der Welt. Zu Anfang
indes war jener Bergsporn alles andere als ein beschaulicher Landsitz. Von einem
Raubnest namens Rems ist gar die Rede, das Philipp von Schwaben anno 1204 hier
ausgehoben habe. Eine Urkunde aus dem Jahre 1286 nennt dann erstmals auch eine
Burg mit Namen Rems.
Die Burg Rems dürfte bereits für den Grafen Ulrich I. eine strategisch wichtige
Rolle gespielt haben, als er nach dem Ende der Staufer die Gunst der Stunde nutzte
und sich Teile des Reichsgutes aneignete. Im Konflikt mit dem Habsburgerkönig Rudolf!. musste Graf Eberhard I. dann freilich klein beigeben und seine beiden stärksten Festen bis 1298 zum Faustpfand geben: die Burgen Rems und Wittlingen. Doch
Eberhard hielt nicht still, so dass sich insbesondere die Reichsstädte in Gefahr wähnten und gegen ihn zu Felde zogen. Über die Burg Rems fielen im Jahre 1311 vermutlich die Esslinger her, um sie dem Erdboden gleich zu machen.
Erst Eberhard II. gelang es, die Macht des Schwäbischen Städtebundes zu brechen.
Zu diesem Zweck ließ er 1360 auch die Burg Rems eilends wieder aufbauen. Als nun
aber die Württemberger nach der Schlacht bei Döffingen 1388 fest im Sattel saßen,
verlor die Burg Rems ihre Funktion als Stützpunkt der gräflichen Macht. Mitsamt
dem dazugehörigen Flecken Neckarrems wird sie nun mehrfach verpfändet. 1436
noch einmal notdürftig in Stand gesetzt, war sie in der Folgezeit offenbar so weit heruntergekommen, dass man ihre Steine 1576 auf den Abbruch verkaufte. Nur der 17
Meter hohe Bergfried mit seinen mehr als klafterdicken Mauern blieb stehen, bis er
1792 in sich zusammenfiel.
Diese Studie bildet in gewisser Weise eine Ergänzung zu einem Aufsatz, der 2004 in den »Ludwigsburger Geschichtsblättern« erschienen ist. Ging es damals um die höfische Repräsentation in der Sommerresidenz des Königs Friedrich von Württemberg in Ludwigsburg, so soll nun die Kehrseite dieser schönen Medaille beleuchtet werden, nämlich die Organisation des Hofes in Stuttgart und Ludwigsburg im frühen 19. Jahrhundert. Im Archiv des Hauses Württemberg gibt es sehr viele Personalakten von Beamten und Angestellten am württembergischen Hof aus der Zeit des Königreichs. Diese Akten wurden anders geführt als heute, nämlich nicht für einzelne Personen, sondern nach den verschiedenen Berufsgruppen. Wenn also ein junger Mann als Hofknecht anfing und bis zum Kammerdiener aufstieg, wurde für ihn in jeder Rangstufe eine neue Personalakte angelegt. Dadurch sind die Informationen zu einer einzelnen Person sehr zerstreut in den Akten zu finden. In den letzten Jahren wurden die Personalakten vollständig aufgearbeitet und Informationen zu über 3000 Personen, die am württembergischen Hof während der Zeit des Königreichs beschäftigt waren, erhoben. Aus dieser Datenfülle lässt sich die Lebenswelt der Hofangestellten zum Teil rekonstruieren. Ein vollständiges Bild kann man aber daraus nicht gewinnen, weil gerade über die Alltagsverhältnisse keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden sind. So gibt es keine Tagebücher, in denen ein Beamter oder Angestellter das Leben bei Hof oder seine Tätigkeit detailliert beschrieben hätte. Mit diesem Problem sieht man sich jedoch als Historiker häufig konfrontiert.
