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Aus dem Bestand des Pilzherbariums des Naturkundemuseums Karlsruhe (KR) wurden historische Belege von 27 Arten von (überwiegend parasitischen) Kleinpilzen auf 37 Pflanzenarten untersucht, die aus dem alten Botanischen Garten von Greifswald (Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern) stammen und zwischen 1849 und 1877 gesammelt wurden. Bei den Pflanzen handelt es sich um heimische Nutz- und Zierpflanzen, letztere auch von außerhalb Europas. Belege zweier eingewanderter Pilzarten (Phytophthora infestans, Puccinia malvacearum) gelten als die ältesten auf dem Gebiet des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Colletotrichum sp. auf Euphorbia sp. wird detailliert beschrieben und illustriert. Weitere historisch interessante Belege werden ebenfalls fotografisch dokumentiert. Die Bedeutung der Digitalisierung von Sammlungen für die Wissenschaft wird hervorgehoben.
Leben nach dem Tod
(2012)
2003 wurde mit der Einstellung eines Kustoden für Pilze auch mit dem Aufbau einer Pilzsammlung (nichtlichenisierte Pilze) am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe begonnen. Die Sammlung umfasst derzeit 45.600 Belege, davon gut 27.000 in einer Datenbank erfasst (Stand 2011). Schwerpunkt der Sammlungen sind Baden-Württemberg (alle taxonomischen Gruppen) und Rostpilze (Nordhemisphäre). Die Bedeutung der Sammlungen wird durch eine recht hohe Ausleihfrequenz und zahlreiche Forschungsprojekte (klassische Morphologie und Taxonomie, molekulare Taxonomie und Phylogenie, Ökologie), die an diese
Sammlung geknüpft sind, dokumentiert. Günstig ist, dass ein Großteil der Belege noch „jung“ ist und sich deshalb für DNS-Sequenzanalysen eignet.
Pilze verbindet der Laie zunächst meist mit einer leckeren Mahlzeit. Champignons, Steinpilze oder Morcheln sind äußerst schmackhaft und heute regelmäßiger Bestandteil unserer Speisen. Bekannt sind auch die Bierhefe und der Blauschimmel im Käse und damit eher unscheinbare Pilze, die wir (industriell) zur Herstellung oder Veredelung von Lebens- und Genussmitteln nutzen. In die Gruppe der nützlichen Schimmelpilze fallen außerdem wichtige Antibiotikaproduzenten. Andere Pilze fürchten wir, etwa den tödlich giftigen Grünen Knollenblätterpilz, Schimmelpilze an feuchten Wänden und in Lebensmitteln oder den Hausschwamm im Kellergewölbe. Ansonsten werden Pilze oft nicht wahrgenommen – im Gegensatz zu Pflanzen, die allgegenwärtig sind, oder zu Tieren, wie Eichhörnchen, Blaumeise oder Zitronenfalter, die uns schon im
eigenen Garten begegnen. Umso erstaunlicher ist es, dass die so genannten Echten Pilze, zu denen die allermeisten Pilzarten gehören, ein eigenes Reich (Regnum Fungi) von großer Vielfalt bilden. Mit geschätzten 1,5 Millionen Arten übertreffen sie die Gefäßpflanzen um das Fünf- bis Sechsfache.
Die öffentliche Pilzberatung in Karlsruhe hat eine lange Tradition, die bis in die Zeit des 1. Weltkriegs zurückreicht. Damals war es Ludwig Klein, ein Professor an der Technischen Universität, der die Not leidende Bevölkerung dazu aufrief, Pilze zu sammeln. Fortgesetzt wurde die Pilzberatung von 1927 bis 1956 durch Paul Stricker, der seine Tätigkeit als Pilzberater in Tagebüchern dokumentierte. Die Tradition der öffentlichen Pilzberatung wurde durch die 2003 gegründete Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e.V. in Zusammenarbeit mit dem Naturkundemuseum Karlsruhe
aufgegriffen. Zunächst wurde 2003 eine jährlich wiederholte Frischpilzausstellung organisiert, 2004 dann auch eine wöchentliche Pilzberatung in den Monaten August bis Oktober. In den Jahren 2004 bis 2011 wurden 936 Beratungen von ehrenamtlichen Pilzberatern durchgeführt, im Durchschnitt 117 Beratungen im Jahr. Im Vergleich zu früher, als die Pilzberatung vor allem der hungernden Bevölkerung zugute kam, versucht die moderne Pilzberatung am Naturkundemuseum, auch erweiterte Kenntnisse über Pilze zu vermitteln, so zur Artenvielfalt, Bestimmung, Funktion im Naturhaushalt, Verbreitung und Gefährdung.