Nach dem Tod von Herzog Friedrich Eugen im Dezember 1797 bestieg dessen Sohn, Herzog Friedrich II. (1754-1816), den württembergischen Thron. Unter dem Einfluss Napoleons kam es in den folgenden Jahren in Europa und damit auch in Württemberg zu tiefgreifenden Veränderungen. Durch den territorialen Zugewinn entstand aus dem Herzogtum Württemberg ein deutscher Mittelstaat. Der Herzog avancierte 1803 zum Kurfürsten und 1806 zum König. König Friedrich I. wurde zum Schöpfer des modernen württembergischen Staates. Er hob gegen den Widerstand der Ehrbarkeit die altwürttembergische landständische Verfassung auf und baute die Verwaltung nach modernen Grundsätzen um. Im Sinne
des aufgeklärten Absolutismus hatte er stets das Wohl seines Landes im Auge, wollte über alles unterrichtet sein und alle Entscheidungen selbst treffen. Allerdings fielen diese nicht immer glücklich aus. Dies kennzeichnet auch die klassizistischen Umbauten im Ludwigsburger Schloss, die ohne ein einheitliches Konzept und meist in großer Eile vor sich gingen. Wegen seiner diktatorischen Art, die keine Kritik zuließ, seiner Ungeduld und seiner Rücksichtslosigkeit war König Friedrich I. von
seinen Untertanen mehr gefürchtet als geliebt.
Die Versorgung des Hofes
(2008)
Zur Versorgung des Hofes, egal ob im 18. Jahrhundert oder zur Zeit König Friedrichs um 1810, war eine ausgeklügelte »Maschinerie« nötig. Allein der Küchenbau hat gewaltige Ausmaße. Das Gebäude liegt abseits hinter der Ordenskapelle, was mehrere Vorteile bot: Die Herrschaft wurde nicht von Rauch und Essensgerüchen belästigt, auch blieb die Arbeit des Küchenpersonals vor den herrschaftlichen Augen verborgen, und die Anlieferung der Waren konnte reibungslos erfolgen. Küchen wurden vor allem wegen der Brandgefahr abseits in den Erdgeschossräumen oder in Nebengebäuden untergebracht. So befand sich die Konditorei im Erdgeschoss des Festinbaus und im Erdgeschoss des Theaterbaus gab es die Kaffeekammer, in der täglich Kaffee frisch geröstet und gemahlen wurde. Eine stattliche Zahl an Bediensteten sorgte dafür, dass der Hof versorgt wurde. Allein für die Zubereitung der Mahlzeiten und Getränke waren unter König Friedrich 36 Personen angestellt. Das Küchenpersonal wohnte im oberen Stock des Hofküchengebäudes.
Bei Schlossführungen in Ludwigsburg und der Solitude erfährt der staunende
Besucher nicht nur etwas über die Mätressen des Herzogs, sondern auch über
die Vielzahl seiner natürlichen Kinder. Vage Angaben beginnen bei über 100,
nach oben bestehen keine Grenzen.
Man erzählt sich, dass alle Rothaarigen von ihm abstammen sollen, wie
Baron von Bühler bei Schlossführungen berichtet und nicht zuletzt sollen alle
Bewohner auf den Fildern von Herzog Carl Eugen abstammen.
Gerhard Raff erwähnte, dass sogar Prof. Decker-Hauff blaues Blut gehabt
habe und Decker-Hauff soll einmal gesagt haben, dass die Anzahl seiner
Nachkommenschaft eine Zahl in vierstelliger Höhe erreicht haben soll. Weiter
zitiert Raff Prof. Peter Lahnstein, der geschrieben habe, dass der Herzog in
unzähligen Stundenliebschaften sein Land mit Bastarden übersät habe.
Andreas Abel schreibt über die Nachkommen des Regierungsrats Feuerlein:
»Zu den offenen Geheimnissen Württembergs gehört die Tatsache, dass
Carl Eugen etwa 300 illegitime männliche und etwa eben so viele weibliche
Nachfahren gezeugt hat.« [2]
Über die Mätressen des Herzogs berichtet u. a. auch Susanne Dieterich in
ihrer Publikation »Liebesgunst. Mätressen in Württemberg«.