„Pilzflora von Karlsruhe“ ist ein Projekt der Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e. V. Ziel der langfristigen Untersuchung ist es, die Pilzarten der Stadt Karlsruhe unter besonderer Berücksichtigung synanthroper (heimischer und exotischer) Sippen zu erfassen und die Veränderung der Pilzflora zu dokumentieren. Ferner wird eine Referenzsammlung der Pilze Karlsruhes aufgebaut. Bis Oktober 2008 konnten 1002 Belege und 628 Arten dokumentiert
werden, davon 44 (7%) exotische Arten. Zehn Arten pflanzenparasitischer Kleinpilze wurden erstmalig für Baden-Württemberg nachgewiesen. Die bisherigen Untersuchungen deuten darauf hin, dass der urbane Bereich Karlsruhes durch eine hohe Artenvielfalt gekennzeichnet ist, die sich durch einen großen Anteil exotischer, aber auch durch häufige und seltene heimische Arten auszeichnet.
Im Rahmen eines durch das Regierungspräsidium
Karlsruhe fnanzierten Kooperationsprojekts zwischen
der Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen
Verein Karlsruhe e.V., dem Staatlichen Museum für
Naturkunde Karlsruhe, dem Naturschutzzentrum Ruhestein und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
wird eine Inventarisierung der Pilzarten des Bannwalds
„Wilder See“ im NSG „Wilder See – Hornisgrinde“ (Baiersbronn, Nordschwarzwald) vorgenommen. Es ist
der älteste, bereits 1911 ausgewiesene Bannwald in
Baden-Württemberg; er umfasst 75 ha. Aus mykologischer Sicht sind vor allem die alten Abies alba-Bestände bedeutend. Am Beispiel dreier im Gebiet bereits
nachgewiesener und sehr seltener Pilzarten (der parasitische Rostpilz Thekopsora goeppertiana und die
Altholzzersetzer Hymenochaete fuliginosa und Cystostereum murrayi) wird dies veranschaulicht. Das Gebiet
ist Bestandteil der Gebietskulisse für den geplanten
Nationalpark Schwarzwald. An dem zunächst auf drei
Jahre angelegten Projekt sind zahlreiche Pilzexperten
aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern
beteiligt. In dieser Anfangsphase werden vorzugsweise
die in den einzelnen Vegetationstypen vorkommenden
Arten erfasst und eine Referenzsammlung im Pilzherbarium des Staatlichen Museums für Naturkunde
Karlsruhe angelegt. Besonders berücksichtigt werden
Pilzarten, die mit Weiß-Tanne (A. alba) als Parasiten,
Saprobionten oder Symbionten assoziiert sind. Längerfristig könnte das Gebiet als Referenzfäche für
mykologische Studien im Bereich der Taxonomie, „Versteckten Diversität“ und Populationsgenetik unter Einsatz moderner Techniken genutzt werden.
Ein kurzer Überblick über die urbane Pilzflora des Naturschutzgebiets „Alter Flugplatz Karlsruhe“
(2014)
Das innerstädtische Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz
Karlsruhe“ (Baden-Württemberg, Deutschland) umfasst
rund 70 ha. Es zeichnet sich durch einen großen Anteil an
nährstoffarmen Mager- und Sandrasen aus. 2006 wurde
mit der mykologischen Bestandsaufnahme begonnen
und unregelmäßig Begehungen durchgeführt. Es konnten 246 Arten aus fünf Abteilungen nachgewiesen und
410 Belegexemplare im Pilzherbarium des Staatlichen
Museums für Naturkunde Karlsruhe (KR) deponiert
werden. Achtzehn Arten stellen gefährdete „Rote-Liste-Arten“ dar, vier Arten wurden erstmals für Baden-Württemberg nachgewiesen. In dem hier vorgelegten kurzen
Überblick werden Habitat und Methoden beschrieben,
seltene und vom Aussterben bedrohte Arten und Neomyceten aufgelistet und der Einfluss exotischer Gehölze
auf die pilzliche Artenvielfalt im NSG angesprochen. Die
vollständige Artenliste wird im Internet zur Verfügung
gestellt und kann regelmäßig aktualisiert werden.